Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christa H***, geboren am 18. März 1959 in Güssing, Hausfrau, Langzeil 12, vertreten durch Dr. Hans Miksch, Rechtsanwalt in Jennersdorf, wider die beklagte Partei Gerhard H***, geboren am 29. März 1949 in Inzenhof, Maurer, Heiligenkreuz 127, vertreten durch Dr. Norbert Stelzer, Rechtsanwalt in Fürstenfeld, wegen Ehescheidung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Berufungsgerichtes vom 1. Dezember 1988, GZ R 484/88-51, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Jennersdorf vom 29. Juni 1988, GZ C 7/87-44, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Aus Anlaß der Revision wird das Teilurteil des Gerichtes zweiter Instanz als nichtig aufgehoben, das ihm vorangegangene berufungsgerichtliche Verfahren, soweit es sich auf den Ausspruch des Erstgerichtes über das Scheidungsbegehren bezieht, für nichtig erklärt und die Berufung der beklagten Partei in diesem Umfang zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Begründung:
Mit Urteil vom 29. Juni 1988 schied das Erstgericht die Ehe der Streitteile aus dem Alleinverschulden des Beklagten und verurteilte diesen zur Leistung eines monatlichen Unterhaltes von S 3.000,- ab Rechtskraft des Urteils an die Klägerin. Das Urteil wurde dem Beklagten am 13. Juli 1988 zugestellt. Mit am 20. September 1988 zur Post gegebenem Schriftsatz beantragte der Beklagte die Bewilligung der Verfahrenshilfe im gesamten Umfang und erhob gleichzeitig Berufung, mit der er die Abweisung des gesamten Klagebegehrens anstrebte.
Das Berufungsgericht bestätigte die bekämpfte Entscheidung mit Teilurteil in deren Scheidungsausspruch und hob sie im Ausspruch über das Unterhaltsbegehren zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht auf, ohne einen Rechtskraftvorbehalt beizufügen.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß der vom Beklagten gegen das Teilurteil des Gerichtes zweiter Instanz erhobenen Revision ist eine diesem unterlaufene Nichtigkeit (§ 411 Abs 2 und § 477 ZPO) von Amts wegen wahrzunehmen. Die Klägerin verband in ihrer Klage das Begehren auf Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Beklagten mit dem Begehren auf Leistung von Unterhalt für die Zeit nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils. Streitigkeiten über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt sind nach § 224 Abs 1 Z 4 ZPO Ferialsachen. Durch Verbindung des Scheidungs- und des Begehrens auf Leistung des gesetzlichen Unterhaltes wird - wie der Oberste Gerichtshof unter Berufung auf die Materialien zur Zivilverfahrens-Novelle 1983 bereits mehrfach ausgesprochen hat (JBl 1985, 630; 1 Ob 654, 655/88; 8 Ob 573/87) - auch die Ehesache zur Ferialsache.
Die Frist für die Erhebung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil endete daher bereits am 10. August 1988, so daß das am 20. September 1988 zur Post gegebene Rechtsmittel des Beklagten verspätet erhoben war und vom Gericht zweiter Instanz hätte zurückgewiesen werden müssen (§ 471 Z 2, § 474 Abs 2 ZPO). Die sachliche Erledigung der - auch durch unrichtige Anwendung der Bestimmungen über die Hemmung von Notfristen während der Gerichtsferien (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 619) - verspätet erhobenen Berufung begründet als Verstoß gegen das Gebot der Beachtung der Rechtskraft Nichtigkeit (JBl 1985, 630; SZ 41/113 ua; Fasching Komm IV 302), die im Rahmen einer rechtzeitigen und zulässigen Revision von Amts wegen wahrzunehmen ist. Dagegen bleibt der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes, der den Ausspruch über das Unterhaltsbegehren zum Gegenstand hat, obgleich er vom selben Nichtigkeitsgrund betroffen ist, unberührt, weil ein solcher nur aus Anlaß eines zulässigen Rechtsmittels auch von Amts wegen aufgegriffen werden kann, der Aufhebungsbeschluß aber weder angefochten wurde noch - wegen des mangelnden Rechtskraftvorbehaltes - überhaupt hätte bekämpft werden können. Die beiden Aussprüche des Berufungsgerichtes sind aber auch nicht in der Weise untrennbar miteinander verknüpft, daß die Aufhebung des Ausspruches über das Scheidungsbegehren zwingend auch die Aufhebung des Ausspruchs über das Begehren auf Leistung des gesetzlichen Unterhalts zur Folge haben müßte, weil der erstinstanzliche Ausspruch der Scheidung der Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten mangels rechtzeitiger Anfechtung in Rechtskraft erwachsen ist; die Frage, ob ein die gesamte Entscheidung der Vorinstanz erfassender Nichtigkeitsgrund auch bei dem nicht bekämpften (und auch gar nicht bekämpfbaren) Teil dieser Entscheidung wegen untrennbarer Einheit mit deren angefochtenen Teil von Amts wegen wahrzunehmen sei, kann deshalb ungeprüft bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 51 Abs 2 ZPO; die Klägerin hat auf den vorliegenden Nichtigkeitsgrund weder in der Berufungs- noch in der Revisionsbeantwortung hingewiesen.
Anmerkung
E16986European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00553.89.0405.000Dokumentnummer
JJT_19890405_OGH0002_0010OB00553_8900000_000