TE OGH 1989/4/6 8Ob610/88

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Veröffentlicht am 06.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anita S***, Sportlehrerin, 1120 Wien, Wienerbergstraße 28/12, vertreten durch Dr. Felix Spreitzhofer, Dr. Thomas Höhne und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Ernestine B***, Hauseigentümerin, Wimmergasse 24/8, 1050 Wien, vertreten durch Dr. Rudolf Holzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 25.000,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 16. März 1988, GZ 48 R 62/88-14a, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 13. November 1987, GZ 4 C 27/86-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuen

Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin, Hauptmieterin der Wohnung Nr.12 im Hause Wienerbergstraße 28, in 1120 Wien, begehrt von der beklagten Hauseigentümerin die Rückzahlung einer verbotenen Ablöse von S 25.000,-- s.A. Sie, die Klägerin, habe an die Vormieterin S 120.000,-- gezahlt, wovon ausdrücklich S 95.000,-- für Investitionsablöse und S 25.000,-- für die Abgeltung des Weitergaberechtes durch die Hauseigentümerin gewidmet worden seien. Der von der weichenden Mieterin an die Beklagte für die Zustimmung zum Mieterwechsel geleistete Betrag von S 25.000,-- stamme daher aus dem Vermögen der Klägerin. Der der Klägerin tatsächlich von der Vormieterin zugekommene Gegenwert betrage aber nur S 50.000,-- (ON 1 und 5).

Die Beklagte wendete ein, sie habe von der Klägerin keine Zahlungen erhalten. Vereinbarungen zwischen dieser und der Vormieterin, betreffend die Ablöse von Möbel und Investitionen, seien ihr unbekannt. Die Beklagte habe lediglich von der früheren Mieterin für das Recht, einen Nachmieter namhaft zu machen, S 25.000,-- erhalten. Die Vormieterin habe nämlich ursprünglich von ihr eine Ablöse von S 120.000,-- verlangt, doch sei aufgrund der Wohnungsbesichtigung festgestellt worden, daß ihr für allfällige Investitionen höchstens S 15.000,-- bis S 20.000,-- bezahlt werden könnten. Tatsächlich habe aber der Wert der Investitionen und Fahrnisse, welche der Klägerin von der Vormieterin zugekommen sei, mindestens S 120.000,-- betragen (ON 2, 5 und 9).

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Ingrid K***, die frühere Mieterin (Vormieterin) der derzeit von der Klägerin (Nachmieterin) gemieteten Wohnung trat im Oktober 1985 infolge ihrer Absicht, die Wohnung aufzugeben, an die Hausverwaltung mit dem Wunsch heran, ihr ein Weitergaberecht einzuräumen, da sie jemanden hätte, an den sie die Wohnung samt sämtlichem Inventar weitergeben könnte. Sie teilte mit, daß sie sich für die neuwertigen Installationen und das neuwertige Inventar eine Ablöse von S 140.000,-- vorstelle. Schließlich kam es zu einer Vereinbarung, daß die Vormieterin gegen Zahlung eines Betrages von S 25.000,--, zahlbar bei Beibringung des neuen Mieters, das Recht zur Weitergabe der Wohnung haben sollte. Nachdem die Vormieterin in der Person der Klägerin eine Interessentin gefunden hatte, welche bereit war, anstelle des von ihr zunächst geforderten Betrages von S 145.000,-- einen solchen von S 120.000,-- zu zahlen, kam es - nach tatsächlicher Bezahlung dieses Betrages durch die Klägerin an die Vormieterin - zum Abschluß des Mietvertrages, bei welcher Gelegenheit die Vormieterin an die Hausverwaltung als Vertreterin der Beklagten die vereinbarten S 25.000,-- bezahlte. Bei Vereinbarung des Ablösebetrages von S 120.000,-- zwischen der Klägerin und der Vormieterin hatte diese ausdrücklich erklärt, daß davon S 25.000,-- für die Hausinhabung bestimmt wären, welcher dieser Betrag für die Einräumung des Weitergaberechtes von ihr (= der Vormieterin) bezahlt werden müßten. Daraufhin hatte die Klägerin ihrerseits die Bedingung gestellt, daß sie selbst ein zweijähriges Weitergaberecht eingeräumt erhalten wolle. Tatsächlich wurde in dem mit der Klägerin abgeschlossenen Mietvertrag nur ein Verzicht auf die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 4 und 6 (Weitergabe, Leerstehung) auf die Dauer von zwei Jahren eingeräumt. Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, die der Vormieterin an die Beklagte geleistete Zahlung von S 25.000,-- sei eine verbotene Ablöse im Sinne des § 27 Abs 1 Z 5 MRG, welche von der Klägerin, aus deren Vermögen dieser Betrag stamme, zurückverlangt werden könne.

Über Berufung der Beklagten änderte das Gericht zweiter Instanz dieses Urteil im klageabweisenden Sinn ab und sprach aus, daß die Revision zulässig sei.

Unter Ablehnung der bisherigen überwiegenden gegenteiligen Rechtsprechung vertrat es die Ansicht, zur Rückforderung einer verbotenen Ablöse sei - wie im Falle aller anderen Kondiktionen so auch im Falle des dreipersönlichen Verhältnisses, bestehend aus Hauseigentümer, Vormieter und Nachmieter - nur derjenige berechtigt, der nach der von den Parteien bei der Leistung vorgestellten Zweckbestimmung, nach dem angenommenen Schuldverhältnis Leistender war. Dieser Leistende sei aber nach den getroffenen Feststellungen die Vormieterin gewesen. Der Betrag von S 25.000,-- könne daher nur von dieser, nicht aber von der Klägerin kondiziert werden. Bei Beachtung dieses Grundsatzes werde nämlich vermieden, dem rückzahlungsbereiten Ablöseempfänger ein nicht zu rechtfertigendes Prozeßkostenrisiko aufzuerlegen. Wäre nämlich die Aktivlegitimation zur Rückforderung von Umständen abhängig, von denen er keine Kenntnis habe, so dürfe der Vermieter, unabhängig von welchem Mieter (Vormieter oder Nachmieter) er belangt werde, sich niemals dem Klageanspruch unterwerfen, da er weiterhin der Forderung des nach einer solchen, vom Berufungsgericht nicht gebilligten Rechtsansicht, wahrhaft Berechtigten ausgesetzt wäre.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde, in eventu es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung (an eine der Vorinstanzen) zurückzuverweisen.

Die Beklagte begehrt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne ihres Eventualantrages berechtigt. Nach Lehre (Würth in Rummel, Rdz 9 zu § 27 MRG) und ständiger Rechtsprechung (so MietSlg XXXVII/17 als eine Entscheidung für viele) ist bei Ablösen aus Anlaß eines Mieterwechsels im Verhältnis zwischen Vermieter, früherem Mieter und neuem Mieter für die Aktivlegitimation die wirtschaftliche Belastung maßgebend. Es kommt also in diesem Fall nicht darauf an, zwischen wem die Bezahlung des Ablösebetrages vereinbart war und wer sie tatsächlich, das heißt physisch dem Zahlungsempfänger übermachte, sondern darauf, aus welchem Vermögen sie stammte. Diese wirtschaftliche Betrachtungsweise begründet die Rechtsprechung damit, es solle dadurch verhindert werden, daß der alte Mieter vom Vermieter einen Betrag zurückverlangen könne, den er bei Festsetzung des vom neuen Mieter zu zahlenden Betrages bereits einkalkuliert habe und der daher in seinem Vermögen nur eine Durchgangspost bilde. Von einer solchen wirtschaftlichen Belastung des Vormieters durch die von ihm für die Zustimmung zum Mieterwechsel an den Hauseigentümer geleistete Ablöse kann aber nur gesprochen werden, wenn der Wert jener Investitionen, die vom neuen Mieter übernommen und abgelöst wurden, im Zeitpunkt der Übernahme des Bestandobjektes den Betrag der vom neuen Mieter an den Vormieter geleisteten Ablöse erreichen oder überschreiten. Denn nur in einem solchen Fall wäre dem Vormieter dadurch, daß er einen Teil der vom Nachmieter erhaltenen Ablöse dem Hauseigentümer zur Verfügung stellen mußte, weniger zugekommen, als er vom Nachmieter gesetzesgemäß hätte beanspruchen dürfen (vgl. MietSlg 16.275). Im entgegengesetzten Fall ist der Nachmieter der wirtschaftlich belastete. Der vom Berufungsgericht vertretene Rechtsstandpunkt führte in einem solchen Fall dazu, daß ein vom Nachmieter gesetzwidrigerweise gezahlter und - wenn auch erst vermittels des Vormieters - dem Hauseigentümer tatsächlich zugekommener Betrag auf ebenso gesetzwidrige Weise (jedenfalls zunächst) dem Vormieter zugute käme. Der vom Gesetz geforderte Vermögensstand würde erst im Zuge eines zusätzlichen Rückforderungsbegehrens des Nachmieters hergestellt werden. Der Oberste Gerichtshof hält an der bisherigen ständigen Rechtsprechung fest. Im Falle der Beteiligung der drei genannten Personen (Hauseigentümer, Vormieter, Nachmieter) bei Bewirkung einer nach § 27 MRG verbotenen Ablöse im Zusammenhang mit dem Mieterwechsel fällt der nach der Rechtsprechung maßgebende Umstand, die Rückforderung durch einen wirtschaftlich gar nicht Belasteten und daher gerade durch die Rückforderung gesetzwidrigerweise Bereicherten zu verhindern, schwerer ins Gewicht, als die Unsicherheit des Hauseigentümers als (letzten) Ablöseempfängers, wer denn nun tatsächlich rückforderungsberechtigt sei. Abgesehen davon, daß es dem Hauseigentümer frei steht, entsprechende Erkundigungen von seinem Vertragspartner einzuziehen, erscheint derjenige, der gesetzwidrigerweise aus Anlaß des Mieterwechsels die Zahlung von Beträgen verlangt, wegen des sich daraus ergebenden Risikos einer Rückforderung nicht in dem vom Berufungsgericht aufgezeigten Maß schutzwürdig, hat er sich doch selbst durch seine gesetzwidrige Vorgangsweise in diese Situation gebracht. Überdies kann der Hauseigentümer dem Risiko einer späteren (abermaligen) Rückforderung durch den anderen Mieter (hier: die Vormieterin) im Wege der Streitverkündigung begegnen.

Um beurteilen zu können, ob in dem hier zu behandelnden Fall die Klägerin oder die Vormieterin durch die an die Beklagte bezahlte Ablöse wirtschaftlich belastet ist, bedarf es der Feststellung über den Wert der der Klägerin von der Vormieterin zugekommenen Investitionen. Es ist maßgebend, ob diese den von der Klägerin bezahlten Gesamtbetrag von S 120.000,-- erreichen. Nicht kommt es darauf an, in welcher Weise die Gegenleistung bei der Besprechung zwischen Vormieterin und Nachmieterin gewidmet wurde. Maßgebend ist ausschließlich, ob der Nachmieterin ein ihrer Gesamtzahlung entsprechender Gegenwert zukam (WoBl 1988/46). Darüber fehlen aber derzeit Feststellungen der Vorinstanzen. Das Berufungsgericht hielt solche Feststellungen wegen seiner - vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten - Rechtsansicht nicht für erforderlich, die erste Instanz hingegen ließ die entsprechende Behauptung der hier beklagten Partei betreffend das Übersteigen des Wertes der der Nachmieterin zugekommenen Investitionen unbeachtet und ging lediglich von den Parteienbehauptungen der Vormieterin und der Nachmieterin in einem anderen Prozeß aus.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E17079

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00610.88.0406.000

Dokumentnummer

JJT_19890406_OGH0002_0080OB00610_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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