Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Richard S***, Schilehrer, Hirschegg, Walserstraße 2, vertreten durch Dr. Norbert Margreiter, Rechtsanwalt in Bezau, wider die Antragsgegner 1.) Celine K***, Stewardeß, Riezlern, Wald 9, vertreten durch Dr. Paul Renn, Rechtsanwalt in Dornbirn, 2.) Gebhard K***, Baustoffhändler, Mittelberg, Bödmerstraße 64, 3.) Klaus K***, Angestellter, Riezlern, Wald 9, 4.) Walter K***, Maurerpolier, Riezlern, Wald 9, 5.) Jutta K***, Hausfrau, Riezlern, Wald 9, 6.) Sigrid S***, Gastwirtin, Riezlern, Waldhaus 1, 7.) Matthias B***, Gastwirt und Koch, Hirschegg, Oberseitestraße 34, 8.) Gabriele H***, Lehrerin, Riezlern, Köpfleweg 10, 9.) R*** K***-W***, reg.GenmbH, Hirschegg, Walserstraße 63, 10.) Thomas M***, Raumausstatter, Riezlern, Heidweg 1, die 2.) bis 10.) Antragsgegner vertreten durch Dr. Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen § 14 Abs. 1 Z 1, § 15 Abs. 1 Z 1, § 26 WEG infolge der Revisionsrekurse des Antragstellers und der 2.) bis 10.) Antragsgegner gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 2. Jänner 1989, GZ. 1 b R 211/88-32, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Bezau vom 21. Oktober 1988, GZ. 1 Nc 19/88-28, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Beiden Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird mit der Maßgabe bestätigt, daß das Mehrbegehren, auszusprechen, die näher angeführten Erhaltungsarbeiten seien zu Lasten der Gemeinschaft durchzuführen und die anfallenden Kosten seien im Verhältnis der Miteigentumsanteile an der Wohnungseigentumsanlage Riezlern, Wald 9, EZ 1640 KG Mittelberg, zu tragen, zurückgewiesen wird.
Text
Begründung:
Die Liegenschaft EZ 1640 KG Mittelberg mit der Wohnungseigentumsanlage Riezlern, Wald 9 stand und steht zu je 85/1856-Anteilen, verbunden mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung top. Nr. 5, im Eigentum der 4.) und 5.)-Antragsgegner. Die restlichen Miteigentumsanteile an dieser Liegenschaft, verbunden mit dem Wohnungseigentum an den Objekten top. Nr. 1 bis 4 sowie 6 bis 13, standen im Eigentum des Josef K*** und wurden zu E 5/86 des Erstgerichtes versteigert; sie wurden vom Antragsteller und von den restlichen Antragsgegnern wie folgt erworben: Vom Zweitantragsgegner zu 166/928-Anteilen mit dem Wohnungseigentum an der top. Nr. 1, vom Antragsteller zu 87/928-Anteilen mit dem Wohnungseigentum an der top. Nr. 2, von der Erstantragsgegnerin zu 186/928-Anteilen mit dem Wohnungseigentum an der top. Nr. 3 und zu 37/928-Anteilen mit dem Wohnungseigentum an der top. Nr. 9, vom Drittantragsgegner zu 48/928-Anteilen mit dem Wohnungseigentum an der top. Nr. 4, von der Sechstantragsgegnerin zu 33/928-Anteilen mit dem Wohnungseigentum an der top. Nr. 6, vom Siebentantragsgegner zu 46/928-Anteilen mit dem Wohnungseigentum an der top. Nr. 7 und zu 17/928-Anteilen mit dem Wohnungseigentum an der top. Nr. 8, von der Achtantragsgegnerin zu 49/928-Anteilen mit dem Wohnungseigentum an der top. Nr. 10, von der Neuntantragsgegnerin zu 86/928-Anteilen mit dem Wohnungseigentum an der top. Nr. 11 und zu 25/928-Anteilen mit dem Wohnungseigentum an der top. Nr. 12 sowie schließlich vom Zehntantragsgegner zu 63/928- Anteilen mit dem Wohnungseigentum an der top. Nr. 13. Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus einem Hauptgebäude aus dem Jahr 1965 und einem Zubau aus den Jahren 1981/82. Dieser Zubau besteht aus dem Abstellraum top. Nr. 2 des Antragstellers. Das Flachdach der top. Nr. 2 besteht aus Beton und dient als Terrasse für die top. Nr. 3 der Erstantragsgegnerin.
Der Abstellraum top. Nr. 2 war ursprünglich als wasserdicht geplant. Da das ursprüngliche Bauvorhaben nicht zur Gänze durchgeführt wurde, blieb es unvollständig, sodaß durch die Betondecke Wasser eintritt. Dieser Mangel war bereits bei der Schätzung der Wohnungseigentumsanlage durch den Sachverständigen K*** im Zwangsversteigerungsverfahren E 5/86 des Erstgerichtes gegeben, wurde jedoch im Gutachten dieses Sachverständigen nicht eigens erwähnt, sondern durch Annahme einer entsprechenden Altersentwertung und damit auch bei der Ermittlung des Schätzwertes der top. Nr. 2 berücksichtigt.
Der Wassereintritt durch die Decke der top. Nr. 2 führt auf längere Sicht - in ca. 10 bis 15 Jahren - zu einer Gefährdung der Bausubstanz des Daches der top. Nr. 2 und damit auch zu einer Unbenützbarkeit als Terrasse der top. Nr. 3.
Der Antragsteller begehrte in der Tagsatzung vom 18. Oktober 1988 des seit 29. Oktober 1987 anhängigen gegenständlichen Verfahrens die Erlassung nachstehenden Beschlusses:
"Der Antragsteller und die Antragsgegner sind als Miteigentümer und Wohnungseigentümer der Wohnungseigentumsanlage Riezlern, Wald 9 EZ 1640 KG Mittelberg gegenseitig verpflichtet, im Rahmen der ordnungsgemäßen Erhaltung der gemeinsamen Teile der Liegenschaft binnen 3 Monaten eine Sanierung des Flachdaches der top. Nr. 2 wie folgt: ""Aufbringen einer Folie - keinen Estrich aufbringen, nur wo erforderlich, Decke spachteln - Sarnafil, Schutzschicht und Gehbelag aufbringen - neue Abläufe mit Ableitungen und Gullys einbauen - Türen abnehmen und auf eine Durchgangshöhe von 1,9 m verkürzen, mit einem Kostenaufwand von ca. 46.000 DM"" zu Lasten der Gemeinschaft durchzuführen und die anfallenden Kosten im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile an der Wohnungseigentumsanlage zu tragen." Die Antragsgegner sprachen sich insbesondere gegen die Sanierung auf Kosten der Miteigentümergemeinschaft aus. Beim Schätzwert der top. Nr. 2 sei der vorliegende Mangel bereits berücksichtigt worden, sodaß der Antragsteller diesen Mangel nicht auf Kosten der Miteigentümergemeinschaft sanieren lassen könne.
Das Erstgericht gab dem Antrag vollinhaltlich statt. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und vertrat in rechtlicher Beziehung die Ansicht, daß es sich bei der beantragten Sanierung um eine ordnungsgemäße Erhaltung der gemeinsamen Teile der Liegenschaft im Sinne des § 14 Abs. 1 Z 1 WEG handle. Solche Instandsetzungsarbeiten seien von der Gemeinschaft zu Lasten der Gemeinschaft durchzuführen und die Kosten seien von den Miteigentümern im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen. Einem allenfalls abweichenden Verteilungsschlüssel müßten alle Miteigentümer in Schriftform zustimmen. Der Preis, zu welchem die Eigentumswohnung erworben worden sei, sei für die Verteilung anfallender Instandsetzungskosten völlig unbeachtlich. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erstantragsgegnerin zur Gänze und dem Rekurs der Zweit- bis Zehntantragsgegner teilweise Folge und änderte den erstgerichtlichen Sachbeschluß mit dem Ausspruch, daß der Revisionsrekurs zulässig sei, dahin ab, daß er zu lauten habe:
"Der Antragsteller und die Antragsgegner sind als Miteigentümer und Wohnungseigentümer der Wohnungseigentumsanlage Riezlern, Wald 9 EZ 1640 KG Mittelberg gegenseitig verpflichtet, im Rahmen der ordnungsgemäßen Erhaltung der gemeinsamen Teile der Liegenschaft binnen 3 Monaten eine Sanierung des Flachdaches der top. Nr. 2 wie folgt durchführen zu lassen: ""Aufbringen einer Folie - keinen Estrich aufbringen, nur wo erforderlich, Decke spachteln - Sarnafil, Schutzschicht und Gehbelag aufbringen - neue Abläufe mit Ableitungen und Gullys einbauen - Türen abnehmen und auf eine Durchgangshöhe von 1,9 m verkürzen""; der Kostenaufwand beträgt ca. 46.000 DM; das Mehrbegehren, nämlich, daß die angeführten Erhaltungsarbeiten zu Lasten der Gemeinschaft durchzuführen und die anfallenden Kosten im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile an der Wohnungseigentumsanlage zu tragen sind, wird abgewiesen." Das Rekursgericht führte aus:
Daß es sich bei der gegenständlichen Sanierungsmaßnahme um Erhaltungsarbeiten im Sinne des § 14 Abs. 1 Z 1 WEG (§ 3 MRG) handle, sei nicht strittig. Es bestünden an der diesbezüglichen rechtlichen Beurteilung durch das Erstgericht auch keinerlei Bedenken (Würth in Rummel, ABGB, Rz 3, 4 und 4 a zu § 14 WEG). Gemäß § 15 Abs. 1 Z 1 WEG könne jeder Miteigentümer verlangen, daß solche Arbeiten binnen einer angemessenen Frist durchgeführt werden. Die Tatsache, daß im gegenständlichen Fall das Erstgericht auch den Antragsteller (im Sinne seines Antrages) als Minderheitseigentümer zur Durchführung der Sanierungsarbeiten verpflichtet hat, werde nicht beanstandet und es bestehe dagegen auch kein zwingender Einwand.
Richtig sei allerdings, daß die Miteigentümer nicht verpflichtet werden könnten, die Erhaltungsarbeiten selbst durchzuführen. Sie seien jedoch verpflichtet, diese durchführen zu lassen. Da der erstgerichtliche Sachbeschluß auch nur in diesem Sinne verstanden werden könne, sei lediglich eine diesbezügliche Berichtigung vorzunehmen gewesen. Auch der Antrag selbst könne nur so verstanden werden, daß die Miteigentümer verpflichtet seien, die gewünschten Sanierungsmaßnahmen durchführen zu lassen. Da eine solche Verpflichtung jedoch im Gesetz (§ 15 Abs. 1 Z 1 WEG) Deckung finde, komme eine Abänderung im Sinne der gänzlichen Abweisung des Antrages nicht in Betracht.
Hingegen sei den Zweit- bis Zehntantragsgegnern darin beizupflichten, daß es nicht Aufgabe des Außerstreitrichters sei, festzustellen, wer in welchem Umfang die entsprechenden Erhaltungskosten zu tragen habe. § 26 WEG enthalte eine taxative Aufzählung jener Entscheidungen, für die das Außerstreitgericht zuständig sei. Die Frage der Kostentragung gehöre jedoch nicht zur Beteiligung der Minderheit an der Verwaltung im Sinn des § 26 Abs. 1 Z 3 WEG. Für einen diesbezüglichen Antrag fehle daher die gesetzliche Grundlage, sodaß er abzuweisen gewesen sei. Eine Überweisung auf den Zivilrechtsweg komme mangels Konkretisierung des Zahlungsbegehrens nicht in Betracht.
Die diesbezügliche Entscheidung des Erstgerichtes hätte zur Folge, daß der Außerstreitrichter einen Miteigentümer bevollmächtigen könne, Aufträge im Namen eines Miteigentümers oder mehrerer Miteigentümer zu erteilen; er würde praktisch jeden Miteigentümer diesbezüglich zum Verwalter bestellen, was jedoch im Gesetz nicht vorgesehen sei.
Hiezu komme, daß der erstgerichtliche Beschluß, wonach die Arbeiten zu Lasten der Gemeinschaft durchzuführen und die Kosten von den Gemeinschaftern im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen seien, keine praktische Bedeutung habe, weil die diesbezüglichen Kosten derzeit noch nicht konkret bekannt seien.
Allerdings bestehe kein Zweifel, daß diese Kosten - sofern keine anderweitige abweichende wirksame Vereinbarung vorliege - gemäß § 19 WEG von den Miteigentümern nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu tragen seien, sodaß diese Kosten zu Lasten der Wohnungseigentumsgemeinschaft gingen (vgl. Würth aaO Rz 4 a zu § 14 WEG; MietSlg. 37.618).
Im außerstreitigen Verfahren könne auch nicht beurteilt werden, ob und inwiefern der Antragsteller im gegenständlichen Fall bereichert wäre. Ein diesbezüglicher Einwand könnte nur auf dem Rechtsweg geltend gemacht werden. Dem diesbezüglichen Rekursvorbringen der Erstantragsgegnerin komme daher keine rechtliche Bedeutung zu, worauf bereits das Erstgericht in seiner Entscheidung hingewiesen habe.
Nach Ansicht des Rekursgerichtes liege hinsichtlich der grundsätzlichen Verpflichtung der Miteigentümer, die beantragten Sanierungsmaßnahmen im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 1 WEG durchführen zu lassen, eine bestätigende Entscheidung vor. Da sich - soweit ersichtlich - der Oberste Gerichtshof mit dieser Frage noch nicht konkret auseinandergesetzt habe (vgl. jedoch SZ 52/31), habe auch diese Frage grundsätzliche Bedeutung, sodaß der Revisionsrekurs für zulässig zu erklären gewesen sei (§ 26 Abs. 2 WEG in Verbindung mit § 37 Abs. 3 Z 18 MRG).
Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richten sich die Revisionsrekurse des Antragstellers und der Zweit- bis Zehntantragsgegner. Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses. Die Zweit- bis Zehntantragsgegner streben in erster Linie die gänzliche Abweisung des Antrages, in eventu den Ausspruch an, daß sie die angeführten Erhaltungsarbeiten lediglich zu dulden hätten.
Revisionsrekursbeantwortungen wurden nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionsrekurse sind nicht berechtigt.
1.) Zum Revisionsrekurs der Zweit- bis Zehntantragsgegner:
Die Besorgnis der Revisionsrekurswerber, der Ausspruch des Rekursgerichtes, der Antragsteller und die Antragsgegner seien gegenseitig verpflichtet, die näher umschriebenen Sanierungsarbeiten durchführen zu lassen, laufe darauf hinaus, daß dem Antragsteller die Vollmacht gegeben werde, den Sanierungsauftrag auch in ihrem Namen zu erteilen und sie damit finanziell zu verpflichten, wodurch noch immer ihre Kostenersatzpflicht normiert werde, ist unbegründet. Der genannte Ausspruch ändert nichts daran, daß diese Sanierungsarbeit eine Angelegenheit bleibt, in der die Mehrheit der Miteigentümer bzw. der Verwalter der Liegenschaft tätig zu werden hat; das jedem Miteigentümer und daher auch dem Antragsteller in § 15 Abs. 2 Satz 2 WEG eingeräumte Recht besteht ohne Rücksicht auf eine Entscheidung nach § 15 Abs. 1 Z 1 WEG in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Z 3 WEG (vgl. dazu Würth in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 14 WEG, Rz 4 zu § 15 WEG, Rz 5 zu § 17 WEG). Die Auffassung der Revisionsrekurswerber, sie seien höchstens verpflichtet, die Sanierungsarbeiten zu dulden, widerspricht der Rechtslage.
2.) Zum Revisionsrekurs des Antragstellers:
Der Ansicht des Antragstellers, auch über die Tragung der Kosten der Erhaltungsarbeiten sei im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden, weil das Wohnungseigentumsgesetz diese Kostentragungspflicht regle und diesbezüglich eine Verweisung auf den streitigen Rechtsweg nicht enthalte, kann nicht gefolgt werden.
Das außerstreitige Verfahren greift nur dann Platz, wenn es das Gesetz ausdrücklich oder schlüssig anordnet (MGA AußStrG2 E 1 zu § 1). Das Wohnungseigentumsgesetz regelt zwar die Tragung der Aufwendungen für die Liegenschaft durch die Miteigentümer in seinem § 19, eine Entscheidung darüber im Außerstreitverfahren nach § 26 WEG hat jedoch nur in den Fällen des § 19 Abs. 2 WEG stattzufinden (§ 26 Abs. 1 Z 5 WEG), wozu der gegenständliche Fall nicht gehört. Dies hat das Rekursgericht richtig erkannt; es hat sich lediglich insoferne im Ausdruck vergriffen, als ein zu Unrecht im Außerstreitverfahren gestellter Antrag nicht ab-, sondern zurückzuweisen ist. Das Unterbleiben einer Überweisung auf den streitigen Rechtsweg wird vom Antragsteller nicht bekämpft. Es war daher beiden Revisionsrekursen ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E17936European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00022.89.0411.000Dokumentnummer
JJT_19890411_OGH0002_0050OB00022_8900000_000