TE OGH 1989/4/12 3Ob17/89

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Veröffentlicht am 12.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Günther S***, Rechtsanwalt, Salzburg, Giselakai 51, wider die beklagte Partei S***

R***, Salzburg, Giselakai 43, vertreten durch

Dr. Reinhard Bruzek, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Einwendungen nach den §§ 35 und 36 EO (betriebener Anspruch: 82.500 S) infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 24.November 1988, GZ 21 R 330/88-13, womit aus Anlaß der Berufung das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 15.Juni 1988, GZ 7 C 6/88-9, samt den vorangegangenen Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 4.629,60 S bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung (darin 771,60 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die beklagte Rechtsanwaltskammer betreibt zu 7 E 380/88 des Bezirksgerichtes Salzburg auf Grund ihres Rückstandsausweises vom 4.12.1987 eine Forderung von 82.500 S.

Der Kläger erhebt gegen diesen Anspruch Einwendungen im Sinne des § 35 EO und gegen die Exekutionsbewilligung Einwendungen im Sinne des § 36 EO. Er macht geltend, die beklagte Partei habe ihm durch verschiedene rechtswidrige und schuldhafte Handlungen einen Schaden von 300.000 S zugefügt, sodaß ihm ein Schadenersatzanspruch in dieser Höhe zustehe, und die beklagte Partei habe über den Kläger zu Unrecht Disziplinarstrafen von 93.000 S verhängt, sodaß ihm ein Ersatzanspruch in dieser Höhe zustehe. Beide Forderungen rechne er gegen die betriebene Forderung auf. Der Kläger habe die entsprechenden Einwendungen auch schon im Verwaltungswege erhoben. Der Ausschuß der beklagten Partei habe aber die Einwendungen ohne inhaltliche Überprüfung mit der Begründung abgewiesen, er könne nicht einen Beschluß der Kammer-Vollversammlung aufheben. Daraus folgert der Kläger das Recht, die Einwendungen im Wege einer Klage nach § 35 EO im Rechtsweg geltend zu machen. Solange seine Einwendungen keiner inhaltlichen Behandlung unterzogen worden seien, fehle es aber auch an einer Vollstreckbarkeit im Sinne des § 36 Abs 1 Z 1 EO.

Die beklagte Partei beantragte die Zurück- oder Abweisung der Klage.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Ein Schadenersatzanspruch gegen die beklagte Partei werde in der Klagserzählung nicht schlüssig begründet; denn es würden nur Verfehlungen von Mitgliedern und "Funktionären" der beklagten Partei behauptet, ohne daß ersichtlich gemacht werde, wie weit deren Verhalten der beklagten Partei zuzurechnen sei. Die bezahlten Disziplinarstrafen könnten nicht als Gegenforderung geltend gemacht werden, weil das Recht der Geltendmachung der Aufrechnung hier durch Zahlung erloschen sei. Die Vollstreckbarkeit des strittigen Rückstandsausweises werde durch die Erhebung von Einwendungen der vorliegenden Art nicht beeinflußt.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes und das vorangegangene erstinstanzliche Verfahren aus Anlaß der Berufung des Klägers als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteigt. Für die Oppositionsklage sei der Rechtsweg gemäß § 35 Abs 2 Satz 2 EO ausgeschlossen. Für die Impugnationsklage werde zwar für gewisse Fälle auch bei einer Exekutionsbewilligung auf Grund eines verwaltungsbehördlichen Exekutionstitels der Rechtsweg zugelassen. Ein solcher Fall sei aber hier nicht gegeben. Es gehe nicht um nicht dem Verwaltungsrecht angehörige Fragen der Rechtsnachfolge oder der Abhängigkeit der Vollstreckbarkeit von einer im § 7 Abs 2 EO angeführten Tatsache. Im übrigen könne aber die von der Verwaltungsbehörde bestätigte Vollstreckbarkeit eines vorliegenden Rückstandsausweises nicht überprüft werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Zur zurückgewiesenen Oppositionsklage ist der Rekurs der klagenden Partei inhaltsleer, sodaß es hier genügt, auf die schon vom Berufungsgericht zutreffend zitierte unmißverständliche Bestimmung des § 35 Abs 2 Satz 2 EO (ebenso § 3 Abs 2 VVG) hinzuweisen.

Aber auch die Impugnationsklage wurde vom Berufungsgericht mit Recht zurückgewiesen: Zwar fehlt bei der Klage nach § 36 EO eine dem § 35 Abs 2 EO entsprechende Bestimmung. Aber das bedeutet nicht, daß für alle Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung auf Grund eines verwaltungsbehördlichen Exekutionstitels oder wie hier eines Rückstandsausweises eines Selbstverwaltungskörpers der Rechtsweg offen steht. Unzulässig ist der Rechtsweg insbesondere, wenn es um die sachliche Überprüfung eines solchen Exekutionstitels oder um die Richtigkeit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit geht. Letzteres ist seit der 6.Gerichtsentlastungsnovelle durch die Bestimmung des § 7 Abs 4 EO klargestellt. Unter diese Bestimmung fallen auch Exekutionstitel nach Art VIII des Gesetzes vom 16.November 1906, RGBl Nr 223, über die iSd § 27 lit d RAO vorgeschriebenen Beiträge und die dazu ausgestellten Rückstandsausweise. Der Rechtsweg wäre für eine Impugnationsklage nur zulässig, wenn die Vollstreckbarkeit von einer nach § 7 Abs 2 EO zu beweisenden Tatsache abhinge, wenn die im Sinne des § 9 EO angenommene Rechtsnachfolge strittig wäre, oder wenn eine Exekutionsstundung oder ein Exekutionsverzicht geltend gemacht würde (Heller-Berger-Stix 434 f; ausführlich Schneider in ÖJZ 1958, 505 !509 mit Darstellung jetzt überholter älterer Auffassungen; EvBl 1977/268; SZ 55/42; JBl 1988, 795). Ob ein Rückstandsausweis während der Zeit, da über die Berechtigung von Einwendungen gegen die darin ausgewiesene Beitragsforderung entschieden wird, oder auch, nachdem die Einwendungen abgewiesen oder ohne Prüfung zurückgewiesen wurden, vollstreckbar ist oder nicht, hat somit ausschließlich die Verwaltungsbehörde oder Interessenvertretung zu beurteilen.

Zwar kommt nicht dem Rückstandsausweis selbst Bescheidcharakter und Rechtskraftwirkung zu, wohl aber gilt dies für den dem Rückstandsausweis allenfalls zugrunde liegenden Bescheid oder für die Entscheidung der Behörde über Einwendungen gegen einen Rückstandsausweis, dem ein Bescheid nicht zugrunde liegt, worauf besonders auch in der in der Revision angeführten Belegstelle (Antoniolli-Koja, Lehr- und Handbuch, S 483) hingewiesen wird. Wird also der Rückstandsausweis von der Verwaltungsbehörde auf Grund erhobener Einwendungen nicht aufgehoben oder zurückgenommen, so bindet er das Exekutionsgericht weiterhin, ohne daß anstelle der Anrufung der Verwaltungsbehörde der Rechtsweg statthaft wäre. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E17283

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00017.89.0412.000

Dokumentnummer

JJT_19890412_OGH0002_0030OB00017_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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