Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13.April 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak (Berichterstatter), Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Ofner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Herbert P*** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 2 StGB (aF) über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 11. Mai 1987, GZ 31 Vr 2411/86-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten Herbert P*** und des Verteidigers Dr. Havranek zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der 43jährige Herbert P*** wurde des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 2 StGB (in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Strafrechtsänderungesetzes 1987, BGBl. 605) schuldig erkannt, weil er - zusammengefaßt wiedergegeben - am 1.September 1986 in Klagenfurt dem Josef H*** durch Aufbrechen eines Schrankes ein Bündel von 56.000 S Bargeld dadurch gestohlen hat, daß er es an sich nahm und bei Betretung durch Josef H*** auf frischer Tat in der Polsterung eines Sessels verbarg, wo es nach etwa einstündiger Suche von den intervenierenden Polizeibeamten gefunden wurde. Das Schöffengericht lehnte die leugnende Verantwortung des Angeklagten (er habe aus Neugierde den Kasten geöffnet) als unglaubwürdig ab, zumal er das Geldbündel, dessen er sich nach gewaltsamer Öffnung des Schrankes bemächtigt hatte, in der Befürchtung vor der Entdeckung der Tat in der Polsterung eines Sitzmöbels versteckte, obwohl er es leicht "an Ort und Stelle" hätte zurückgeben können (S 142). Auch habe er trotz des allerdings nur hinsichtlich einiger tausend Schilling vor der Polizei eingestandenen "Bereicherungsvorsatzes" bewußt die größere Barschaft an sich genommen und vor Josef H*** verborgen. Damit sei der Diebstahl vollendet (was einen Rücktritt vom Versuch ausschließe). Zur tätigen Reue (§ 167 StGB) fehle die Freiwilligkeit und Rechtzeitigkeit der Restitution (S 143). Die dagegen aus § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit. a und b sowie 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht begründet. Da weder ein unverfängliches Motiv des Angeklagten, die Wohnung der Eheleute H*** zu betreten, noch die durch den unversperrten Zugang zu ihr unerwartet eröffnete Möglichkeit, diese zu betreten, einen (spontan gefaßten) Diebstahlsvorsatz ausschließen, bedurfte es, der Mängelrüge (Z 5) zuwider, keiner Erörterung darüber, daß die Wohnung für gewöhnlich versperrt gehalten werde und daß Adele H*** dem Angeklagten Kleider für seine Angehörigen versprochen habe.
Rechtliche Beurteilung
Mit der (im Rahmen der Rechtsrüge aufgestellten) Behauptung, der Beschwerdeführer "leide sicherlich unter einer krankhaften Neigung, auch wenn im gegenständlichen Verfahren der psychiatrische Gutachter zu anderen Erkenntnissen kommt" (S 153), wird ersichtlich die Beweiswürdigung der Tatrichter, die auf der Grundlage des eingeholten psychiatrischen Gutachtens zur Feststellung gelangten, ein Zustand krankhafter manischer Verstimmung mit Aufhebung der Fähigkeit zur freien Willensbestimmung sei beim Angeklagten nicht vorgelegen (S 139), einer - nach wie vor unzulässigen - Kritik unterzogen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit. b und 10) ist (auch im übrigen) ebensowenig begründet.
Soweit darin Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs. 1 StGB) reklamiert wird, genügt die Erwiderung, daß dieser Strafaufhebungsgrund vorliegend schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil - wie das Erstgericht zutreffend erkannte - die Tat bereits vollendet war. Hat doch der Beschwerdeführer das mit Bereicherungsvorsatz ergriffene Banknotenbündel (S 140, 142, 143), wenngleich am Tatort, so doch an einer Stelle versteckt, die dem bisherigen Gewahrsamsinhaber nicht bekannt und dessen unverzüglicher Wahrnehmung entzogen war (Leukauf-Steininger2 § 127 StGB RN 41 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung), wobei das Verstecken der Beute (so die Tatsachenwürdigung des Schöffensenats:) vom fortbestehenden Bereicherungsvorsatz des Angeklagten und damit von seinem natürlichen Herrschaftswillen getragen war (siehe hiezu SSt. 52/28). Damit war aber der zur Tatbestandsverwirklichung erforderliche Gewahrsamswechsel eingetreten und kam begrifflich Rücktritt vom Versuch nicht mehr in Betracht. Auf die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen - die zudem auf der urteilsfremden Annahme beruhen, der Angeklagte habe bereits unmittelbar nach Ergreifen des Banknotenbündels den Entschluß zu dessen Rückgabe gefaßt und durch das Einstecken des Geldes in den Sitzpolster auch vollzogen - muß daher nicht weiter eingangen werden.
Keiner weitwendigen Einlassung bedarf endlich auch die Behauptung des Beschwerdeführers, ihm komme, falls man von einer Vollendung des Diebstahls ausgehe, tätige Reue im Sinne des § 167 Abs. 2 Z 1 StGB zustatten. Geht man nämlich von den diesbezüglichen Urteilsfeststellungen aus, wonach der Angeklagte den Geldbetrag in Ausführung seines Diebstahlsvorhabens versteckt hatte und in der Folge keine Anstalten unternahm, dieses Versteck preiszugeben, dann bleibt es unerfindlich, welches Verhalten des Angeklagten nach Vollendung der Tat überhaupt als Schadensgutmachung aufgefaßt werden könnte. Wenn der Beschwerdeführer diesbezüglich behauptet, er habe, als er das Geld unter die Pölster steckte, darauf vollkommen verzichtet und die Banknoten damit "zurückgegeben", übergeht er die konträren tatrichterlichen Feststellungen (S 140, 142, 143) und verfehlt damit die prozeßordnungsgemäße Darstellung einer Rechtsrüge. Nach dem Gesagten war sonach die im ganzen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 129 StGB eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten, wobei es als erschwerend die acht einschlägigen Vorverurteilungen, als mildernd dagegen keinen Umstand in Betracht zog.
Die Berufung des Angeklagten, mit der er primär die Gewährung der bedingten Nachsicht, allenfalls die Herabsetzung der Strafe anstrebt, ist nicht begründet.
Selbst wenn man dem Angeklagten einen von der Norm etwas abweichenden Geisteszustand, der zu einer psychiatrischen Behandlung führte, als mildernd zugutehalten wollte (§ 34 Z 1 StGB) und - vom Berufungswerber nicht reklamiert - als mildernd zusätzlich in Rechnung stellt, daß er in Ansehung seines einige tausend Schilling umfassenden Bereicherungsvorsatzes ein Teilgeständnis ablegte (§ 34 Z 17 StGB) und letztlich trotz Vollendung der Tat kein Schaden entstanden ist (§ 34 Z 13 StGB) - von einem längeren Zurückliegen der Tat, kann, da es auf den Urteilszeitpunkt ankommt, der nur rund neun Monate nach der Tat lag; siehe Mayerhofer-Rieder3 § 34 StGB Nr. 55, keine Rede sein - stehen der begehrten bedingten Nachsicht der Strafe (oder auch nur eines Teiles derselben) angesichts des einschlägig überdurchschnittlich getrübten Vorlebens des Angeklagten und der Wirkungslosigkeit der ihm bisher schon wiederholt gewährten bedingten Nachsicht von Strafen spezialpräventive Erwägungen nachdrücklich entgegen. Somit erweist sich auf der Basis der wie oben korrigierten Strafzumessungsgründe, die auf der Erschwerungsseite noch dahin zu ergänzen sind, daß die Tat durch zwei strafsatzerhöhende Umstände - Einbruch und ein (nunmehr) 25.000 S übersteigender Schadensbetrag - qualifiziert ist, bei einem bis zu fünf Jahren reichenden Strafsatz die geschöpfte Unrechtsfolge als keineswegs überhöht.
Anmerkung
E17135European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00012.89.0413.000Dokumentnummer
JJT_19890413_OGH0002_0120OS00012_8900000_000