TE OGH 1989/4/18 10ObS117/89

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Veröffentlicht am 18.04.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Manfred Dafert (AG) und Alfred Klair (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Herbert U***, Angestellter, 6850 Dornbirn, Im Böckler 6, vertreten durch Dr.Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei V*** G***, 6850 Dornbirn,

Jahngasse 4, vertreten durch Dr.Klaus Grubhofer, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 55,40 S infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13.Dezember 1988, GZ 5 Rs 193/88-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 17.August 1988, GZ 35 Cgs 78/88-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels, die beklagte Partei die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger nahm am 1.März 1988 zur Behandlung seiner akuten Zahnschmerzen weder Vertragspartner noch eigene Einrichtungen der beklagten Partei, sondern den Dornbirner Wahl(zahn)arzt Dr.Reinhold F*** in Anspruch. Diesem bezahlte er dafür insgesamt 293 S, und zwar für eine Vitalitätsprüfung, die an sich zweckmäßig war und das Maß des Notwendigen nicht überschritt, 50 S, für ein Röntgen des Zahnes Nr 18 70 S, für eine diesbezügliche Lokalanästhesie 54 S, für die Extraktion des Zahnes Nr 18 92 S und an (aufgerundeter) Umsatzsteuer 27 S.

Mit Bescheid vom 20.Mai 1988 stellte die beklagte Partei fest, daß dem Kläger für die Kosten dieser anderweitigen Zahnbehandlung ein Ersatz von 237,60 S gebührt und wies den Antrag auf Ersatz weiterer Kosten von 55,40 S (Kosten der Vitalitätsprüfung samt 10 % Umsatzsteuer und 0,40 S aufgerundeter Umsatzsteuer) ab. Das Erstgericht wies das rechtzeitige Klagebegehren, es werde festgestellt, daß die beklagte Partei gegenüber dem Kläger verpflichtet sei, die am 1.März 1988 durch Dr.Reinhold F*** vorgenommene Vitalitätsprüfung von Zähnen anläßlich eines akuten Zahngeschehens zu ersetzen, und die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger 55,40 S samt 4 % Zinsen seit 22.März 1988 zu zahlen, ab. Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes seiner Entscheidung 30.000 S nicht übersteigt und daß die Revision zulässig sei. Nach der Rechtsansicht der zweiten Instanz geht es hier nicht darum, ob durch die bundeseinheitliche Honorarordnung für die Vertragsfachärzte für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde dem Gesetzesauftrag zur Vorsorge für Zahnbehandlung und Zahnersatz global entsprochen worden sei, sondern ausschließlich darum, ob die beklagte Partei denn beim Kläger zweckmäßigerweise vorgenommenen Vitalitätstest zu bezahlen habe. Dazu sei in der erwähnten Honorarordnung unter I. (Allgemeines) Z 7. festgelegt, daß die Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen mit der Honorierung für die jeweils erbrachte Leistung abgegolten sei. Es könne nicht ernsthaft bezweifelt werden, daß es sich beim Vitalitätstest um eine diagnostische Maßnahme zur Feststellung einer Zahnerkrankung handle. Ziel dieses Tests könne nicht die Feststellung der Gesundheit, sondern nur der Ausschluß einer möglichen Krankheit des Zahnes sein, um die entsprechende Behandlung folgen zu lassen. Subsumiere man den Vitalitätstest unter I/7 der Honorarordnung, dann habe die beklagte Partei diesen Test bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes ebensowenig zu honorieren wie bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes. Dies ergebe sich aus § 131 Abs 1 ASVG.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das Berufungsurteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs. 2 Z 1 ASGG zulässige Revision ist nicht berechtigt.

(Die folgenden Paragraphenzitate, bei denen keine Norm angegeben ist, beziehen sich auf das ASVG.)

Die Zahnbehandlung ist nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung zu gewähren. Als Leistungen der Zahnbehandlung kommen chirurgische Zahnbehandlung, konservierende Zahnbehandlung und Kieferregulierungen, ..., in Betracht (§ 153 Abs. 1 S 1 und 2). Zahnbehandlung und Zahnersatz werden als Sachleistungen durch Vertragsärzte, Wahlärzte (§ 131 Abs 1), ... auch durch Vertragsdentisten, Wahldentisten (§ 131 Abs 1), in eigens hiefür ausgestatteten Einrichtungen (Ambulanzen) der Versicherungsträger (des Hauptverbandes) oder in Vertragseinrichtungen gewährt. Für die Zahnbehandlung gilt hiebei § 135 Abs 2 entsprechend (§ 153 Abs 2 S 1 und 2).

Nimmt der Anspruchsberechtigte nicht die Vertragspartner (§ 338) oder die eigenen Einrichtungen (Vertragseinrichtungen) des Versicherungsträgers zur Erbringung von Sachleistungen der Krankenbehandlung (ärztliche Hilfe, ...) in Anspruch, so gebührt ihm der Ersatz der Kosten einer anderweitigen Krankenbehandlung in der Höhe des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre. Wird die Vergütung für die Tätigkeit des entsprechenden Vertragspartners nicht nach den erbrachten Einzelleistungen bestimmt, hat die Satzung des Versicherungsträgers Pauschbeträge für die Kostenerstattung festzusetzen (§ 131 Abs 1).

Die Zahnbehandlung umfaßt im Rahmen der folgenden Bestimmungen

a) chirurgische Zahnbehandlung, und zwar 1.Zahn- und

Wurzelentfernungen, 2. operative Eingriffe; ... (§ 32 Abs 1 der

Satzung der V*** G***).

Der Versicherte hat für sich ... im notwendigen Ausmaß Anspruch

auf chirurgische Zahnbehandlung (§ 32 Abs 1 lit a) (§ 33 der Satzung).

Bei Inanspruchnahme von Wahlzahnärzten (Wahldentisten, Wahleinrichtungen) werden die Kosten vergütet, wenn die Notwendigkeit der chirurgischen ... Zahnbehandlung gegeben ist (§ 37 Abs 4 lit a der Satzung).

Der Kostenersatz bei Inanspruchnahme von Wahlzahnärzten (...) wird in der Höhe des Betrages gewährt, der bei Inanspruchnahme des entsprechenden Vertragspartners der Kasse von dieser aufzuwenden gewesen wäre (§ 37 Abs 5 S 1 der Satzung).

Die bundeseinheitliche Honorarordnung für die Vertragsfachärzte

für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (HO) bildet einen Bestandteil

des Gesamtvertrages (I/1). Die Honorierung für diese

Vertragsfachärzte erfolgt auf Grund der in dieser HO angeführten

Tarife nach Einzelleistungen unter Bedachtnahme auf die folgenden

Erläuterungen zu den Tarifen für

konservierend-chirurgische ... Zahnbehandlung (I/2). In der HO nicht

vorgesehene Leistungen sind nicht Gegenstand der vertragsärztlichen

Tätigkeit ... (I/3). Die Untersuchung zur Feststellung von Zahn-,

Mund- und Kiefererkrankungen ist mit der Honorierung für die jeweils erbrachte Leistung abgegolten (I/7).

Im Honorartarif für konservierend-chirurgische Zahnbehandlung, gültig ab 1.Jänner 1988 für die Vertragsärzte und Vertragsdentisten sind für die Pos.Nr. 2 "Extraktion eines Zahnes incl. Anästhesie und Injektionsmittel" 141 S vorgesehen. Nach der Erl 3 ist bei der Extraktion eines Zahnes ... eine Anästhesie nicht gesondert verrechenbar. Für die Pos.Nr. 24 "Zahnröntgen" sind 52 S vorgesehen. Für Vitalitätsprüfungen enthält der Honorartarif keine eigene Pos.Nr. Im Hinblick auf die wiedergegebenen Bestimmungen kann nicht der geringste Zweifel daran bestehen, daß vom beklagten Versicherungsträger bei Inanspruchnahme eines entsprechenden Vertragspartners für die vor der Extraktion (zum Zweck der Feststellung des zu ziehenden Zahnes) vorgenommene Vitalitätsprüfung kein zusätzliches Honorar aufzuwenden gewesen wäre. Soweit der Kläger meint, die Kosten der Vitalitätsprüfung seien als selbständige Leistung schon deshalb zu ersetzen, weil im Falle eines positiven Ergebnisses keine weitere Behandlung erfolgt und diese Leistung sonst überhaupt nicht honoriert wurde, übersieht er, daß im vorliegenden Fall eine Behandlung erfolgt ist und für diesen Fall die vorangehende Untersuchung kraft ausdrücklicher Bestimmung des Pkt I/7 der Honorarordnung mit der Honorierung der jeweils erbrachten (nachfolgenden) Leistung abgegolten ist. Es muß daher nicht geprüft werden, ob im Falle einer positiv verlaufenen Vitalitätsprüfung ein Honorar nach Pos 1 des Tarifs in Frage käme. (vgl dazu § 32 Abs 1 lit b Z 1 der Satzung).

Deshalb steht dem Kläger gegen die beklagte Partei kein Anspruch auf Ersatz der ihm für diese Vitalitätsprüfung vom Wahlzahnarzt in Rechnung gestellten und von ihm bezahlten 50 S samt 10 % Umsatzsteuer zu. Auch für den Ersatz des Aufrundungsbetrages der Umsatzsteuer von 0,40 S fehlt jede Anspruchsgrundlage. Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. (Kläger) und auf Abs 1 Z 1 und Abs 3 leg cit (beklagte Partei).

Anmerkung

E17469

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:010OBS00117.89.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19890418_OGH0002_010OBS00117_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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