TE OGH 1989/4/18 10ObS130/89

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Veröffentlicht am 18.04.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Dafert (Arbeitgeber) und Alfred Klair (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Karola Z***, Hochschülerin, 6600 Reutte, Wolkensteinerstraße 43, vertreten durch Dr. Dieter Ausserladscheider, Rechtsanwalt in Reutte, wider die beklagte Partei P*** DER A*** (Landesstelle Salzburg), 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Waisenpension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24.Jänner 1989, GZ 6 Rs 4/88-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 2.September 1988, GZ 44 Cgs 72/88-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 10.3.1988 lehnte die beklagte Partei den Antrag der am 7.12.1961 geborenen Klägerin auf Weitergewährung der (nach deren am 8.5.1985 verstorbenen ehelichen Vater vom 1.7.1985 bis zur Vollendung des 26.Lebensjahres bezogenen) Waisenpension ab, weil die Schulausbildung weder durch Krankheit noch ein anderes unüberwindbares Hindernis verzögert worden sei.

Die auf Weitergewährung der Waisenpension über den 31.12.1967 gerichtete rechtzeitige Klage stützt sich darauf, daß die Schulausbildung dadurch um ein Jahr verzögert worden sei, daß die Klägerin, die das 6.Lebensjahr im Dezember 1967 vollendet hatte, erst im Schuljahr 1968/69 in die Volksschule Reutte eintreten konnte.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Das Erstgericht gab der Klage statt.

Es stellte im wesentlichen fest, daß die Klägerin vom September 1968 bis zum Ende des Schuljahres 1972 die Volksschule in Reutte, anschließend bis 1981 das neunjährige mathematische Gymnasium in Reutte besuchte, das sie mit der Reifeprüfung abschloß, und seit 1981 an der Technischen Universität Graz Elektrotechnik und Elektromedizin studiert, wofür durchschnittlich 16,1 Semester erforderlich sind.

Rechtlich meinte das Erstgericht, die Klägerin habe wegen zu vermutender mangelnder Schulreife frühestens im September 1968 die Volksschule besuchen können. Durch dieses unüberwindbare Hindernis habe sich ihre Schulausbildung über die Vollendung des 26. Lebensjahres hinaus verzögert, weshalb die Kindeseigenschaft nach § 252 Abs 2 Z 1 ASVG und damit der Anspruch auf Weitergewährung der Waisenpension nach § 260 leg cit weiter bestehe.

Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der beklagten Partei Folge und wies die Klage ab.

Daß ein Kind wegen seines erst nach dem 1.September liegenden Geburtstages nach § 2 SchulpflichtG erst im (seinem 6.Geburtstag) folgenden Schuljahr mit der Volksschule beginnen könne, sei kein unüberwindbares Hindernis im Sinn des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG. Ob von der Ausnahmemöglichkeit des § 7 SchPflG Gebrauch gemacht worden sei, sei ebenfalls kein Kriterium für die Verlängerung der Kindeseigenschaft. Die zitierten schulrechtlichen Bestimmungen knüpften an einen Stichtag, nämlich das Geburtsdatum des Kindes, an. Die mit solchen Stichtagsregelungen allenfalls verbundenen Härten würden vom Gesetzgeber aus pragmatischen Gründen in Kauf genommen. Deshalb erübrige sich eine Erörterung, ob und inwieweit die Klägerin schon im Jahr 1967 im Sinn des § 7 Abs 2 SchPflG schulreif gewesen sei. Andere unüberwindbare Hindernisse habe sie nicht behauptet. Dagegen richtet sich die von der beklagten Partei nicht beantwortete Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das Berufungsurteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.

Die nach § 46 Abs 4 ASGG ohne die Beschränkungen des Abs 2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist nicht berechtigt. Weil die Klägerin das 18. Lebensjahr schon vor dem 31.12.1987 vollendet hat, ist § 252 Abs 2 Z 1 ASVG in der seit 1.1.1975 geltenden Fassung der 31.ASVGNov BGBl 1974/775 anzuwenden (arg Art VI Abs 13 Sozialrechts-Änderungsgesetz 1988 BGBl 1987/609). Danach besteht die Kindeseigenschaft über das 26.Lebensjahr hinaus für einen der Dauer der Behinderung angemessenen Zeitraum, wenn die Schul- oder Berufsausbildung durch die Erfüllung der Wehrpflicht, der Zivildienstpflicht, durch Krankheit oder ein anderes unüberwindbares Hindernis verzögert worden ist.

Rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall kämen nur Krankheit oder ein anderes unüberwindbares Hindernis der Schulausbildung in Betracht. Ein unüberwindbares Hindernis wäre jeder Umstand, der den rechtzeitigen Beginn oder die rechtzeitige Vollendung der Schulausbildung der Klägerin verhindert hätte und von ihr trotz Aufbietung aller Anstrengung nicht hätte beseitigt werden können (so zB 10.1.1989, 10 Ob S 3/89).

Daß die am 7.12.1961 geborene und daher im Schuljahr 1967/68 noch nicht schulpflichtige Klägerin (§ 2 SchPflG) - aus welchen Gründen immer - nicht nach § 7 Abs 1 leg cit schon zum Anfang dieses Schuljahres in die erste Schulstufe aufgenommen wurde, sondern die erste Klasse der Volksschule ab dem auf die Vollendung des 6. Lebensjahres folgenden September 1968 besuchte, stellt keine Verzögerung, also keinen verspäteten Beginn des Volksschulbesuches, sondern den im § 2 leg cit vorgesehenen normalen Schuleintritt eines erst mit dem auf die Vollendung des 6.Lebensjahres folgenden 1. September - bei der Klägerin 1968 - schulpflichtig gewordenen Kindes dar. Bei der im § 7 Abs 1 leg cit vorgesehenen Möglichkeit handelt es sich um einen vorzeitigen Besuch der Volksschule (so auch die schon vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien 9.8.1985 SVSlg 31.426). Der normale Schuleintritt der Klägerin wurde daher vom Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum nicht als Verzögerung der Schulausbildung durch ein unüberwindbares Hindernis im Sinn des § 252 Abs 2 Z 1 ASVG angesehen.

Anders wäre es, wenn die schulpflichtig gewordene Klägerin im Schuljahr 1968/69 wegen mangelnder Schulreife vom Besuch der ersten Schulstufe zurückgestellt worden wäre (§ 14 SchPflG). Andere Umstände, die als unüberwindbare Hindernisse die Schulausbildung der Klägerin verzögert haben könnten, wurden weder behauptet, noch ergeben sich dafür sonstige Anhaltspunkte. Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Anmerkung

E17493

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:010OBS00130.89.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19890418_OGH0002_010OBS00130_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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