Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Hofmann, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gilda P***, Hausfrau, Graz, Dr. Robert Graf-Straße 15, vertreten durch Dr. Robert A. Kronegger, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Ö***, Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft mbH, Graz, Schillerplatz 4, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen Zustimmung zu einem Abtretungsvertrag und Leistungen (Streitwert S 179.154,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 13. Dezember 1988, GZ 5 R 224/88-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 3. August 1988, GZ 16 Cg 207/86-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 7.410,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.235,10 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin wurde am 7. Mai 1985 vom Kreisgericht Leoben rechtskräftig von Ewald P*** aus dessen Alleinverschulden geschieden.
Ewald P*** hat noch während aufrechter Ehe mit Anwartschaftsvertrag vom 17. Juli 1984 von der beklagten Partei den Anspruch auf Übergabe der Wohnung top. Nr. 12 im zweiten Stockwerk des von ihr zu errichtenden Hauses Langenwang Bau 1 (nunmehr Langenwang, Grazer Straße 70) sowie den Anspruch auf Einräumung des Wohnungseigentums hinsichtlich der entsprechenden Anteile an der Liegenschaft EZ 747 KG Langenwang erworben. Er erfüllte seine mit diesem Vertrag der beklagten Partei gegenüber übernommenen Verpflichtungen; er bezahlte insbesondere die Grund- und Aufschließungskosten von S 61.000,-- und trug die vorläufigen Baukosten von S 118.174,--.
Die beklagte Partei verpflichtete sich in Punkt VI des Vertrages, dem Wohnungseigentumsbewerber bei Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Anwartschaftsvertrag das Anwartschaftsobjekt zur Nutzung zu übergeben, und in Punkt V des Vertrages, nach Bauvollendung und Bezahlung der in Punkt III des Vertrages genannten Beträge alle Anträge zu stellen und Urkunden zu errichten, die zur Einverleibung des Eigentumsrechtes am Mindestanteil und des Wohnungseigentums geboten sind. Nach Punkt XI des Anwartschaftsvertrages bedarf die Übertragung aller Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag, die einzeln nicht übertragbar sind, der Zustimmung des anderen Vertragsteils. Die gemeinnützige Bauvereinigung (GBV) wird einer solchen Übertragung zustimmen, wenn die persönlichen und Vermögensverhältnisse des Übernehmers den Förderungsbestimmungen entsprechen und dieser die GBV schad- und klaglos hält. Der Anwartschaftsvertrag bedarf nach Punkt XVII zu seiner Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Landes Steiermark (Beilage A).
Die Klägerin lebte mit Ewald P*** bis zur Scheidung in der Ehewohnung in dem im Miteigentum der Ehegatten stehenden Haus Langenwang, Hochweg 32. Dieses Haus wurde im Jahre 1984 versteigert. Die Klägerin mußte Ende August 1985 endgültig aus diesem Haus ausziehen.
Die Wohnung top. Nr. 12 in Langenwang Bau 1 wurde erst Ende September 1985 bezugsfertig und ist am 27. September 1985 von Ewald P*** und dessen Freundin Karin K*** bezogen worden. Ewald P*** war zu diesem Zeitpunkt beim Arbeitsamt Bruck/Mur beschäftigt. Einer seiner Kollegen, Helmut K***, bewohnte in Bruck/Mur, Grazer Straße 15, eine Naturalwohnung. Er wollte aus dem Dienstverhältnis ausscheiden und diese Wohnung zurücklegen. Deshalb ersuchte Ewald P*** den Amtsleiter Josef P***, sich für eine Zuweisung der Wohnung an ihn zu verwenden. Gleichzeitig kam auch der Anwartschaftsvertrag mit der beklagten Partei zur Sprache, wobei es im wesentlichen um eine Vorsprache beim Bürgermeister von Langenwang K*** hinsichtlich des Vertragsrücktrittes ging. Helmut K*** verlangte von Ewald P***, der sich in finanziellen Schwierigkeiten befand, wobei gegen ihn Exekutionen liefen, einen ziffernmäßig nicht genau bekannten Ablösebetrag. Deshalb verfaßte Ewald P*** nachstehende Abtretungserklärung, die am 9. Dezember 1985 bei der beklagten Partei einlangte:
"Abtretungserkärung!
Von der Rückgabe der Wohnung soll der Betrag von rund S 50.000,-- ausschließlich Herrn Helmut K*** zukommen (Bediensteter des Arbeitsamtes Bruck/Mur). Sämtliche anderen Abtretungserklärungen sind somit ungültig. Erkläre ausdrücklich nochmals, daß kein anderer als Helmut K*** den Erlös erhalten soll. Um eine baldige Abrechnung des Falles wird daher gebeten. Hochachtungsvoll Ewald P*** eh."
Helmut K*** hat in der ersten Dezemberhälfte 1985 die Naturalwohnung geräumt und unmittelbar danach ist Ewald P*** in diese Wohnung eingezogen.
Bereits am 26. November 1985 hatte Ewald P*** der beklagten Partei gegenüber schriftlich erkärt, wegen plötzlich aufgetretener finanzieller und privater Schwierigkeiten vom Kauf der Eigentumswohnung zurückzutreten. Bis zum 10. Dezember 1985 gab er auch mündliche und fernmündliche Erklärungen über den Rücktritt von seinem Anwartschaftsvertrag ab.
Die Klägerin bemühte sich insbesondere Anfang Dezember 1985 um Zuweisung der Eigentumswohnung und sprach mit Bürgermeister K*** von Langenwang und mit Aurelia P***, einer Angestellten der beklagten Partei. Außerdem intervenierte sie beim Landeshauptmann, wobei sie vorbrachte, Ewald P*** sei von seinem Anwartschaftsvertrag zurückgetreten. Da sie sich mit ihm wieder verstehe und mit ihm zusammenziehen wolle, beantragte sie, ihr die Wohnung zuzuweisen.
Am 3. Dezember 1985 vermerkte Aurelia P*** in ihrem Handakt, daß Ewald P*** die Wohnung eventuell an seine Frau übertragen wolle und der Rücktritt noch nicht zu schreiben wäre. Sie erklärte der Klägerin, als diese bei ihr vorsprach, daß zwei Möglichkeiten bestünden, nämlich einerseits, daß Ewald P*** vom Anwartschaftsrecht zurücktritt und die Klägerin einen neuen Anwartschaftsvertrag mit der beklagten Partei schließt, oder anderseits Ewald P*** in einer Vereinbarung sein Anwartschaftsrecht der Klägerin überträgt.
Am 4. Dezember 1985 übergab Ewald P*** dem Bürgermeister K*** von Langenwang den Schlüssel zur Eigentumswohnung mit der Erklärung, daß sie nun vollkommen geräumt sei.
Anläßlich eines Telefonates erklärte Aurelia P*** Ewald P***, ihm ein ausgefülltes Rücktrittsformular zuzusenden, welches er unterfertigen solle, um die Situation zu bereinigen. Sein Rücktritt wäre dann rechtsverbindlich. Dieses Formular wurde Ewald P*** am 6. Dezember 1985 mit dem Ersuchen übermittelt, das Original ausgefüllt und unterfertigt bis 12. Dezember 1985 zu retounieren. Ewald P*** unterfertigte das Formular. Das mit 9. Dezember 1985 datierte Formular langte am 10. Dezember 1985 bei der beklagten Partei ein. Es hat folgenden Wortlaut:
"Mit Anwartschaftsvertrag vom 17. Juli 1984 ....... habe ich das Anwartschaftsrecht auf die obgenannte Wohnung von der Ö***, Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft mbH, erworben. Es wird ausdrücklich festgestellt, daß das gegenständliche Bauvorhaben mit Mitteln des Landes Steiermark im Rahmen der Wohnbauförderung 1968 teilweise mitfinanziert wurde und nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1968 die Rechtswirksamkeit des obgenannten Anwartschaftsvertrages von der Zustimmung des Landes Steiermark gemäß § 22 Abs. 1 WFG abhängig ist. Die erforderliche Zustimmung wurde vom Land Steiermark bis heute nicht erteilt und wurde daher mein mit der Gesellschaft abgeschlossener Anwartschaftsvertrag nicht rechtswirksam und trete ich nunmehr von meinem Anwartschaftsrecht auf die gegenständliche Wohnung zurück.
Ich nehme zur Kenntnis, daß mir mein Guthaben, welches sich wie folgt errechnet:
Eigenmittel S 179.154,--
abzüglich Mietenrückstand S 7.762,--
S 171.392,--
abzüglich Manipulationsspesen
einschließlich Mehrwertsteuer S 2.200,--
S 169.192,--
abzüglich Eigenmittelersatzdarlehen S 118.000,--
daher Guthaben S 51.192,--
S 7.668,56
S 43.523,44
abzüglich anerlaufener Zinsen wegen verspäteter
Eigenmitteleinzahlung erst dann von der Gesellschaft ausgezahlt
wird, wenn der neue Käufer der gegenständlichen Wohnung den ihm
vorgeschriebenen Kaufpreis an die Gesellschaft eingezahlt hat.
Meine Bankverbindung lautet Sparkasse Bruck/Mur-Kapfenberg Konto Nr. 0501-320030, lautend auf Helmut K***.
Die Übergabe der Wohnung findet am 1. Dezember 1985 statt. Eventuell erfolgte Beschädigungen an den sanitären und elektrischen Einrichtungen gehen zu meinen Lasten.
Die im Zusammenhang mit diesem Rücktritt allenfalls zur Vorschreibung gelangenden Steuern und Gebühren verpflichte ich mich in mein Zahlungsversprechen zu übernehmen und stelle ich gleichzeitig den Antrag, gemäß § 20 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz 1955 in der derzeit geltenden Fassung eine allfällige Grunderwerbsteuer nicht zu erheben bzw. rückzuvergüten, und zwar sowohl für das dem obgenannten Anwartschaftsvertrag zugrunde liegende Rechtsgeschäft als auch für die gegenständliche Rücktrittserklärung.
Meine neue Adresse lautet: P*** Ewald, Grazer Straße 15 a, 8600 Bruck/Mur, Ewald P*** eh."
Gleichfalls am 10. Dezember 1985 langte bei der beklagten Partei ein Schreiben des Ewald P*** vom 7. Dezember 1985 ein, in dem dieser seine Rücktrittserklärung vom 26. November 1985 mit der Begründung zurückzog, daß seine gesamte Situation nicht überschaubar gewesen sei und er einen Rücktritt voreilig erklärt hätte. Die beklagte Partei übermittelte die Rücktrittserklärung des Ewald P*** vom 9. Dezember 1985 am 12. Dezember 1985 dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Graz. Am selben Tag ging an die Verwaltung der beklagten Partei eine Änderungsmeldung folgenden Wortlautes:
"Aufgrund eines Rücktrittes wurde für die Wohnung Langenwang, Grazer Straße 70 Bau 1 Wohnung 12 bisher lautender Name P*** Ewald mit dem Nachfolger ein neuer Wohnungsvertrag abgeschlossen. Das Nutzungsentgelt ist ab 1. Dezember 1985 vom Nachfolger R*** einzuheben."
Der Raiffeisenkasse Mitterdorf wurde mit Beschluß vom 9. Dezember 1985 die Exekution auf das Auseinandersetzungsguthaben des Ewald P*** bei der beklagten Partei bewilligt.
Am 13. Dezember 1985 wurde Helmut R*** der neue Anwartschaftsvertrag hinsichtlich der Wohnung top. Nr. 12 schriftlich übermittelt und hatte er danach ab 1. Dezember 1985 das monatliche Nutzungsentgelt zu zahlen. Der Bürgermeister von Langenwang K*** hatte kein Zuweisungsrecht hinsichtlich der von der beklagten Partei zu vergebenden Wohnungen.
Am 17. Dezember 1985 gab die Klägerin beim Bezirksgericht Mürzzuschlag zu F 8/85 den Antrag zu Protokoll, ihr unter anderem die als Ehewohnung gedachte Wohnung top. Nr. 12 im Haus Langenwang, Grazer Straße 70 zuzuweisen bzw. die Anwartschaftsrechte des Ewald P*** auf sie zu überschreiben. Am 10. Jänner 1986 schlossen die geschiedenen Eheleute P*** nachstehenden gerichtlichen Vergleich:
"Festgehalten wird, daß Ewald P*** mit der Ö***
Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft mbH, Schillerplatz 4, Graz, einen Kaufanwartschaftsvertrag betreffend eine Wohnung im zweiten Stock, bestehend aus drei Zimmern, Küche, Bad und Nebenräumen sowie einer Loggia im Ausmaß von 88,30 m2 abgeschlossen hat. Diese Wohnung ist bereits bezugsfertig.
Herr Ewald P*** überträgt aus dem Rechtsgrund der Auseinandersetzung über die Ehewohnung sein Anwartschaftsrecht an dieser Wohnung im Bau Langenwang 1 an die Antragstellerin Gilda P*** und erklärt somit, sämtliche zur Abtretung notwendigen Schritte bei der Ö*** vornehmen zu wollen, allenfalls gilt dieser Vergleich als abgegebene Abtretungserklärung.
Der Antragsgegner nimmt dabei zur Kenntnis, daß eine allfällige Rückzahlung der Grunderwerbsteuer infolge vorangegangener Befreiung ihn treffen könnte.
Die mit der Übertragung der Eigentumswohnung, besser gesagt des Anwartschaftsrechtes, sonst verbundenen Gebühren und Kosten trägt hingegen die Antragstellerin Gilda P***.
Diese übernimmt auch die Haftung dafür, daß die von Ewald P*** geleistete Anzahlung von S 61.000,-- dem Ewald P*** in irgendeiner Form wieder zugutekommt (nach Mitteilung der Gilda P*** soll dieser Betrag von der Ö*** an Ewald P*** zurückbezahlt werden, ohne daß von Gilda P*** der Betrag erneut gefordert werden könnte). Sollte jedoch dieser Betrag von irgendeinem Gläubiger des Ewald P*** gepfändet werden, so wäre dies als Zahlung des Betrages auch dann anzusehen, wenn er einem Gläubiger zugutekäme.
Von diesen S 61.000,-- wären jedoch jene Beträge, welche die Ö*** allenfalls zurückzubehalten berechtigt wäre (aus dem Titel der nicht bezahlten monatlichen Beträge für Rückzahlungen und Betriebskosten und allfällige Zinsen), abzuteilen, sodaß dem Ewald P*** nur jene Beträge zukommen würden, die die Ö*** auszuzahlen bereit ist.
Die Übergabe der Wohnung mit Last und Gefahr und Vorteil erfolgt mit heutigem Tag.
Die Entscheidung über den Antrag auf Behandlung von ehelichem Gebrauchsvermögen bleibt weiter vorbehalten (Möbel betreffend). Frau P*** erklärt, daß sie sich noch die weitere
Antragstellung bezüglich diverser Gebrauchsgegenstände vorbehalte und somit derzeit noch keine generelle Erledigung außer der Behandlung der Ehewohnung und außer der Behandlung der bereits geltend gemachten Möbel möglich sei.
Frau Gilda P*** übernimmt mit der Übergabe der
gegenständlichen Wohnung auch sämtliche darauf noch später grundbücherlich einzutragenden Lasten in ihr alleiniges Zahlungsversprechen und erklärt, den Antragsgegner Ewald P*** schad- und klaglos zu halten, falls er aus seinem abgeschlossenen Anwartschaftsvertrag von Gläubigern in Anspruch genommen werden sollte, die Darlehen gewährt haben (Land Steiermark, Raiffeisenbank). Diese Schad- und Klagloshaltung wird von Ewald P*** auch angenommen. Die Antragsteller erklären ferner, österreichische Staatsbürger und Deviseninländer zu sein an Eides Statt."
Am 18. Februar 1986 teilte die Klägerin der beklagten Partei folgendes mit:
"Betrifft: Übergabe der Wohnung 1/12 in Langenwang, Grazer
Straße 70.
Sehr geehrte Geschäftsleitung!
Wie Ihnen ausreichend bekannt ist, wurde Ihre Gesellschaft rechtzeitig und von mir persönlich einige Male darüber informiert, daß ich meinen Anspruch auf die im Jahre 1984 von meinem Gatten beantragte Ehewohnung auf alle Fälle geltend machen muß. In der Zwischenzeit wurde mir diese Wohnung auch gerichtlich durch meinen Gatten übertragen.
Leider mußte ich feststellen, daß diese Wohnung besetzt ist. Da von meinem Gatten noch Eigentum in dieser Wohnung war, ist hier auf keinen Fall der korrekte Rechtsweg beschritten worden.
Ich stelle daher an Sie die dringende Frage: Bin ich gezwungen, durch das Gericht mit einer Klage auf Übergabe etc. vorzugehen, oder sind Sie bereit, mir die Wohnung auch ohne gerichtlichen Einfluß ordnungsgemäß und in jenem Zustand zu übergeben, in dem diese zum Zeitpunkt 30. November 1985 war.
Für Ihre Entscheidung räume ich Ihnen gerne eine Frist bis 24. Feber 1986 ein. Sollte ich bis zu diesem Termin keine Nachricht von Ihrer Gesellschaft erhalten, werde ich am 25. Februar 1986 gegen Sie die Klageeinbringung veranlassen."
Mit Schreiben vom 16. April 1986 ersuchte der Klagevertreter die beklagte Partei um Mitteilung, ob sie den Übergang der Anwartschaftsansprüche des Ewald P*** auf die Klägerin anerkenne, ob sie bereit sei, die Wohnung top. Nr. 12 der Klägerin zur ausschließlichen Nutzung zu übergeben, und bis wann die Urkunden errichtet werden können, die zur Einverleibung des Eigentumsrechtes am Mindestanteil und des Wohnungseigentums notwendig sind. Die beklagte Partei antwortete mit Schreiben vom 29. April 1986, daß sie den gerichtlichen Vergleich vom 10. Jänner 1986 nie erhalten habe, daß Ewald P*** ihr gegenüber am 26. November 1985 seinen Rücktritt erklärt habe und daß sie die Wohnung daher neu vergeben habe, bevor ihr allfällige Ansprüche der Klägerin bekannt geworden seien.
Daß der beklagten Partei das Schreiben des Ewald P*** vom 30. November 1985, wonach dieser von seiner Wohnung top. Nr. 12 ab sofort zugunsten der Klägerin zurücktrete (Beilage C), und das Schreiben des Genannten vom 10. Dezember 1985, wonach er "sämtliche Erklärungen über Rücktritt der Wohnung sowie Unterschriften von Abtretungserklärungen, die er unter nervlicher Belastung sowie unter Druck geleistet habe, zurückziehe" (Beilage E), zugegangen wären, steht nicht fest.
Mit der am 11. Juni 1986 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung der beklagten Partei, 1.) der Abtretung der Anwartschaftsrechte aus dem Anwartschaftsvertrag vom 17. Juli 1984 an der Wohnung top. Nr. 12 im zweiten Stockwerk des Hauses Langenwang, Bau 1 (nunmehr Langenwang, Grazer Straße 70), abgeschlossen zwischen Ewald P*** und der klagenden Partei Gilda P***, aufgrund der Abtretungserklärung vom 30. November 1985 bzw. aufgrund des gerichtlichen Vergleiches des Bezirksgerichtes Mürzzuschlag vom 3. Februar 1986 (richtig: 10. Jänner 1986), F 8/85, zuzustimmen, 2.) ihr die ausschließliche Nutzung der im zweiten Stock des Hauses Langenwang, Bau 1 (Langenwang, Grazer Straße 70) gelegenen Wohnung top. Nr. 12, bestehend aus drei Zimmern, Küche, Bad und Nebenräumen, einer Loggia/Balkon, im Gesamtausmaß von 88,30 m2 zu verschaffen bzw. ihr die genannte Wohnung in die alleinige Nutzung zu übergeben, 3.) die für die Vormerkung des Eigentumsrechtes im Sinne des § 24 a WEG erforderlichen Urkunden, insbesondere die schriftliche Zusage auf Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes an der unter 2.) genannten Wohnung sowie einen Nutzungsvertrag über die bezeichnete Wohnung auszustellen und beglaubigt zu unterfertigen. Sie brachte im wesentlichen vor, die prozeßgegenständliche Wohnung sei eheliches Gebrauchsvermögen. Mit Schreiben vom 30. November 1985 habe Ewald P*** schriftlich der beklagten Partei gegenüber erklärt, zugunsten der Klägerin von dieser Wohnung zurückgetreten zu sein. Die am 26. November 1985 abgegebene Rücktrittserklärung habe er mit Schreiben vom 7. Dezember 1985 widerrufen, was die beklagte Partei zur Kenntnis genommen habe. Die Rücktrittserklärung vom 26. November 1985 sei daher nicht rechtswirksam. Zusätzlich habe Ewald P*** sein Anwartschaftsrecht mit Vergleich vom 10. Jänner 1986 an die Klägerin abgetreten, die die beklagte Partei mit eingeschriebenem Brief vom 18. Februar 1986 hierüber informiert habe. Dennoch habe die beklagte Partei ohne Berechtigung die Wohnung an Helmut R*** übergeben und die Eigenmittel widerrechtlich zur Abdeckung von Verbindlichkeiten des Ewald P*** verwendet. Dieser sei zwischen dem 4. November 1985 und dem 18. November 1985 handlungs- und geschäftsunfähig gewesen. Der beklagten Partei hätte auffallen müssen, daß er nicht in der Lage gewesen sei, wirksame Erklärungen abzugeben, und sich über die abgegebenen Erklärungen in Irrtum befunden habe.
Die beklagte Partei beantragte Klageabweisung und wendete im wesentlichen ein, die Wohnung habe nie dem Gebrauch der Ehegatten P*** gedient. Ewald P*** habe die beklagte Partei von einer Ehescheidung nicht unterrichtet. Er sei am 26. November 1985 und neuerlich mit einer am 9. Dezember 1985 datierten Erklärung von seinem Anwartschaftsrecht auf die Wohnung zurückgetreten und habe am 4. Dezember 1985 diese Wohnung auch geräumt übergeben. Nach rechtswirksamem Rücktritt habe Ewald P*** über sein Abtretungsguthaben von S 43.523,44 rechtsgeschäftlich durch Abtretungserklärung verfügt. Es sei auch auf dieses Exekution geführt und sei es daher verbraucht worden. Mit Schreiben vom 13. Dezember 1985 sei die Wohnung über Verwendung des Bürgermeisters K*** von Langenwang Helmut R*** zugewiesen und es sei mit diesem am 7. Jänner 1986 ein Anwartschaftsvertrag abgeschlossen worden. Eine Information der beklagten Partei durch die Klägerin von einer Abtretung der Anwartschaftsrechte - sollte sie tatsächlich überhaupt vorliegen - wäre verspätet erfolgt. Sollte Ewald P*** vergleichsweise über ein Vermögensrecht verfügt haben, das ihm nicht mehr zugestanden sei, so könne die Klägerin gegen ihn, nicht aber gegen die beklagte Partei vorgehen. Im Falle der Klagestattgebung habe die Klägerin der beklagten Partei die von dieser Ewald P*** rückverrechneten Eigenmittel von S 179.154,-- Zug um Zug zu erbringen.
Beide Vorinstanzen wiesen die Klage, ausgehend von dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt, ab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei.
Das Erstgericht beurteilte den festgestellten Sachverhalt rechtlich dahin, daß der Anwartschaftsvertrag durch die Unterfertigung und Rückmittlung des von der beklagten Partei zugesandten ausgefüllten Formulars seitens Ewald P*** aufgelöst worden sei. Das Vorliegen einer Abtretungserklärung zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin nicht beweisen können. Die Erklärung über den Widerruf des Rücktritts vom 7. Dezember 1985 sei zeitlich früher abgegeben worden und beziehe sich nur auf die Rücktrittserklärung vom 26. November 1985. Beim Abschluß des Vergleiches vom 10. Jänner 1986 sei das Vertragsverhältnis bereits aufgelöst gewesen und habe Ewald P*** daher über sein Anwartschaftsrecht nicht mehr disponieren können. So könne dahingestellt bleiben, ob die beklagte Partei zur Zustimmung zur Abtretung hätte verpflichtet werden können.
Das Berufungsgericht führte zur Rechtsrüge der Klägerin aus:
Die Klägerin stütze ihr Urteilsbegehren nicht auf einen bestimmten Rechtsgrund, weshalb aufgrund der gesetzmäßigen Rechtsrüge eine allseitige Überprüfung geboten sei. Der Klägerin sei darin beizupflichten, daß die höchstgerichtliche Rechtsprechung - ausdrücklich von der Judikatur der Gerichte zweiter Instanz, aber auch von der eigenen Judikatur zu § 1 der 6. DVEheG abrückend (EFSlg. 29.711, 31.769, 34.107 ua) - die Ansicht vertritt, daß nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. 1975/412 über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe der 6. DVEheG der in der deutschen Lehre und Rechtsprechung entwickelte weitere Ehewohnungsbegriff zugrunde zu legen gewesen sei. § 97 ABGB idF dieses Bundesgesetzes gelten nämlich, wie sich auch aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (915 BlgNR 13. GP 23) ergebe, nicht nur für eine von beiden Ehegatten bewohnte Ehewohnung, sondern auch für eine Wohnung, die von den Ehegatten nicht mehr gemeinsam bewohnt wird, ja selbst für eine Wohnung, die von den Ehegatten niemals gemeinsam bewohnt wurde, wenn sie nur seinerzeit als Ehewohnung bestimmt wurde und nur von einem Ehegatten, der nicht über sie verfügen kann, dringend benötigt wird (Ent, Die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, NZ 1975, 149; EvBl. 1980/154). Durch die EheG-Novelle 1978 BGBl. 303 sollte am Begriff der Ehewohnung gegenüber der 6. DVEheG auch nichts geändert werden (Koziol-Welser5 II 198). Aus diesen Erwägungen könne auch die klagegegenständliche Wohnung eine Ehewohnung darstellen. Auch wäre das Anwartschaftsrecht auf Einräumung von Wohnungseigentum an einer Ehewohnung gleich dem Wohnungseigentum an der Ehewohnung zu behandeln und demnach dem aufteilungsfähigen ehelichen Gebrauchsvermögen zuzuordnen (EFSlg. 38.899 = MietSlg. 33.526/13 = EvBl. 1981/217). Nach der Rechtsprechung sei auch die Vereinbarung einer Übertragung von Anwartschaftsrechten an einer zu schaffenden Ehewohnung zulässig (MietSlg. 33.621 ua). Es sei jedoch nicht zu übersehen, daß im vorliegenden Fall für die Übertragung (Abtretung) der Wohnung oder zumindest des Anwartschaftsrechtes auf die Klägerin kein Richterspruch nach § 87 Abs. 2 EheG ins Treffen geführt werden könne. Eine Parteienvereinbarung, möge sie auch in der Form eines gerichtlichen Vergleiches vorliegen, könne aber nicht in Rechte Dritter, also hier in die Rechte der beklagten Partei, eingreifen (Pichler in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 97 EheG mwN).
Unter der Voraussetzung eines dringenden Wohnbedürfnisses der Klägerin gerade an dieser Wohnung und unter der weiteren Voraussetzung, daß dieser Wohnung die Eigenschaft einer Ehewohnung zugebilligt wird, käme auch ein Anspruch der Klägerin nach § 97 ABGB in Frage. Durch diese Bestimmung sollten hinsichtlich des Dritten grundsätzlich jedoch keine zusätzlichen Verpflichtungen begründet werden. Die noch im Ministerialentwurf 1972 vorgesehene Sanktion der Unwirksamkeit der Handlung des verfügungsberechtigten Ehegatten sei von der Regierungsvorlage und dem Gesetz nicht übernommen worden. Ein doloses Zusammenwirken des verfügungsberechtigten Ehegatten Ewald P*** mit der beklagten Partei, das zur Schadenersatzverpflichtung dieser als Dritter und zu einer Verpflichtung auch zur Naturalrestitution führen könnte, sei nicht einmal behauptet, viel weniger erwiesen worden (vgl. Pichler in Rummel, ABGB, Rz 5 und 6 zu § 97 ABGB und die dort zitierte Rechtsprechung). Allein das Klagebegehren zu Punkt 1 sei auch nicht in diese Richtung zu deuten, da die Klägerin mit ihm allein die Zustimmung der beklagten Partei zur behaupteten vertraglichen Abtretung der Wohnung von Ewald P*** an sie aufgrund der Abtretungserklärung vom 30. November 1985 bzw. aufgrund des gerichtlichen Vergleiches vom 10. Jänner 1986 vor dem Bezirksgericht Mürzzuschlag begehre. Die Abtretungserklärung vom 30. November 1985 entfalle, da ihr (rechtzeitiges) Zukommen an die beklagte Partei nicht festgestellt werden konnte. Es könne dahingestellt bleiben, ob sie überhaupt die Voraussetzungen für einen solchen Abtretungsvertrag aufgewiesen hätte. Der gerichtliche Vergleich vom 10. Jänner 1986 wiederum sei, wie dem Erstgericht zuzugeben sei, zu einer Zeit geschlossen worden, als Ewald P*** sein Vertragsverhältnis zur beklagten Partei bereits einvernehmlich aufgehoben hatte. Dadurch, daß er sowohl mit dem Schreiben vom 26. November 1985 wie auch insbesondere durch das weitere Schreiben vom 9. Dezember 1985 seinen bedingungslosen Rücktritt erklärte, dem die beklagte Partei auch durch dessen Übermittlung an das Finanzamt und eine betriebsinterne Änderungsmeldung gegenüber der Verwaltung entsprach, seien durch den contrarius consensus die Rechtswirkungen des Anwartschaftsvertrages vom 17. Juli 1984 beseitigt worden (vgl. EvBl. 1988/93). Es sei zusätzlich nicht zu übersehen, daß Ewald P*** darüber hinaus am 4. Dezember 1985 die Wohnung geräumt tatsächlich übergeben und über sein Abrechnungsguthaben zusätzlich verfügt und der beklagten Partei am 9. Dezember 1985 eine diesbezügliche Weisung gegeben habe.
Eine Erörterung und Klärung der Frage, ob die beklagte Partei wegen des gleichzeitigen Zukommens der Rücktrittserklärung vom 9. Dezember 1985 und des Widerrufs vom 7. Dezember 1985 - wenn auch bezugnehmend auf die Rücktrittserklärung vom 26. November 1985, so doch jegliche Rücktrittsabsicht ablehnend - sowie wegen der Kenntnis einer möglichen Absicht zur Abtretung des Anwartschaftsrechtes an die Klägerin (siehe den Handaktenvermerk vom 3. Dezember 1985) verpflichtet gewesen wäre, von einer Zustimmung zur Vertragsauflösung Abstand zu nehmen und die Ernstlichkeit des Vertragsauflösungswillens des Ewald P*** zu prüfen, könne unterbleiben, da selbst dann, wenn - aus welchem Grund auch immer - von einem aufrechten Bestand des Anwartschaftsvertrages noch im Zeitpunkt des gerichtlichen Vergleiches vom 10. Jänner 1986 ausgegangen würde, dennoch die beklagte Partei nur unter den Voraussetzungen des Punktes XI des Anwartschaftsvertrages (dessen Rechtsunwirksamkeit mangels Zustimmung des Landes Steiermark von keiner Seite behauptet worden sei) "dem dort vertraglich eingeräumten Recht einer Übertragung aller Rechte und Pflichten (Vertragsübernahme; HS 11.116 ua)" zuzustimmen verpflichtet sein konnte. Daß die Klägerin nach ihren persönlichen und Vermögensverhältnissen den Förderungsbestimmungen entsprach und die beklagte Partei schad- und klaglos zu halten erklärt hätte und dazu überhaupt in der Lage gewesen wäre, habe sie in erster Instanz aber gar nicht behauptet.
Ohne daß auf die Möglichkeit einer Verurteilung zur Leistung trotz Vereitelung (wegen einer Vertragsverletzung; siehe Würth in JBl. 1979, 67; JBl. 1987, 783; MietSlg. 36.644;
Faistenberger-Barta-Call, Anm. 11 zu § 23 WEG ua) und die von der beklagten Partei eingewendete Zug-um-Zug-Leistungsproblematik eingangen werden müßte, sei der Klageanspruch bereits aus den erörterten Gründen nicht gegeben.
Da die einvernehmliche Vertragsauflösung bei Vorliegen widersprüchlicher Erklärungen des Vertragspartners und die den anderen Teil hiebei treffenden Pflichten und allenfalls noch die aus der Eigenschaft einer Ehewohnung sich für Dritte ergebenden Pflichten und die Möglichkeit der Einräumung des Rechtes der Vertragsübertragung in einem Anwartschaftsvertrag mit beigesetzten Bedingungen Rechtsfragen darstellten, denen zur Wahrung der Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung über den Einzelfall hinaus erhebliche Bedeutung zukomme, sei auszusprechen gewesen, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei.
Gegen das Berufungsurteil richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 in Verbindung mit Abs. 2 ZPO gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klage abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zwar gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Was zunächst die Frage betrifft, ob der zwischen der beklagten Partei und Ewald P*** am 17. Juli 1984 geschlossene Anwartschaftsvertrag am 10. Jänner 1986 noch aufrecht bestand, so ist zu erwägen:
Wollte man die von Ewald P*** mehrfach abgegebenen Rücktrittserklärungen als Ausübung eines Gestaltungsrechtes auffassen, dann wäre der beklagten Partei recht zu geben, daß es einen Widerruf (einen Rücktritt von) der Rücktrittserklärung schon begrifflich nicht gibt, wie der erkennende Senat bereits am 23. Februar 1988 zu 5 Ob 509/88 ausgesprochen hat. Der Anwartschaftsvertrag hätte dann schon deshalb am 10. Jänner 1986 nicht mehr bestanden. Da aber weder behauptet worden noch hervorgekommen ist, daß Ewald P*** bei seinen Erklärungen in Ausübung eines gesetzlichen oder vertraglichen Rücktrittsrechtes gehandelt hat, ist davon auszugehen, daß diese Erklärungen als Anbote (Anträge) zur einverständlichen Vertragsauflösung zu beurteilen sind. Anbote (Anträge) können vor Ablauf der Annahmefrist nicht zurückgenommen werden (§ 862 Satz 3 ABGB;
vgl. Koziol-Welser8 I 101). Daß den Anboten (Anträgen) des Ewald P*** eine Bindungswirkung überhaupt nicht oder nicht mehr zugekommen wäre, als die beklagte Partei der angebotenen Vertragsauflösung zustimmte, ist dem festgestellten Sachverhalt nicht zu entnehmen. Für den in Betracht kommenden Zeitraum vom 26. November 1985 bis zum 10. Dezember 1985 ist weder eine Geschäftsunfähigkeit des Ewald P*** noch eine wesentliche Änderung der Verhältnisse (vgl. dazu Rummel in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 862) erwiesen. Daß die beklagte Partei die Annahmefrist versäumt hätte, kann angesichts der ihr zuzubilligenden angemessenen Überlegungsfrist, die wegen der Wichtigkeit des Geschäftes nicht zu kurz angesetzt werden darf (vgl. Rummel aaO Rz 3 zu § 862), gleichfalls nicht gesagt werden. Wenn man nun das von Ewald P*** gegenüber der beklagten Partei insgesamt gesetzte Verhalten in seinem zeitlichen Ablauf berücksichtigt, mußte diese auch keine Zweifel an der Ernstlichkeit des seitens des Genannten letztlich am 9. Dezember 1985 durch Unterfertigung und Absendung der "Rücktrittserklärung" Beilage 5 geäußerten rechtsgeschäftlichen Willens hegen, mögen der beklagten Partei auch gewisse finanzielle und private Schwierigkeiten des Ewald P*** bekannt geworden
Der mit 7. Dezember 1985 datierte (unbeachtliche) Widerruf der Rücktrittserklärung vom 26. Jänner 1985 war dadurch überholt, wenn er auch erst am selben Tag bei der beklagten Partei einlangte wie die vorerwähnte Erklärung vom 9. Dezember 1985. Dazu kommt, daß der Wille des Ewald P***, den Anwartschaftsvertrag aufzulösen, auch durch die Übergabe der geräumten Wohnung samt Schlüssel und durch die Verfügung über die im Falle der Vertragsauflösung bestehenden Guthaben zum Ausdruck kam. Einer eigenen Annahmeerklärung der beklagten Partei nach Erhalt des Schreibens des Ewald P*** vom 9. Dezember 1985, Beilage 5, bedurfte es für das Zustandekommen der einvernehmlichen Auflösung des Anwartschaftsvertrages deshalb nicht mehr, weil Ewald P*** seitens der beklagten Partei erklärt worden war, sie werde ihm ein ausgefülltes Rücktrittsformular zusenden, das er zur Bereinigung der Situation unterfertigen solle, sein Rücktritt wäre dann rechtsverbindlich. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes kam es daher mit Einlangen der Erklärung des Ewald P*** vom 9. Dezember 1985 Beilage 5 bei der beklagten Partei am 10. Dezember 1985 zur einvernehmlichen Auflösung des Anwartschaftsvertrages.
Zur Frage, ob sich die beklagte Partei durch die Zustimmung zu der von Ewald P*** begehrten Auflösung des Anwartschaftsvertrages der Klägerin gegenüber schadenersatzpflichtig gemacht hat, sodaß sie zur Naturalrestitution verpflichtet wäre, ist auszuführen:
Gemäß § 97 ABGB hat der Ehegatte, dem eine Wohnung zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses dient, gegen den über diese Wohnung verfügungsberechtigten Ehegatten einen Anspruch darauf, daß dieser alles unterlasse und vorkehre, damit der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliere. Dies gilt dann nicht, wenn das Handeln oder Unterlassen des verfügungsberechtigten Ehegatten durch die Umstände erzwungen wird. Der Bestimmung des § 97 ABGB liegt der Gedanke zugrunde, daß ein Ehegatte durch die Eheschließung ein Wohnrecht an der ihm nicht oder nicht allein gehörigen Wohnung, die seinem dringenden Wohnbedürfnis dient, erwirbt. Die Bestimmung soll diesen Ehegatten in seinem Anliegen auf Sicherung seines Wohnbedürfnisses schützen. Aus ihr wird ein Anspruch des Ehegatten, dem eine Wohnung zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses dient, auf Benützung dieser Wohnung abgeleitet. Dieser Anspruch besteht grundsätzlich nur gegen den verfügungsberechtigten Ehegatten und gewährt dem wohnungsbedürftigen Ehegatten einen Unterlassungs-, allenfalls auch einen Leistungsanspruch. Gegen den gutgläubigen Vertragspartner des verfügungsberechtigten Ehegatten hat der bedürftige Ehegatte keinen unmittelbaren Anspruch. So kann etwa der gutgläubige Erwerber der Liegenschaft sein Eigentumsrecht ohne Rücksicht auf ihm unverschuldet nicht bekannte Rechte eines wohnungsbedürftigen Ehegatten geltend machen. Anders ist die Rechtslage dann, wenn der Vertragspartner des verfügungsberechtigten Ehegatten schlechtgläubig ist. Lehre und Rechtsprechung gewähren bei Verletzung eines fremden Forderungsrechtes dem Betroffenen einen grundsätzlich auf Naturalrestitution gerichteten Schadenersatzanspruch, wenn der Schuldner zum Vertragsbruch verleitet wurde, bei arglistigem Zusammenwirken mit dem Schuldner oder bei Verletzung eines durch den Besitz verstärkten und damit erkennbaren Forderungsrechtes. Auch der dem wohnungsbedürftigen Ehegatten gegen den verfügungsberechtigten Ehegatten gemäß § 97 ABGB zustehende Anspruch ist dem Dritten gegenüber in diesem Sinne geschützt. Der nach § 97 ABGB gewährte Anspruch besteht im Falle rechtzeitiger Antragstellung nach den §§ 81 ff EheG im Aufteilungsanspruch des geschiedenen Ehegatten fort und auch dieser Anspruch ist gegen Eingriffe Dritter wie der Anspruch nach § 97 ABGB geschützt (JBl. 1987, 518 mwN). Unterstellt man zugunsten der Klägerin, daß die streitgegenständliche Wohnung eine Wohnung im Sinne der vorstehenden Darlegungen ist, daß das Anwartschaftsrecht auf den Erwerb einer Eigentumswohnung wie eine solche zu behandeln ist und daß der Klägerin das Recht auf Übertragung der Anwartschaftsrechte im Sinne der §§ 81 ff EheG zustand, so ist damit für sie nichts zu gewinnen. Das Vorliegen der Voraussetzungen einer Naturalrestitutionspflicht der beklagten Partei wurde nämlich weder behauptet noch erwiesen.
Aus dem festgestellten Sachverhalt geht nicht hervor, daß die
beklagte Partei Ewald P*** dazu verleitet hätte, seine
Anwartschaftsrechte ungeachtet der (unterstellten) Rechte der
Klägerin aufzugeben, oder daß die beklagte Partei bei der Zustimmung
zum Vertragsauflösungsbegehren des Ewald P*** in arglistiger
Weise im Bewußtsein der (unterstellten) Rechte der Klägerin zu deren
Nachteil gehandelt hätte. Der beklagten Partei war lediglich
bekannt, daß Ewald P*** die Wohnung eventuell auf seine Frau
übertragen wolle und diese eine solche Übertragung anstrebe. Eine
fahrlässige Schädigung der Klägerin würde die beklagte Partei
deswegen noch nicht haftbar machen, weil der Klägerin, welche die
strittige Wohnung nie bewohnt hat, nicht ein durch den Besitz
verstärktes (unterstelltes) Forderungsrecht zustand.
Selbst wenn man eine Auflösung des Anwartschaftsvertrages
verneinen oder eine Naturalrestitutionspflicht der beklagten Partei
bejahen wollte, stünde einem Erfolg des Klagebegehrens, wie das
Berufungsgericht richtig erkannt hat, der Umstand entgegen, daß die
beklagte Partei gemäß Punkt XI des Anwartschaftsvertrages einer Übertragung aller Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag nur dann zuzustimmen verpflichtet ist, wenn die persönlichen und Vermögensverhältnisse des Übernehmers den Förderungsbestimmungen entsprechen und dieser die beklagte Partei schad- und klaglos hält, und das Zutreffen dieser Voraussetzungen von der Klägerin weder behauptet noch nachgewiesen worden ist. Das (in anderem Zusammenhang erstattete) Vorbringen der Klägerin, Darlehensnehmer hinsichtlich des Eigenmittelersatzdarlehens seien Ewald P*** und sie gewesen (AS 86 f; vgl. den Schuldschein vom 21. Dezember 1984, Beilage B, bzw. den Akt 14-50-P-2171 des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung), genügt hiefür nicht.
Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E17046European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00025.89.0418.000Dokumentnummer
JJT_19890418_OGH0002_0050OB00025_8900000_000