Index
L66205 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Salzburg;Norm
AVG §7 Abs1 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde des JG in T, vertreten durch Rechtsanwaltgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 19. Mai 2004, Zl. LAS 5/13/48-2004, betreffend Aufhebung eines Bringungsrechtes (mitbeteiligte Parteien: J und BS in T, vertreten durch Hochsteger, Perz, Wallner und Warga, Rechtsanwälte in 5400 Hallein, Salzgasse 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 3. Oktober 1946 wandten sich JG, der damalige Besitzer des Oberhagengutes (und Rechtsvorgänger des nunmehrigen Beschwerdeführers), und CG, der damalige Besitzer des Unter- und Oberplaickgutes (und Rechtsvorgänger der nunmehr mitbeteiligten Parteien), an die Salzburger Landesregierung, die damals die Agenden einer Agrarbezirksbehörde besorgte (vgl. § 1 Sbg LGBl. Nr. 6/1938), machten geltend, dass zu ihren Gütern nur sehr schlecht benutzbare Zufahrtswege führten, und beantragten die Einräumung eines Wegerechtes über die Parzelle 341, um den Zusammenhang mit dem auf Parzelle 332 (im Eigentum des Unter- und Oberplaickgutes) bestehenden Feldweg herzustellen.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23. November 1948, bei der die Zufahrtswege begangen wurden, und nach Erörterung der rechtlichen Verhältnisse schlossen die Parteien vor der Behörde ein Übereinkommen mit folgendem Inhalt:
"1. Die Vertreter des Amtes der Landesregierung Salzburg, Straßenverwaltung (Autobahnen) als Verwalter des Vermögens der Reichsautobahn räumen für sich und die Rechts- und Besitznachfolger auf dem Rainlehen Nr. 5, EZ 114 des Grundbuches S, die Dienstbarkeit des landwirtschaftlichen Bringungsrechtes nach dem Güter- und Seilwege-Landesgesetz über den Zufahrtsweg vom Gemeindeweg nach B bis zum Rainlehen und von dort über die Grundstücke 341/1 Acker und 341/2 Wiese bis zur Grenze gegen das zum Plaickgut Nr. 8 EZ 35 desselben Grundbuches gehörige Grundstück 332 zu Gunsten der jeweiligen Besitzer des Oberhagengutes, EZ 28 des Grundbuches S, und des Plaickgutes, auch Postlehen genannt, ein.
2. CG räumt für sich und seine mitbesitzende Ehefrau B dasselbe Recht den jeweiligen Besitzern des Oberhagengutes über das Grundstück 332 Acker ein.
3. Dieses Recht bezieht sich auf den über diese Grundstücke führenden Fahrweg für landesübliche Fuhrwerke.
4.
...
5.
Mit Rücksicht auf die Tatsache, dass die in den Punkten 1 und 2 erwähnte Fahrt schon seit Menschengedenken mit stillschweigender Zustimmung der Besitzer und Vorbesitzer der belasteten Grundstücke von den Besitzern des Plaick- und Oberhagengutes benützt wurde, wird von der Vorschreibung einer laufenden oder einmaligen Entschädigung Abstand genommen.
6. Auf die Verbücherung der aus diesem Übereinkommen entstandenen Rechte und Pflichten wird einvernehmlich verzichtet. Jedoch verpflichten sich die Besitzer der belasteten Grundstücke, im Falle einer Änderung in den Besitz- und Eigentumsverhältnissen die aus diesem Übereinkommen entstandenen Pflichten auf den Rechtsnachfolger zu überbürden.
7. Die Parteien kommen überein, jede Änderung dieses Übereinkommens nur vor dem Amte der Landesregierung als Agrarbehörde durchzuführen. Dieser Behörde steht auch die Ergänzung und Auslegung der Bestimmungen dieses Übereinkommens zu, sowie die Schlichtung aller Streitigkeiten aus diesem.
Im Falle einer begründeten Notwendigkeit kann die Verbücherung der Rechte und Pflichten aus diesem Übereinkommen von jeder Partei bei derselben Behörde begehrt werden.
Die Einräumung des beschriebenen Bringungsrechtes gilt für immer währende Zeiten; dieses Übereinkommen bindet daher auch die Rechtsnachfolger der belasteten und berechtigt die Rechtsnachfolger der berechtigten Liegenschaften."
Dieses Bringungsrecht wurde mit Bescheid der Agrarbehörde Salzburg (vgl. § 2 Abs. 1 LGBl. Nr. 16/1949; in weiterer Folge:
AB) vom 11. Jänner 1955 bzw. der belangten Behörde vom 7. Juli 1955 insoweit abgeändert, als das über die im Eigentum der ehemaligen Reichsautobahn stehenden Grundstücke 341/1 und 341/2 eingeräumte Bringungsrecht aufgehoben und dieses Recht auf eine andere Trasse überbunden wurde.
Das BG W entschied mit Urteil vom 25. Juli 1997 in einem Rechtsstreit zwischen dem Beschwerdeführer und den mitbeteiligten Parteien, dass zu Lasten der Grundstücke 336 und 60 (im Eigentum der mitbeteiligten Partei) und zu Gunsten des Oberhagengutes auf einer direkten Verbindung, die vom Bringungsweg (über Grundstück 332) abzweige und in Richtung der Straße ins B-Tal durch das Gut der mitbeteiligten Partei führe, eine Dienstbarkeit des Gehens und des Viehtriebes für den jährlichen Almauftrieb und -abtrieb bestehe. Einer dagegen erhobenen Berufung wurde mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 26. Jänner 1998 keine Folge gegeben.
Mit Schreiben vom 7. August 2000 beantragten die mitbeteiligten Parteien die Aufhebung des zu Lasten ihrer Liegenschaft in der Niederschrift vom 23. November 1948 (Punkt 2) für das Gut Oberhagen begründeten Bringungsrechtes. Im Rahmen einer agrarbehördlichen Verhandlung vom 8. Februar 2001 schränkten sie diesen Antrag auf die Aufhebung des Bringungsrechtes mit Ausnahme des Rechtes des Gehens und des Viehtriebes ein.
Mit Bescheid der AB vom 2. März 2001 wurde gemäß § 12 Abs. 1 des Salzburger Güter- und Seilwegegesetzes 1970 (GSG), LGBl. Nr. 41/1970 in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 20 Abs. 3 leg. cit. in Entsprechung dieses Antrages das in der agrarbehördlichen Niederschrift vom 23. November 1948 über das Grundstück 332 (jetzt 332/1), EZ 35, zu Gunsten des Gutes Oberhagen, EZ 28, begründete landwirtschaftliche Bringungsrecht mit Ausnahme des Rechtes zu gehen und des Rechtes zum Viehtrieb aufgehoben.
Aus der Begründung dieses Bescheides geht hervor, dass das Gut Oberhagen seit dem Jahre 1998 durch eine eigene, von einer anderen Gemeindestraße weiterführende Weganlage erschlossen sei. Die Benützung des Bringungsweges stelle im Vergleich zu der seit dem Jahre 1998 fertig gestellten eigenen Weganlage keine relevante Verkürzung dar, um zu der in das B-Tal führenden Straße zu gelangen, zumal entsprechend dem Urteil des Bezirksgerichtes W vom 25. Juli 1997 für die vom Bringungsweg abzweigende direkte Verbindung lediglich eine Dienstbarkeit des Gehens und des Viehtriebes für den jährlichen Almauftrieb und -abtrieb einverleibt sei. Die Argumentation des Beschwerdeführers, dass der Bringungsweg nach wie vor für die Erschließung des Hofes benötigt werde, sei nicht nachvollziehbar. Zum Reitbetrieb - es könne dahingestellt bleiben, ob dieser überhaupt vom Bringungsrecht umfasst gewesen sei - sei von der agrartechnischen Amtssachverständigen Dipl. Ing. M festgestellt worden, dass es durch die Aufhebung des Bringungsrechtes zu keiner erheblichen Beeinträchtigung der land- und forstwirtschaftlichen Erwerbsausübung komme, weil die Reitausbildung auch auf einem eigenen Platz erfolgen könne. Die Feststellungen zum Sachverhalt hätten ergeben, dass zur Pferdeausbildung ein Reitplatz und ein Rundparcour auf eigenem Grund und Boden vorhanden seien. Der geltend gemachten kürzeren Verbindung zu den Nachbarn in Richtung der Straßen zum B-Tal sei entgegen zu halten, dass eine kürzere Verbindung, um z.B. von den Nachbarn Milch zu holen, als Erleichterung zu bewerten sei, aber keinen Bringungsnotstand begründen könne. Daher sei von einem dauernden Wegfall des Bedarfes eines Bringungsrechtes für das Gut Oberhagen auszugehen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und machte geltend, der streitgegenständliche Bringungsweg sei von existenzieller Bedeutung für seinen landwirtschaftlichen Betrieb (Ausbildung von Freizeit- und Fahrpferden) und es würde dessen Wegfall eine erhebliche Beeinträchtigung seiner Erwerbsausübung nach sich ziehen. Weiters sei mit dem Bescheid aus dem Jahre 1948 das Wegerecht "auf immer währende Zeiten" eingeräumt worden, sodass ein Widerruf dieses Rechtes schon deshalb nicht in Frage komme. Der alte Bringungsweg sei deshalb in einem nicht zeitgemäßen Standard, weil von den mitbeteiligten Parteien eine Verbesserung der Bringungsanlage verhindert worden sei.
Im Zuge des Verfahrens vor der belangten Behörde wurden DI J und DI K mit der Erstellung eines Gutachtens aus agrartechnischer und landwirtschaftlicher Sicht betraut. Sie erstatteten am 2. September 2003 ein gemeinsames Gutachten zur Frage, ob durch die Errichtung eines eigenen Güterweges für das Oberhagengut das damals eingeräumte Bringungsrecht entbehrlich geworden sei. Nach ausführlicher Darstellung des Befundes und fachkundiger Erwägungen gelangten die Sachverständigen zusammenfassend zum Schluss, dass der neugebaute Güterweg Oberhagen alle technischen Anforderungen an eine moderne Hoferschließung erfülle. Die EZ 28 (Gut Oberhagen) sei daher ausreichend, vollständig und zeitgemäß erschlossen. Für eine Doppelerschließung, wie derzeit gegeben, werde keine fachliche Notwendigkeit gesehen. Ein Bringungsnotstand zur Bewirtschaftung der zugehörigen land- und forstwirtschaftlichen Flächen sei nicht gegeben. Die vom Beschwerdeführer insbesondere ins Treffen geführte Notwendigkeit des Bringungsrechtes im Zusammenhang mit der Ausbildung von Reit- und Fahrpferden korrespondiere nicht mit dem gegenständlichen Bringungsrecht. Dieses werde aus agrartechnischer und landwirtschaftlicher Sicht als entbehrlich eingestuft.
Dieses Gutachten lag der mündlichen Verhandlung der belangten Behörde vom 19. September 2003 zu Grunde, an der DI J als Mitglied der belangten Behörde teilnahm.
Am 26. März 2004 kam es zu einer weiteren mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, an welcher als fachkundige Mitglieder DI H, DI L und DI M teilnahmen. Im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung wurde das Gutachten der DI K und DI J und die zwischenzeitig dazu erstatteten Stellungnahmen erläutert. Der Vertreter des Beschwerdeführers vertrat die Ansicht, dass sowohl die beiden Sachverständigen als auch das (nunmehrige) Mitglied der belangten Behörde, DI M, befangen seien; die Letztgenannte deshalb, weil sie im Februar 2004 ein Gutachten für die Behörde erster Instanz in der vorliegenden Angelegenheit erstattet habe.
Nach Vertagung der Beratung am 26. März 2004 beriet die belangte Behörde (in der gleichen Zusammensetzung wie bei der mündlichen Verhandlung vom 26. März 2004) über den vorliegenden Fall neuerlich am 19. Mai 2004 und gelangte zu der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Beschlussfassung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. Mai 2004 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen; unter einem wurde das von der Aufhebung ausgenommene Viehtriebsrecht - unter Bezugnahme auf den Inhalt des Urteils des Bezirksgerichtes W vom 25. Juli 1997 - näher konkretisiert.
Dies wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, des Gutachtens vom 2. September 2003 und der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen damit begründet, dass sich an dem 1948 begründeten landwirtschaftlichen Bringungsrecht auch durch die Abänderung im Jahre 1955 materiell nichts verändert habe. Die früher bestandene Felddienstbarkeit, die offenkundig nicht ausreichend gewesen sei, denn ansonsten hätte man das land- und forstwirtschaftliche Bringungsrecht ja nicht einräumen müssen, sei insoweit in die rechtliche Regelung des land- und forstwirtschaftlichen Bringungsrechtes eingeflossen, als man unter Berücksichtigung dieser Tatsache von der Vorschreibung einer laufenden oder einmaligen Entschädigung Abstand genommen habe. Es liege aber eine Rechtseinräumung sui generis vor, die einen konstitutiven Rechtsakt darstelle und somit alleine von der Agrarbehörde zu beurteilen sei. Die Belasteten als Grundeigentümer der Grundstücke 332/1 und 332/2 seien daher berechtigt gewesen, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Schon mit Bescheid vom 11. Jänner 1955 habe die damalige Agrarbehörde in das "immer währende" zu Grunde liegende Übereinkommen eingegriffen und dieses teilweise neu geregelt. Ebenso sei daher die Agrarbehörde auf Grundlage der derzeit geltenden Gesetzesbestimmung berechtigt und befugt, das gegenständliche Bringungsrecht abzuändern oder aufzuheben. Dem stehe auch der Hinweis auf eine früher geltende, alte zivilrechtliche Dienstbarkeit nicht im Wege, da die Agrarbehörde nur das agrarbehördlicherseits konstitutiv eingeräumte Bringungsrecht zu beurteilen habe, welches entsprechend der damaligen Rechtslage im Zuge einer Vereinbarung eingeräumt worden sei. Es seien daher alle diesbezüglichen Einwände, die sich auf die immer währende Einräumung beriefen, als nicht zielführend anzusehen.
Das Gut des Beschwerdeführers sei nun 1998 durch eine neue Weganlage erschlossen worden, welche den technischen Richtlinien einer zeitgemäßen Hoferschließung entspreche.
Nach dem Bau des Güterweges Oberhagen sei somit das Oberhagengut auf zweifache Art erschlossen. Einerseits über den neuen Güterweg Oberhagen und andererseits über den berufungsgegenständlichen Bringungsweg, welcher aus einem geschotterten Spurweg ohne Ausweichen bestehe, wobei der Spurweg auch keine erkennbare Bombierung aufweise. Es sei somit offenkundig, dass der neu gebaute Güterweg Oberhagen alle technischen Anforderungen an eine moderne Hoferschließung erfülle und das Gut damit ausreichend, vollständig und zeitgemäß erschlossen sei. Für eine Doppelerschließung sei keinerlei fachliche Notwendigkeit erkennbar.
Keine der Einwendungen des Beschwerdeführers gegen das in der fachkundigen Stellungnahme angeführte schlüssige Vorbringen sei geeignet, das Argument der Doppelerschließung sowie der besseren Erschließung durch die neu gebaute Weganlage in Frage zu stellen. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere des § 12 GSG, bestehe an einer Doppelerschließung - wobei zwar die Nutzung zweier Weganlagen eine Erhöhung der Variationsmöglichkeiten für die Bewirtschaftung des Oberhagengutes darstellen möge - grundsätzlich keinerlei fachlich gebotene Notwendigkeit. Die Nutzung der alten Bringungstrasse sei entbehrlich, da eine eindeutig bessere Erschließung für das Oberhagengut vorhanden sei.
Die ursprünglichen Verhältnisse hätten sich gerade aus historischer Sicht eindeutig verändert und könne ein Bringungsrecht ja nur dann eingeräumt werden, wenn ein so genannter Bringungsnotstand bestehe. Dieser bestehe aber nun bei Aufhebung der alten Bringungstrasse in keiner Weise, sondern werde die Bringung über eine wesentlich bessere Weganlage vollauf gewährleistet. Auch stelle die Ausbildung von Pferden, wozu besonders die alte Weganlage benützt werde, keinerlei Bringung dar, sondern sei als unzulässige Ausdehnung der damalig eingeräumten landwirtschaftlichen Bringung anzusehen, da sich dieses Recht nur auf die landwirtschaftliche Bringung mit landesüblichen Fuhrwerken bezogen habe. Es sei nicht Sache des land- und forstwirtschaftlichen Bringungsrechtes, Ausbildungswege für Pferde zur Verfügung zu stellen. Es sei Sache des jeweiligen Betreibers der Pferdezucht, hiefür auf eigenem Grund oder ansonsten auf andere Weise entsprechend vorzusorgen.
In weiterer Folge ging die belangte Behörde detailliert auf die einzelnen Einwendungen des Beschwerdeführers zur fachlichen Stellungnahme der Sachverständigen ein. Schließlich befasste sie sich auch mit den Befangenheitsanträgen, die in der Verhandlung am 26. März 2004 gestellt worden waren und sich gegen DI K und DI J bzw. DI M richteten.
Hinsichtlich ihres Mitgliedes DI M meinte die belangte Behörde, es sei bei der Verhandlung am 19. Mai 2004 ein Befangenheitsantrag gestellt worden, weil sie bei der Agrarbehörde anlässlich einer Verhandlung vom 8. Februar 2003 schon in dieser Angelegenheit eine Stellungnahme abgegeben habe. Es liege aber keine Befangenheit eines Verwaltungsorganes vor, wenn dieses im Verfahren unterer Instanz durch bloße Abgabe eines Gutachtens als Sachverständige mitgewirkt habe. Abgesehen davon habe die fachkundige Stellungnahme der DI M für das berufungsbehördliche Ermittlungsverfahren keinerlei Relevanz besessen. So sei die Feststellung der Amtssachverständigen, es handle sich beim Betrieb des Beschwerdeführers um einen landwirtschaftlichen Betrieb, überhaupt nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen und habe in keiner Weise die Entscheidung der belangten Behörde beeinflusst. Auch die zweite Feststellung der Amtssachverständigen, dass durch den Wegfall des Bringungsrechtes eine erhebliche Beeinträchtigung nicht bestehe, beziehe sich nur auf das "Reiten zu Ausbildungszwecken". Damit sei aber klargestellt, dass auch diese fachkundige Stellungnahme in keiner Weise die Entscheidung der belangten Behörde beeinflusst habe, weil diese die Rechtsauffassung vertrete, dass "das Reiten zu Ausbildungszwecken" niemals Gegenstand des jetzt aufgehobenen land- und forstwirtschaftlichen Bringungsrechtes gewesen sei.
Es seien daher sämtliche Befangenheitsanträge verfehlt, da in keiner Weise irgendeine Befangenheit bei den angeführten Personen vorliege.
Auch das zuletzt vorgebrachte Argument, man müsste auch die Nutzung der alten B-Straße berücksichtigen, da ja alte Rechte später wieder von Bedeutung sein könnten, sei nicht zielführend. Die Nutzung der alten B-Straße werde durch die gegenständliche Bringungsrechtsaufhebung nicht verunmöglicht, sondern sei diese auch weiterhin über den neuen Güterweg erreichbar, wenn auch auf einer längeren Strecke von ca. 200 m. Dazu wäre aber noch festzuhalten, dass die alte B-Straße nur eingeschränkt nutzbar sei. Auch rechtfertigten allfällige behauptete mögliche Nutzungen in einem unbestimmten Zeitrahmen nicht die Aufrechterhaltung von jetzt eindeutig nicht benötigten Bringungsrechten. Dabei sei auch noch zu berücksichtigen, dass das durch das Urteil des Bezirksgerichtes W vom 25. Juli 1997 eingeräumte Recht des Gehens und des Viehtriebes für den jährlichen Almauftrieb und Almabtrieb sowieso in die alte B-Straße münde. Das diesbezüglich korrespondierende Recht des Gehens und Viehtriebes, welches von der Agrarbehörde nicht aufgehoben worden sei, sei unbestritten geblieben bzw. sei vom Aufhebungsantrag ausdrücklich ausgenommen gewesen.
Zusammengefasst sei daher festzustellen, dass der Bedarf für das ehemalige Bringungsrecht dauernd weggefallen sei, weil eine entsprechende andere Wegerschließung vorhanden sei, wobei auf die vom Bezirksgericht eingeräumte Dienstbarkeit entsprechend Rücksicht genommen worden sei, wie dies durch die klarere Neufassung des Spruches besser zum Ausdruck komme. Im Übrigen werde auf die ausführliche Begründung des Bescheides erster Instanz verwiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Die mitbeteiligten Parteien erstatteten ebenfalls eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall keine Zweifel an der Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges hat. Der Bescheid der AB wurde zwar durch die belangte Behörde abgeändert und betraf eine in § 7 Abs. 2 Z. 5 lit. b AgrBehG 1950 genannte Angelegenheit; die Abänderung betraf aber keine materielle Veränderung des Inhaltes des Bescheides erster Instanz, sondern nur eine Klarstellung hinsichtlich des bestehen bleibenden Teils des Bringungsrechtes (Gehrecht und Viehtrieb bei bestimmten Anlässen). Eine Anrufung des Obersten Agrarsenates gegen den angefochtenen Bescheid wäre daher nicht zulässig gewesen.
Der Beschwerdeführer stützt seine Beschwerde auf den Umstand, dass das nun aufgehobene Recht im Jahr 1948 "für immer währende Zeiten" eingeräumt worden sei; dies verunmögliche es, später mit einer Aufhebung dieses Rechtes durch den nun angefochtenen Bescheid vorzugehen; auch mangle es den Verfahrensgegnern diesbezüglich an der Antragslegitimation.
Mit dieser Argumentation verkennt der Beschwerdeführer aber die Rechtslage.
Im Jahr 1948 war in Salzburg das Gesetz vom 19. Mai 1933, betreffend das landwirtschaftliche Bringungsrecht (Güter- und Seilwegelandesgesetz), LGBl. Nr. 78/1933, in Geltung.
Aus § 1 dieses Gesetzes ergibt sich, dass eine Rechtseinräumung nur dann in Frage kam, wenn die zweckmäßige Bewirtschaftung einer landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft dadurch unmöglich gemacht oder erheblich beeinträchtigt wurde, dass zur Bringung der im landwirtschaftlichen Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren landwirtschaftlichen Erzeugnisse oder zur Heranschaffung der zur zweckmäßigen Bewirtschaftung der Liegenschaft erforderlichen Sachen keine oder nur eine unzulängliche oder den Betrieb mit unverhältnismäßigen Kosten belastende Verbindung bestand. Diese Bestimmung kannte entweder die Einräumung eines solchen Rechtes auf Grund einer "darauf abzielenden Vereinbarung der Parteien" bzw. bei Nichtvorliegen einer solchen auf Grund eines Antrages eines Betroffenen.
Mit dem Abschluss des Übereinkommens vor dieser Behörde (Niederschrift vom 23. November 1948) wurde ein öffentlichrechtliches Bringungsrecht begründet. Darauf weist auch unmissverständlich Punkt 7 des Übereinkommens hin, wonach jede Änderung des Übereinkommens vor der Agrarbehörde durchzuführen sei, der auch die Zuständigkeit zur Schlichtung von Streitigkeiten daraus zukommen sollte. Die Ansicht der belangten Behörde, wonach auf dieses Bringungsrecht die Bestimmungen der jeweils geltenden GSG anzuwenden seien, begegnet daher keinen Bedenken.
Die Bedeutung der Einräumung des Bringungsrechtes "auf immer währende Zeit" schätzt der Beschwerdeführer vor diesem rechtlichen Hintergrund unrichtig ein. Damit wurde damals zum Ausdruck gebracht, dass - bei gleich bleibenden Verhältnissen - eine unbefristete Rechtseinräumung vorgenommen werden sollte, ging man doch davon aus, dass das Bringungsrecht der Befriedigung eines dauernden oder regelmäßig wiederkehrenden Bedürfnisses dienen sollte. Der Formulierung "auf immer währende Zeit" kommt daher im vorliegenden Zusammenhang die Bedeutung einer - bei gleich bleibenden Verhältnissen - unbefristeten Rechtseinräumung, nicht aber die Bedeutung der Unabänderbarkeit oder Unaufhebbarkeit des Bringungsrechtes zu.
Dass an die Möglichkeit der Veränderung des Bringungsrechtes bereits beim Abschluss des Übereinkommens selbst gedacht worden war, zeigt sich ebenfalls in Punkt 7 des Übereinkommens, wenn davon die Rede ist, dass "jede Änderung dieses Übereinkommens" nur vor der AB durchzuführen sei. Dass unter "Änderungen" nur Erweiterungen der Rechte der Berechtigten, nicht aber Einschränkungen verstanden werden sollten, geht aus dem Inhalt des Übereinkommens nicht hervor.
Abgesehen davon kannte bereits das damals in Geltung gestandene GSG in § 10 bei dauernder Änderung der maßgebend gewesenen Verhältnisse die Möglichkeit der Abänderung, bei dauerndem Entfall des Bedürfnisses die Aufhebung eines Bringungsrechtes.
Derzeit regelt § 12 GSG dieses, auf alle Bringungsrechte anwendbare Engriffsinstrumentarium. Diese Bestimmung lautet:
"§ 12. (1) Haben sich die Verhältnisse, die für die Begründung eines Bringungsrechtes maßgebend waren, geändert, so ist auf Antrag das Bringungsrecht, soweit öffentliche Interessen (§ 2 Abs. 3) nicht verletzt werden, durch die Agrarbehörde den geänderten Verhältnissen entsprechend abzuändern. Ist der Bedarf für ein Bringungsrecht dauernd weggefallen, so hat die Agrarbehörde das Bringungsrecht auf Antrag aufzuheben. Solche Anträge können sowohl vom Bringungsberechtigten als auch vom Eigentümer des belasteten Grundstückes gestellt werden."
Grundlage für ein Vorgehen nach § 12 GSG ist ein Antrag der Berechtigten oder Verpflichteten. Es ist - entgegen den Beschwerdeausführungen - auch nicht erkennbar, dass aus dem Übereinkommen und der Rechtseinräumung "auf immer währende Zeit" ein die Rechtsnachfolger der Belasteten verpflichtender Verzicht ihrer Rechtsvorgänger auf eine solche Antragstellung bei Eintritt geänderter Verhältnisse abzuleiten wäre. Die Antragslegitimation der mitbeteiligten Parteien (als Verpflichtete) nach § 12 Abs. 1 GSG 1970 war daher gegeben.
Lagen aber die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bringungsrechtes vor, konnte auch das im Jahr 1948 eingeräumte Recht auf Grund des Antrages der Mitbeteiligten aufgehoben werden, selbst wenn es "auf immer währende Zeiten" eingeräumt worden war.
Auf Grundlage des Gutachtens der DI K und DI J gelangte die belangte Behörde zur Ansicht, es liege eine Doppelerschließung des Oberhagengutes vor und das Bringungsrecht aus dem Jahr 1948 sei - mit Ausnahme eines Gehrechtes und des Viehtriebsrechtes für den Almauf- und -abtrieb - nicht mehr erforderlich.
In der Beschwerde bestreitet der Beschwerdeführer diesbezüglich weder den Inhalt des Gutachtens noch die daraus gezogene rechtliche Schlussfolgerung.
Er macht vielmehr im zweiten Teil seiner Beschwerdeausführungen die Befangenheit des Mitgliedes der belangten Behörde, DI M, geltend. Diese wäre bereits im erstinstanzlichen Verfahren als Amtssachverständige tätig gewesen und schreite nunmehr als Mitglied der belangten Behörde ein.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber eine Befangenheit dieses Mitgliedes der belangten Behörde nicht zu erkennen.
Hinsichtlich des Vorliegens der Befangenheit nennt der Beschwerdeführer die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG, welche folgenden Wortlaut hat:
"§ 7. (1) Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:
...
5. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides in unterer Instanz mitgewirkt haben."
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann nur die unmittelbare Teilnahme an der Erzeugung des den förmlichen Verwaltungsakt darstellenden Spruches, nicht aber bereits jede andere Betätigung in dem vorangegangenen Verfahren als Mitwirkung an der Erlassung eines Bescheides angesehen werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Februar 1994, 92/03/0251, und vom 19. April 1995, 94/12/0033 u.a.). Der Befangenheitsgrund des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG gilt nur für die an der Erlassung des Bescheides der unteren Instanz unmittelbar beteiligten Verwaltungsorgane und gilt nicht für Sachverständige, die nur am Beweisverfahren der unteren Instanz mitgewirkt haben, dagegen nicht an der Erlassung des Bescheides als Verwaltungsorgane unmittelbar beteiligt waren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1988, 85/06/0081, mwN).
Der Befangenheitsgrund des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG liegt bei dem genannten Mitglied der belangten Behörde nicht vor, weil dieses lediglich an einer mündlichen Verhandlung teilgenommen, nicht aber unmittelbar an der Beschlussfassung der erstinstanzlichen Entscheidung mitgewirkt hat.
Ein weiterer Befangenheitsgrund hätte sich aus der neueren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ergeben können (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 12. März 2003, VfSlg 16827, vom 11. Oktober 2003, B 279/03, und vom 24. November 2003, B 756/01). Dies hätte aber vorausgesetzt, dass DI M als stimmberechtigtes Mitglied der belangten Behörde mit der Aufgabe betraut worden wäre, im Verfahren vor der belangten Behörde ein Gutachten in ihrer Eigenschaft als Sachverständige (im Sinne des AVG) zu erstatten. Dies ist im Gegenstand nicht geschehen. Sie gab (lediglich) im Rahmen des Verfahrens erster Instanz eine fachkundige Stellungnahme zur Frage der Entbehrlichkeit des Bringungsweges im Zusammenhang mit dem Reitbetrieb ab. Diese Stellungnahme spielte bei der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde überhaupt keine Rolle. Zum einen deshalb, weil die belangte Behörde die Ansicht vertrat, dass das damalige Bringungsrecht den Reitbetrieb gar nicht erfasste, weshalb sich die Frage der Auswirkungen des Wegfalls des Bringungsrechtes in diesem Zusammenhang nicht stellte, und zum anderen deshalb, weil sie sich hinsichtlich der fachlichen Grundlagen zur Gänze auf das Gutachten der DI K und DI J stützte.
DI M vermochte daher - ohne den Anschein von Befangenheit zu erwecken - das genannte Gutachten vom 2. September 2003 einer fachkundigen Bewertung zu unterziehen. Die belangte Behörde stützte ihre Beweiswürdigung demnach auch nicht auf ein Gutachten eines ihrer Mitglieder, sodass auch keine Zweifel an der Unbefangenheit der übrigen Mitglieder entstanden sind.
Es sind daher auch unter diesem Aspekt keine Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der belangten Behörde entstanden. Auch diese Rüge des Beschwerdeführers erweist sich als unbegründet.
Die belangte Behörde konnte daher - aufbauend auf dem Inhalt des Gutachtens der DI K und DI J - davon ausgehen, dass im vorliegenden Fall eine Doppelerschließung vorliegt und das Bringungsrecht (mit der Ausnahme des Geh- und Viehtriebsrecht für bestimmte Anlässe) für die Erschließung des Oberhagengutes nicht mehr erforderlich ist. Darin, dass die belangte Behörde in diesem Umstand einen Grund für ein Vorgehen nach § 12 GSG 1970 erblickte und das Bringungsrecht im spruchmäßig umschriebenen Umfang aufhob, liegt daher keine Rechtswidrigkeit.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich - hinsichtlich der belangten Behörde im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 20. Oktober 2005
Schlagworte
Befangenheit von SachverständigenEinfluß auf die SachentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004070134.X00Im RIS seit
17.11.2005Zuletzt aktualisiert am
25.10.2011