TE OGH 1989/4/25 2Ob29/89

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Veröffentlicht am 25.04.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Melber und Dr.Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Raimund Z***, Marktfierant, 1210 Wien, Mitterhofergasse 12, vertreten durch Dr.Robert Langer-Hansel, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. DER A***, Allgemeine Versicherungs-AG, 1010 Wien, Hoher Markt 10-11, 2. Heinz B***, Bauschlosser, 6250 Kundl, Kummersbruckerweg 3, vertreten durch Dr.Hansjörg Mader, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 700.000,-- s.A. und Feststellung (Streitwert S 150.000,-- ), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 5.12.1988, GZ 4 R 269/88-35, womit infolge Berufungen der klagenden und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 10.Juni 1988, GZ 13 Cg 151/87-27, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit S 14.221,80 (darin keine Barauslagen und S 2.370,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 2.7.1985 ereignete sich gegen 24.00 Uhr auf der Bundesstraße 171 im Ortsgebiet von Wörgl unmittelbar vor dem Gasthof "Tiroler Stüberl" ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Fußgänger und der Zweitbeklagte als Lenker und Halter des PKWs Ford Taunus 1600, Kennzeichen T 635.182, beteiligt waren. Zum Unfallzeitpunkt war der vom Zweitbeklagten gelenkte PKW bei der Erstbeklagten haftpflichtversichert.

Mit der am 24.3.1987 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger, die Beklagten zur Zahlung von Schadenersatz aus diesem Verkehrsunfall in der Höhe von S 700.000,-- s.A., (Schmerzengeld) zu verurteilen. Zudem stellte er ein zunächst mit S 300.000,--, dann aber gemäß § 7 RatG auf S 150.000,-- herabgesetzt bewertetes Begehren auf Feststellung der Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger für alle unfallskausalen Schäden, bei Einschränkung der Haftung der Erstbeklagten auf die Haftungssumme des Versicherungsvertrages. Der Kläger brachte dazu vor, er habe die Bundesstraße von Süden nach Norden überquert. Infolge eines Fehlverhaltens des Zweitbeklagten sei er niedergestoßen und schwer verletzt worden. Der Zweitbeklagte habe einen Blutalkoholgehalt von 1,3 %o gehabt und sei mit mehr als 70 km/h, somit mit einer absolut und relativ überhöhten Geschwindigkeit gefahren. Ihn treffe daher das ausschließliche Verschulden am Zustandekommen des Unfalls. Der Kläger habe bei dem Unfall schwerste Verletzungen erlitten, die ein Schmerzengeld in Höhe von S 700.000,-- rechtfertigten. Er habe zudem ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Ersatzpflicht der beklagten Parteien für zukünftige Schäden, da Ansprüche des Klägers über das derzeitige Leistungsbegehren hinaus nicht ausgeschlossen seien.

Die Beklagten beantragten Klagsabweisung und wendeten ein, das Alleinverschulden am Zustandekommen des Unfalls treffe den Kläger. Dieser habe in alkoholisiertem Zustand die Bundesstraße überquert und sei beim Überqueren der Fahrbahn in der Fahrbahnmitte stehen geblieben, sodaß der Zweitbeklagte der Meinung habe sein können, vom Kläger wahrgenommen worden zu sein. Plötzlich habe der Kläger jedoch zu laufen begonnen und sei in der Folge mit dem PKW des Zweitbeklagten zusammengestoßen. Trotz sofortiger Bremsung habe der Zweitbeklagte die Kollision mit dem Kläger nicht mehr verhindern können. Es werde darüberhinaus sowohl die Höhe des begehrten Schmerzengeldes als auch die Behauptung bestritten, daß der Heilungsverlauf noch nicht beendet sei und künftige Schäden zu erwarten seien.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagten zur Zahlung von S 200.000,-- s.A. an den Kläger und stellte fest, daß die Beklagten dem Kläger zur ungeteilten Hand zu einem Drittel für alle kausalen Schäden aus dem Unfall vom 2.7.1985 zu haften haben, wobei die Haftung der Erstbeklagten mit der Höhe der Versicherungssumme beschränkt ist. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen. Das Erstgericht hat hiezu folgendes festgestellt:

Im Unfallsbereich verläuft die Bundesstraße 171 gerade etwa von Osten nach Westen, die Fahrbahn ist 7,5 m breit; eine Mittelleitlinie war vorhanden. Zu beiden Seiten der Fahrbahn befindet sich jeweils ein 2 m breiter Gehsteig. Die Unfallstelle liegt im Ortsgebiet. Es gilt dort eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h. Im Unfallsbereich ist Sicht auf 150 m gegeben. Der Unfallsbereich war, obwohl es zum Unfallszeitpunkt dunkel war, durch eine Peitschenleuchte so weit ausgeleuchtet, daß auch bei Verwendung von Abblendlicht die Sicht auf einen die Fahrbahn überquerenden Fußgänger auf etwa 1000 m gegeben war. Zum Unfallszeitpunkt war die Fahrbahn trocken, es regnete nicht; die Sicht war, abgesehen von der Dunkelheit, nicht zusätzlich behindert. Der Zweitbeklagte hatte vor Antritt der Unfallsfahrt in Wörgl alkoholische Getränke konsumiert. Sein Blut wies zum Unfallszeitpunkt einen Alkoholgehalt von mindestens 1,4 %o auf. Er lenkte seinen PKW mit einer Geschwindigkeit von etwa 70 km/h auf der Bundesstraße 171 in Richtung Westen und hatte an seinem Fahrzeug das Abblendlicht eingeschaltet. Ob unmittelbar vor seinem Fahrzeug noch ein anderer Personenkraftwagen in Richtung Westen fuhr, kann nicht festgestellt werden. Als der Zweitbeklagte noch etwa 100 m von der Unfallstelle entfernt war, betrat der Kläger vom südlich der Bundesstraße gelegenen Parkplatz des Gasthofes "Tiroler Stüberl" aus die Fahrbahn der Bundesstraße, um diese von Süden nach Norden zu überqueren. Der Zweitbeklagte sah sich durch diesen Vorgang nicht zu einer Reduzierung seiner Fahrgeschwindigkeit in größerem Ausmaß veranlaßt, sondern hielt weiterhin eine Geschwindigkeit von etwa 60 bis 70 km/h ein. Der Kläger blieb sodann im Zuge seiner Überquerung der Bundesstraße in der Fahrbahnmitte, und zwar genau an der Mittelleitlinie stehen. Dadurch gewann der Zweitbeklagte den Eindruck, daß der Kläger sein Fahrzeug gesehen habe und so lange an der Mittelleitlinie stehen bleiben werde, bis sein Fahrzeug in Richtung Westen vorbeigefahren sei. Aufgrund dieses Eindruckes setzte der Zweitbeklagte seine Fahrt mit der erwähnten unverminderten Geschwindigkeit fort. Als das Fahrzeug sich bereits im Nahbereich der späteren Unfallstelle befand, setzte sich der Kläger mit eher schnellerem Gehtempo wieder in Bewegung und versuchte, auch noch den nördlichen Teil der Fahrbahn der Bundesstraße zu überqueren. Dadurch geriet der Kläger in die Fahrlinie des Zweitbeklagten. Der Zweitbeklagte reagierte auf dieses Losgehen des Klägers von der Mittelleitlinie weg sofort mit einer Bremsung seines Fahrzeuges. Zum Zeitpunkt der Einleitung dieser Abwehrmaßnahme war der Zweitbeklagte mit seinem Fahrzeug jedoch schon so weit an den Kläger herangekommen, daß er dadurch vor dem Anprall keine nennenswerte Reduzierung seiner Fahrgeschwindigkeit mehr erreichen konnte. Das Fahrzeug des Zweitbeklagten prallte daher mit dem rechten Teil der Fahrzeugfront gegen den in Richtung Norden gehenden Kläger; der Kläger befand sich im Kollisionszeitpunkt etwa 1 m vom nördlichen Fahrbahnrand entfernt. Die Kollisionsgeschwindigkeit des Fahrzeuges des Zweitbeklagten betrug etwa 60 bis 70 km/h. Der Kläger wies zum Unfallszeitpunkt einen Blutalkoholgehalt von etwa 1,0 bis 2,0 %o auf. Zum Unfallszeitpunkt herrschte auf der Bundesstraße 171 kaum Fahrzeugverkehr. Wenn der Zweitbeklagte bei Ansichtigwerden des Klägers seine Geschwindigkeit auf unter 50 km/h vermindert und zur Warnung des Klägers gehupt hätte, wäre der gegenständliche Verkehrsunfall vermeidbar gewesen. Gegen den Zweitbeklagten wurde wegen dieses Verkehrsunfalls beim Landesgericht Innsbruck zu 24 Vr 2766/85, Hv 156/85, ein Strafverfahren geführt, in welchem er freigesprochen wurde. Durch den gegenständlichen Verkehrsunfall erlitt der Kläger ein lebensbedrohliches Schädelhirntrauma (BHS I) mit nachfolgendem prolongierten Mittelhirnsyndrom der Phase II, rechts fronto-parientalem Herdbefund und fronto-basaler Schädelfraktur mit Liquorrhoe links, einen erstgradigen offenen Unterarmschaftbruch rechts, einen Schambeinastbruch rechts, eine Schulterverrenkung rechts mit Abbruch des großen Rollhökers, einen kombinierten Kniegelenksbandschaden links, eine fibulotalare Bandruptur links, Lendenwirbelquerfortsatzfrakturen L3 bis L5 rechts sowie mehrfache schwere Quetschungen, Prellungen, Abschürfungen und Wunden. Es handelte sich dabei um lebensbedrohliche Verletzungen. Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, beide Beteiligten treffe ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls. Der Kläger habe gegen die Bestimmungen des § 76 Abs 4 lit b und Abs 5 StVO verstoßen, weil er trotz des herankommenden Fahrzeuges des Zweitbeklagten auch noch die nördliche Fahrbahnhälfte der Bundesstraße zu überqueren versucht habe. Als schulderschwerend sei dabei die Alkoholisierung des Klägers zu berücksichtigen, weil sein fehlerhaftes Verhalten auf diese zurückzuführen sei. Aber auch den Zweitbeklagten treffe der Vorwurf, gegen die Bestimmung des § 20 Abs 1 StVO verstoßen zu haben. Sowohl aufgrund seiner eigenen Alkoholisierung (die durch eine geringere Fahrgeschwindigkeit zu kompensieren gewesen wäre), als auch angesichts der durch den Fußgänger in der Fahrbahnmitte gegebenen unklaren Verkehrssituation wäre er verpflichtet gewesen, seine Fahrgeschwindigkeit von der tatsächlich eingehaltenen von 60 bis 70 km/h noch beträchtlich herabzusetzen und sich der Stelle, an der der Kläger stand, mit Vorsicht und Bremsbereitschaft zu nähern. Bei Abwägung des beiderseitigen Verschuldens komme dem des Klägers deutlich überwiegende Bedeutung zu, zumal das Unfallsgeschehen im Fehlverhalten des Klägers seinen Ausgangspunkt hätte. Es sei daher eine Verschuldensteilung von 1 : 2 zu Lasten des Klägers vorzunehmen. Das Schmerzengeld sei mit S 600.000,-- zu bemessen, sodaß das Leistungsbegehren mit S 200.000,-- zu Recht bestehe. Gleichzeitig sei die Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden im Ausmaß von einem Drittel festzusetzen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge; hingegen wurde der Berufung des Klägers teilweise Folge gegeben und das Urteil des Erstgerichtes unter Einbeziehung des in Rechtskraft erwachsenen und des bestätigten Teiles dahin abgeändert, daß dem Kläger insgesamt S 300.000,-- s.A. zugesprochen wurden und die Haftung der Beklagten für die künftigen Unfallschäden des Klägers im Ausmaß von 50 % festgestellt wurde; das Leistungs- und Feststellungsmehrbegehren wurden abgewiesen.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich, gelangte aber zu einer anderen Schadensteilung. Das Berufungsgericht teilte die Auffassung des Erstgerichtes, daß der Zweibeklagte schuldhaft gegen die Bestimmung des § 20 StVO verstoßen, also schuldhaft und rechtswidrig den Unfall mitverursacht habe. Daß den Kläger ein Mitverschulden treffe, sei im Berufungsverfahren unstrittig. Aus Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs in vergleichbaren Fällen ergebe sich, daß das Mitverschulden des Klägers nicht mit weniger als 50 % veranschlagt werden könne. Schließlich falle dem Kläger das primär unfallkausale Verhalten zur Last; sein Verstoß gegen die Bestimmungen des § 76 Abs 4 und 5 StVO müßten als grob fahrlässig gewertet werden, zumal als schulderschwerend seine Alkoholisierung zu berücksichtigen sei. Was das Verschulden des Zweitbeklagten betreffe, müsse es doch gravierender bei der Schadensteilung ins Gewicht fallen als eine bloße Halterhaftung. Die Alkoholisierung des Zweitbeklagten, die deshalb, weil das Lenken eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluß für die allgemeine Verkehrssicherheit erheblich gefährlicher sei als die Benützung der Straße durch einen alkoholisierten Fußgänger generell bei der Beurteilung des Ausmaßes des Verschuldens zu berücksichtigen sei, könne dabei allerdings nicht mehr wesentlich erschwerend wirken, weil ohne ihr Vorliegen gar kein Verstoß gegen § 20 StVO anzunehmen wäre. Ein Verstoß gegen § 22 StVO sei dem Zweitbeklagten nicht zur Last zu legen, da ein Lenker eines Fahrzeuges nur dann verpflichtet sei, nach dieser Gesetzesstelle Warnzeichen rechtzeitig abzugeben, wenn er sich einem unvorsichtig die Straße überquerenden Fußgänger gegenüber sehe, der Kläger aber nach dem festgestellten äußeren Anschein sich vorerst nicht verkehrswidrig verhalten habe. Von einem überwiegenden Mitverschulden des Zweitbeklagten könne zwar nicht ausgegangen werden. Andererseits müsse nach Auffassung des Berufungsgerichtes, wenn schon die bloße Halterhaftung auf Seiten des Kraftfahrzeuglenkers dazu führe, daß eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 2 zu Lasten des alkoholisierten Fußgängers, der gegen die Bestimmungen des § 76 StVO verstößt, zu erfolgen habe, dann, wenn wie hier ein Verschulden des Kraftfahrzeuglenkers vorliege, eine Schadensteilung vorgenommen werden, die den Kraftfahrzeuglenker mit mehr als einem Drittel belaste. Dem Berufungsgericht erscheine es daher fallgerecht, eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 1 : 1 vorzunehmen. Das Schmerzengeld erachtete das Berufungsgericht gleich dem Erstgericht in der rechnerischen Gesamthöhe von S 600.000,-- als angemessen. Gegen den stattgebenden Teil des Urteils des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung, im Sinne der gänzlichen Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Beklagten versuchen in ihrer Revision zunächst darzulegen, daß ihnen der Entlastungsbeweis im Sinne des § 9 Abs 2 EKHG gelungen sei und sie daher für die Schäden des Klägers nicht zu haften hätten. Darüber hinaus sei auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Schadensteilung unangemessen. Das Fehlverhalten des Klägers überwiege jenes des Zweitbeklagten bei weitem. Das Unfallsgeschehen habe im Fehlverhalten des Klägers seinen Ausgangspunkt gefunden. Er habe, ohne auf den Verkehr zu achten, die Fahrbahn überquert. Sein Verhalten sei jedenfalls als grob fahrlässig zu qualifizieren. Schulderschwerend müsse natürlich auch die festgestellte Alkoholisierung sein. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes sei die sich aus der Alkolisierung der beiden Unfallsbeteiligten konkret ergebende Gefahr beim Kläger ungleich größer gewesen. Sein Zustand sei derart beeinträchtigt gewesen, daß er nicht einmal imstande war, dem Verkehrsaufkommen auf der Bundesstraße zu folgen. Es möge zwar stimmen, daß das Lenken eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluß für die allgemeine Verkehrssicherheit erheblich gefährlicher sei als die Benützung der Straße durch einen alkoholisierten Fußgänger; unter den gegebenen Umständen müsse jedoch berücksichtigt werden, daß sich die Alkoholisierung in concreto nicht ausgewirkt habe. Wäre der Zweitbeklagte mit einer Geschwindigkeit laut den getroffenen Feststellungen entlang der Bundesstraße, dem Kläger sich nähernd gefahren, so wäre es beim festgestellten Bewegungsverhalten des Klägers auch dann zu einer Kollision gekommen, wenn der Zweitbeklagte nicht alkoholisiert gewesen wäre. Die Alkoholisierung sei demgemäß nicht unfallkausal gewesen, wenn überhaupt, sei die vom Zweitbeklagten gewählte Geschwindigkeit in Anbetracht seines Zustandes etwas überhöht gewesen. Die geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitung sei im Verhältnis zum primär unfallskausalen Fehlverhalten des Klägers nicht gleich zu bewerten.

Vielmehr wäre eine Haftungsteilung im Verhältnis von 1 : 3 zu Lasten des Fußgängers vorzunehmen gewesen.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Das Revisionsvorbringen, dem Beklagten wäre der Entlastungsbeweis im Sinne des § 9 Abs 2 EKHG gelungen, geht schon deshalb ins Leere, weil das Revisionsgericht der Auffassung des Berufungsgerichtes beipflichtet, daß den Zweitbeklagten ein Verschulden an dem Unfall trifft. Er hätte nämlich die Verkehrssituation unter den gegebenen Umständen in bedenklichem Sinn aufzufassen gehabt und wäre daher zu einer entsprechenden Verminderung seiner Geschwindigkeit verpflichtet gewesen. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes hätte der Zweitbeklagte, der im Unfallszeitpunkt einen Blutalkohol von mindestens 1,4 %o aufwies, durch Verminderung seiner Fahrgeschwindigkeit auf unter 50 km/h den Unfall verhindern können. Daß er dies unterließ, vielmehr ungeachtet der Wahrnehmung des in Fahrbahnmitte befindlichen Klägers unvermindert seine Geschwindigkeit von 60 bis 70 km/h beibehielt, hat ihm das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum als verschuldeten Verstoß gegen § 20 Abs 1 StVO angelastet. Die festgestellte, nicht unbeträchtliche Alkoholisierung schließt die Berücksichtigung eines darauf beruhenden Fehlverhaltens bei der Beurteilung der Schwere des Verschuldens nicht nur nicht aus, sie hat vielmehr zur Folge, daß dieses Verhalten streng beurteilt werden muß (vgl ZVR 1973/219 ua). Wird dieses Fehlverhalten dem dem Kläger zur Last fallenden Verstoß gegen die Bestimmungen des § 76 Abs 4 und 5 StVO gegenübergestellt, ist in der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 den beiderseitigen Verstößen gegen die Straßenverkehrsvorschriften angemessen ist, keine zum Nachteil der Beklagten unrichtige rechtliche Beurteilung zu erblicken.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E17250

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00029.89.0425.000

Dokumentnummer

JJT_19890425_OGH0002_0020OB00029_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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