TE Vwgh Erkenntnis 2005/10/20 2005/07/0099

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Veröffentlicht am 20.10.2005
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Index

L82407 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

AWG Tir 1990 §10 Abs1;
AWG Tir 1990;
B-VG Art10 Abs1 Z12;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art15;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde der Österreichischen Bundesbahnen, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 27. Oktober 2004, Zl. U- 13.773/2, betreffend eine Feststellung nach dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Die beschwerdeführende Partei stellte mit Eingabe vom 23. Juni 2004 bei der Bezirkshauptmannschaft L "gemäß § 3 Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz den Antrag auf Feststellung, dass der beim Eisenbahnbetriebsgebäude Haltestelle T anfallende - nicht gefährliche - Abfall nicht dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz unterliegt."

Mit Bescheid vom 10. September 2004 stellte die Bezirkshauptmannschaft L gemäß § 3 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes fest, dass es sich bei dem "in der Haltestelle T anfallenden Abfall um Hausmüll gemäß § 2 Abs. 1 TAWG handelt."

Die dagegen von der beschwerdeführenden Partei erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Oktober 2004 als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Dieser wies die Beschwerde mit Erkenntnis vom 6. Juni 2005, B 1531/04-9, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bringt die beschwerdeführende Partei vor, bei der Haltestelle T handle es sich um eine Eisenbahnanlage im Sinne des § 2 Eisenbahngesetz. Dieser Umstand habe eine alleinige und umfassende Zuständigkeit des Bundes zur Folge. Das Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz dürfe sich von Verfassungs wegen nicht auf Eisenbahnanlagen beziehen und sei verfassungskonform dahingehend einschränkend auszulegen, dass es auf Abfälle, die in oder auf Eisenbahnanlagen anfielen, nicht anwendbar sei. Wenngleich § 1 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes Eisenbahnanlagen nicht berücksichtige, folge doch aus § 10 Abs. 1 leg. cit., dass Abfälle nur dann und insoweit nach den Bestimmungen dieses Gesetzes gesammelt und abgeführt werden müssen, als nicht bundesrechtliche Vorschriften entgegen stünden. Als derartige bundesgesetzliche Vorschriften seien auch die einschlägigen eisenbahnrechtlichen Bestimmungen, insbesondere etwa § 18 Abs. 5 des Eisenbahngesetzes 1957 zu verstehen.

Die beschwerdeführende Partei habe im Verfahren vor der belangten Behörde beantragt, gemäß § 11 lit. d des Eisenbahngesetzes 1957 zur Klärung der Vorfrage, ob es sich bei der Haltestelle T um eine Eisenbahnanlage handle, die Entscheidung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie einzuholen. Dies habe die belangte Behörde unterlassen. Diese Unterlassung stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.

Die belangte Behörde habe eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zukomme.

Die §§ 1 und 10 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 50/1990 idF BGBl. Nr. 44/2003 (TAWG) lauten:

"§ 1

Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für alle Abfälle mit Ausnahme von gefährlichen Abfällen sowie den im § 3 Abs. 1 Z. 1 bis 6 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 102, genannten Abfällen.

(2) Durch dieses Gesetz werden andere landesrechtliche Vorschriften über Abfälle nicht berührt.

§ 10

Allgemeine Pflichten

(1) Unbeschadet der bundesrechtlichen Vorschriften müssen alle Abfälle nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und der in seiner Durchführung erlassenen Verordnungen gesammelt und abgeführt werden, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Verpflichtung nach Abs. 1 gilt nicht

a) für Abfälle, die auf einem Grundstück des Inhabers der Abfälle kompostiert werden,

b) für betriebliche Abfälle, die einer Verwertung zugeführt oder in einer Anlage des Betriebsinhabers zulässigerweise behandelt oder abgelagert werden."

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 6. Juni 2005, B 1531/04-9, ausgesprochen, dass für eine Zuordnung von Regelungen über beim Betrieb von Eisenbahnanlagen anfallenden Abfall zu Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG ("Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen") angesichts des Umstandes kein Raum ist, dass Art. 10 Abs. 1 Z. 12 B-VG ("Abfallwirtschaft hinsichtlich gefährlicher Abfälle, hinsichtlich anderer Abfälle nur soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften vorhanden ist") in Verbindung mit Art. 15 B-VG abfallrechtliche Regelungen kompetenzrechtlich abschließend zuordnet.

Es trifft daher nicht zu, dass den Ländern für den bei Eisenbahnanlagen anfallenden Abfall keine Gesetzgebungskompetenz zukommt und dass deshalb die Bestimmungen des TAWG verfassungskonform so auszulegen sind, dass sie solche Abfälle nicht erfassen. Das TAWG gilt vielmehr auch für Abfall, der bei Eisenbahnanlagen anfällt.

Der von der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführte § 10 TAWG führt zu keinem anderen Ergebnis.

Diese Bestimmung besagt, dass unbeschadet der bundesrechtlichen Vorschriften alle Abfälle nach den Bestimmungen des TAWG und der in seiner Durchführung erlassenen Verordnungen gesammelt und abgeführt werden müssen, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist.

"Unbeschadet der bundesrechtlichen Vorschriften" bedeutet nicht, dass die Bestimmungen des TAWG hinter bundesrechtlichen Vorschriften zurückzutreten haben; vielmehr ordnet der Gesetzgeber mit dieser Wendung an, dass das TAWG auch dann anzuwenden ist, wenn bundesrechtliche Vorschriften bestehen (vgl. zur Bedeutung des Wortes "unbeschadet" in einem Zusammenhang wie dem vorliegenden das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 2001, 2001/07/0028).

Der von der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführte § 18 Abs. 5 des Eisenbahngesetzes 1957 lautet:

"(5) Das Eisenbahnunternehmen ist berechtigt, die für den Bau, Betrieb und Verkehr der Eisenbahn erforderlichen Hilfseinrichtungen selbst zu errichten und zu betreiben sowie alle Arbeiten, die dem Bau, Betrieb und Verkehr der Eisenbahn dienen, vorzunehmen."

Was die beschwerdeführende Partei aus dieser Bestimmung gewinnen will, bleibt unklar.

Da es für die Anwendbarkeit des TAWG ohne Bedeutung ist, ob es sich bei der Haltestelle T um eine Eisenbahnanlage handelt oder nicht, bedurfte es auch nicht der Einschaltung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 20. Oktober 2005

Schlagworte

Auslegung Diverses VwRallg3/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005070099.X00

Im RIS seit

22.11.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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