TE OGH 1989/4/26 1Ob556/89

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Veröffentlicht am 26.04.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Hofmann, Dr.Schlosser und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elisabeth R***, Angestellte, Wien 23., Dirmhirngasse 14/16, vertreten durch Dr.Emmerich Fritz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Herbert T***, Immobilienverwalter, Wien 3., Jacquingasse 51, vertreten durch Dr.Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 422.007,59 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22.November 1988, GZ 11 R 210/88-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 19. Mai 1988, GZ 4 Cg 146/87-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Theresia R*** und Paula (Pauline) U*** verkauften mit Vertrag vom 2.8.1979 dem Beklagten die Liegenschaft Wien 3., Jacquingasse 51, um den Kaufpreis von S 2,700.000,--. Gemäß Punkt Drittens des Vertrages war dieser Betrag vom Beklagten in 120 gleichen Kaufpreisraten a S 22.500,-- zu bezahlen, wobei die erste Rate bis längstens 20.8.1979, die weiteren Raten bis längstens zum Zehnten der nachfolgenden Monate zur Zahlung fällig waren. Im Kaufvertrag wurden weiters folgende Vereinbarungen getroffen:

"Viertens: Für den Fall der Nichtzahlung einer Kaufpreisrate tritt nach Setzung einer Nachfrist von mindestens einer Woche Terminsverlust in der Form ein, daß die Verkäufer berechtigt sind, den gesamten zu diesem Zeitpunkt noch offenen Kaufpreisrest sofort fällig zu stellen und alle ihnen für dessen Einziehung geeignet erscheinenden Maßnahmen in die Wege zu leiten.

Weiters werden für den Fall eines Zahlungsverzuges 10 % (zehn Prozent) Verzugszinsen vereinbart, welche nach Bekanntgabe mit der nächsten Kaufpreisrate, bzw bei Eintritt des Terminsverlustes mit dem Restkaufpreis zu bezahlen sind.

Fünftens: Einvernehmlich wird festgestellt, daß die Kaufpreisforderung bzw die vereinbarten Kaufpreisraten auf der gegenwärtigen Kaufkraft des österreichischen Schillings beruht, wobei die vom Österreichischen Statistischen Zentralamt für den Monat August 1979 veröffentlichte Ziffer des Verbraucherpreisindex 1977 zugrundezulegen ist. Bei einer Änderung dieser Indexziffer erhöht oder erniedrigt sich die Kaufpreisratenforderung im gleichen Verhältnis, wobei jedoch Änderungen bis zu 5 % (fünf) einschließlich gegenüber der Basisziffer unberücksichtigt bleiben. Bei einer Neuberechnung der vereinbarten Kaufpreisraten auf Grund dieser Wertsicherung ist die Indexziffer des Monates, in dem die nach diesen Bestimmungen zu berücksichtigende Indexänderung eingetreten ist, als neue Vergleichsbasis für die weitere, im übrigen jedoch gleiche Anwendung dieser Wertsicherung festzustellen. Für den Fall des Eintrittes und der Geltendmachung des Terminsverlustes der vereinbarten Ratenzahlung (Pkt.Viertens) ist der Restkaufpreis in der Höhe zu bezahlen, wie er sich durch den Vergleich der Indexziffer des Zahlungsmonates gegenüber dem Basisindex für August 1979 errechnet, also ohne Berücksichtigung der für die ratenweise Kaufpreisabstattung vereinbarten 5 % Schwelle. Sollte das Österreichische Statistische Zentralamt von einer weiteren Veröffentlichung des Verbraucherpreisindex 1977 und eines gleichwertigen Nachfolgeindex Abstand nehmen, so hat die Berechnung der Kaufkraft des Schillings für die noch ausstehenden Kaufpreisraten nach dem Durchschnittspreis jener Waren zu erfolgen, auf welchen gegenwärtig die Indexziffer aufgebaut ist."

Der Nachlaß der Theresia R*** wurde mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Hietzing vom 27.4.1983, 2 A 950/82-13, der Paula (Pauline) U*** eingeantwortet. Der Nachlaß der Paula (Pauline) U*** wurde mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Hietzing vom 6.11.1985, 1 A 564/84-26, der Klägerin eingeantwortet. Mit Schreiben vom 1.4.1986 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten geltend, daß er unter Berücksichtigung der vereinbarten Wertsicherung mit Zahlungen in der Höhe von S 65.347,24 in Rückstand geraten sei. Sie räumte ihm für die Bezahlung des Betrages eine Nachfrist bis zum 18.4.1986 bei sonstigem Terminsverlust ein. Die Klägerin begehrt den Betrag von S 588.207,59 sA und brachte vor, zufolge Verzuges mit der Leistung fälliger Kaufpreisraten samt Wertsicherungsbeträgen sei Terminsverlust eingetreten und der aushaftende Kaufpreisrest zur Zahlung fällig.

Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens, weil Terminsverlust nicht eingetreten sei. Terminsverlust trete gemäß Punkt Viertens des Kaufvertrages nur ein, wenn die in Punkt Drittens vereinbarte Kaufpreisrate von S 22.500,-- nicht bezahlt werde. Die Nichtbezahlung der Wertsicherungsbeträge stehe nicht unter der Sanktion des Terminsverlustes.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Er stellte fest, der Beklagte hätte bis März 1986 unter Berücksichtigung der vereinbarten Wertsicherung Zahlungen in der Höhe von S 2,173.072,50 zu leisten gehabt; tatsächlich habe er nur S 2,070.822,-- geleistet. Der Beklagte habe zwar die vereinbarten Wertsicherungsbeträge nur zum Teil entrichtet, doch trete Terminsverlust gemäß Punkt Viertens des Kaufvertrages nur bei Verzug mit der Leistung der in Punkt Drittens des Vertrages vereinbarten Kaufpreisraten, nicht auch bei Verzug mit der Leistung der Wertsicherungsbeträge ein.

Das Berufungsgericht gab der gegen die Abweisung des Teilbegehrens von S 422.007,59 sA erhobenen Berufung der Klägerin Folge und sprach mit Zwischenurteil aus, daß der Anspruch der Klägerin zufolge Terminsverlustes des Beklagten dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es trug dem Erstgericht die neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Die Regelung des Terminsverlustes in Punkt Viertens des Kaufvertrages rechtfertige nicht die Annahme, daß Terminsverlust nur bei Verzug mit der Bezahlung der in Punkt Drittens vereinbarten Kaufpreisraten von S 22.500,-- und nicht auch bei Verzug mit der Bezahlung der gemäß Punkt Fünftens des Vertrages zu leistenden Wertsicherungsbeträge eintreten sollte. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren die Höhe des aushaftenden Kaufpreisrestes festzustellen haben.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Beklagten kommt Berechtigung nicht zu.

Die Ausführungen zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Auch die Rechtsrüge ist nicht begründet. Die Regelung des Terminsverlustes in Punkt Viertens des Kaufvertrages für den Fall der "Nichtzahlung einer Kaufpreisrate" kann, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, nicht dahin verstanden werden, daß Terminsverlust nur bei Verzug mit der Zahlung des in Punkt Drittens festgesetzten Betrages von S 22.500,-- eintreten sollte. Auch der Aufwertungsbetrag ist Teil der Schuld und beruht auf demselben Rechtsgrund (NZ 1982, 154; SZ 34/106). Die jeweils zu zahlende "Kaufpreisrate" besteht daher einerseits aus dem in Punkt Drittens des Kaufvertrages festgesetzten fixen Betrag von S 22.500,-- und dem Wertsicherungsbetrag gemäß Punkt Fünftens des Vertrages. Nur daraus, daß die Vereinbarung über die Wertsicherung im Vertragstext der Regelung des Terminsverlustes nachfolgt, kann nicht geschlossen werden, daß bei Verzug mit der Bezahlung des auf die Wertsicherung entfallenden Teiles des Kaufpreises Terminsverlust nicht eintreten soll. Die Bestimmung des § 915 ABGB findet nur subsidiär Anwendung, wenn sich die Undeutlichkeit nicht nach den in § 914 normierten Auslegungsregeln beheben läßt (JBl.1986, 782; JBl.1978, 387; SZ 40/57 ua). Da die Auslegung des Kaufvertrages unter Bedachtnahme auf die Verkehrssitte zum dargestellten Auslegungsergebnis führt, ist die Unklarheitenregel des § 915 ABGB nicht anzuwenden. Einzuräumen ist dem Revisionswerber, daß über die Berechnung des Wertsicherungsbetrages unterschiedliche Auffassungen bestehen können und der Terminsverlust eine unangemessene Sanktion wäre, wenn der Beklagte nur zufolge solcher Auslegungsdifferenzen mit einem verhältnismäßig geringfügigen Wertsicherungsbetrag in Zahlungsverzug gekommen wäre (vgl HS 8298, 593/60;

Ehrenzweig-Mayerhofer, System3 II/1, 376). Davon kann aber im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden, da der Beklagte nach der unbekämpft gebliebenen Feststellung des Erstgerichtes Ende März 1986 insgesamt S 102.250,50 schuldete.

Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 52 Abs 2, 393 Abs 4 ZPO.

Anmerkung

E17204

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00556.89.0426.000

Dokumentnummer

JJT_19890426_OGH0002_0010OB00556_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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