Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Hofmann, Dr.Schlosser und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Erich S***, Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, Liezen, Hauptplatz 3/9, vertreten durch Dr. Harald Jesser, DDr. Manfred Erschen, Rechtsanwälte in Leoben, wider die beklagten Parteien 1.) Komm.Rat Siegfried S***, Unternehmer, Bad Mitterndorf 286, 2.) Firma S***-W***-S***, Kleinkraftwerke Gesellschaft mbH, Bad Mitterndorf, beide vertreten durch Dipl.Ing.Dr.Peter Benda, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 75.428,75 samt Anhang infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 15.Dezember 1988, GZ 6 R 110-115/88-68, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 28.März 1988, GZ 8 Cg 156/86-58, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden, soweit sie die Rechtssache 8 Cg 156/86 des Erstgerichtes betreffen, aufgehoben und die Rechtssache insoweit an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Kläger war in der Zeit vom 16.Oktober 1984 bis 31.Dezember 1985 für den Erstbeklagten als Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder tätig. Seine Beratertätigkeit erstreckte sich auch auf die zweitbeklagte Partei und die Firma K*** Gesellschaft mbH (im folgenden Firma KKW), deren Geschäftsführer der Erstbeklagte war. Der Kläger war vom Erstbeklagten als Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei und der Firma KKW als Berater zur Verwirklichung des Projektes "Wasserkraftanlage Grimming-Unterlauf" beigezogen worden. Als der Kläger mit seiner Tätigkeit für den Erstbeklagten begann, waren bereits Konzepte über die gesellschaftsrechtliche Form der Durchführung sehr weit gediehen. Diese früheren Ergebnisse wurden vom Kläger in einem an die Firma W*** W*** P*** UND E***
Gesellschaft mbH (im folgenden Firma W***) gerichteten Schreiben, das die Rahmenbedingungen für die Errichtung einer Kommanditgesellschaft und die Erstellung eines Rahmenvertrages bei der Firma KKW enthielt, zusammengefaßt. Der Rahmenvertrag wurde am 16. April 1985 durch die Firma W*** unterzeichnet. Die Punkte I Z 2 lit. e und Z 2 des Vertrages lauten:
"Übernahmeverpflichtung sämtlicher Verbindlichkeiten: Die Firma S***-W*** Wasserkraftwerke GesmbH übernimmt sämtliche Verbindlichkeiten der S***-W***-S*** GesmbH, insbesondere die derzeit aushaftenden sonstigen Verbindlichkeiten an die bisherigen Gesellschafter, der S***-W***-S*** GesmbH. Die Rückzahlung dieser Verbindlichkeiten erfolgt ab Baubeginn bzw. nach Erhalt der wasserrechtlichen Zulassung des Wasserkraftwerkes. Diese Verbindlichkeiten sind nicht Teil der Gründungskosten und werden nicht als KG-Anteil eingebracht ..... Geschäftsführertätigkeit von Herrn Komm.Rat S*** bei der KKW GesmbH: Herr Komm.Rat Siefried S*** sieht die Projekte S*** GesmbH und KKW GesmbH gleich wie die
Gruppe M***-W*** als eine wirtschaftliche Einheit an. Infolgedessen stimmt Herr Komm.Rat S*** den vorhergenannten Bedingungen und damit der teilweisen Finanzierung durch die Gruppe M***-W*** nur unter der Voraussetzung zu, daß auch seine Geschäftsführertätigkeit bei der KKW GesmbH geregelt ist.
1.) Abschluß eines Syndikatsvertrages, im Rahmen dessen Herr Komm.Rat Siegfried S*** auf Lebenszeit mit einem Mindestbezug von
S 120.000 jährlich bestellt ist, wertgesichert nach dem Verbundpreis ...."
Am 21.August 1984 erteilte die Firma W*** dem Kläger eine schriftliche Vollmacht, die folgenden Wortlaut hat: "Hiermit bevollmächtigen wir Wirtschaftstreuhänder Mag.Erich S***, Steuerberater, Hauptplatz 3, 8940 Liezen, unwiderruflich und zeitlich unbefristet das Stimmrecht in der Generalversammlung der KKW GesmbH für folgenden eingeschränkten Abstimmungspunkt auszuüben:
Abberufung von Herrn Komm.Rat Siegfried S*** als Geschäftsführer der KKW GesmbH. Diese Vollmacht gilt auch für Abstimmungen im schriftlichen Wege gemäß § 34 GesmbHG." Der im Rahmenvertrag vorgesehene Syndikatsvertrag wurde nicht abgeschlossen. Das Projekt "Wasserkraftanlage Grimming-Unterlauf" scheiterte, weil ein positiver Naturschutzbescheid nicht erwirkt werden konnte. Nach Beendigung seiner Tätigkeit wies der Kläger den Erstbeklagten mit Schreiben vom 8.Jänner 1986 darauf hin, daß er einen neuen Vollmachtsträger seitens der Firma W*** zu erwirken habe. In der Generalversammlung der Firma KKW vom 21.November 1986 wurde der von zwei Gesellschaftern gestellte Antrag, den bisherigen Geschäftsführer Siegfried S*** abzuberufen, mit
240 Gesellschafterstimmen bei Stimmenthaltung der Gesellschafterin Firma W*** (200 Stimmen) und der Gegenstimme des Gesellschafters Siegfried S*** (60 Stimmen) angenommen. Der Kläger war bei dieser Generalversammlung nicht anwesend.
Der Kläger begehrt für seine Beratungstätigkeit von den beklagten Parteien ein ausstehendes Honorar von S 75.428,75 samt Anhang.
Die beklagten Parteien wendeten, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, u.a. zwei Gegenforderungen aufrechnungsweise ein. Zu einer der beiden führt er die Rechtsrüge nicht aus; er versucht auch nicht Verfahrensfragen aufzuwerfen, denen im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO eine erhebliche Bedeutung zukäme, zur zweiten Gegenforderung führten die beklagten Parteien aus, der Kläger habe den Erstbeklagten und die Gesellschaften, an denen der Erstbeklagte beteiligt war, juridisch falsch beraten. Der Kläger sei vom Erstbeklagten beauftragt worden, eine Konstruktion zu finden, daß der Erstbeklagte lebenslang Geschäftsführer der Firma KKW bleibe. Der Kläger habe sich dazu eine unwiderrufliche Vollmacht durch die Firma W***, die Gesellschafterin der Firma KKW sei, ausstellen lassen. Diese Vollmacht sei vom Kläger ausgearbeitet worden. Trotz Aufforderung durch den Erstbeklagten habe der Kläger die ihm erteilte Vollmacht in der Generalversammlung vom 21. November 1986 nicht verwendet bzw. sein Stimmrecht nicht ausgeübt. Dadurch sei es zur Abwahl des Erstbeklagten als Geschäftsführer der Firma KKW gekommen. Der Erstbeklagte erleide den Verlust des monatlichen Geschäftsführerbezuges in der Höhe von S 10.000. Diese Gegenforderung sei, soweit sie die Forderung des Klägers gegen den Erstbeklagten übersteige, an die zweitbeklagte Partei abgetreten worden. Die Firma W*** sei zum Zeitpunkt der Unterfertigung der unwiderruflichen Vollmacht bereit gewesen, jede Vereinbarung zu unterschreiben, die eine lebenslängliche Geschäftsführertätigkeit des Erstbeklagten bei der Firma KKW zum Inhalt gehabt und gesichert hätte. Daß sich der Kläger nur eine Vollmacht habe erteilen lassen, stelle einen vorwerfbaren Fehler dar. Eine Absicherung der Geschäftsführungstätigkeit des Klägers durch eine unwiderrufliche Vollmacht sei nutz- und wertlos. Durch diese Vollmacht habe nicht verhindert werden können, daß die Firma W*** einer Abwahl des Erstbeklagten als Geschäftsführer der Firma KKW zustimmte. Zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung und zum Zeitpunkt des Abschlusses der Rahmenvereinbarung vom 16.April 1985 seien die Firma W*** und die Gesellschafter der Firma KKW bereit gewesen, einen Vertrag zu unterfertigen, der ein Sondergesellschaftsrecht für den Erstbeklagten enthalten hätte, daß dieser lebenslang Geschäftsführer der Firma KKW bleibe und auch lebenslang ein Geschäftsführergehalt beziehe. Der Kläger habe dem Erstbeklagten mit Schreiben vom 8.Jänner 1986 mitgeteilt, daß er sich eines anderen Vollmachtsträgers bedienen müsse. Dies sei dem Erstbeklagten aber nicht mehr möglich gewesen. Die Firma W*** hätte einen anderen Vollmachtsträger als den Kläger nicht akzeptiert. Der Kläger replizierte, zur Generalversammlung, in der der Erstbeklagte als Geschäftsführer der Firma KKW abberufen worden sei, sei der Kläger nicht eingeladen worden. Der Erstbeklagte habe die Möglichkeit gehabt, das Stimmrecht der Firma W*** auf eine andere Person zu übertragen. Er habe dem Kläger auch keinen Auftrag erteilt, das Stimmrecht auszuüben. Der Kläger habe nach Beendigung des Vollmachtsverhältnisses den Erstbeklagten ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß die Vollmacht zur Ausübung des Stimmrechtes der Firma W*** auf einen anderen Vollmachtsträger übertragen werden müsse. Da der Kläger nicht mehr Bevollmächtigter des Erstbeklagten gewesen sei, habe er in der Generalversammlung vom 21. November 1986 das Stimmrecht für die Firma W*** nicht ausüben können. Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung zu Recht, die Gegenforderung der beklagten Partei aber nicht zu Recht bestehen. Die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger den Betrag von S 75.428,75 samt Anhang zu bezahlen. Es sei Sache des Erstbeklagten gewesen, daß er ab Jänner 1986 einen anderen Bevollmächtigten für den Kläger für die Stimmrechtsausübung namhaft machte und in Verhandlungen mit der Firma W*** trete. Nur im Falle des Scheiterns solcher Verhandlungen wäre es Aufgabe des Erstbeklagten gewesen, den Kläger aufzufordern, bei dieser Generalversammlung am 21.November 1986 in Ausübung der ihm erteilten Spezialvollmacht teilzunehmen, um seine Abwahl als Geschäftsführer zu verhindern.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Parteien nicht Folge. Die Revision erklärte es für zulässig. Die Vollmachtskonstruktion sei bei den bei der Firma KKW gegebenen Abstimmungsverhältnissen grundsätzlich in gleicher Weise, wenn nicht besser geeignet gewesen, dem Erstbeklagten die Geschäftsführerposition zu erhalten, als durch ein gesellschaftsrechtliches Sonderrecht, zumal hiedurch eine Abwahl mit Sicherheit zu verhindern gewesen wäre, während bei Einräumung eines gesellschaftsvertraglichen Sonderrechtes auf Geschäftsführung die Möglichkeit der Abberufung des sonderberechtigten Gesellschaftergeschäftsführers ohne seine Zustimmung durch auf wichtige Gründe gestützte Klage offen bliebe. Auch die erstmals in der Berufung relevierte Bindung der Abberufung an wichtige Gründe führe nur zu einer Beschränkung, nicht aber zu einem Ausschluß der Abberufung. Der gleichfalls in der Berufungsschrift erstmals aufgezeigte Weg einer Vereinbarung, die Widerruflichkeit für eine bestimmte Dauer dadurch völlig auszuschließen oder faktisch zu erschweren, daß der Gesellschaftsvertrag für die Abberufung eine erhöhte Beschlußmehrheit vorsehe, sei überhaupt ungangbar, weil eine solche Vereinbarung unwirksam wäre. Es zeige sich also, daß die vom Kläger gewählte Konstruktion als einzige die grundsätzliche Möglichkeit geboten habe, dem Erstbeklagten seine Gesellschaftergeschäftsführerposition in der Firma KKW über den 21. November 1986 hinaus, gegebenenfalls auf Lebenszeit, zu erhalten, während die von den beklagten Parteien relevierten Rechtsinstitute keine derartige Sicherheit geboten hätten. Entgegen der in der Berufung vertretenen Ansicht liege dem Kläger somit kein Kunstfehler zur Last.
Rechtliche Beurteilung
Die ausschließlich den Schadenersatzanspruch des Erstbeklagten wegen Entganges seines Geschäftsführergehaltes ausführende Rechtsrüge der Revision der beklagten Parteien erweist sich als berechtigt.
Das Auftragsverhältnis zwischen den Streitteilen war mit Ablauf des Jahres 1985 beendet. Der Kläger hat den Erstbeklagten auf die Notwendigkeit, einen anderen Treuhänder für die Stimmrechtsabgabe in den Generalversammlungen der Firma KKW zu finden, hingewiesen. Nach Auflösung des Vertrages hätte für den Kläger nur dann noch eine Verpflichtung, das Geschäft fortzusetzen, bestanden, wenn es keinen Aufschub gelitten hätte. Eine solche Verpflichtung bestand aber nur für einen begrenzten Zeitraum, bis der Geschäftsherr eine andere Verfügung getroffen hat oder sie füglich hätte treffen können (§ 1025 ABGB; JBl. 1953, 417; 6 Ob 511/79 ua; Apathy in Schwimann, ABGB, Rz 2 zu § 1025; Strasser in Rummel, ABGB, Rz 40 zu §§ 1020 bis 1026). Zwischen der Auflösung des Auftrags- und Treuhandverhältnisses und der Generalversammlung, in der der Erstbeklagte als Geschäftsführer der Firma KKW abberufen worden war, lagen mehr als zehn Monate, eine Zeit, in der vom Erstbeklagten sehr wohl hätte erwartet werden können, daß er ein anderes Treuhandverhältnis begründete, umso mehr, als ihm die entscheidenden Umstände vom Kläger bereits im Jänner 1986 mitgeteilt worden waren. Damit sind aber einerseits ein dem Kläger in der Revision erneut vorgeworfenes Verschulden an der Nichtteilnahme an der Generalversammlung der Firma KKW vom 21.November 1986 wie auch die Erwägung des Erstgerichtes abzulehnen, der Erstbeklagte hätte den Schadenseintritt dadurch verhindern können, daß er den Kläger aufgefordert hätte, an dieser Generalversammlung teilzunehmen. Der Revision ist aber darin beizupflichten, daß entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes die vom Erstbeklagten angestrebte Absicherung seiner Funktion als Geschäftsführer der Firma KKW durch die Einräumung eines Sonderrechtes, zu der nach seinen Behauptungen die anderen Gesellschafter der Firma KKW bereit gewesen wären, eher hätte erreicht werden können als durch die Erteilung einer unwiderruflichen Vollmacht durch einen Gesellschafter an den Kläger. Sonderrechte sind Vorrechte einzelner Gesellschafter vor den übrigen, die ihnen ohne ihre Zustimmung nicht entzogen werden können; die Funktion des Geschäftsführers kann gesellschaftlich im Gesellschaftsvertrag als Sonderrecht eingeräumt werden (SZ 47/70;
SZ 28/71; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 156, 428 f; Ostheim in GesRZ 1975, 78 ff; vgl. Schneider in Scholz, GmbHG7 Rz 41 zu § 38, Rz 30 zu § 6; Mertens in Hachenburg, GmbHG7, Rz 12 zu § 18;
Baumbach-Hueck, GmbHG15 Rz 47 zu § 3, Rz 15 zu § 6). Wäre dem Erstbeklagten die Geschäftsführung der Firma KKW auf Grund eines gesellschaftsvertraglichen Sonderrechtes eingeräumt worden, hätte ohne seine Zustimmung (§ 50 Abs. 4 GmbHG) ein mängelfreier Abberufungsbeschluß nicht gefaßt werden können. Eine Abberufung wäre nur unter sinngemäßer Anwendung der §§ 117, 127 HGB durch Abberufungsklage nach § 16 Abs. 2 GmbHG möglich gewesen. Daß solche wichtigen Gründe für die Abberufung des Erstbeklagten bei der Beschlußfassung in der Generalversammlung vom 21.November 1986 vorgelegen wären, ist nicht aktenkundig. Die Abberufung setzte auch die Rechtskraft des Abberufungsurteils voraus (Reich-Rohrwig aaO 156), welche für den Zeitraum, für den der Erstbeklagte den Entgang seines Geschäftsführergehaltes als Schadenersatzanspruch geltend macht, wohl kaum anzunehmen gewesen wäre. Ob eine unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht überhaupt - ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter - zulässig wäre (Reich-Rohrwig aaO 343; Baumann-Hueck aaO Rz 36 zu § 47 mwN), kann dahingestellt bleiben. Auf keinen Fall hätte die erteilte Vollmacht den Vollmachtgeber daran gehindert, selbst an der Abstimmung in der Generalversammlung teilzunehmen. Eine im Außenverhältnis verdrängende Vollmacht wird allgemein als unzulässig angesehen (Koppensteiner in Rowedder, GmbHG, Rz 44 zu § 47; Baumbach-Hueck aaO; Karsten Schmidt in Scholz aaO Rz 82 zu § 47).
Sollte dem Erstbeklagten daraus ein Schaden entstanden sein, wäre das Verschulden des Klägers für die unrichtige Wahl der Absicherung der Geschäftsführerposition des Erstbeklagten zu bejahen. Der Kläger war als Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB. Für die Haftung des Sachverständigen ist der Sorgfaltsmaßstab gegenüber der allgemeinen Regel des § 1297 ABGB verschärft: Während sonst auf den gewöhnlichen Grad der Aufmerksamkeit und des Fleißes abzustellen ist, ist nach § 1299 ABGB der für die übernommene Tätigkeit notwendige Grad des Fleißes entscheidend. Maßgeblich ist dann die übliche Sorgfalt jener Personen, die derartige Tätigkeiten ausüben. Während bei der Prüfung der Frage, ob sonst jemandem ein Schuldvorwurf gemacht werden könnte, es auf die subjektiven Fähigkeiten und Kenntnisse ankommt, führt § 1299 ABGB für die von einem Sachverständigen geforderten Fähigkeiten und Kenntnisse einen objektiven Maßstab ein. Einem Sachverständigen ist daher auch dann ein Schuldvorwurf zu machen, wenn es ihm an den erforderlichen Fähigkeiten mangelte. Der Kläger kann sich nicht mit der Behauptung entlasten, ihm hätten die zur Ausführung des Geschäftes erforderlichen Eigenschaften gefehlt. Mangelte es ihm daran, hätte er den Auftrag des Erstbeklagten, er solle seine Position als Geschäftsführer der Firma KKW auf Lebenszeit absichern, nicht übernehmen dürfen (SZ 49/47; Reischauer in Rummel, ABGB Rz 5 zu § 1299; Harrer in Schwimann, ABGB, Rz 2 zu § 1299; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 183). Der Sorgfaltsmaßstab wird durch die typischen und demnach objektiv bestimmten Fähigkeiten eines Angehörigen des betreffenden Verkehrskreises bestimmt. Entscheidend ist der Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe. Für den Sachverständigen ist der Kunstfehler ein gewöhnliches Versehen (SZ 57/140 mwN uva). Da die Vorinstanzen, ausgehend von einer Rechtsansicht die vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligt wird die zur Beurteilung, ob ein Schadenersatzanspruch des Erstbeklagten wegen Verlustes seiner Stellung als Geschäftsführer der Firma KKW zu Recht bestehe, notwendigen Feststellungen nicht trafen, sind die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Im fortgesetzten Verfahren wird daher entsprechend dem Vorbringen des Erstbeklagten in erster Instanz zu prüfen sein, ob die Gesellschafter der Firma KKW bereit gewesen wären, dem Erstbeklagten ein gesellschaftsrechtliches Sonderrecht auf lebenslange Geschäftsführung einzuräumen, bejahendenfalls warum es entgegen den Absichtserklärungen im Rahmenvertrag zu der vom Kläger gefundenen Lösung der Absicherung der Geschäftsführerposition des Erstbeklagten gekommen ist, ob und welche Erklärungen der Kläger für diese Lösung dem Erstbeklagten gegenüber abgab, ob sich der Erstbeklagte allenfalls auf Grund dieser Aufklärung aller Konsequenzen bewußt war und ob nach Beendigung des Auftragsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Erstbeklagten die Firma W*** zur Bevollmächtigung einer anderen Person für die Stimmrechtsabgabe bei Generalversammlungen eingeschränkt auf die Abberufung des Erstbeklagten als Geschäftsführer, nicht mehr bereit gewesen wäre.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.
Anmerkung
E17671European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00529.89.0426.000Dokumentnummer
JJT_19890426_OGH0002_0010OB00529_8900000_000