TE OGH 1989/4/27 13Os35/89

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Veröffentlicht am 27.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.April 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lässig als Schriftführers in der Strafsache gegen Eva Maria B*** wegen des Verbrechens nach §§ 127 ff. StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 10.Februar 1989, GZ. 5 c Vr 5.971/88-32, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Wasserbauer, der Angeklagten und des Verteidigers Dr. Weber zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Eva Maria B*** wird nach § 128 Abs. 2 StGB. unter Anwendung des § 5 Z. 4 JGG. 1988 sowie unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB. auf die Urteile des Strafbezirksgerichts Wien vom 6.April 1988, AZ. 7 U 2025/88, und des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 27. Juli 1988, AZ. 7 b EVr 13.834/87, zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe von zehn Monaten und zwei Wochen verurteilt. Gemäß § 43 StGB. wird die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 38 StGB. wird die Vorhaft vom 12.Jänner 1989, 21,15 Uhr, bis 10.Februar 1989, 11,45 Uhr, auf die Strafe angerechnet. Gemäß § 390 a StPO. fallen der Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die am 22.Juni 1969 geborene, zuletzt beschäftigungslose Eva Maria B*** wurde des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nch §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Z. 2 StGB. schuldig erkannt. Darnach hat sie zwischen dem 13.September 1987 und dem 28. September 1987 in Wien dem Wolfgang S*** Barbeträge von 70.000 sfr und 10.000 DM durch Öffnung eines Safes mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel (I) sowie drei Flaschen Hochriegelsekt und eine Flasche Champagner (II) gestohlen. Sie wurde hiefür nach § 128 Abs. 2 StGB. unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB. auf die Urteile des Strafbezirksgerichts Wien vom 6.April 1988, AZ 7 U 2025/88, und des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 27. Juli 1988, AZ 7 b EVr 13.834/87, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Gemäß § 43 a Abs. 3 StGB. sah das Schöffengericht einen Teil der verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von 11 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach.

Den Strafausspruch ficht die Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde mit der zutreffenden Behauptung an, bei der Strafbemessung sei die Vorschrift des § 5 (ergänze: Z. 4) JGG. 1988 nicht angewendet und darum zu Unrecht von der Strafdrohung des § 128 Abs. 2 StGB. ausgegangen worden.

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagte hatte zu den Tatzeitpunkten das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet; die ihr angelasteten Tathandlungen sind daher gemäß dem am 1.Jänner 1988 in Kraft getretenen Jugendgerichtsgesetz 1988 als Jugendstraftaten (§ 1 Z. 3 JGG. 1988) zu beurteilen, was freilich auch das Erstgericht erkannt hat (S. 140 oben). Es hat aber bei der Strafbemessung die die Obergrenze des Strafrahmens des § 128 Abs. 2 StGB. auf die Hälfte reduzierende und eine Mindeststrafdrohung beseitigende Bestimmung des § 5 Z. 4 JGG. nicht angewendet. Damit hat das Gericht ungeachtet dessen, daß die verhängte Freiheitsstrafe auch bei Zugrundelegung der richtigen Strafdrohung zulässig gewesen wäre (LSK 1977/357), die Grenzen der gesetzlichen Strafbefugnis überschritten (EvBl. 1976/189, 1977/63 u.a.). Die gerügte Nichtigkeit des Strafausspruchs (Z. 11) ist gegeben, weshalb in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil im Strafausspruch aufzuheben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. sogleich eine Strafneubemessung auf der Grundlage des § 128 Abs. 2 StGB. und des § 5 Z. 4 JGG. 1988 vorzunehmen war, womit sich eine Strafdrohung (ohne Untergrenze) bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe ergibt.

Dabei wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die wenigstens zwei diebischen Zugriffe (Safe und Flaschen), das Zusammentreffen von Diebstahl mit Sachbeschädigung und die zweifache Qualifikation des Diebstahls zum Verbrechen, als mildernd das Geständnis und die Unbescholtenheit.

Bei Bedacht auf die Straftaten, die der Angeklagten in den Verfahren 7 U 2025/88 des Strafbezirksgerichts Wien und 7 b EVr 13.834/87 des Landesgerichts für Strafsachen Wien zur Last lagen, wäre bei gemeinsamer Aburteilung aller Fakten eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten tätergerecht und schuldangemessen gewesen. Da über die Angeklagte in den früheren Verfahren eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, sowie eine (bedingt nachgesehene) Freiheitsstrafe von vier Monaten verhängt wurden, war die hier auszusprechende Zusatzstrafe gemäß § 40 StGB. mit zehn Monaten und zwei Wochen auszumessen.

Die Angeklagte ist unbescholten, zeigte sich schuldeinsichtig und verspürte im gegenständlichen Verfahren das Übel eines Freiheitsentzuges infolge einer nahezu zwei Monate langen Anhaltung in Untersuchungshaft. Diese Umstände begründen die Annahme, daß die bloße Androhung der Vollziehung der Strafe ausreichen werde, um Eva Maria B*** von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.

Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die Aussprüche über die Ersatzpflicht (§§ 366 Abs. 2, 369 Abs. 1 StPO.) und über die Verfahrenskosten erster Instanz (§ 389 StPO.) blieben unberührt. Über die Anrechnung der nach dem Urteil erster Instanz von der Angeklagten erlittenen Untersuchungshaft wird gemäß § 400 Abs. 1 StPO. der Vorsitzende des Schöffengerichts zu entscheiden haben.

Anmerkung

E17151

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0130OS00035.89.0427.000

Dokumentnummer

JJT_19890427_OGH0002_0130OS00035_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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