TE OGH 1989/4/27 8Ob29/88

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Veröffentlicht am 27.04.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter im Konkurs über das Vermögen der prot. Firma S*** ST.A***

Gesellschaft mbH & Co KG, 6580 St.Anton am Arlberg, infolge Revisionsrekurses des Masseverwalters Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 21.Juni 1988, GZ 1 R 192/88-99, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 3.Mai 1988, GZ S 56/82-96, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Revisionsrekurskosten werden nicht zuerkannt.

Die Revisionsrekursbeantwortung der T*** G***

reg.Gen.mbH wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die der Gemeinschuldnerin gehörige Liegenschaft EZ 76 II KG St.Anton am Arlberg mit dem darauf befindlichen S*** ST.A*** samt Nebenanlagen wurde mit konkursgerichtlicher Genehmigung am 9.12.1982 im Zwangsversteigerungsverfahren E 12/81 des Bezirksgerichtes Landeck versteigert und der D***-B*** E*** GesmbH zum Meistbot von 27,1 Millionen Schilling zugeschlagen. Aus diesem Meistbotsbetrag wurde vom Masseverwalter vorweg die 18 %-ige Umsatzsteuer aus den bei der Versteigerung mit dem Hotel von der Ersteherin miterworbenen beweglichen Wirtschaftsgütern im Wert von S 9,993.220,34, damit der Betrag von S 1,798.779,66, als Sondermassekosten beansprucht. Im Meistbotsverteilungsverfahren zu E 12/81 des Bezirksgerichtes Landeck wurde diesem Begehren des Masseverwalters gegen den Widerspruch der Absonderungsberechtigten T***

G*** reg.Gen.mbH vom Landesgericht Innsbruck als

Rekursgericht (mit Beschluß vom 2.3.1984, GZ 3 R 865/83) entsprochen. In dieser Entscheidung wurde der Masseverwalter als "Lieferant" der der Ersteherin übertragenen Liegenschaft samt Zubehör auf Grund der in der Meistbotsverteilungstagsatzung gelegten Gutschrift über den genannten Umsatzsteuerbetrag, dem er als Empfänger der Gutschrift nicht widersprochen habe, und als zur Zahlung dieser Steuerschuld verpflichteter Schuldner beurteilt, so daß ihm dieser Betrag als Vorzugspost zur Abführung an die Abgabenbehörde zugewiesen wurde.

In der vom Erstgericht durchgeführten Schlußrechnungs- und Verteilungstagsatzung vom 18.4.1988 brachte die bei der genannten Liegenschaftsversteigerung nicht voll gedeckte Absonderungsgläubigerin T*** G*** reg.Gen.mbH

vor, daß die auf die beweglichen Wirtschaftsgüter der versteigerten Hotelliegenschaft entfallende Umsatzsteuer im Rahmen der Verteilung des Meistbotes keine Vorzugspost gemäß § 216 EO dargestellt habe. Sie beantragte daher, in Abänderung des vom Masseverwalter vorgelegten Verteilungsentwurfes diesen Betrag samt Fruktifikationszinsen von S 210.679,76 als Masseforderung an sie zuzuweisen.

Das Erstgericht genehmigte mit Beschluß vom 3.5.1988 (ON 96) die vom Masseverwalter gelegte Schlußrechnung und den berichtigten Verteilungsentwurf gemäß den §§ 122, 130 KO. Es führte zur einzig umstrittenen Position der Umsatzsteuergutschrift von S 1,798.779,66 aus, die Frage, ob der Masseverwalter die aus dem Versteigerungserlös errechnete Umsatzsteuer als Vorzugspost vor der Befriedigung der Absonderungsgläubiger geltend machen könne, hänge davon ab, ob ein Erwerb im Rahmen einer Zwangsversteigerung zwischen der verpflichteten Partei und dem Ersteher einen umsatzsteuerbaren Vorgang bewirke. Diese Frage sei nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten zu lösen und für die mitversteigerten beweglichen Wirtschaftsgüter zu bejahen. Offenbar zur Bewerkstelligung eines Vorsteuerabzugs habe die Ersteherin der Liegenschaft dem Masseverwalter eine Gutschrift gemäß § 11 Abs 7 UStG ausgestellt, welche dieser in der Meistbotsverteilungstagsatzung gelegt habe, womit die Wirkungen einer Rechnung gemäß § 11 Abs 1 UStG entfaltet worden seien. In Höhe des darin ausgewiesenen vorliegenden Umsatzsteuerbetrages sei demnach eine Steuerschuld entstanden, zu deren Abführung der Masseverwalter als Vertreter der Gemeinschuldnerin verpflichtet sei. Nach ständiger abgabenbehördlicher "Rechtsprechung" sei das im Rahmen einer Liegenschaftsversteigerung zugeschlagene Inventar steuerrechtlich nicht als Zubehör der Liegenschaft, sondern als "Vorrichtungen" im Sinne des "§ 2 Abs 1 Z 1 GrEStG zu behandeln, so daß die Befreiung von der Umsatzsteuer gemäß § 6 Z 9 a UStG nicht Platz greife. In Stattgebung des dagegen von der T*** G***

reg.Gen.mbH erhobenen Rekurses hob das Gericht zweiter Instanz mit der angefochtenen Entscheidung den Beschluß des Erstgerichtes unter Bewertung des Beschwerdegegenstandes über S 300.000 und Rechtskraftvorbehalt auf. Die Ansicht des Erstgerichtes, daß der Masseverwalter den ihm zugewiesenen Umsatzsteuerbetrag für die von der Ersteherin miterworbenen beweglichen Wirtschaftsgüter als Vorzugspost vor der Befriedigung der Absonderungsgläubiger geltend machen habe können, sei zwar zu billigen. Den Konkursakten sei allerdings nicht zu entnehmen, daß die Finanzbehörde diesen Betrag als Umsatzsteuer für den Verkauf (gemeint die Versteigerung) der beweglichen Wirtschaftsgüter rechtskräftig vorgeschrieben habe. Solange dies nicht feststehe, sei die Konkursmasse zumindest noch nicht zur Schlußverteilung reif. Es könne nämlich nicht gesagt werden, daß das gesamte versteigerte bewegliche Wirtschaftsgut im Betrag von S 9,993.220,34 nicht als (umsatzsteuerfreies) Liegenschaftszubehör anzusehen sei, sondern unter den Begriff der "Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören" im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 GrEStG falle, daher nicht zum Grundstück gerechnet werden könne und nach umsatzsteuerrechtlichen Gesichtspunkten zu behandeln sei. Solches könne auch nicht unter Berufung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 19.12.1974 (Slg 4.774/F) gesagt werden, weil auch dort auf die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles Bedacht genommen worden sei und die dortige Hoteleinrichtung auf einen ganz bestimmten Charakter des Hotelbetriebes abgestellt gewesen sei. Diese Gesichtspunkte müßten aber nicht unbedingt auch im vorliegenden Fall zum Tragen kommen. Vor einer rechtskräftigen Feststellung der Höhe der Umsatzsteuerpflicht aus dem Verkauf (der Versteigerung) des Inventars durch die Finanzbehörde sei es also nicht möglich, die Schlußverteilung durchzuführen. Im übrigen sei die von der T*** G*** reg.Gen.mbH geltend

gemachte Forderung (auf den Geldwert dieses Umsatzsteuerbetrages) nicht als Masseforderung im Sinne des § 46 KO (aF) zu qualifizieren, vielmehr handle es sich dabei um eine Forderung eines Absonderungsgläubigers, der im Zuge der Verwertung der Sondermasse nicht volle Deckung gefunden habe und daher nur mit dem Ausfall an der allgemeinen Konkursmasse zu beteiligen sei (§§ 48 Abs 3, 50 KO). Bei der vorliegenden Umsatzsteuer habe es sich um Kosten der Verwertung der Sondermasse gehandelt, die gemäß § 49 Abs 1 KO vor den Absonderungsgläubigern zu berichtigen seien.

Der gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes vom Masseverwalter erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt. Da es sich dabei um kein zweiseitiges Rechtsmittel handelt, ist der als Revisionsrekursbeantwortung bezeichnete Schriftsatz der T*** G*** reg.Gen.mbH jedenfalls unzulässig und

zurückzuweisen. Gemäß § 173 Abs 1 KO hat der Masseverwalter ohne Rücksicht auf den Erfolg seines Rechtsmittels dessen Kosten selbst zu tragen.

Rechtliche Beurteilung

Der steuerrechtlichen Beurteilung der vorliegenden Sache durch beide Vorinstanzen ist unter Hinweis auf die Darlegungen in der

mehrfach zitierten Entscheidung SZ 52/101 (= EvBl 1980/12

= AnwBl 1980, 79) zuzustimmen. Danach ist der Masseverwalter als

Vertreter der Gemeinschuldnerin (zugleich der verpflichteten Partei im Zwangsversteigerungsverfahren) als "Lieferant" im Sinn des § 11 UStG anzusehen, während die Ersteherin als "Empfängerin" der Leistung (der versteigerten Liegenschaft samt Zubehör) zu behandeln ist. Zwischen diesen beiden Personen fand daher ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang statt, der grundsätzlich auch im Zusammenhang mit der von der Ersteherin dem Masseverwalter erteilten und von diesem in der Meistbotsverteilungstagsatzung vorgelegten Gutschrift eine Umsatzsteuerschuld des Masseverwalters bewirken kann, die als Posten der Sondermassekosten gemäß § 49 Abs 1 KO im Zusammenhang mit der Verwertung der Sondermasse Vorrecht genießt. Im Revisionsrekurs des Masseverwalters, der in der Sache entgegen seinem Verteilungsentwurf vorträgt, werden aber gerade die vom Rekursgericht gehegten Zweifel gegen die Höhe des der Umsatzsteuerberechnung zugrunde zu legenden Wertes der beweglichen Inventargüter und gegen deren Anerkennungsfähigkeit als Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 GrEStG nur noch genährt. Wenngleich daher das im Stadium der Schlußverteilung befindliche Konkursverfahren nicht etwa im Sinne der §§ 190 Abs 1 ZPO, 172 KO bis zur rechtskräftigen Erledigung eines noch nicht anhängigen Verwaltungsverfahrens, das schließlich die wahre Höhe des Umsatzsteuerbetrages ergeben soll, unterbrochen werden kann (SZ 35/50; RZ 1986/1 uam), erweist sich doch das Verfahren in erster Instanz als ergänzungsbedürftig, um abschließend die gerichtlich zu lösende Vorfrage beurteilen zu können, mit welchen Positionen des beweglichen Inventars und in welcher Höhe bei der vorgenommenen Zwangsversteigerung umsatzsteuerpflichtige Gegenstände vom Masseverwalter als "Lieferanten" an die Ersteherin als "Empfängerin" geliefert oder jedenfalls verrechnet wurden. Erst nach einer in diesem Sinne erfolgten Verfahrensergänzung wird sodann über die Schlußverteilung im vorliegenden Konkurs entschieden werden können.

Anmerkung

E17400

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00029.88.0427.000

Dokumentnummer

JJT_19890427_OGH0002_0080OB00029_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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