Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei und widerbeklagten Partei Erika Johanna H***, geboren am 6. Februar 1941 in Birkfeld, Hausfrau, 8190 Birkfeld 115, vertreten durch Dr. Frowin Kaar, Dr. Lore Unterkircher-Kaar, Rechtsanwälte in Weiz, wider die beklagte und widerklagende Partei Hermann Rupert H***, geboren am 22. Dezember 1939 in Höfling, Werkmeister, Sturmberg 98, 8160 Weiz, vertreten durch Dr. Gerald Weidacher, Rechtsanwalt in Gleisdorf, wegen Ehescheidung, infolge Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 15. Februar 1989, GZ 1 R 482, 484/88-32, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Weiz vom 25. August 1988, GZ 1 C 45/87-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende und widerbeklagte Partei ist schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei die mit S 6.172,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.028,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile haben am 5. August 1961 die beiderseits erste Ehe geschlossen, der die Kinder Jörg, geboren am 21. März 1962, und Gerd, geboren am 6. Februar 1970, entstammen. Die am 2. März 1959 geborene Cornelia wurde durch die Eheschließung legitimiert. Die Klägerin und Widerbeklagte (in der Folge: Klägerin) begehrte die Scheidung der Ehe im wesentlichen mit der Begründung, der Beklagte und Widerkläger (in der Folge: Beklagter) habe sie seit mehr als 20 Jahre beschimpft und mißhandelt. Ein Zusammenleben mit ihm sei nicht möglich gewesen. Der Beklagte sei auch seiner Unterhaltspflicht nicht nachgekommen.
Der Beklagte führte zur Begründung seines Mitschuldantrages und seiner Widerklage zusammengefaßt insbesondere aus, die Klägerin habe sich geweigert, zu ihm in das als Ehewohnung angeschaffte Haus zu ziehen. Sie habe den Beklagten verlassen, einen eigenen Wohnsitz genommen und unterhalte ehewidrige und ehebrecherische Beziehungen zu anderen Männern.
Das Erstgericht schied die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden der Klägerin gemäß den §§ 47 und 49 EheG. Es lastete der Klägerin insbesondere an, sich ohne gerechtfertigte Gründe geweigert zu haben, zum Beklagten zu ziehen, was das auslösende Moment für die Entfremdung der Streitteile gewesen sei. Weiters machte das Erstgericht der Klägerin ehewidrige Beziehungen und Ehebruch zum Vorwurf, die allerdings erst nach einer weitgehenden Zerrüttung der Ehe begangen worden seien. Eheverfehlungen des Beklagten erblickte das Erstgericht darin, daß sein Interesse an der Beklagten abkühlte, er sie während ihrer mehrmonatigen Spitalsaufenthalte kaum besuchte und schließlich die Unterhaltszahlungen einstellte. Beide Parteien fochten das Ersturteil mit Berufung an. Die Klägerin bekämpfte in ihrer Berufung die Feststellungen über die ihr angelasteten ehewidrigen und ehebrecherischen Beziehungen zu anderen Männern und führte zum Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung folgendes aus:
Da der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt, soweit er mich belastet, nicht als erwiesen angenommen werden kann, ist die Rechtsansicht des angefochtenen Urteiles verfehlt, die Scheidung meiner Ehe mit dem Beklagten und Widerkläger aus meinem überwiegenden Verschulden ausgesprochen zu haben."
Das Berufungsgericht gab beiden Berufungen nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, erachtete auch die Rechtsrügen als nicht berechtigt und billigte die Scheidung der Ehe aus dem überwiegenden Verschulden der Klägerin.
Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision, macht den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Ehe aus beiderseitigem gleichteiligen Verschulden geschieden werde.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung kann der Revisionswerber, hat er seine Berufung nicht auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützt, die von ihm versäumte Rechtsrüge in der Revision nicht mehr nachtragen. Dies gilt auch für das Eheverfahren (EFSlg 55.114 mwN). In der Berufung hat die Klägerin den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zwar angeführt, die Ausführung entsprach jedoch nicht dem Gesetz, weil die Klägerin hiebei nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgegangen war, sondern davon, daß die sie belastenden Feststellungen unrichtig seien. Auf die in der Revision allein geltend gemachte Rechtsrüge kann daher nicht eingegangen werden. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß das Berufungsgericht, obwohl der Beklagte in seiner Berufungsbeantwortung auf die nicht gesetzmäßige Ausführung der Rechtsrüge hingewiesen hatte, die Rechtsrüge der Klägerin materiell behandelt hat.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E17357European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00570.89.0427.000Dokumentnummer
JJT_19890427_OGH0002_0060OB00570_8900000_000