Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnungseigentumssache des antragstellenden Verwalters G*** Handelsgesellschaft m.b.H., Karl Renner-Straße 7, 4040 Linz, vertreten durch Dr. Thomas Langer, Rechtsanwalt in Linz, wider die Antragsgegnerin "N*** H***" Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft in Oberösterreich Gesellschaft m.b.H., Gärtnerstraße 9, 4021 Linz, vertreten durch Dr. Ulf Gastgeb, Rechtsanwalt in Linz, wegen Herausgabe des Überschusses von S 141.710,19 sA an Rücklage, infolge Rekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 21. Feber 1989, GZ 18 R 787/88-11, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Urfahr-Umgebung vom 19.August 1988, GZ Msch 9/88-7, aufgehoben und der Antrag zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung hat jede Partei selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Seit dem 1.Jänner 1988 ist anstelle der Antragsgegnerin die Antragstellerin Verwalter der im Wohnungseigentum stehenden Anlage Gartenstadtstraße/Schallenbergerweg in 4040 Puchenau mit Reihenhäusern und Eigentumswohnungen.
Am 26.April 1988 beantragte die neue Verwalterin im Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 4 lit c WEG, der Gegnerin die Herausgabe des aus der Rechnung über die Rücklage festgestellten Überschusses aufzutragen, weil seit der Beendigung der Verwaltung durch die Gegnerin schon fast vier Monate verstrichen seien.
Die Antragsgegnerin behauptete, sie habe der Antragstellerin schon S 275.000,-- übergeben. Die Abrechnung über das Instandhaltungskonto ergebe aber nur ein Guthaben von S 214.915,23, so daß ihr ein Rückforderungsanspruch von S 60.084,77 zustehe. Das Erstgericht verpflichtete mit seinem Sachbeschluß die Antragsgegnerin zur Zahlung der Rücklage von S 141.710,19 sA an die Antragstellerin, weil die von der früheren Verwalterin vorgenommene Neuaufrollung für die Zeit vom 1.September 1977 bis 31.Dezember 1986 unzulässig und daher vom Ergebnis der Abrechnung zum 31. Dezember 1987 auszugehen sei, die eine Rücklage von S 416.710,19 ausweise.
Das Rekursgericht hat infolge des Rekurses der Antragsgegnerin den Sachbeschluß des Erstgerichtes aufgehoben, den Antrag der neuen Verwalterin zurückgewiesen und den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig erklärt. Es vertrat die Rechtsansicht, daß dem neuen Verwalter keine Legitimation zur Antragstellung auf Herausgabe des Überschusses an der zur Vorsorge für künftige Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten gebildeten Rücklage zukomme. Dazu fehle eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich die neue Verwalterin mit ihrem zugelassenen Rekurs, der auf Behebung des Zurückweisungsbeschlusses und den Auftrag an das Rekursgericht zur Sachentscheidung abzielt. Die Rechtsmittelwerberin beharrt darauf, daß ihr als Verwalter nach dem WEG die Antragslegitimation und die Parteistellung zukomme.
Die Gegnerin beantragte, dem Rekurs nicht Folge zu geben (§ 26 Abs 2 WEG; § 37 Abs 3 Z 16 MRG; § 521 a Abs 1 Z 3 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist unberechtigt.
Die Zulässigkeit des Rechtsmittels ergibt sich aus § 26 Abs 2 WEG und § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 528 Abs 2 ZPO und § 502 Abs 4 Z 1 ZPO, weil der zu beurteilenden Rechtsfrage, ob auch der neue Verwalter nach § 17 Abs 1 WEG im eigenen Namen vom früheren Verwalter die Herausgabe des Rücklagenüberschusses durchsetzen kann, erhebliche Bedeutung zukommt. Der Ansicht, zur Antragstellung nach § 26 Abs 1 Z 4 lit c WEG auf Herausgabe des Überschusses sei neben jedem Miteigentümer auch der neue Verwalter legitimiert (Faistenberger-Barta-Call, WEG 1975, 425), stehen die Meinungen gegenüber, der Anspruch auf Herausgabe und Feststellung des Überschusses an Rücklage sei eine Angelegenheit der Mehrheit und vom neuen Verwalter als Vertreter der Miteigentümer geltend zu machen (Meinhart, WEG 1975, 158), und der Antrag auf Herausgabe des Überschusses stehe nicht dem neuen Verwalter zu, der überhaupt keine Parteistellung genieße (Würth, Weitere Gedanken zur Rechtsprechung und Lehre zum WEG 1975, ImmZ 1980, 150); es erscheine wohl möglich, daß der neue Verwalter als Vertreter der Mit- und Wohnungseigentümer den Herausgabeanspruch geltend mache, es sei dies aber nicht notwendig; es stehe vielmehr jedem Miteigentümer frei, bei Gericht den Antrag zu stellen, den enthobenen Verwalter zu verhalten, den Überschuß an den neuen Verwalter herauszugeben (Würth, aaO, FN 32). Soweit überblickbar hatte der Oberste Gerichtshof bisher diese Rechtsfrage noch nicht zu lösen (in den bisher zu § 16 Abs 3 WEG bzw. § 26 Abs 1 Z 4 lit c WEG ergangenen Entscheidungen waren jeweils Wohnungseigentümer als Antragsteller eingeschritten). Nach § 16 Abs 3 WEG hat der Verwalter ohne Verzug über die Rücklage, die als Vorsorge für künftige Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten dient und als gebundenes Vermögen der jeweiligen Miteigentümer zu verwalten und gesondert zu verwahren ist und nur zur Deckung der Kosten von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten verwendet werden darf, Rechnung zu legen und den Überschuß an den neuen Verwalter herauszugeben, wenn eine Verwaltung beendet wird. Bei Enthebung des Verwalters durch das Gericht ist ihm aufzutragen, den festgestellten Überschuß binnen vierzehn Tagen bei Zwangsvollstreckung an den neuen Verwalter herauszugeben. Über die Anträge auf Abrechnung oder Herausgabe des Überschusses nach § 16 Abs 3 WEG hat das Gericht im besonderen Außerstreitverfahren zu entscheiden (§ 26 Abs 1 Z 4 lit c WEG). Aus der Vorschrift des § 26 Abs 2 Z 4 WEG, wonach in den Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 4 WEG auch dem Verwalter Parteistellung zukommt, läßt sich für den Standpunkt der Rekurswerberin nichts gewinnen. Gemeint ist damit zweifellos der Verwalter des Wohnungseigentumsobjektes, der Rechnung oder Vorausschau legen soll (§ 26 Abs 1 Z 4 lit a WEG und § 17 Abs 2 Z 1 und Z 2 WEG), über dessen Abberufung erkannt werden soll (§ 26 Abs 1 Z 4 lit b WEG und § 18 WEG) oder dem die Abrechnung der Rücklage oder die Herausgabe des Überschusses aufgetragen werden soll (§ 26 Abs 1 Z 4 lit c WEG und § 16 Abs 3 WEG) und dessen eigene Rechtssphäre damit berührt wird.
Daß zum Antrag auch der neue Verwalter berechtigt ist, läßt sich aus § 26 Abs 2 Z 4 WEG nicht ableiten.
Nach dem Wortlaut des § 16 Abs 3 WEG könnte der Auftrag zur Herausgabe des festgestellten Überschusses an Rücklage überhaupt nur dem vom Gericht enthobenen Verwalter erteilt werden. Nach § 26 Abs 1 Z 4 lit c WEG ist aber die Geltendmachung des Anspruches auf Abrechnung der Rücklage und Herausgabe des Überschusses, der den Wohnungseigentümern zusteht, insgesamt in das außerstreitige Verfahren nach § 26 WEG verwiesen, also auch für den Fall eines sonstigen Wechsels in der Verwaltung.
Zur Frage, wann der Verwalter nach § 17 Abs 1 WEG als direkter Stellvertreter aufzutreten hat, besteht eine gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dahin, daß der Verwalter als direkter Stellvertreter einzuschreiten hat, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Ganzes kraft ihrer Sachlegitimation als Hauseigentümer Dritten gegenüber steht, und daß dem Verwalter ein Auftreten im eigenen Namen nur bei Durchsetzung der Interessen der Wohnungseigentümer gegen andere Mitglieder der Gemeinschaft ermöglicht wird (ImmZ 1979, 139 = MietSlg 31.525/16; MietSlg 34.541; SZ 57/101 ua). Grundsätzlich ist der Verwalter direkter Stellvertreter und hat daher nicht im eigenen Namen sondern kraft der Vollmacht der Wohnungseigentümer aufzutreten (Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 837; ImmZ 1979, 139 = MietSlg 31.525 = EvBl 1979/133 ua). Es ist daher der Ansicht von Würth (ImmZ 1980, 150) beizutreten, daß der neue Verwalter jedenfalls nicht im eigenen Namen die Herausgabe der bei seinem Vorgänger angesammelten Rücklage verlangen kann, weil insoweit die Gesamtheit der Mit- und Wohnungseigentümer einem Dritten gegenübersteht, nämlich dem früheren Verwalter, dessen Verwaltungstätigkeit wirksam beendet wurde. Daß der neue Verwalter bei entsprechender Vollmacht namens der Wohnungseigentümer auf Herausgabe des Rücklagenüberschusses dringen kann, wie Meinhart (WEG 1975, 158) meint und Würth (ImmZ 1980, 150 in FN 32) billigt, könnte allenfalls zur Richtigstellung der Parteibezeichnung führen (vgl. ImmZ 1979, 139), wenn der Verwalter nur als Machthaber der Wohnungseigentümer - er vertritt dabei grundsätzlich auch dann alle Miteigentümer, wenn er nur von der Mehrheit bestellt ist (Würth in Rummel, ABGB, RZ 3 zu § 17 WEG) - eingeschritten wäre. Im eigenen Namen tritt er nämlich nur einzelnen Miteigentümern gegenüber auf (Würth in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 17 WEG). Da die Antragstellerin aber auch in ihrem Rekurs weiter daran festhält, sie sei nach den §§ 16, 17 und 26 WEG zur Stellung des Antrages legitimiert und nur meint, es mache letztlich keinen Unterschied, ob die Herausgabe des Überschusses an sie auf Antrag einzelner oder aller Wohnungseigentümer aufgetragen werde oder ob sie den Antrag stellen könne, stellt sie sich selbst einer Richtigstellung der Parteibezeichnung unter Offenlegung der direkten Stellvertretung entgegen.
Unter diesen Umständen haftet dem rekursgerichtlichen Beschluß kein Rechtsirrtum an, denn als Verwalter im eigenen Namen, wenn auch auf Rechnung der Wohnungseigentümer, in der Form der mittelbaren Stellvertretung ist die Antragstellerin zum Antrag auf Herausgabe des Rücklagenüberschusses nicht legitimiert. Dazu fehlt eine gesetzliche Grundlage (vgl. ImmZ 1979, 139 ua).
Der vom Verwalter kraft eigenen Rechts gestellte Antrag wurde zutreffend zurückgewiesen, weil der Antrag nur den Wohnungseigentümern zusteht, die zur Durchsetzung wohl auch die Vertretung durch den Verwalter iSd § 17 Abs 1 WEG in Anspruch nehmen können.
Nach § 26 Abs 2 WEG und § 37 Abs 3 Z 19 MRG hat die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung grundsätzlich jede Partei selbst zu tragen. Von der mutwilligen Verursachung dieser Kosten durch die Antragstellerin kann nicht die Rede sein. Zu der erheblichen Rechtsfrage bestand bisher keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Faistenberger-Barta-Call haben ohne nähere Begründung die Antragslegitimation auch dem neuen Verwalter zugebilligt (WEG 1975, 425), ohne allerdings klarzustellen, ob sie damit nicht auch wie Meinhart (WEG 1975, 158) die direkte Stellvertretung der Wohnungseigentümer meinten (ihre Ablehnung der Ansicht von Meinhart beruht auf dem Mißverständnis der Ausführung in WEG 1975, 158, über den streitigen Rechtsweg für den Anspruch auf Herausgabe der Verwaltungsunterlagen). Es bleibt daher jedenfalls für die Kosten des Rekursverfahrens bei der Regel des § 37 Abs 3 Z 19 MRG, die über § 26 Abs 2 WEG auch in diesem Verfahren gilt.
Anmerkung
E17321European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00034.89.0502.000Dokumentnummer
JJT_19890502_OGH0002_0050OB00034_8900000_000