TE OGH 1989/5/2 11Os46/89

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Veröffentlicht am 02.05.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Mai 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Iby als Schriftführer in der Strafsache gegen Dieter S*** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 27.Oktober 1988, GZ 4 a Vr 987/88-83, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 27. Oktober 1988, GZ 4 a Vr 987/88-83, mit dem gemäß dem § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO der Widerruf der (vom Landesgericht für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht mit Beschluß vom 19.Mai 1987, GZ 2 BE 163/87-3, angeordneten) bedingten Entlassung des Dieter S*** aus der über ihn mit Urteil dieses Gerichtes vom 26. Februar 1987, GZ 8 Vr 3846/86-25, verhängten Freiheitsstrafe von sieben Monaten ausgesprochen und der Vollzug des noch offenen Strafrestes (von einem Monat) angeordnet wurde, verletzt das Gesetz in dem im XX. Hauptstück der Strafprozeßordnung verankerten Grundsatz der materiellen Rechtskraft.

Dieser Beschluß sowie alle darauf beruhenden Anordnungen und Verfügungen, insbesondere der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 31.Jänner 1989, GZ 2 BE 34/89-6, mit dem (erneut) die bedingte Entlassung des Dieter S*** am 29.März 1989 (hinsichtich des noch offenen Strafrestes von einem Monat) unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren angeordnet und dem Verurteilten ein Bewährungshelfer bestellt sowie eine Weisung (geregelter Arbeit nachzugehen) erteilt wurde, werden (ersatzlos) aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit Beschluß eines Drei-Richter-Senates des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 19.Mai 1987, GZ 2 BE 163/87-3, wurde der am 21.Juni 1962 geborene Dieter S*** nach teilweiser Verbüßung der über ihn mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 26. Februar 1987, GZ 8 Vr 3846/86-25, wegen der Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB und der Verleumdung nach dem § 297 Abs. 1, zweiter Deliktsfall, (richtig: höherer Strafsatz) StGB sowie wegen des Vergehens der vorsätzlichen Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB verhängten Freiheitsstrafe von sieben Monaten am 26. Mai 1987 - bei einem noch offenen Strafrest von einem Monat - gemäß dem § 46 Abs. 1 StGB (aF) bedingt entlassen und die Probezeit mit einem Jahr bestimmt. Diese bedingte Entlassung wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft und nach Einholung einer Strafregisterauskunft sowie nach Anhörung des für Dieter S*** bestellten Bewährungshelfers (vgl S 23, 27 und 29 d.A 2 BE 163/87 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz) mit Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz (als Vollzugsgericht) vom 21. Juni 1988, GZ 2 BE 163/87-15, für endgültig erklärt. Dieser Beschluß erwuchs in Rechtskraft. Die Übermittlung einer Beschlußausfertigung zum Akt AZ 8 Vr 3846/86 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz wurde zwar vom Vollzugsgericht am 21.Juni 1988 verfügt, sie befindet sich aber nicht in diesem Strafakt. Mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 27.Oktober 1988, GZ 4 a Vr 987/88-82, wurde unter anderem Dieter S*** wegen zahlreicher, zum Großteil innerhalb der Probezeit (in den Jahren 1987 und 1988) verübter Diebstähle sowie wegen der gleichfalls innerhalb der Probezeit begangenen Verleumdung von drei Personen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 StGB sowie des Verbrechens der Verleumdung nach dem § 297 Abs. 1 StGB rechtskräftig für schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres verurteilt. Gleichzeitig widerrief das Landesgericht für Strafsachen Graz gemäß dem § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO auf Antrag der Staatsanwaltschaft und nach Einsicht in den Akt AZ 8 Vr 3846/86 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, dessen wesentlicher Inhalt in der Hauptverhandlung am 27.Oktober 1988 verlesen worden war (vgl S 181 d.A 4 a Vr 987/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz), sowie nach Anhörung des Dieter S*** und des für ihn bestellten Bewährungshelfers (vgl S 181 und 182 d.A 4 a Vr 987/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz) mit dem in der Hauptverhandlung am 27.Oktober 1988 verkündeten Beschluß, GZ 4 a Vr 987/88-83, die vorerwähnte bedingte Entlassung (des Dieter S***) vom 26.Mai 1987 und ordnete den Vollzug des noch offenen Strafrestes (von einem Monat) an; dies offensichtlich in Unkenntnis der erwähnten Beschlußfassung durch das Landesgericht für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht. Auch dieser Widerrufsbeschluß erwuchs in Rechtskraft. In der Folge verbüßte Dieter S*** die über ihn mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 27. Oktober 1988 im Verfahren AZ 4 a Vr 987/88 verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr (bis 29.März 1989). Er sollte im Anschluß daran den widerrufenen Strafrest von einem Monat verbüßen, wurde aber am 29.März 1989 auf Grund des Beschlusses des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 31. Jänner 1989, GZ 2 BE 34/89-6 (= ON 94 d.A 4 a Vr 987/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz), gemäß dem § 46 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren (erneut) bedingt entlassen, sodaß er den weiterhin offenen und nunmehr erneut bedingt nachgesehenen Strafrest von einem Monat bisher nicht verbüßt hat. Gleichzeitig wurde Dieter S*** für die Dauer der Probezeit ein Bewährungshelfer bestellt und die Weisung erteilt, einer geregelten Arbeit nachzugehen.

Rechtliche Beurteilung

Der Dieter S*** zum Nachteil gereichende Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz (als Jugendschöffengericht) vom 27. Oktober 1988, GZ 4 a Vr 987/88-83, mit dem die vom Vollzugsgericht am 19.Mai 1987 zu AZ 2 BE 163/87 verfügte bedingte Entlassung gemäß dem § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO widerrufen und der Vollzug des noch offenen Strafrestes (von einem Monat) angeordnet wurde, steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. Denn im Zeitpunkt dieser Beschlußfassung war, wie bereits aufgezeigt, die bedingte Entlassung des Dieter S*** vom Vollzugsgericht mit rechtskräftigem Beschluß vom 21.Juni 1988, GZ 2 BE 163/87-15, bereits für endgültig erklärt worden. Damit stand aber einer neuerlichen (gegenteiligen) Entscheidung in dieser Sache die materielle Rechtskraft dieses Beschlusses und die damit verbundene Sperrwirkung entgegen, zumal auch Feststellungsbeschlüsse über die Endgültigkeit einer bedingten Entlassung materiell rechtskräftig werden und demnach Bindungswirkung entfalten (vgl 16 Os 7/89, 14 Os 162, 163/88 ua).

Anmerkung

E17123

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0110OS00046.89.0502.000

Dokumentnummer

JJT_19890502_OGH0002_0110OS00046_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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