Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*** Gesellschaft.m.b.H. § Co KG, Hameln, Miegelweg 24, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr.Dietmar L***, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei prot. Firma Roswitha P***, Groß- und Einzelhandel, Erzeugung technischer und textiler Produkte, Industrie- und Behördenbedarf, Inhaberin Roswitha Z*** (geb. P***), Salzburg, Austraßensiedlung 27, vertreten durch Dr.Bernd S***, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 606.149 sA (Revisionsinteresse S 495.561,51) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichts vom 15.November 1988, GZ 3 R 219/88-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 3.Juni 1988, GZ 13 Cg 315/87-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.317,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.886,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte, die das Österreichische Bundesheer beliefert, erteilte der Klägerin - unter Zugrundelegung ihrer allgemeinen Lieferbedingungen, die den "Allgemeinen Leistungs-(Lieferungs)Bestimmungen für Aufträge der Heeresverwaltung (ALB)" entsprechen - am 7.Mai 1985 den Auftrag zur Lieferung von 1500 Feldrucksäcken nach einer bestimmten Fertigungsvorschrift des Bundesministeriums für Landesverteidigung und am 8.Juli 1985 den Auftrag zur Lieferung von 200 Verdeckplanen, "vollständig, mit Gummischnüren, für gl.LKW (Steyr 680 M, M 3 und MF), gemäß vorläufiger Fertigungsvorschrift für Polyesterplanenstoffe, PVC-beschichtet und besichtigter Musterplane", zum Stückpreis von S 4.194,75. Für die letztgenannte Lieferung wurde der 30.November 1985 als Liefertermin vereinbart.
Nach Lieferung der ersten 100 Verdeckplanen lehnte das Österreichische Bundesheer (Heeresmaterialamt) die Übernahme ab, weil die Planen auf Grund eines Fabrikationsfehlers des Stofflieferanten mit leichten Mängeln behaftet waren. Nach einer am 6. Dezember 1985 in Salzburg durchgeführten Ergänzungsprüfung wurde die erste Teillieferung schließlich doch akzeptiert; dazu teilte das Heeresmaterialamt der Beklagten am 10.Februar 1986 mit, daß die Lieferung ausnahmsweise angenommen, von dem ausgewiesenen Rechnungsbetrag jedoch ein 3 %iger Nachlaß abgezogen werde. Eine der Planen war als Muster zerschnitten worden. Vorher hatte in Hameln ein Sachverständiger des Heeresmaterialamtes das Planenmaterial überprüft und verschiedene Mängel festgestellt. Dann war es zu einem "Tolerierungsverfahren" und schließlich zu der Übernahme von 99 Planen gekommen. Die zweite Teillieferung, die gleichfalls nicht entsprochen hatte, wurde von der Klägerin auf Verlangen der Beklagten zurückgenommen. Am 14.November 1985 hatte die Beklagte der Klägerin fernschriftlich folgendes mitgeteilt:
"Wie wir soeben aus der HBA erfahren haben, ist die IR-Remission des matten Stoffes nicht entsprechend.
Eine Ablehnung wird auf alle Fälle stattfinden, ein Gespräch mit den zuständigen Beamten kann ich erst dann führen, wenn ich weiß, welchen Preisnachlaß Sie gewährleisten werden.
Bezugnehmend auf Ihr FS von soeben erlaube ich mir, Ihnen mitzuteilen, daß Sie mit einer Neulieferung der Planen entsprechend den Vorschriften beginnen können, da der von Ihnen vorgeschlagene Preisnachlaß Gespräche über eine Tolerierung von vornherein überflüssig macht.
Haben auch heute von HBA das Nichtabnahmeprotokoll erhalten. Bitte umgehendst um Mitteilung, bis wann wir mit den 200 Stück Planen rechnen können, ansonsten Rücktritt vom Vertrag und Deckungskauf in Österreich, der Ihnen verrechnet wird. Weiters bitte ich um Mitteilung, ob die gelieferten Planen von Ihnen abgeholt werden, oder von uns an Sie auf Ihre Kosten und Gefahr an Sie abgeschickt werden sollen."
Ein weiteres Fernschreiben der Beklagten an die Klägerin vom 16. Dezember 1985 lautete:
"Die ersten 100 Stück gelieferten Planen werden gegen einen Preisnachlaß von 3 bis 5 Prozent wahrscheinlich mit Toleranz abgenommen werden.
Was die Lieferung der zweiten 100 Stück Planen anbetrifft, wurde am 12.12.1985 in Salzburg eine Plane zerschnitten und in der HBA überprüft.
Ergebnis: Die Weiterreißfestigkeit liegt weit unter dem
geforderten Wert. Im Schuß 40 kg darunter.
Die Planen werden daher abgelehnt.
Es müssen daher 100 Stück neue Planen gefertigt werden. Ein
neuer Liefertermin ist umgehendst bekanntzugeben.
Als Antwortstermin merken wir uns den 19.12.1985 vor."
Am 23.Jänner 1986 richtete die Beklagte folgendes Fernschreiben an die Klägerin:
"Wie Ihnen bereits heute telefonisch mitgeteilt wurde, werden die zweiten 100 Stück Planen auf Grund der Massierung der Abweichungen des Stoffes von der Fertigungsvorschrift nicht abgenommen.
Daher bitten wir Sie, uns bekanntzugeben, ob Sie die nach der Prüfung verbliebenen 99 Stück Planen selbst abholen lassen wollen, oder ob Sie die Rücksendung auf Ihre Kosten und Gefahr lt. ALB durch uns vornehmen lassen wollen.
Wenn die Planen durch Sie abgeholt werden, so geben Sie uns bitte den Spediteur bekannt, wir werden ihn dann mit den geforderten Abholpapieren und Rückwaren-Papieren ausstatten. Außerdem nennen Sie uns bitte den genauen Termin der Abholung durch Sie. Wir merken uns als Termin für Ihre Antwort den 24.1.1986 vor. Sollten wir keine erhalten, so nehmen wir an, daß Sie die Rücksendung gem. ALB durch uns durchführen lassen und werden alle Veranlassungen treffen."
Darauf erwiderte die Klägerin am 24.Jänner 1986 fernschriftlich:
"Die Rücknahme der Planen werden wir mit der nächsten LKW-Lieferung aus Jugoslawien verbinden.
Die Lieferung der neugefertigten Planen ist erst in ca. 6 Wochen möglich."
Noch am selben Tage wandte sich die Beklagte neuerlich
fernschriftlich an die Klägerin:
"ad 1) Rückware:
Bitte schon jetzt um Bekanntgabe des Abholtermins, da Lagerung
beim Heer nach Nichtabnahmeprotokoll-Eingang nicht mehr möglich ist.
Abholung muß umgehend erfolgen.
ad 2) Neulieferung Planen:
Ob der Rest von 100 Stück Planen von Ihnen gefertigt werden darf, kann Ihnen erst am Donnerstag, den 29.1.1986 nach der Besprechung mit unserem Anwalt mitgeteilt werden."
Mit Fernschreiben vom 3o.Jänner 1986 gab die Beklagte der Klägerin schließlich folgendes bekannt:
"Nach Absprache mit unserem Anwalt verzichten wir auf eine Neulieferung der nicht lt. Fertigungsvorschrift entsprechenden zweiten Teillieferung = 100 Stück Planen.
Ein Schreiben von unserem Anwalt wird Ihnen in den nächsten Tagen zugehen."
Für die erste Teillieferung von 100 Planen legte die Klägerin - unter Berücksichtigung eines Preisnachlasses von 3 % - die Rechnung vom 15.Oktober 1986 über S 419.475,--. Am 3o.Jänner 1986 bestellte die Beklagte bei der Firma C*** Ltd. in London 101 Verdeckplanen laut Auftrag des Heeresmaterialamtes zum Stückpreis von S 6.460,--, insgesamt sohin um S 652.460,--. Am 18.4.1986 legte die Firma C*** Ltd. hierüber Rechnung in der Höhe von S 652.640,-- zuzüglich Transportkostenanteil in der Höhe von S 54.540,--, insgesamt sohin über S 707.000,--.
Im Zusammenhang mit dem Planenauftrag mußte die Beklagte dem Österreichischen Bundesheer ein Pönale "für die nicht erfolgte bzw auch bei äußerster Beschleunigung des Deckungskaufes nicht mehr rechtzeitig abzuwickelnde zweite Teillieferung" in der Höhe von S 56.891,20 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer von S 11.378,24, insgesamt daher von S 68.269,44 zahlen und für die Tolerierung der ersten Teillieferung einen 3 %igen Abzug in der Höhe von S 16.898,40 zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer (S 3.379,68), insgesamt daher von S 20.278,08, hinnehmen.
Für die Lieferung der 1500 Feldrucksäcke legte die Klägerin Rechnungen über S 69.495,--, S 100.005,-- und S 16.950,--. Da auch diese Lieferungen weder vollständig noch mängelfrei waren, sind der Beklagten hier Kosten von S 671,22 entstanden.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten S 606.149,-- s.A. als Entgelt für ihre Lieferungen.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die von der Klägerin geltend gemachten Forderungen bestünden nur mit S 584.780,25 zu Recht. Dagegen würden Gegenforderungen aufrechnungsweise eingewendet: Da die Klägerin nach der von ihr als berechtigt anerkannten Aufforderung der Beklagten, die zweite Teillieferung als nicht dem Auftrag entsprechend zurückzunehmen, zu einer ordnungsgemäßen Ersatzlieferung nicht in der Lage oder nicht willens gewesen sei, habe die Beklagte ausdrücklich ihren Rücktritt vom zweiten Teil des Auftrages erklärt. Für den notwendigen Deckungskauf von 101 Verdeckungsplanen seien der Beklagten Mehrkosten in der Höhe von S 339.996,30 entstanden. Wegen der unterbliebenen Lieferung habe die Beklagte ein Pönale von S 68.269,44 zu zahlen gehabt. Auch der 3 %ige Preisnachlaß für die erste Lieferung von S 20.278,08 und noch mehrere weitere, im einzelnen aufgezählte Aufwendungen - insgesamt Forderungen in der Höhe von S 555.766,-- - würden eingewendet. Gegen den sohin verbleibenden Rest der Klageforderung habe die Beklagte mit den ihr bereits aufgelaufenen Kosten aufgerechnet.
Die Klägerin bestritt die Berechtigung der Gegenforderungen. Die Beklagte habe auf die Lieferung der restlichen 100 Planen verzichtet; sie habe keine Nachfrist gesetzt, sei nicht vom Vertrag zurückgetreten und habe sich auch keinen Schadenersatz vorbehalten. Der Ersterichter sprach aus, daß die Klageforderung mit S 584.780,25 s.A. und die Gegenforderung mit S 89.218,74 zu Recht bestehe; er verurteilte demgemäß die Beklagte - unter Abweisung des Mehrbegehrens von S 110.587,49 s.A. - zur Zahlung von S 495.561,51 s. A. Er stellte den Inhalt mehrerer Punkte der Allgemeinen Leistungs-(Lieferungs)bestimmungen für Aufträge der Heeresverwaltung fest, und zwar - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - , daß nach Punkt 3. der Heeresverwaltung der Rücktritt vom Vertrag - u.a. - aus den in "Pkt.15 b" angegebenen Gründen möglich ist. Punkt 15 lit b lautet:
"Bei Feststellung quantitativer Mängel kann die HV Nachlieferung begehren oder auf eine solche verzichten; bei qualitativen Mängeln Verbesserung der beanstandeten Stücke verlangen, Ersatzlieferung begehren, die Lieferung zurückzuweisen und eine Ersatzbestellung vornehmen oder die gänzliche Vertragsaufhebung fordern. Nach- und Ersatzlieferungen haben mit neuen Lieferscheinen zu erfolgen".
Punkt 17 lit a Satz 1 lautet: "Es gilt österreichisches Recht". Zu den neben den Mehrkosten für den Deckungskauf, dem 3 %igen Preisnachlaß und der Pönalezahlung aus dem Auftrag über die Planen geltend gemachten Gegenforderungen stellte der Erstrichter fest, daß der Beklagten der Beweis dafür, daß sie die einzelnen Aufwendungen tatsächlich gemacht habe, mißlungen sei.
Rechtlich meinte der Erstrichter, daß der Klägerin nur das von der Beklagten zugestandene Entgelt von S 584.780,25 zustehe. Von den Gegenforderungen der Beklagten seien aus dem Auftrag zur Lieferung von Planen nur insgesamt S 88.547,52 (3 %iger Preisnachlaß und Pönale für die Verspätung der zweiten Lieferung) und aus dem Auftrag zur Lieferung von Feldrucksäcken S 671,22 berechtigt. Ersatzansprüche für den Deckungskauf stünden der Beklagten nicht zu, weil sie ausdrücklich auf eine zweite Lieferung verzichtet habe. Im Hinblick auf ihre Schadensminderungspflicht sei sie auch nicht zu einer derart kostspieligen Ersatzvornahme berechtigt gewesen. Für die übrigen Gegenforderungen sei die Beklagte den Beweis schuldig geblieben.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es stellte ergänzend den genauen Wortlaut der einzelnen Fernschreiben fest und übernahm die Feststellungen des Ersturteils als das Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Rechtlich war es der Auffassung, daß die Beklagte die Klägerin bis zum Fernschreiben vom 30.Jänner 1986 darüber im unklaren gelassen habe, ob sie zur Annahme der restlichen Lieferung von 100 Planen noch bereit sei. Sie habe auch den Rücktritt vom noch unerfüllten Vertrag erst am 30.Jänner 1986 erklärt; zuvor hatte sie den Rücktritt mit Fernschreiben vom 14.November 1985 nur angedroht. Da aber der Rücktritt tatsächlich erklärt werden müsse und es nicht ausreiche, sich den Rücktritt vorzubehalten oder ihn nur anzudrohen, bedeutet das Zuwarten vom 14.November 1985 bis zum 30.Jänner 1986 kein tatsächliches Gewähren einer Nachfrist. Der Verzicht der Beklagten auf die Lieferung der restlichen 100 Planen sei daher mangels Setzung einer Nachfrist gemäß § 918 ABGB kein wirksamer Rücktritt vom Vertrag gewesen. Damit sei den Gegenforderungen der Beklagten, soweit sie den Ersatz des Nichterfüllungsschadens beträfen, der Boden entzogen. Den Beweis für die übrigen Gegenforderungen, mit denen Verzögerungsschäden geltend gemacht würden, habe sie hingegen über den vom Erstgericht festgestellten Umfang hinaus nicht erbracht.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Gegenforderungen der Beklagten bis zur Höhe der zugesprochenen Klageforderung als zu Recht bestehend festgestellt und das Klagebegehren daher zur Gänze abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Vorausgeschickt sei, daß die Vorinstanzen das Vertragsverhältnis der Streitteile zutreffend nach österreichischem Recht beurteilt haben. Die vom Erstrichter festgestellte Wahl österreichischen Rechtes durch die Parteien (§ 35 Abs 1 IPRG) ist nämlich ungeachtet dessen, daß sich keine der Parteien ausdrücklich darauf berufen hat, im Hinblick auf die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des anzuwendenden Rechtes (Schwimann in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 2 IPRG und Rz 3 zu § 35 IPRG) zu berücksichtigen.
Der Beklagten kann nicht darin gefolgt werden, daß sie wirksam von dem Vertrag über die zweite Teillieferung von Planen zurückgetreten sei. Sie hat die zweite Teillieferung, weil sie nicht der Bestellung entsprochen hatte, nicht als Erfüllung angenommen. Die Klägerin hatte also ihre Lieferverpflichtung nicht zur gehörigen Zeit auf die bedungene Weise erfüllt. Durch den objektiven Schuldnerverzug wird das gesetzliche Rücktrittsrecht (§ 918 ABGB) ausgelöst (Koziol-Welser8 I 227 f; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 918; HS 7291/28; EvBl 1987/2; JBl 1988, 447 u.a.). Da Rücktrittserklärung und Nachfrist eine Einheit bilden, kann als Nachfrist im Sinne des § 918 ABGB nur eine von der Rücktrittserklärung an laufende Frist in Betracht kommen (Gschnitzer in Klang2 IV/1, 457; Reischauer aaO, Rz 15 zu § 918; HS 9371; EvBl 1976/32; JBl 1988, 447 mwN). Nach ständiger Rechtsprechung braucht zwar - wie schon das Berufungsgericht ausgeführt hat - die Nachfrist im allgemeinen nicht gesetzt, sondern nur gewährt zu werden; das gilt aber dann nicht, wenn für den zur Leistung Verpflichteten keineswegs mit Sicherheit feststeht, ob der andere Vertragsteil überhaupt noch auf dem Boden des Vertrages steht und daher zur Annahme der Leistung bereit ist. Bestehen daher für den Schuldner Zweifel über die Annahmebereitschaft des Gläubigers, so wirkt der Rücktritt ohne Fristsetzung nicht, es sei denn, der Gläubiger würde seine noch bestehende Annahmebereitschaft verdeutlichen (Reischauer aaO; EvBl 1976/32; JBl 1988, 447 u.a.). Die Beklagte läßt in ihren Revisionsausführungen nicht klar erkennen, welche ihrer fernschriftlichen Äußerungen sie selbst als Rücktrittserklärung gewertet wissen will. Sie zitiert nur Ausschnitte aus ihren Fernschreiben, um damit ihre Annahmebereitschaft zu dokumentieren. Richtig ist zwar, daß sie am 14. November 1985 einen Rücktritt vom Vertrag und einen Deckungskauf in Österreich für den Fall angedroht hat, daß nicht "umgehendst" mitgeteilt werde, bis wann sie mit den 200 Planen rechnen könne. Damals stand aber - wie sich aus dem im Fernschreiben erwähnten Vorschlag der Klägerin, einen Preisnachlaß zu gewähren, und der späteren tatsächlichen "Tolerierung" durch das Österreichische Bundesheer ergibt - für die Streitteile noch gar nicht fest, ob eine Nachlieferung von 200 Planen tatsächlich erforderlich sein werde. Da zu dieser Zeit die Lieferfrist für die Planen (30.11.1985) nicht abgelaufen war, konnte die Beklagte noch gar nicht wirksam den Rücktritt von dem Vertrag über die damals noch ausstehende zweite Lieferung erklären, kann doch - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - der Rücktritt erst nach Eintritt des Verzuges ausgesprochen werden (Ehrenzweig-Mayrhofer, Schuldrecht Allgemeiner Teil3 381). Am 16.Dezember 1985 verlangte die Beklagte nur noch die "umgehendste" Bekanntgabe eines neuen Liefertermins für 100 Planen; dabei hatte sie sich zwar als Antworttermin den 19.Dezember 1985 vorgemerkt, mit keinem Wort aber den Rücktritt vom Vertrag hierüber erklärt. Auf ihre Annahmebereitschaft zu dieser Zeit kommt es daher - entgegen den Revisionsausführungen - nicht an; aus dem Lieferangebot der Klägerin vom 24.Jänner 1986 ist daher für die Beklagte nichts zu gewinnen. Entscheidend ist, daß sie selbst noch am selben Tag der Beklagten mitgeteilt hat, es sei überhaupt noch offen, ob die restliche Anzahl von Planen gefertigt werden dürfe, um dann am 30.Jänner 1986 ausdrücklich auf die Lieferung zu verzichten. Die Beklagte hat somit zu keiner Zeit in Ansehung der zweiten Teillieferung den Vertragsrücktritt unter Setzung (oder auch nur Gewährung) einer angemessenen Nachfrist erklärt. Mit ihrer Äußerung vom 30.Jänner 1986 stellte sie für die Klägerin klar, daß sie eine - allenfalls innerhalb angemessener Frist
erfolgende - Lieferung der 100 Planen nicht annehmen werde; tatsächlich machte sie ja am selben Tag die Ersatzbestellung. Der Hinweis der Beklagten darauf, daß eine Nachfrist entbehrlich sei, wenn der Schuldner die Erfüllung geradezu verweigere, geht ins Leere, weil die Klägerin diese Erfüllung zu keiner Zeit verweigert hat; sie hat ihre Erfüllungsbereitschaft vielmehr am 24.Jänner 1985 ausdrücklich bekundet. Der Verzicht der Beklagten vom 30.Jänner 1986 ist somit als Rücktrittserklärung wirkungslos, weil damals noch keine der Klägerin zumindest gewährte Nachfrist abgelaufen war. Die Beklagte meint, daß es hier auf § 918 ABGB nicht ankomme, weil sie nach ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Rücktritt ohne Nachfristsetzung berechtigt sei. Dieser Einwand ist schon deshalb zum Scheitern verurteilt, weil er nicht vor dem Erstgericht - wo die Beklagte nur ganz allgemein behauptet hat, daß ihre ALB Bestandteil der Aufträge sei (S 6 und 26) - erhoben wurde; er bildet daher eine unbeachtliche Neuerung. Sache der Parteien ist es, die Vertragsbestimmungen, aus denen sie Rechte ableiten wollen, zu behaupten (RZ 1979/10). Daß der Erstrichter u.a. Pkt 15 lit b der ALB - ohne entsprechendes Vorbringen - festgestellt hat, ist ohne Bedeutung, weil "überschießende Feststellungen", die nicht in den Rahmen einer geltend gemachten Einwendung fallen, unberücksichtigt bleiben müssen (JBl 1986, 121 uva). Die Beklagte hat aber mit keinem Wort geltend gemacht, daß die Notwendigkeit, eine Rücktrittserklärung mit der Setzung (Gewährung) einer Nachfrist zu verbinden, abbedungen worden sei. Die Frage, ob tatsächlich durch Pkt 15 lit b das Rücktrittsrecht der Beklagten abschließend geregelt werden sollte und die gesetzlichen Regeln (§ 918 ABGB) auch nicht ergänzend heranzuziehen wären (vgl. Ehrenzweig-Mayrhofer aaO 382), kann daher offenbleiben.
Daß die Klägerin zu einer ordnungsgemäßen Lieferung innerhalb einer angemessenen Nachfrist nicht imstande oder willens gewesen wäre, ist unbewiesen geblieben. Dann kann aber auch nicht gesagt werden, daß die Beklagte durch das Verhalten der Klägerin dazu gezwungen war, den - wesentlich teureren - Deckungskauf bei einem englischen Unternehmen vorzunehmen. Mit Recht haben daher die Vorinstanzen die aus der Nichterfüllung des Vertrages abgeleitete Gegenforderung von S 339.996,30 für nicht berechtigt erkannt (vgl. EvBl 1976/32).
Der Beklagten kann auch darin nicht gefolgt werden, daß die Vorinstanzen Gegenforderungen für unberechtigt erklärt hätten, obwohl sie diese nur der Höhe nach, nicht aber auch dem Grunde nach für zweifelhaft hielten. In Wahrheit hat der Erstrichter all diese Gegenforderungen dem Grunde nach verneint, weil der Beklagten der Beweis mißlungen sei, daß sie die geltend gemachten Aufwendungen tatsächlich gemacht habe. Das Gericht zweiter Instanz hat insbesondere auch ausdrücklich in Zweifel gezogen, daß Gerhard Z***, der sich als Geschäftsführer bezeichnet hat, für die Beklagte tatsächlich als Konsulent zu einem bestimmten Stundensatz tätig geworden wäre.
Auch die geltend gemachte Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Das angefochtene Urteil war demgemäß zu bestätigen. Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E17294European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00534.89.0509.000Dokumentnummer
JJT_19890509_OGH0002_0040OB00534_8900000_000