TE OGH 1989/5/9 10ObS100/89

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Veröffentlicht am 09.05.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Kellner als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Robert Göstl (AG) und Otto Tiefenbrunner (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ali Riza D***,Kopalgasse 55/7/4, 1110 Wien, vertreten durch Dr.Helge Doczekal, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** D*** A***, Roßauer

Lände 3, 1092 Wien, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14.Oktober 1988, GZ 31 Rs 269/88-100, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 9. Februar 1988, GZ 10 Cgs 1040/87-91, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers auf Zuerkennung einer Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1.November 1984 ab. Es stellte im wesentlichen fest, daß der am 5.Februar 1939 geborene Kläger seit 1970 in Österreich tätig ist. Er begann in der Türkei schon mit 7 Jahren in einem kleinen Betrieb eines Monteurmeisters zu arbeiten, machte Heizungsmontagen, Schweißarbeiten an Heizungen udgl. Während seiner Tätigkeit in Österreich hat der Kläger nachstehende Tätigkeiten verrichtet:

Löten, Schweißen, Verlegen von Rohrleitungen, Prüfen von Heizungsanlagen auf Dichtigkeit und Druckfunktion. Der Kläger ist imstande Pläne zu lesen. Er arbeitete nach Plänen und eigener Erfahrung. Unter dem Begriff "Ö-Norm" kann er sich nichts vorstellen. Berechnungen wurden nicht von ihm, sondern von den Ingenieuren seiner Dienstgeberfirma durchgeführt. Normen und Bestimmungen über die Aufrichtung von Kesseln und die Bestimmung von Werkstücken bei Reparaturen sind dem Kläger ebensowenig bekannt wie Bedarfsberechnungen. Auch Berechnungen über Wärmeeinheiten hat er weder erlernt noch erstellt. Der Kläger war ausschließlich mit Zentralheizungs- und Heizungsbau befaßt, nicht mit Lüftungsanlagen. Dem Kläger sind noch leichte und halbzeitig auch mittelschwere Arbeiten im Sitzen, Gehen und Stehen in normaler Arbeitszeit mit den üblichen Pausen zumutbar. Arbeiten unter besonderem Zeitdruck scheiden aus. Der Kläger ist noch in der Lage, Arbeiten in der Metall- und Kunststoffbranche wie Prägen, Pressen, Stanzen, Bohren, Abgraten oder Aufsichtstätigkeiten als Bauplatz- oder Lagerplatzwächter oder als Portier zu verrichten.

Der Kläger sei daher nicht invalide im Sinne des für ihn maßgeblichen Invaliditätsbegriffes des § 255 Abs 3 ASVG. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln und führte rechtlich aus, eine angelernte Tätigkeit im Sinne des § 255 Abs 2 ASVG liege nach den Feststellungen nicht vor, weil die vom Kläger erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten sich weder mit jenen des Lehrberufes eines Zentralheizungsbauers voll deckten, noch in ihrer Gesamtheit jenem eines Lehrberufes gleichzuhalten seien.

Rechtliche Beurteilung

Der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Revision des Klägers kommt keine Berechtigung zu.

Voraussetzung für die Qualifikation als angelernter Arbeiter ist es, daß der Versicherte hinsichtlich seiner Fähigkeiten und Kenntnisse den Anforderungen entspricht, die üblicherweise an Absolventen eines Lehrberufes gestellt werden. Ein angelernter Beruf muß zwar keinem gesetzlich geregelten Lehrberuf entsprechen, doch müssen die qualifizierten, in der Praxis erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten an Qualität und Umfang jenen in einem Lehrberuf gleichzuhalten sein. Es reicht nicht aus, wenn die Kenntnisse und Fähigkeiten nur ein Teilgebiet eines Tätigkeitsbereiches umfassen, der von gelernten Arbeitern ganz allgemein in viel weiterem Umfang beherrscht wird (SSV-NF 1/48, 1/70).

Das Berufungsgericht hat in seiner aufhebenden Entscheidung vom 30. Dezember 1986, auf die verwiesen wird, die wesentlichen Kenntnisse in den Lehrberufen Zentralheizungsbauer (VO BGBl 1973/492 idF BGBl 1981/37) und Gasinstallateur (VO BGBl 1974/209 idF BGBl 1976/355) im Detail dargelegt. Vergleicht man die vom Kläger angelernten und ausgeübten Kenntnisse und Fähigkeiten mit jenen, die in den beiden genannten Lehrberufen erforderlich sind, dann ergibt sich, daß die Fähigkeiten des Klägers auch nicht einem gleichwertigen "Mischberuf" entsprechen, weil er lediglich die sich in den beiden Lehrberufen im wesentlichen überdeckenden unqualifizierten Tätigkeiten beherrscht, ihm aber gerade die anspruchsvollen Kenntnisse, die einen gelernten Arbeiter von einem nur in einem geringen Teilgebiet angelernten Hilfsarbeiter unterscheiden, in größerem Bereich fehlen. Es seien hier nur aus dem Gebiet des Zentralheizungsbauers Kenntnisse über Vorfertigung der feuertechnischen Anlagen über Wasseraufbereitung, Grundkenntnisse der Wärme- und Schalldämmung, der Maß-, Regel- und Steuergeräte und insbesondere der einschlägigen technischen Vorschriften und Sicherheitsbestimmungen, wozu selbstverständlich in hohem Maße die Ö-Normen zählen, aus dem Gebiet des Gasinstallateurs aber Kenntnise über Schutzmaßnahmen und Unfallverhütung theoretische Kenntnisse im Fachrechnen: Längen-, Volums- und Gewichtsberechnungen, Prozent- und Proportionsberechnungen, physikalische Berechnungen, Werkstoffkunde (der Kläger hat bereits mit 7 Jahren zu arbeiten begonnen, sodaß seine Schulbildung wohl nicht sehr umfangreich gewesen sein kann) angeführt.

Da der Kläger durch praktische Arbeit jedenfalls nicht jene Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat, die von gelernten Arbeitern ganz allgemein in größerem Umfang beherrscht werden, haben die Vorinstanzen zu Recht eine angelernte Tätigkeit im Sinne des § 255 Abs 2 ASVG nicht angenommen und das Vorliegen von Invalidität nach § 255 Abs 3 ASVG wegen der gegebenen Verweisungsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verneint.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen

Die Entscheidung über die Revisionskosten beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Anmerkung

E18391

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:010OBS00100.89.0509.000

Dokumentnummer

JJT_19890509_OGH0002_010OBS00100_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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