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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde 1. des DI VA, 2. der MI, 3. des OZ, 4. der CE, 5. der MR, 6. der HS,
7. des HW, 8. der EN, 9. des PU-C und 10. der JL, alle in G, alle vertreten durch Mag. Horst Bruckner, Rechtsanwalt in 8430 Leibnitz, Kadagasse 19, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 26. November 2001, Zl. A 17 - 2580/2001 - 5, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: M
A AG & Co KG in W, vertreten durch Dr. Wolfgang W. Richter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Neuer Markt 1/16), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bauanzeige vom 22. August 2000 zeigte die mitbeteiligte Aktiengesellschaft beim Magistrat der Landeshauptstadt Graz gemäß § 33 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes (Stmk BauG) die Errichtung einer Funkübertragungsstelle bestehend aus Funkmast und Systemtechnikunterbringung in einem Typencontainer an.
Mit Schreiben vom 12. September 2000 teilte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz der Mitbeteiligten mit, dass auf Grund der vorgelegten Unterlagen eine Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes nicht ausgeschlossen werden könne, dies daher zu prüfen sei und gemäß § 33 Abs. 5 Stmk BauG ein Baubewilligungsverfahren eingeleitet werde.
Nach Vorliegen eines städtebaulich-raumplanerischen Gutachtens eines Amtssachverständigen des Stadtplanungsamtes der Landeshauptstadt Graz vom 26. Jänner 2001, mit welchem das eingereichte Projekt als positiv beurteilt wurde, wurde der Mitbeteiligten mit Bescheid vom 7. Februar 2001 gemäß § 29 Stmk BauG die Bewilligung zur plan- und beschreibungsgemäßen Ausführung des Vorhabens erteilt. In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, dass eine Bauverhandlung gemäß § 24 Abs. 2 lit. 2 Stmk BauG entfallen hätte können, da Nachbarrechte nicht berührt würden.
Mit dem an das Baupolizeiamt des Magistrates der Landeshauptstadt Graz gerichteten Schreiben vom 21. März 2001 stellten die Beschwerdeführer den Antrag auf Zustellung des Baubewilligungsbescheides vom 7. Februar 2001 sowie auf Verfügung der Baueinstellung gemäß § 41 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 41 Abs. 6 Stmk BauG. Gleichzeitig erhoben sie Einwendungen gegen das Bauprojekt. Die Anträge begründeten sie damit, dass sie als Nachbarn rechtswidrigerweise übergangen worden seien. Der im reinen Wohngebiet gelegene Bauplatz sei zur Errichtung des projektierten 30 m hohen Mobilfunkturmes nicht geeignet. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin seien zudem Eigentümer von zwei unmittelbar an den Bauplatz angrenzenden Grundstücken. Durch die geplante Anlage sei eine Gesundheitsbeeinträchtigung durch die vom Mast ausgehende Strahlung zu erwarten, weil bekannt sei, dass es zu thermischen und athermischen Auswirkungen auf den menschlichen Organismus komme. Gemäß § 13 Abs. 12 Stmk BauG habe daher die Behörde größere Abstände als in § 13 Abs. 6 Stmk BauG vorgesehen vorzuschreiben. Auch seien die subjektiv-öffentlichen Interessen der Nachbarn gemäß § 26 Abs. 1 Z. 5 berührt, weil mit dem Betrieb des Sendemastes mit einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung durch die hochfrequente gepulste Strahlung und das Entstehen von Magnetfeldern zu rechnen sei.
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 2. Mai 2001 wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Zustellung des Baubewilligungsbescheides vom 7. Februar 2001 gemäß § 8 AVG i. V.m. § 26 Stmk BauG mangels Parteistellung zurückgewiesen und der Antrag der Beschwerdeführer auf Erlassung eines Baueinstellungauftrages gemäß § 41 Abs. 6 Stmk BauG i.V.m. § 26 Abs. 1 Stmk BauG zurückgewiesen.
Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass nur der Bauwerber Parteistellung besitze und der Baubehörde bei Errichtung eines Fernmeldemastes aus kompetenzrechtlicher Sicht nur die Aufgabe zukomme, das Vorhaben nach baurechtlichen Aspekten zu prüfen. Die Gewährleistung des Schutzes des Lebens und der Gesundheit von Menschen bei Errichtung von Telekommunikationseinrichtungen sei in § 67 Abs. 2 des Telekommunikationsgesetzes vorgesehen.
Der gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. November 2001 gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und der Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, in einem gemäß § 33 Abs. 5 Stmk BauG eingeleiteten Baubewilligungsverfahren sei von der Baubehörde nur noch die Frage der Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes zu prüfen, in einem solchen Verfahren habe nur der Bauwerber Parteistellung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Inhaltlich richtet sich die Beschwerde nur gegen die Zurückweisung des Antrages auf Zustellung des Baubewilligungsbescheides vom 7. Februar 2001.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Aktiengesellschaft - eine Gegenschrift. Beide beantragten die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer halten den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde verkannt habe, dass im Fall des § 33 Abs. 5 Stmk BauG ein Baubewilligungsverfahren einzuleiten sei, in welchem die Nachbarn nach den Bestimmungen der §§ 22 ff Stmk BauG als Parteien ihre Rechte geltend machen könnten.
Mit ihrer Auffassung sind die Beschwerdeführer - ebenso wie die Behörde erster Instanz - aus folgenden Gründen im Recht:
Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk BauG), anzuwenden. Dessen § 33 regelt das Anzeigeverfahren. Nach Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen das angezeigte Vorhaben mit schriftlichem Bescheid innerhalb von acht Wochen zu untersagen. Nach Abs. 5 dieser Bestimmung hat die Behörde binnen acht Wochen nach Einlangen der Anzeige ein Baubewilligungsverfahren einzuleiten und den Anzeigenden hievon zu verständigen, wenn nicht zeitgerecht beurteilt werden kann, ob eine Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes besteht.
Der Verweis in § 33 Abs. 5 Stmk BauG auf das Baubewilligungsverfahren bedeutet einen Verweis auf die prozessualen Vorschriften des II. Abschnittes des II. Teiles des I. Hauptstückes dieses Gesetzes über das Baubewilligungsverfahren (§§ 22 - 32), in welchem den Nachbarn grundsätzlich die Stellung einer Partei zukommt. Der Prüfungsumfang, der den Gegenstand des jeweiligen Bauverfahrens bildet, ergibt sich aus den jeweils zur Anwendung kommenden materiell-rechtlichen Vorschriften des Stmk BauG. Für anzeigepflichtige Vorhaben wird dieser Prüfungsumfang in § 33 Abs. 4 leg. cit. umschrieben. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ist die Prüfungsbefugnis der Behörde in diesem Verfahren aber nicht auf die nur in Z. 3 dieser Gesetzstelle genannten Themen beschränkt. Vielmehr umfasst ihre Kognition alle Themen, die in § 33 Abs. 4 leg. cit. genannt sind. Es trifft daher nicht zu, dass die Baubehörden im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren lediglich "Ermittlungen zur Frage einer eventuellen Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes" durchführen könnten, wie die belangte Behörde annimmt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. März 2001, Zl. 2000/06/0196).
Die Baubehörde erster Instanz hätte daher die Stellung der Beschwerdeführer als Partei im Hinblick auf die Lage ihres Grundstücks zum Bauplatz gemäß § 4 Z 41 und § 26 i.V.m. § 33 Abs. 4 Stmk BauG prüfen und ihnen gegebenenfalls die Baubewilligung zustellen und ihnen auf diese Weise Gelegenheit geben müssen, ihre Rechte als Nachbarn im Baubewilligungsverfahren geltend zu machen. Indem die belangte Behörde dies verkannte, wurden die Beschwerdeführer in ihren Rechten verletzt, und zwar ungeachtet der Frage, ob ihre gegen das Vorhaben vorgebrachten Einwendungen letztlich inhaltlich geeignet gewesen wären, dieses zu Fall zu bringen.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 20. Oktober 2005
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6 Baurecht Nachbar Besondere Rechtsgebiete Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002060005.X00Im RIS seit
01.12.2005