TE OGH 1989/5/18 6Ob545/89

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Veröffentlicht am 18.05.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Christine P***, Verkäuferin, 3002 Purkersdorf, Süßfeldstraße 39, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wider den Antragsgegner Peter P***, Steinbildhauer, 1130 Wien, Schluckergasse 3/5/2, vertreten durch Dr. Erhard Doczekal, Dr. Rudolf Mayer und Dr. Helge Doczekal, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. Oktober 1988, GZ 47 R 367/88-42, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 8. März 1988, GZ 2 F 5/86-32, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 3.397,35 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten 308,85 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit dem seit 8. Oktober 1985 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 25. September 1985, GZ 31 Cg 200/85-3, wurde die am 19. April 1975 zwischen den Parteien geschlossene - beiderseits zweite - Ehe aus dem gleichteiligen Verschulden der Ehegatten geschieden. Die Ehe ist kinderlos geblieben. Die eheliche Lebensgemeinschaft der Parteien wurde zu Ostern 1984 durch den Auszug der Frau aus der Ehewohnung in 1130 Wien, Schluckergasse 3/5/2, aufgelöst.

Die Frau war während der Ehe meistens berufstätig, und zwar einige Zeit hindurch als Kassiererin in einem Werksbuffet, wo sie neben ihrem Monatsgehalt von 5.000 S bis 6.000 S auch noch Trinkgelder erhielt. Nunmehr übt sie den Beruf einer Verkäuferin aus. Der Mann ist Steinbildhauer. Er verdiente zu Beginn der Ehe ca 8.000 S monatlich und während der letzten fünf Jahre ca 16.000 S monatlich. Er gab der Frau durchschnittlich wöchentlich 1.000 S Wirtschaftsgeld und bezahlte die laufenden Kosten für die Wohnung (Mietzins, Betriebskosten) sowie die Kreditraten. Bis 1980 hatte er auch noch für ein Kind aus erster Ehe Unterhaltszahlungen zu leisten. Die Frau kam etwa bis zum Jahresende 1983 für "die Lebenshaltungskosten im engeren Sinn" auf.

Das Ehepaar bezog die Wohnung in 1130 Wien,

Schluckergasse 3/5/2, im Jahre 1979. Es handelt sich um eine 81 m2 große Gemeindewohnung, deren alleiniger Hauptmieter der Mann ist. Zur Ausstattung und Einrichtung dieser Wohnung, welche insgesamt einen Aufwand von 144.000 S erforderte, nahmen die Parteien (richtig gemäß vorliegender Krediturkunde: der Mann) einen Privat-Sofort-Kredit der C***-B*** in Höhe von

230.000 S, rückzahlbar in 120 Monatsraten a 3.175 S ab 20. Mai 1979, in Anspruch (Kredit-Nr.: 430-46/722.799). Am 9. März 1982 nahm der Mann einen weiteren Privat-Sofort-Kredit der

C***-B*** in Höhe von 20.000 S, rückzahlbar in

36 Monatsraten a 691 S ab 20. April 1982, auf (Kredit-Nr.: 430-46/725.511). Am 11. Februar 1983 nahmen beide Parteien gemeinsam einen weiteren Privat-Sofort-Kredit der C***-B*** in Höhe von 280.000 S, rückzahlbar in 120 Monatsraten a 4.106 S ab 5. März 1983, auf (Kredit-Nr.: 430-46/726.352). Die Kreditvaluta diente zur Abdeckung der Restschulden aus den beiden Vorkrediten. Von der ausgezahlten Restsumme investierten die Parteien einen Betrag von ca 60.000 S in den Umbau der Loggia der Ehewohnung. Die restliche Kreditvaluta verwendeten sie für Urlaube und zur Finanzierung ihrer leichtsinnigen und großzügigen, den Einkommensverhältnissen nicht entsprechenden Lebensweise. Zusätzlich lieh sich der Mann zur Abdeckung dringenster Schulden (zB offene Stromrechnungen etc) Geld von Bekannten aus. Von den Parteien während der aufrechten Ehe eingegangene Zahlungsverpflichtungen wurden zum Teil - erst auch Jahre später - exekutiv hereingebracht (zB Universalversand - Ankauf einer Pelzjacke für die Frau). Der Mann hielt bisher die Rückzahlungsverpflichtungen aus dem letztgenannten Bankkredit pünktlich ein. Zum Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft (Ostern 1984) haftete auf diesen Kredit noch eine rückzahlbare Ratensumme von insgesamt 439.342 S (richtig: 435.236 S) aus.

Der derzeitige Verkehrswert (= Schätzwert der erforderlichen Aufwendungen für eine gleichwertige Wohnung) der Ehewohnung beträgt 210.000 S. Der Schätzwert der in der Wohnung befindlichen Einrichtungsgegenstände und Fahrnisse beträgt 39.810; hievon entfällt auf die der Frau zugewiesenen Fahrnisse ein Schätzwert von

2.500 S.

Die Frau beantragte am 28. April 1986 die gerichtliche Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse in der Weise, daß der Mann, dem als Hauptmieter die Ehewohnung in 1130 Wien, Schluckergasse 3/5/2, verbleibe, eine Ausgleichszahlung von 60.000 S zu leisten habe und verhalten werde, die noch offenen Kredite bei der C***-B*** alleine zurückzuzahlen und die Frau diesbezüglich klag- und schadlos zu halten; ferner mögen ihr bestimmte Fahrnisse und Einrichtungsgegenstände allein zugewiesen werden. In der Folge erklärte sie, mit einer Aufteilung allenfalls auch in der Form einverstanden zu sein, daß sie die Ehewohnung und den gesamten ehelichen Hausrat übernehme, zur alleinigen Rückzahlung der Bankkredite verpflichtet werde und dem Mann eine Ausgleichszahlung von 60.000 S leiste. Primär halte sie aber ihren ursprünglich gestellten Aufteilungsantrag aufrecht (ON 7).

Der Mann sprach sich gegen die beantragte Ausgleichszahlung aus. Er behauptete, die Kreditverbindlichkeiten hafteten derzeit noch mit ca 340.000 S aus. Er sei bereit, die Kreditrückzahlung allein zu übernehmen und bestimmte Fahrnisse an die Frau herauszugeben. Diese sei auf eine neue Wohnung nicht angewiesen, weil sie zu ihrem Freund gezogen sei.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Mietrechte an der Ehewohnung in 1130 Wien, Schluckergasse 3/5/2, beim Mann verbleiben. Es wies einen Teil der von der Frau beanspruchten Fahrnisse in deren Alleineigentum, sämtliche übrigen Fahrnisse der Ehewohnung in das Eigentum des Mannes und verpflichtete diesen, bis zur endgültigen Abstattung des Kredites Nr. 430-46/726.352 bei der

C***-B*** die monatlichen Rückzahlungsraten alleine zu bezahlen sowie die Frau im Falle ihrer Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten. Das Erstgericht stellte im wesentlichen den eingangs dargelegten Sachverhalt fest und folgerte daraus rechtlich, daß der Beitrag beider während der Ehe berufstätigen Parteien zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens gleichwertig sei. Da aber dem aufzuteilenden ehelichen Gebrauchsvermögen (Ehewohnung und Fahrnisse) im Wert von 249.170 S eheliche Schulden von insgesamt 435.236 S gegenüberstünden, liege ein Schuldenüberhang von ca 186.000 S vor, wovon etwa die Hälfte (93.000 S) auf die Frau entfiele. Mangels entsprechenden Antrages des Mannes sei der Frau keine Ausgleichszahlung aufzuerlegen gewesen, zumal dem Mann auch die Ehewohnung verbleibe. Damit ist der Entscheidungswille des Erstgerichtes auf Abweisung der von der Frau beantragten Zuerkennung einer Ausgleichszahlung an sie klargestellt, auch wenn darüber spruchmäßig nicht ausdrücklich entschieden worden ist. Das Gericht zweiter Instanz gab dem gegen die Abweisung ihres Ausgleichszahlungsbegehrens sowie gegen die Zuweisung der Ehewohnung an den Mann und dessen alleinige Verpflichtung zur Kreditrückzahlung erhobenen Rekurs der Frau nicht Folge und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Das Rekursgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und billigte auch dessen Rechtsansicht über die Wohnungszuteilung an den Mann, zumal dies dem Hauptantrag der Frau entspreche und diese offenbar eine ausreichende andere Wohnmöglichkeit gefunden habe. Eine Ausgleichszahlung an die Frau komme nicht in Betracht, weil dem Wert der dem Mann samt Einrichtung zugewiesenen Ehewohnung von rund 250.000 S Schulden in nahzu doppelter Höhe gegenüberstünden.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Frau mit dem Antrag auf Abänderung des Beschlusses im Sinne einer Zuweisung der Mietrechte an der Ehewohnung an sie. Hilfsweise beantragt sie, dem Mann eine Ausgleichszahlung von 60.000 S aufzuerlegen.

Der Mann stellt in seiner Revisionsrekursbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel der Frau nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Mit ihren Ausführungen zur mangelnden Glaubwürdigkeit des Mannes zeigt die Rechtsmittelwerberin keine rechtlichen Feststellungsmängel auf, sie bekämpft vielmehr die Beweiswürdigung der Vorinstanzen. Solches ist aber auch im Revisionsrekursverfahren nach § 232 AußStrG unzulässig (EFSl 50.136, 52.928, 55.865 ua).

Im übrigen strebt die Frau seit dem zweitinstanzlichen Verfahren - abweichend von den in erster Instanz gestellten Anträgen - nunmehr in erster Linie die Zuteilung der Mietrechte an der Ehewohnung an sie, hilfsweise aber jedenfalls die Zuerkennung einer Ausgleichszahlung, an. Soweit sie dabei davon ausgeht, sie habe dem Mann Geld für die Wohnung bezahlt, weicht sie aber von der festgestellten Sachverhaltsgrundlage ab. Ihren weiteren Ausführungen, wonach die vorgenommene Aufteilung der Billigkeit widerspreche, ist folgendes entgegenzuhalten:

Wenn die Beiträge der Ehegatten im Sinne des § 83 EheG gleichgewichtig sind, was hier von den Vorinstanzen zutreffend und unbekämpft zugrundegelegt wurde, so entspricht es grundsätzlich dem Gebot der Billigkeit, bei der Regelung des Rechtsverhältnisses an der Ehewohnung die Möglichkeiten zu berücksichtigen, die jedem Ehegatten zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses zur Verfügung stehen (EFSlg 43.774, 46.372, 51.774 ua). Die Ehewohnung soll daher jenem überlassen werden, der darauf mehr angewiesen ist (EFSlg 38.878, 54.592 ua). Im vorliegenden Fall ist dies der Mann, der nach dem Auszug der Frau zu Ostern 1984 in der Ehewohnung verblieb. Es wurde weder behauptet noch besteht an Hand der getroffenen Feststellungen Grund für die Annahme, daß ihm eine andere Wohnmöglichkeit zur Verfügung stünde. Hingegen trifft letzteres offensichtlich auf die Frau zu, die seither in Purkersdorf eine Wohnmöglichkeit gefunden hat. Daß diese etwa zeitlich befristet oder für sie mit ungewöhnlichen Erschwernissen verbunden wäre, aus denen sich ein ebenso dringendes Bedürfnis nach der Ehewohnung ableiten ließe, wurde nicht einmal behauptet.

Gegenstand der gemäß § 83 EheG nach Billigkeitsgrundsätzen vorzunehmenden Aufteilung ist im vorliegenden Fall nach dem hiefür maßgeblichen Stichtag der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht nur die Ehewohnung samt deren Inventar. Es sind vielmehr auch die damit in einem inneren Zusammenhang stehenden Schulden gemäß § 81 Abs 1 zweiter Satz EheG in Anschlag zu bringen. Da die Bankkredite überwiegend zur Instandsetzung und Verbesserung der Ehewohnung sowie zur Anschaffung der Einrichtung verwendet wurden, waren diese Schulden bei der Ermittlung des Wertes der Ehewohnung samt Einrichtung für die Aufteilung entsprechend in Abzug zu bringen (Koziol-Welser, Grundriß8, II, 227; Pichler in Rummel, ABGB, Rz 2 zu §§ 81, 82 EheG; vgl EvBl 1982/113). Soweit die Kreditvaluta darüber hinaus von den Parteien zu Konsumzwecken (Urlaube und zur Finanzierung ihrer sonstigen aufwendigen Lebensweise) verwendet wurde, hängen die Schulden mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammen. Sie sind daher gemäß § 83 Abs 1 letzter Halbsatz EheG gleichfalls bei der Aufteilung zu berücksichtigen (Koziol-Welser, aaO, 228; Pichler, aaO, Rz 6 zu §§ 83, 84 EheG).

Zutreffend haben demnach die Vorinstanzen den Verkehrswert der Ehewohnung (im Sinne der erforderlichen Aufwendungen für eine gleichwertige Wohnung) sowie denjenigen der Einrichtungsgegenstände von insgesamt 249.810 S (unter Berücksichtigung des Wertes der der Frau zugewiesenen Fahrnisse: 247.310 S) der zum Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft aushaftenden Kreditschuld gegenübergestellt. Der Mann hat ja seither die Rückzahlungsraten aus seinem eigenen Vermögen allein beglichen. Dabei kann es aber im Gegensatz zur Meinung der Vorinstanzen nicht auf den damals noch aushaftenden Gesamtbetrag der monatlich zu zahlenden Rückzahlungsraten ankommen, sondern nur auf den noch offenen Kapitalbetrag des auf eine Laufzeit von zehn Jahren in Anspruch genommenen Kredites. Ende April 1984 konnte nach 14 Monaten (= rund 11,7 % der Laufzeit) höchstens ein Kapitalbetrag von 32.760 S getilgt sein, so daß noch ein Kapitalrestbetrag von 247.240 S aushaftete. Das entspricht aber annähernd dem Wert der Ehewohnung samt demjenigen des dem Mann zugewiesenen Inventars und es steht daher mit den Grundsätzen der Billigkeit durchaus in Einklang, daß er gemäß § 92 EheG im Innenverhältnis auch zur alleinigen Kreditrückzahlung verpflichtet worden ist. Damit ist jedoch bereits eine billige Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der zu veranschlagenden Schulden durch Realzuweisung erzielt worden, weshalb die Anordnung einer billigen Ausgleichszahlung gemäß § 94 Abs 1 EheG nicht mehr in Betracht kam. Wenn es auch im Regelfall durchaus der Billigkeit entsprechen mag, daß der Ehegatte, der die Ehewohnung erhält, den anderen bei der Beschaffung einer neuen Wohnung durch eine Ausgleichszahlung unterstützt (EFSlg 51.828, 54.664 ua), so gilt dieser Grundsatz doch nicht schlechthin, sondern nur dann, wenn der Wert der Zuteilung ohne solchen Ausgleich ungleich bliebe, also das sonstige Aufteilungsverfahren nicht bereits - wie hier - zu einem ausgleichenden Ergebnis geführt hat (Pichler, aaO, Rz 1 zu § 94 EheG; 7 Ob 681/87).

Dem Revisionsrekurs mußte aus allen diesen Gründen ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG. Da der Mann obsiegt hat, erscheint es billig, ihm die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zumindest auf der Basis der erfolgreich abgewehrten Ausgleichszahlung von 60.000 S zuzuerkennen.

Anmerkung

E17346

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00545.89.0518.000

Dokumentnummer

JJT_19890518_OGH0002_0060OB00545_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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