Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*** Gesellschaft mbH, 1010 Wien, Kärntner Ring 8, vertreten durch Dr.Alexander Milavec, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Ivan B***, Angestellter; 2) Yvonne B***, Angestellte, beide in 1130 Wien, Wenzgasse 12, beide vertreten durch Dr.Martin Zenz, Rechtsanwalt in Wien, wegen 359.960 S sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 28.Oktober 1988, GZ 13 R 203/88-56, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 29.Februar 1988, GZ 4 Cg 319/83-49, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
1) Die Revision wird, soweit sie die den Gegenstand der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichtes bildenden restlichen Ansprüche der klagenden Partei aus den Kreditverträgen mit den Kontoendnummern 403 (12.163,16 S sA), 404 (2.122,44 S sA) und 407 (12.605,65 S sA) betrifft, zurückgewiesen.
In diesem Umfang haben die Streitteile die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
2) Im übrigen wird der Akt dem Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, sein Urteil durch einen Ausspruch im Sinne des § 500 Abs. 3 ZPO in bezug auf die weiters geltend gemachten Ansprüche aus den Kreditverträgen mit den Kontoendnummern 405 (25.570,54 S sA), 406 (27.884,22 S sA), 408 (40.304,63 S sA), 409 (150.267,33 S sA), 410 (29.959,42 S sA) und 411 (59.082,61 S sA) zu ergänzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrte als Zessionarin der M***, Kredit- und Leasinggesellschaft mbH ursprünglich die Zahlung von insgesamt 479.960 S sA und behauptete, die Zedentin habe der T*** Internationale Speditionsgesellschaft mbH (im folgenden kurz "T***" genannt), über deren Vermögen am 6.Dezember 1982 zu
S 289/82 des Handelsgerichtes Wien das Konkursverfahren eröffnet worden sei, in der Zeit vom 3.März 1980 bis 24.Februar 1982 insgesamt neun Kredite auf gesonderten Kreditkonten mit folgenden Endnummern gewährt, die per 31.August 1983 mit nachstehenden Beträgen unberichtigt aushafteten:
1) Kontoendnummer 403 (Kreditvertrag vom 3.März 1980)
16.218 S
2) Kontoendnummer 404 (Kreditvertrag vom 3.März 1980)
2.830 S
3)
Kontoendnummer 405 (Kreditvertrag vom 3.März 1980) 34.095 S
4)
Kontoendnummer 406 (Kreditvertrag vom 16.Oktober 1980)
37.180 S
5) Kontoendnummer 407 (Kreditvertrag vom 16.Oktober 1980)
16.808 S
6) Kontoendnummer 408 (Kreditvertrag vom 5.Dezember 1980)
53.741 S
7) Kontoendnummer 409 (Kreditvertrag vom 10.Februar 1981)
200.362 S
8) Kontoendnummer 410 (Kreditvertrag vom 28.Jänner 1981)
39.947 S
9) Kontoendnummer 411 (Kreditvertrag vom 24.Februar 1982)
78.779 S
Bei den zu 1) und 6) bis 9) genannten Verträgen habe es sich jeweils um Ankaufsfinanzierungen von Fahrzeugen und eines Büro-Computers gehandelt. Der Kreditgeberin sei dabei das vorbehaltene Eigentum der Verkäufer an den verkauften Gegenständen überlassen worden. In den zu 2) bis 5) genannten Geschäftsfällen seien jeweils Barkredite gewährt worden. Für die Kreditschulden zu
2) und 3) hätten die beiden Beklagten die Haftung als Bürgen übernommen, in allen anderen Fällen seien die beiden Beklagten gemeinsam mit der T*** Kreditnehmer gewesen (ON 4, AS 10 ff und ON 5, AS 15). Unbestritten ist, daß der Kreditgeberin insgesamt noch weitere vier Fahrzeuge, drei Gabelstabler und zwei Handhubwagen der T*** verpfändet worden sind (ON 6, AS 19; ON 9, AS 25 und ON 12, AS 31)
Die Beklagten wendeten bis zur Höhe der Klagsgesamtforderung eine auf den Titel des Schadenersatzes gestützte Gegenforderung von 739.500 S ein, weil die Kreditgeberin sowohl die in ihrem Eigentum stehenden und von ihr finanzierten Kaufgegenstände als auch die Pfandobjekte vereinbarungswidrig verwertet und dabei nicht den höchstmöglichen Erlös erzielt habe.
Im ersten Rechtsgang sprach das Erstgericht der Klägerin insgesamt 379.960 S sA zu und wies deren Mehrbegehren im Umfang von weiteren 100.000 S sA ab. Diese Abweisung ist in Rechtskraft erwachsen (ON 33).
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil in seinem stattgebenden Teil auf und verwies die Sache ohne Rechtskraftvorbehalt an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurück (ON 38).
Im zweiten Rechtsgang erkannte das Erstgericht die noch in Rede stehenden Klagsforderungen mit dem Betrag von 379.960 S und die Gegenforderung der beiden Beklagten mit dem Betrag von 20.000 S als zu Recht bestehend. Es verhielt diese daher zur Zahlung von 359.960 S sA und wies das Mehrbegehren im Umfang von weiteren 20.000 S sA ab. Auch diese Abweisung ist in Rechtskraft erwachsen. Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der von den beiden Beklagten gegen den stattgebenden Teil des Ersturteiles erhobenen Berufung nicht Folge.
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision der Beklagten ist zum Teil unzulässig. Zum übrigen Teil kann die Zulässigkeit des Rechtsmittels noch nicht abschließend beurteilt werden.
Rechtliche Beurteilung
Das angefochtene Urteil gilt gemäß § 502 Abs. 3 letzter Satz ZPO nicht als bestätigend, weil das Urteil erster Instanz im zweiten Rechtsgang aufgrund eines ohne Rechtskraftvorbehalt ergangenen Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschlusses des Berufungsgerichtes gefällt wurde und die bindende Rechtsansicht dieses Beschlusses für die Entscheidung des Erstgerichtes im zweiten Rechtsgang und für die neuerliche Entscheidung des Berufungsgerichtes kausal war (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1877). Auch in einem solchen Fall muß der Beschwerdegegenstand an Geld oder Geldeswert jedenfalls 15.000 S übersteigen (§ 502 Abs. 2 Z 2 ZPO), während im übrigen zu unterscheiden ist: Übersteigt der Streitwert, über den das Berufungsgericht entschieden hat, 300.000 S, dann ist Vollrevision aus allen Revisionsgründen zulässig. Liegt der Streitwert der Berufungsentscheidung darunter, dann kommt § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zur Anwendung und die Revision ist nur dann zulässig, wenn das Berufungsgericht sie für zulässig erklärt hat, sonst nur, wenn sie als außerordentliche Revision (§ 505 Abs. 3 ZPO) eingebracht wird (Fasching, aaO, Rz 1876).
Ist die Zulässigkeit der Revision - wie hier - von Geldbeträgen oder in Geld ausgedrückten Streitwerten abhängig, gelten gemäß § 55 Abs. 4 JN die Zusammenrechnungsvorschriften des § 55 Abs. 1 bis 3 JN. Nach § 55 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 JN sind mehrere von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei in einer Klage geltend gemachten Ansprüche nur dann für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln zusammenzurechnen, wenn sie in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen. Mangels eines solchen Zusammenhanges sind allenfalls auch getrennte Aussprüche über die Zulässigkeit der Revision erforderlich (Petrasch in ÖJZ 1983, 201 und ÖJZ 1985, 295). Ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang besteht, wenn jeder der mehreren Ansprüche für sich unabhängig von dem anderen nicht bestehen kann oder wenn die Forderungen aus einer gemeinsamen Tatsache oder aus einem gemeinsamen Rechtsgrund entstanden sind. Für den rechtlichen Zusammenhang gilt dabei als Kriterium, daß die Ansprüche aus einer Gesetzesstelle abgeleitet werden oder miteinander in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. In einem tatsächlichen Zusammenhang stehen alle Klagsansprüche, die aus demselben Klagssachverhalt abzuleiten sind. Dies ist dann der Fall, wenn das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne daß noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre. Ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang besteht nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein ganz verschiedenes rechtliches Schicksal haben kann oder wenn kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen diesen Ansprüchen besteht (MietSlg. 34.768; SZ 56/186; MietSlg. 37.763; 1 Ob 700/87; 7 Ob 607/88 ua). Wenn demnach Ansprüche aus mehreren miteinander nicht zusammenhängenden Verträgen - so wie hier aus fünf drittfinanzierten Kaufgeschäften und vier Barkreditverträgen, die nicht nur überwiegend zu verschiedenen Zeitpunkten zustande gekommen sind, sondern für die auch verschiedene, jeweils gesonderte Konten geführt werden, so daß sie jeweils getrenntem rechtlichen Schicksal unterworfen sind - geltend gemacht, ist ein rechtlicher oder tatsächlicher Zusammenhang zu verneinen. Jeder dieser neun Verträge ist vielmehr, soweit es um die Zulässigkeit der Revision geht, gesondert zu beurteilen (vgl. SZ 43/185; JBl. 1982, 380; 6 Ob 690/86; 1 Ob 656/88).
Im Hinblick auf die bereits in Rechtskraft erwachsene Teilabweisung der gesamten Klagsforderungen im Umfang von 120.000 S sA (das sind 25,002083 %), waren Gegenstand der Entscheidung des Berufungsgerichtes nur mehr Klagsforderungen im Gesamtbetrag von 359.960 S sA. Es erhebt sich daher die Frage, auf welche der einzelnen Kreditforderungen der Klägerin diese Teilabweisungen anzurechnen sind und in welchem Umfang dies zu geschehen hat. Hier ist von Bedeutung, daß eine Teilforderung von insgesamt 100.000 S sA deshalb abgewiesen wurde, weil die Klägerin die von ihr noch vor dem 31.März 1983 erzielten Verkaufserlöse für zwei Pfandgegenstände (PKW Mercedes-Benz 230 !60.000 S und Gabelstabler Fahrgestell-Nr. 13.088 !40.000 S ) keinem einzigen der klagsgegenständlichen Kreditkonten gutgeschrieben hat. Im Umfang der zweiten Teilabweisung von 20.000 S sA wurde der Schadenersatzgegenforderung der beiden Beklagten Folge gegeben, weil ihnen der Nachweis gelungen ist, ein vom Erstbeklagten namhaft gemachter Käufer hätte den Pfandgegenstand PKW Mercedes-Benz 230 um 80.000 S gekauft. Gemäß der anzuwendenden Anrechnungsregel des § 1416 ABGB ist - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt 31.März 1983 bzw. 31.August 1983, zu dem sich die wechselseitigen Kapitalforderungen bereits aufrechenbar gegenüberstanden, so daß eine vorrangige Anrechnung auf die geltend gemachten Verzugszinsen nicht in Betracht kommt - eine verhältnismäßige Tilgung der neun einzelnen Klagsforderungen vorzunehmen. Dies umso mehr, als sie alle am selben Tag, nämlich dem der Konkurseröffnung über das Vermögen der T***, fällig waren und gemeinsam eingeklagt wurden; ebensowenig besteht ein Anhaltspunkt für eine verschiedene Beschwerlichkeit dieser Forderungen. Bei verhältnismäßiger Tilgung der neun Klagsforderungen waren sie daher mit folgenden Beträgen noch Gegenstand des Berufungsverfahrens:
Kontoendnummer 403 12.163,16 S
Kontoendnummer 404 2.122,44 S
Kontoendnummer 405 25.570,54 S
Kontoendnummer 406 27.884,22 S
Kontoendnummer 407 12.605,65 S
Kontoendnummer 408 40.304,63 S
Kontoendnummer 409 150.267,33 S
Kontoendnummer 410 29.959,42 S
Kontoendnummer 411 59.082,61 S.
Daraus folgt, daß die Revision in bezug auf die Restforderungen aus den Kreditverträgen mit den Kontoendnummern 403, 404 und 407 schon gemäß § 502 Abs. 2 Z 2 ZPO unzulässig ist, weil der Beschwerdegegenstand jeweils den Betrag von 15.000 S nicht übersteigt. In Ansehung der Restforderungen aus den anderen sechs Kreditverträgen kann die Zulässigkeit der Revision noch nicht beurteilt werden, weil es das Berufungsgericht trotz der jeweils zwar 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigenden Streitwerte unterlassen hat, gemäß § 500 Abs. 3 ZPO auszusprechen, ob die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig ist. Diesen Ausspruch wird das Berufungsgericht daher nachzuholen haben. Sollte es die Revision nicht für zulässig erklären, wäre die bereits erstattete Revision den Revisionswerbern gemäß § 84 Abs. 3 ZPO zur Verbesserung durch Anführung der im § 506 Abs. 1 Z 5 ZPO vorgeschriebenen gesonderten Gründe, warum entgegen diesem Ausspruch die Revision dennoch für zulässig erachtet wird, zurückzustellen (EvBl. 1984/15; ÖBl. 1984, 50; 1 Ob 520/87; 6 Ob 666/87 ua).
Anmerkung
E17331European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00538.89.0518.000Dokumentnummer
JJT_19890518_OGH0002_0060OB00538_8900000_000