Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Sachwalterschaftssache betreffend Wilhelmine H***, geboren am 6. Mai 1913, Landwirtin, 3542 Reittern 34, infolge Revisionsrekurses der Betroffenen gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Rekursgericht vom 4. April 1989, GZ 1 b R 32/89-41, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gföhl vom 23. Februar 1989, GZ SW 4/87-30, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Beschluß vom 17. August 1987 (ON 7) bestellte das Erstgericht gemäß § 273 Abs. 3 Z 2 ABGB Josef H***, einen Neffen, zum Sachwalter für die Betroffene; es betraute ihn mit der Verwaltung ihres gesamten Vermögens. Ein von der Betroffenen gegen diese Entscheidung des Erstgerichtes erhobener Rekurs blieb erfolglos. Mit Beschluß vom 23. Februar 1989 (ON 30) erweiterte das Erstgericht diese Sachwalterschaft dahingehend, daß es den Sachwalter mit der Besorgung aller Angelegenheiten der Betroffenen betraute (§ 273 Abs. 3 Z 3 ABGB).
Das Erstgericht stellte im wesentlichen fest, daß das von der Betroffenen bewohnte Haus in Reittern 34 desolat ist, insbesondere auch der einzige Wohnraum dieses Hauses, der von der Betroffenen bewohnt wird. Wilhelmine H*** befand sich im November und Dezember 1988 im Krankenhaus Zwettl. Nachdem sie von dort entlassen worden war, verschlechterte sich ihr körperlicher Zustand weiter. Sie leidet unter Schwächezuständen; wenn sie zu Sturz kommt, kann sie nicht mehr aufstehen. Sie wird vom Sachwalter und einer Frau, die etwa zweimal täglich zu ihr ins Haus kommen, betreut. Sie müßte aber ständig betreut werden, läßt jedoch von anderer Seite keine Pflege zu. Sie verweigert auch ihre Aufnahme in das Haus des Sachwalters. Die Betroffene ist nicht mehr in der Lage, ihren Gesundheitszustand verläßlich zu beurteilen und sich die erforderliche Hilfe und Pflege angedeihen zu lassen. Es sei daher zu ihrem eigenen Schutz die Sachwalterschaft auf alle Angelegenheiten auszudehnen, wobei insbesondere für eine gehörige Pflege der Betroffenen, allenfalls durch Unterbringung in einem Pflegeheim, zu sorgen sei.
Dem gegen diese Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Rekurs der Betroffenen gab das Rekursgericht keine Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und billigte auch seine rechtliche Beurteilung.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Betroffenen mit dem erkennbaren Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Beendigung der Sachwalterschaft abzuändern.
Dieses Rechtsmittel ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Das von der Bestellung der Sachwalter für behinderte Personen handelnde 5. Hauptstück des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen enthält im § 249 keine abschließende Regelung des Rechtsmittelverfahrens in Sachwalterschaftssachen (8 Ob 543/85; 8 Ob 538/86 ua), sodaß, soweit diese Bestimmung nichts Abweichendes normiert, die allgemeinen Bestimmungen der §§ 9 ff AußStrG gelten. Auch im Verfahren zur Bestellung von Sachwaltern für behinderte Personen bzw. zur Erweiterung der Sachwalterschaft (§ 251 AußStrG) ist somit § 16 AußStrG anzuwenden. Da das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes bestätigte, kann seine Entscheidung nur wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit oder Nichtigkeit angefochten werden.
Das Vorliegen derartiger Rechtsmittelgründe zeigt die Revisionsrekurswerberin nicht auf.
Die Frage, ob die vorliegenden konkreten Umstände die Erweiterung der Sachwalterschaft auf den im § 273 Abs. 3 Z 3 ABGB umschriebenen Umfang rechtfertigen, ist im Gesetz nicht geregelt. Wenn die Vorinstanzen auf Grund der festgestellten Umstände die Erweiterung der Sachwalterschaft in der Weise für erforderlich hielten, daß sie den bestellten Sachwalter mit der Besorgung aller Angelegenheiten der behinderten Person betrauten, kann daher darin keine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG gelegen sein (2 Ob 520/89 ua).
Die Behauptung des Vorliegens anderer Rechtsmittelgründe im Sinne dieser Gesetzesstelle ist den Rechtsmittelausführungen der Betroffenen nicht zu entnehmen; auch aus der Aktenlage ergeben sich hiefür keine Anhaltspunkte.
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Betroffenen ist daher zurückzuweisen.
Anmerkung
E17559European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00544.89.0523.000Dokumentnummer
JJT_19890523_OGH0002_0020OB00544_8900000_000