TE OGH 1989/5/23 5Ob599/88

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Veröffentlicht am 23.05.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Vw Hansjörg K*** KG, Maria Theresien-Straße 3, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dr. Harald E. Hummel, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Friedrich L***, Kaufmann, Bahnhofsplatz 4, 6700 Bludenz, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Auflösung eines Pachtvertrages, Räumung und Abgabe von Erklärungen infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 13. April 1988, GZ 2 a R 134/88-32, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 22. Dezember 1985, GZ 11 C 947/85-23, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Beklagte ist auf Grund des zwischen den Parteien am 27. Mai 1982 abgeschlossenen Pachtvertrages Pächter des im Keller des Hauses Innsbruck, Maria Theresien-Straße 10 etablierten Unternehmens Nachtclub "Irgendwo" samt Konzession. Das Pachtverhältnis begann am 1. Juni 1982 und wurde auf die Dauer von 10 Jahren abgeschlossen. Nach Punkt V des Pachtvertrages ist die klagende Gesellschaft berechtigt, durch einseitige Erklärung die vorzeitige Auflösung des Vertrages zu verlangen, wenn ua einer der Gründe des § 1118 ABGB vorliegt oder wenn wesentliche Bestimmungen des Vertrages vom Beklagten nicht eingehalten werden sollten. Gemäß Punkt VII des Pachtvertrages ist der Beklagte verpflichtet, das gepachtete Unternehmen auf Grund der ihm mitverpachteten Konzession zu betreiben. In Punkt XIV des genannten Vertrages wurde vereinbart, daß nach Ablauf von 5 Jahren der Eintritt eines Dritten in den Vertrag auf Seite des Pächters im Einvernehmen mit der Verpächterin möglich ist.

Mit der am 30.Oktober 1985 beim Erstgericht erhobenen Klage begehrte die klagende Gesellschaft I) den Pachtvertrag vom 27. Mai 1982 für aufgehoben zu erklären und die beklagte Partei schuldig zu erkennen, das im straßenseitigen Kellerlokal samt Nebenräumen des Hauses Innsbruck, Maria Theresien-Straße 10 befindliche gastgewerbliche Unternehmen (Nachtclub Irgendwo) samt Kellerräumen der klagenden Partei geräumt zu übergeben (Punkt II) und gegenüber dem Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck als Gewerbebehörde alle Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um die Aufhebung der mit Bescheid vom 16.August 1982, Zl. I-7728/1982, bewilligten Übertragung der Gewerbeausübung zu bewirken (Punkt III). Der Beklagte habe das den Gegenstand des genannten Pachtvertrages bildende gastgewerbliche Unternehmen ohne ihre Zustimmung unterverpachtet. Da eine Unterverpachtung einer Gastgewerbekonzession gewerberechtlich nicht zulässig sei, sei die Unterpächterin Helga R*** gewerberechtlich bestraft worden. Trotz dieser verwaltungsbehördlichen Bestrafung betreibe sie das gastgewerbliche Unternehmen weiter auf eigene Rechnung. Die Bestimmung des Punktes VII des Pachtvertrages, wonach das gepachtete Unternehmen auf Grund der mitverpachteten Konzession zu betreiben ist, sei im Einklang mit Punkt XIV des Pachtvertrages so zu verstehen, daß jedenfalls bis zum Ablauf von 5 Jahren ab Beginn des Pachtverhältnisses das Unternehmen vom Beklagten persönlich zu betreiben sei. Gegen diese Vertragsbestimmungen habe der Beklagte verstoßen, was die klagende Partei zur vorzeitigen Auflösung des Pachtvertrages berechtige. Die vorzeitige Auflösung sei aber auch deshalb berechtigt, weil es der Beklagte unterlassen habe, anfallende Reparaturen durchzuführen, insbesondere die zum Pachtgegenstand gehörige Hebeanlage im Vorraum entsprechend warten zu lassen, weshalb Abwässer in die Bar selbst und in die von der klagenden Partei noch benützten Kellerräume abgeflossen seien. Weiters sei auch die Erneuerung verbrannter Boden- und Wandbeläge unterblieben. Der Beklagte habe weiters die in einem Barbetrieb notwendigen Sicherheitsmaßnahmen gegen Brandgefahr sträflich unterlassen, indem er zum Bersten gefüllte Aschenabfallbehälter mit glimmender Asche nach der Sperrstunde nicht habe entleeren lassen. Durch diesen erheblich nachteiligen Gebrauch im Sinne des § 1118 ABGB habe der Beklagte gegen Punkt VI des Pachtvertrages verstoßen, was die Verpächterin ebenfalls zur vorzeitigen Auflösung des Pachtvertrages berechtige. Schließlich habe der Beklagte auch noch entgegen der Bestimmung des Punktes VII des Pachtvertrages im Pachtgegenstand Spielautomaten betrieben, ohne hiefür eine Konzession zu besitzen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klagebegehren. Nach dem Pachtvertrag sei die Begründung eines Unterbestandverhältnisses nicht verboten. Davon sei auch bei Vertragsabschluß keine Rede gewesen. Die in Punkt VII des Pachtvertrages normierte Betriebspflicht habe mit Punkt XIV des Pachtvertrages nichts zu tun. Die Rechtswirksamkeit des Unterbestandverhältnisses mit Helga R*** sei von der Genehmigung durch die Gewerbebehörde hinsichtlich der Konzessionsverpachtung abhängig gemacht worden. Mangels einer solchen Genehmigung sei der Unterpachtvertrag gar nicht wirksam geworden und sei deshalb ein Verfahren zwischen dem Beklagten und Helga R*** anhängig. Unabhängig davon, daß die Unterverpachtung einer Zustimmung der klagenden Partei nicht bedurft habe, habe diese der Unterverpachtung zumindest schlüssig zugestimmt. Für den Fall, daß dem Räumungsbegehren des Beklagten gegen Helga R*** stattgegeben werde, fehle der klagenden Partei hinsichtlich des streitgegenständlichen Räumungsbegehrens jegliches Rechtsschutzinteresse. Der Beklagte habe die anfallenden Reparaturen innerhalb angemessener Frist laufend beheben lassen. Ein erheblich nachteiliger Gebrauch im Sinn des § 1118 ABGB durch Unterlassung der im Barbetrieb notwendigen Sicherheitsmaßnahmen gegen Brandgefahr liege ebenfalls nicht vor. Er habe in den Bestandräumlichkeiten auch keinerlei Automaten installiert oder betrieben. Wegen des gestellten Räumungsbegehrens habe die klagende Partei kein rechtliches Interesse an der Feststellung der Auflösung des Pachtvertrages, weshalb das Urteilsbegehren zu Punkt I unzulässig sei.

Über die vom Beklagten weiters noch hinsichtlich des Punktes III des Klagebegehrens erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges wurde vom Gericht zweiter Instanz mit dem in das Urteil aufgenommenen Beschluß im Sinne der Abweisung dieser Einrede rechtskräftig entschieden.

Das Erstgericht sprach - abgesehen von der mit Beschluß erfolgten Zurückweisung des Klagebegehrens zu Punkt III wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges - mit Urteil aus, daß 1. der zwischen den Streitteilen am 27.5.1982 abgeschlossene Pachtvertrag aufgehoben werde und 2. die beklagte Partei schuldig sei, der klagenden Partei das im genannten Kellerlokal samt Nebenräumen befindliche gastgewerbliche Unternehmen "Nachtclub Irgendwo" sowie die erwähnten Kellerräume von nicht in Bestand genommenen Gegenständen geräumt binnen 14 Tagen zu übergeben. Das Erstgericht traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Feststellungen:

Am 14.August 1984 begründeten der Beklagte und Helga R*** ein Unterbestandverhältnis über das (im Hause Innsbruck, Maria Theresien-Straße 10, etablierte) gastgewerbliche Unternehmen samt Konzession für die Zeit vom 1.August 1984 bis 31.Mai 1992. In der Folge versuchte der Beklagte, die Zustimmung des Geschäftsführers der Klägerin zur Unterverpachtung zu erhalten. Dipl.Vw. K*** war auch nicht von vornherein gegen eine Zustimmung zu einer Unterverpachtung, weil er bis dorthin mit der Führung des Unternehmens durch den Beklagten nicht einverstanden war und dieser auch Schulden bei ihm hatte. Aus diesem Grunde bereitete der Geschäftsführer der klagenden Partei mit Helga R*** am 13. August 1984 eine Vereinbarung über die Reinigung des Pachtgegenstandes vor, die er zur Grundlage für einen nachfolgenden Vertrag über die Unterverpachtung machen wollte. Am Tag der Übergabe des Lokales an Helga R*** bzw am Tag der Lagerbestandaufnahme befand sich neben dem in der Zwischenzeit verstorbenen Herrn R***, seiner Tochter, Margit R***, und dem Beklagten auch der Geschäftsführer der klagenden Partei im Pachtobjekt, da dieser vom Beklagten dorthin bestellt worden war. Der Beklagte hatte ihm nämlich gesagt, dort seine Schulden bezahlen zu wollen. Der Geschäftsführer der klagenden Partei war bei der Lagerbestandaufnahme jedoch noch nicht anwesend. Auch sonst bemerkte Dipl.Vw. K*** nicht, daß an diesem Tag das Lokal an Helga R*** übergeben wurde, zumal Helga R*** im Pachtobjekt ja gar nicht anwesend war und er vom eigentlichen Vorgang der Übergabe nichts mitbekommen hatte. Jedenfalls erteilte Dipl.Vw. K*** weder ausdrücklich noch stillschweigend seine Zustimmung zur Unterverpachtung, auch nicht beim Champagner-Trinken an diesem Tag, da er von der Übergabe bzw vom Vertragsabschluß zwischen Beklagten und R*** nichts gewußt hatte. Er nahm als Geschäftsführer der klagenden Partei auch keine Zahlungen durch R*** an, sondern lediglich als Privatperson. Am 29.August 1984 fuhr Dipl.Vw. K*** nach Vorarlberg, um dort mit dem Beklagten und seinem Rechtsvertreter, Rechtsanwalt Dr. Achammer, über eine Zustimmung zur Unterverpachtung zu verhandeln. Da der Beklagte die Bedingungen des Geschäftsführers der Klägerin, daß dann sowohl der Beklagte als auch Helga R*** für Pachtzins und Betriebskosten persönlich haften sollten, nicht akzeptieren wollte und er der Ansicht war, die Zustimmung des Dipl.Vw. K*** nicht zu benötigen, scheiterten diese Verhandlungen. Mit Schreiben vom 5.September 1984 machte der Geschäftsführer der klagenden Partei nochmals deutlich, daß er mit einer Unterverpachtung unter gegebenen Umständen nicht einverstanden sei. Zwischen dem Beklagten und Helga R*** kam es bald zu Schwierigkeiten. So sind nun beim Bezirksgericht Feldkirch gegen Helga R*** eine Räumungsklage und eine Klage auf Bezahlung rückständigen Bestandzinses anhängig (C 3456/85, C 3457/85 des Bezirksgerichtes Feldkirch). Entgegen der vertraglichen Vereinbarung wurde in der Folge und wird auch derzeit noch das gastgewerbliche Unternehmen von Helga R*** bzw ihrer Tochter Margit R*** betrieben, allerdings nicht unter Zugrundelegung der dem Beklagten von der klagenden Partei mitverpachteten Konzession, sondern einer Helga R*** selbst erteilten und ihr zustehenden Konzession.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß der Geschäftsführer der klagenden Partei die nach dem Pachtvertrag für eine Unterverpachtung erforderliche Zustimmung weder ausdrücklich noch schlüssig erteilt habe. Die Unterverpachtung stelle daher einen Verstoß gegen wesentliche Bestimmungen des Pachtvertrages dar, weshalb die klagende Partei gemäß Punkt V des Pachtvertrages zur vorzeitigen Auflösung desselben berechtigt sei und der Beklagte die gepachteten Räumlichkeiten zu räumen habe. Ob das Unterbestandverhältnis mit Helga R*** gültig zustandegekommen sei, sei in diesem Zusammenhang unerheblich, weil bereits durch den Abschluß des Unterpachtvertrages ohne Einverständnis der klagenden Partei eine wesentliche Bestimmung des Vertrages verletzt worden sei. Auch wegen des Umstandes, daß das Unternehmen auch jetzt noch zufolge des Unterpachtvertrages von Helga R*** auf Grund ihrer eigenen Konzession betrieben werde, was gegen Punkt VII des Pachtvertrages verstoße, sei die Klägerin zur vorzeitigen Aufhebung des Pachtvertrages berechtigt. Schließlich vertrat das Erstgericht noch die Ansicht, daß bei dieser Sachlage auf die weiteren behaupteten Vertragsverletzungen nicht mehr einzugehen gewesen sei. Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Beklagten Folge, hob das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es als Berufungsgericht entschieden habe, 300.000 S übersteigt, unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht erachtete die unter dem Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtigen Beweiswürdigung erhobenen Rügen als rechtlich unerheblich und nahm zur Rechtsrüge des Beklagten im wesentlichen wie folgt Stellung:

In der Rechtsrüge mache der Beklagte zunächst geltend, daß das Erstgericht im Punkt 1. des Urteilsspruchs, womit der zwischen den Streitteilen am 27.Mai 1982 abgeschlossene Pachtvertrag aufgehoben worden sei, über das Klagebegehren hinausgegangen sei und daher ein Verstoß gegen § 405 ZPO vorliege. Dem Berufungswerber sei darin zu folgen, daß ein Rechtsgestaltungsbegehren auf Aufhebung des Pachtvertrages vom 27.Mai 1982 von der klagenden Partei nicht gestellt worden sei. Die Aufhebungserklärung nach § 1118 ABGB könne außergerichtlich oder gerichtlich in der Klage erfolgen und stelle eine einseitige, empfangsbedürftige Erklärung dar, die mit dem Zugang an den Vertragspartner wirksam werde (EvBl 1968/121, MietSlg 25.158, 34.264 ua). Die klagende Partei habe auch bereits in der Klage mit der Behauptung wesentlicher Vertragsverletzungen durch den Beklagten einseitig die vorzeitige Auflösung des Pachtverhältnisses ausgesprochen. Das Urteilsbegehren zu Punkt I, wonach der Pachtvertrag vom 27.Mai 1982 aufgehoben sei, stelle somit kein Begehren auf gerichtliche Rechtsgestaltung dar. Die in Punkt II 1. des Urteils ausgesprochene Rechtsgestaltung auf Aufhebung des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Pachtvertrages gehe somit über das Begehren hinaus und verstoße gegen § 405 ZPO. Im Schriftsatz ON 7 habe die klagende Partei vorgebracht, daß das Begehren auf Feststellung, daß der Pachtvertrag vom 27.Mai 1982 aufgehoben sei und das Begehren auf Übergabe des Pachtgegenstandes und Räumung logischerweise eine Einheit bildeten. Hiedurch sei aber noch nicht ausreichend klargestellt, ob dem Feststellungsanspruch zu Punkt I des Urteilsbegehrens lediglich deklarative Bedeutung in Verbindung mit den Urteilsbegehren zu Punkt II und III zukomme (in diesem Falle wäre ein diesbezüglicher Urteilsausspruch überhaupt entbehrlich) oder ob es sich um ein Feststellungsbegehren handle, welches über die Leistungsbegehren zu Punkt II und III hinausgehe (in welchem Fall aber die rechtlichen Voraussetzungen für ein derartiges Feststellungsbegehren mit der klagenden Partei noch zu erörtern sein würden). Für diesen Fall werde das Feststellungsbegehren von der klagenden Partei auch gesondert zu bewerten sein. Die Entscheidung über das Urteilsbegehren zu Punkt I sei somit noch nicht spruchreif. Soweit der Berufungswerber in der Rechtsrüge weiter geltend mache, daß sich das Erstgericht mit der rechtlichen Natur des Vertrages vom 27. Mai 1982 nicht auseinandergesetzt habe, könne dem nicht gefolgt werden. Den Feststellungen im Ersturteil sei klar zu entnehmen, daß das Erstgericht von einer Unternehmenspacht und nicht etwa von einer bloßen Geschäftsraummiete zwischen den Streitteilen ausgegangen sei. An der rechtlichen Qualifikation des Pachtvertrages vom 27.Mai 1982 als Unternehmenspacht könne auch kein Zweifel bestehen. Der Umstand, daß sich der Beklagte verpflichtet habe, die gesamten Einbauten und das Inventar um 3,3 Mill. S abzulösen, vermöge an der rechtlichen Qualifikation des Pachtverhältnisses nichts zu ändern, weshalb die Anwendung des MRG ausgeschlossen sei. Der Frage, aus welchem Rechtstitel die Klägerin die Bestandräumlichkeiten benütze, komme in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. Die vom Berufungswerber in der Rechtsrüge angestellten Spekulationen in bezug auf das wirtschaftliche Interesse der klagenden Partei auf vorzeitige Vertragsauflösung im Zusammenhang mit der Inventarablöse entbehrten jeglicher Feststellungsgrundlage und sei darauf nicht weiter einzugehen.

Der Rechtsrüge sei aber darin zu folgen, daß entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes dem Pachtvertrag vom 27.Mai 1982 ein Verbot der Unterverpachtung nicht entnommen werden könne. Ein derartiges Verbot könne aus Punkt XIV des Pachtvertrages nicht abgeleitet werden, da in dieser Bestimmung lediglich vom Eintritt eines Dritten in den Vertrag auf Seiten des Pächters die Rede sei, welcher nach fünfjähriger Pachtdauer im Einvernehmen mit der Verpächterin habe möglich sein sollen. Wenn auch unklar sei, warum im Einvernehmen mit der Verpächterin auch vor dem Ablauf von 5 Jahren ein Pächterwechsel nicht möglich sein sollte, so sei der Vertragstext zu Punkt XIV jedenfalls in der Richtung eindeutig, daß unter "Eintritt eines Dritten in den Vertrag" wohl nur ein Wechsel in der Person des Vertragspartners gemeint sein könne. Bei einer Unterverpachtung trete hingegen der Unterpächter nicht auf Seiten des Pächters in das Pachtverhältnis ein. Für eine Vertragsauslegung oder Vertragsergänzung des Punktes XIV des Pachtvertrages sei daher kein Raum und könne aus dieser Bestimmung somit ein Verbot der Unterverpachtung nicht abgeleitet werden. Ein Verbot der Unterverpachtung könne aber auch nicht aus Punkt VII des Pachtvertrages abgeleitet werden, worin sich der Pächter verpflichtet habe, das gepachtete Unternehmen auf Grund der ihm mitverpachteten Konzession zu betreiben. Aus dieser Bestimmung sei nämlich eine höchstpersönliche Betriebspflicht des Pächters nicht abzuleiten. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes sei daher der Beklagte allein durch den Abschluß des Unterpachtvertrages mit Helga R*** nicht vertragsbrüchig geworden. In diesem Sinne habe das Berufungsgericht im Beschluß vom 10.April 1987 zum Ausdruck gebracht, daß im Falle eines vertraglichen Unterpachtverbotes ein Vertragsbruch des Beklagten vorliege, wenn sich auch nachträglich herausstellen sollte, daß der mit Helga R*** abgeschlossene Unterpachtvertrag ungültig sei. Mangels eines vertraglichen Unterpachtverbotes komme der Frage, ob die klagende Partei der Unterverpachtung an Helga R*** (ausdrücklich oder schlüssig) zugestimmt habe oder nicht, ob somit diese Wirksamkeitsvoraussetzung des Unterpachtvertrages erfüllt sei oder nicht, für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung zu. Ebenso könne nach Auffassung des Berufungsgerichtes im gegenständlichen Verfahren dahingestellt bleiben, ob die Nichtgenehmigung der Konzessionsverpachtung im Unterpachtvertrag durch die Gewerbebehörde die gänzliche Unwirksamkeit des Unterpachtvertrages bewirkt habe, zumal feststehe, daß der Beklagte unabhängig von dieser Wirksamkeitsvoraussetzung der Unterpächterin Helga R*** den Betrieb im August 1984 zur selbständigen Führung übergeben habe und diese das Nachtlokal seit 1985 auf Grund einer eigenen Konzession betreibe. Wenn sich der Berufungswerber nunmehr darauf berufe, daß die Genehmigung der Übertragung der mitverpachteten Konzession auf die Unterpächterin durch die Gewerbebehörde eine Wirksamkeitsvoraussetzung des Unterpachtvertrages gewesen sei, dann wäre er verbunden gewesen, das Pachtobjekt erst ab Vorliegen dieser Voraussetzung an Helga R*** zur selbständigen Führung zu übergeben. Der Berufungswerber könne sich auch nicht auf die von ihm eingebrachte Räumungsklage gegen Helga R*** berufen, da er das Räumungsbegehren im Verfahren C 3456/85 des Bezirksgerichtes Feldkirch nicht etwa auf eine titellose Benützung, sondern auf Pachtzinsrückstände der Unterpächterin gestützt habe. Dem Berufungswerber sei aber darin zu folgen, daß der Umstand, daß Helga R*** das gepachtete Unternehmen auf Grund einer eigenen Konzession betreibe, keine Verletzung des mit der Klägerin abgeschlossenen Pachtvertrages darstelle und der klagenden Partei auch keine Nachteile bringe. In Punkt VII des Pachtvertrages habe sich zwar der Pächter verpflichtet, das gepachtete Unternehmen samt der mitverpachteten Konzession zu betreiben und seien Geschäfte nicht gastgewerblicher Art untersagt. Das wesentliche Interesse der Verpächterin sei in der (wenn auch nicht höchstpersönlichen) Betriebspflicht gelegen und sei eine Verletzung der Betriebspflicht durch die (vertraglich nicht ausgeschlossene) Unterverpachtung nicht gegeben. Im Zusammenhang damit würden auf Grund des Umstandes, daß das Pachtunternehmen von der Unterpächterin auf Grund einer eigenen Konzession betrieben werde wesentliche Interessen der klagenden Partei nicht verletzt, zumal der Unterpächterin im übrigen weitgehend die Bestimmungen des (Haupt-)Pachtvertrages überbunden worden seien. Es könne daher in der Unterverpachtung durch den Beklagten ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Auflösung des Pachtvertrages nicht erblickt werden. Dessen ungeachtet erweise sich die Rechtssache aber noch nicht im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens spruchreif, da das Erstgericht - ausgehend von seiner Rechtsansicht - über die weiters geltend gemachten Auflösungsgründe des grob nachteiligen Gebrauchs vom Bestandobjekt durch den Beklagten hierüber keine Feststellungen getroffen habe. Das Fehlen dieser Feststellungen habe zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung führen müssen (§ 496 Abs 1 Z 3 ZPO). Der Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, stützte es auf § 500 Abs 2 Z 3 ZPO. Gemäß § 58 Abs 2 JN sei bei Streitigkeiten über das Bestehen eines Pachtvertrages der Betrag des auf die gesamte streitige Zeit fallenden Zinses der Bewertung zugrundezulegen. Bei einem Jahrespachtzins zuzüglich Betriebskosten von 256.800 S liege der Pachtzins für den Zeitraum von der vorzeitigen Auflösung des Pachtverhältnisses (12.November 1985) bis zum vereinbarten Pachtende (31.Mai 1992) jedenfalls über 300.000 S. Gemäß § 519 Abs 2 (§ 502 Abs 4 Z 2) ZPO seien die Voraussetzungen für einen Rechtskraftvorbehalt gegeben und erschiene ein solcher im Anbetracht des mit der Verhandlung und Entscheidung über den weiters geltend gemachten Auflösungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauchs vom Pachtgegenstand verbundenen Prozeßaufwandes auch zweckmäßig. Gegen diesen Aufhebungsbeschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht eine Sachentscheidung im Sinne der Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils aufzutragen; hilfsweise wird die Abänderung des berufungsgerichtlichen Beschlusses im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils, allenfalls unter Vornahme einer Korrektur des Punktes I dessen Spruches begehrt.

Der Beklagte beantragte in seiner Rekursbeantwortung, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Hinblick auf den zu Recht beigesetzten Rechtskraftvorbehalt zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt. In ihrer Rechtsrüge wendet sich die klagende Partei gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, dem Pachtvertrag vom 27.Mai 1982 sei ein Verbot der Unterverpachtung nicht zu entnehmen. Die klagende Partei hat ihren Anspruch auf vorzeitige Aufhebung des Pachtvertrages durch einseitige Erklärung und auf Räumung auf die Bestimmung des Punktes V des Pachtvertrages gestützt; in diesem Vertragspunkt wurde als Auflösungsgrund ua das Vorliegen eines dem § 1118 ABGB zu unterstellenden Verhaltens des Beklagten und außerdem ausdrücklich eine Verletzung "wesentlicher Bestimmungen" des Pachtvertrages durch den Pächter vereinbart. Damit eine vertragswidrige Benützung des Bestandobjektes dem Auflösungsgrund des § 1118 (erster Fall) ABGB unterstellt werden kann, ist erforderlich, daß diese wiederholt oder doch längere Zeit hindurch geschieht und dadurch entweder eine erhebliche Substanzverletzung des Bestandobjektes bzw des Objektes, in dem ein gepachtetes Unternehmen betrieben wird, droht oder sonstige wichtige, ideelle oder wirtschaftliche Interessen des Bestandgebers erheblich verletzt werden, wobei es auf die Umstände des Einzelfalles ankommt und diese in ihrer Gesamtheit zu betrachten sind (vgl Würth in Rummel, ABGB, Rz 10 und 11 zu § 1118 und Binder in Schwimann, ABGB IV/2, Rz 48 und 51 zu § 1118 je samt Rechtsprechungshinweis). Voraussetzung ist daher jedenfalls, daß ein "erheblich nachteiliger" Gebrauch im Sinne einer besonders schwerwiegenden Interessenbeeinträchtigung gegeben ist.

Im vorliegenden Fall steht unbekämpft fest, daß der Beklagte nach Punkt VII des Pachtvertrages die Verpflichtung übernommen hat, das gepachtete Unternehmen auf Grund der ihm mitverpachteten Konzession zu betreiben. Bereits in der Klage wurde behauptet, diese Bestimmung sei im Zusammenhang mit der Vereinbarung nach Punkt XIV des Pachtvertrages, wonach nach Ablauf von 5 Jahren der Eintritt eines Dritten in den Pachtvertrag auf Seite des Pächters im Einvernehmen mit der Verpächterin möglich sein sollte, so zu verstehen, daß bis zum Ablauf von 5 Jahren das Unternehmen vom Beklagten selbst zu betreiben sei. Mit Recht weist die Rekurswerberin darauf hin, daß bei der Auslegung von Verträgen nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdruckes zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so auszulegen ist, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (§ 914 ABGB). Die klagende Partei hat in der Klage weiters zutreffend darauf hingewiesen, daß eine Weiterverpachtung der Konzession unzulässig ist (vgl Walter-Mayer, Grundriß des besonderen Verwaltungsrechts2, 317). War es aber Absicht der Parteien, daß das Unternehmen auf Grund der ihm mitverpachteten Konzession der klagenden Partei betrieben wird, so kann es durchaus dem Willen der Parteien entsprochen haben, daß der Pächter verpflichtet sein sollte, das Unternehmen jedenfalls während der Zeit, in der an dem Pachtvertrag keine dritte Person beteiligt sein sollte, also - wie sich aus Punkt XIV des Pachtvertrages ergibt - auf die Dauer von mindestens 5 Jahren selbst zu betreiben. Da die Vorinstanzen es unterlassen haben, nähere Feststellungen über das Zustandekommen des Pachtvertrages, insbesondere die von den Parteien dabei verfolgten Absichten und die von ihnen abgegebenen Erklärungen zu treffen, ist eine abschließende Beurteilung der Frage noch nicht möglich, ob in der unbekämpft festgestellten Unterverpachtung des Unternehmens durch den Beklagten eine Verletzung der von ihm im Pachtvertrag übernommenen Verpflichtungen zu erblicken ist. Der Oberste Gerichtshof vermag sich daher der vom Berufungsgericht allein auf Grund des Wortlautes der beiden genannten Vertragsbestimmungen vorgenommenen Vertragsauslegung nicht anzuschließen. Ist aber die Erforschung des Willens der Parteien, d.i. der dem Erklärungsgegner erkennbaren Absicht der Erklärenden erforderlich, so hat es bei der vom Berufungsgericht verfügten Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung zu verbleiben.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren im Zusammenhang mit der Frage des Bestehens des behaupteten Auflösungsgrundes nach § 1118 ABGB aber weiters auch noch mit den Parteien zu erörtern und zu klären haben, welche Interessen der klagenden Parteien dafür maßgeblich waren, daß der Beklagte verpflichtet werden sollte, das Unternehmen ausschließlich mit der von ihr mitverpachteten Konzession zu führen. Daß damit wichtige ideelle oder wirtschaftliche Interessen der klagenden Partei verbunden sein konnten, ist nicht schlechtweg von der Hand zu weisen und darf bei Beurteilung der Frage, ob in der tatsächlich vorgenommenen Unterverpachtung - falls sie vertragswidrig gewesen sein sollte - eine erhebliche Verletzung wichtiger Interessen der klagenden Partei erblickt werden können, nicht außer Betracht bleiben.

Was nun die Frage des Wesens der Auflösung eines Bestandvertrages nach § 1118 ABGB anlangt, so entspricht es nunmehr der herrschenden Lehre und Rechtsprechung, daß die Auflösung des Bestandvertrages mittels einseitiger empfangsbedürftiger, außergerichtlich oder in der Klage abzugebender Willenserklärung vorzunehmen ist (vgl Würth, aaO, Rz 6 zu § 1118; Binder, aaO, Rz 30 zu § 1118 ABGB) und die Auflösungserklärung mit dem Zugang an den Vertragspartner, daher im Falle der Einbringung einer Räumungsklage mit deren Zustellung wirksam wird (vgl Würth, aaO; Binder, aaO, Rz 44 zu § 1118). Wird somit das Räumungsbegehren aus der Aufhebung des Bestandvertrages nach § 1118 ABGB abgeleitet, so handelt es sich bei einer solchen Klage um keine Rechtsgestaltungsklage, sondern eine Leistungsklage (Würth, aaO). In diesem Zusammenhang ist der Rekurswerberin beizupflichten, daß für das Klagebegehren nicht bloß der Wortlaut des Urteilsantrages maßgeblich ist, dabei vielmehr das gesamte Vorbringen zu berücksichtigen ist. Im vorliegenden Fall hat die klagende Partei bereits in der Klage ausgeführt, sie verlange wegen der Verletzung wesentlicher Bestimmungen des Pachtvertrages durch den Beklagten "hiemit" gemäß Punkt V des Pachtvertrages die vorzeitige Auflösung des Pachtverhältnisses. Damit ist sie offenbar mit Recht davon ausgegangen, mit Punkt 1 ihres Urteilsantrages kein Rechtsgestaltungsbegehren zu stellen. Im übrigen ist den Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Auslegung des Punktes I des Urteilsantrages als Feststellungsbegehren beizupflichten. Dem Rekurs mußte somit im Ergebnis ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E17299

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00599.88.0523.000

Dokumentnummer

JJT_19890523_OGH0002_0050OB00599_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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