TE OGH 1989/5/23 4Ob57/89

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Veröffentlicht am 23.05.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot.Firma "P***" Strickwarenfabrik Kurt P***, Inhaber Kurt P***, Kaufmann, Dornbirn, Sala Nr. 17, vertreten durch Dr. Thomas Rhomberg, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei I*** Gesellschaft mbH, Salzburg, Europastraße 150, vertreten durch Dr. Gunther Stemberger und Dr. Peter Zumtobel, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 500.000 S), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 20. Februar 1989, GZ 4 R 33/89-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 28. Dezember 1988, GZ 5 Cg 385/88-3, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Die beklagte Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig, die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Inhaber der folgenden beim österreichischen Patentamt registrierten Wort-Bild-Marken:

a) Nr. 110.334, angemeldet am 22. April 1985, Beginn der Schutzdauer 12. September 1985, für "Klasse 25: Bekleidungsstücke amerikanischer Herkunft":

Abbildung nicht darstellbar!

b) Nr. 121.710, angemeldet am 21. Dezember 1987, Beginn der Schutzdauer 11. Oktober 1988, für "Klasse 25: Strickwaren":

Abbildung nicht darstellbar!

Der Kläger erzeugt zumindest seit dem Beginn der Schutzdauer seiner Marken in großem Umfang Strickwaren und vertreibt sie im gesamten österreichischen Bundesgebiet.

Die Beklagte bietet auf der vorletzten Seite eines 16-seitigen, mehrfarbigen Prospektes einen "attraktiven Herren-Pulli mit nostalgischer Flugzeugstickerei, Design 'Carles Lindbergh'" um 498 S mit folgender Abbildung an:

Abbildung nicht darstellbar!

Der abgebildete Pullover ist weinrot; das eingestickte Flugzeug ist in weißer Farbe gehalten; darunter befindet sich in schwarzen Buchstaben die Aufschrift "Charles Lindbergh".

Dieser Prospekt gelangte im Auftrag der Vorarlberger Niederlassung der Beklagten Anfang Dezember 1988 als Beilage der Tageszeitung "Vorarlberger Nachrichten" in die Vorarlberger Haushalte.

Mit der Behauptung, daß der erwähnte Pullover der Beklagten geeignet sei, Verwechslungen mit seinem markenmäßig gekennzeichneten und in Vorarlberger Modehäusern als "L***-Pullover" angebotenen Waren hervorzurufen, beantragt der Kläger zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung ab sofort zu verbieten, Bekleidungsstücke, insbesondere Strickwaren, mit der Bezeichnung "C*** L***" anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

Der Erstrichter hat, nachdem die Beklagte innerhalb der ihr gesetzten Frist keine Äußerung erstattet hatte, die einstweilige Verfügung erlassen. Er nahm als bescheinigt an, daß alle Strickwaren aus der entsprechenden Kollektion des Klägers mit den oben wiedergegebenen Marken bezeichnet und etikettiert sowie im Einzelhandel als "Pullover Lindbergh" gekennzeichnet würden. Die beiden Marken des Klägers seien Wort-Bild-Marken, die den Namen des legendären und berühmten amerikanischen Fliegeroffiziers und Flugpioniers Charles Lindbergh enthielten. Damit werde ein besonderer Kundenkreis angesprochen; die Marke suggeriere eine Affinität zur Ausstattung und Bekleidung von Piloten, was gerade heute in der gesamten Bekleidungsindustrie modern und aktuell sei. Da der beanstandete "Herren-Pulli" der Beklagten geeignet sei, im geschäftlichen Verkehr Verwechslungen mit den Produkten des Klägers hervorzurufen, habe die Beklagte in dessen Markenrechte eingegriffen. Das Rekursgericht hob diesen Beschluß unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteige. Wenngleich die Beklagte mangels rechtzeitiger Äußerung als dem Sicherungsantrag zustimmend anzusehen sei (§ 56 EO), müsse das Gericht die Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung prüfen. Nach § 24 UWG bedürfe es hier keiner Gefahrenbescheinigung im Sinne des § 381 EO. Obwohl sich das einstweilige Verbot mit dem Begehren der Unterlassungsklage decke, werde dadurch doch nicht das Urteil vorweggenommen, weil mit letzterem die dauernde Unterlassung, mit der einstweiligen Verfügung aber nur ein befristetes Verbot angeordnet werde.

Der Beklagten sei darin zu folgen, daß jede Bescheinigung für die entscheidungswesentlichen Umstände fehle: Daß die Waren des Klägers mit seinen Marken versehen und im Einzelhandel als "Pullover Lindbergh" gekennzeichnet würden, habe der Erstrichter ohne jede Aktengrundlage als bescheinigt angenommen; zu der Behauptung, daß in Vorarlberg einzelne Modehäuser die Waren des Klägers als "Lindbergh-Pullover" anböten und daß seine Marken eine hohe Verkehrsgeltung erlangt hätten, habe das Erstgericht die vom Kläger angebotenen Beweismittel nicht aufgenommen. Gehe man aber nur von den bisher bescheinigten Tatsachen aus, dann sei die Gefahr einer Verwechslung des auf dem Pullover der Beklagten aufgestickten Schriftzuges "Charles Lindbergh" mit den Wort-Bild-Marken des Klägers zu verneinen. Die Ähnlichkeit bestehe hier nur darin, daß in der einen Wort-Bild-Marke der Familienname und in der anderen der Vorname des berühmten Flugpioniers aufscheine; von der Gestaltung her liege nicht die geringste Ähnlichkeit vor. Die Ähnlichkeit betreffe also nur einzelne Zeichenbestandteile; solche seien aber grundsätzlich nicht selbständig geschützt. Ein Zeichenbestandteil könne allerdings den Gesamteindruck eines Kombinationszeichens prägen oder doch wesentlich mitbestimmen, so daß die Verwendung dieses Teils unmittelbare oder mittelbare Verwechslungsgefahr mit dem Gesamtzeichen hervorrufe. Die Wort-Bild-Marke Nr. 121.710, die nur den allenfalls verwechslungsfähigen Vornamen "Charles" in Verbidnung mit dem Buchstaben "L" enthalte, wäre für sich allein als "schwaches" Zeichen zu betrachten, weil sie eine geringe Unterscheidungskraft habe und zunächst keineswegs die Assoziation zu Charles Lindbergh als der historischen Person wecke. Die Ähnlichkeitsprüfung habe sich daher hauptsächlich an den übrigen Elementen der Bezeichnung zu orientieren. Erst in Verbindung mit der Abbildung Charles Lindberghs erhalte der Vorname "Charles" mit dem Buchstaben "L" den den Gesamteindruck prägenden Charakter; nur zusammen mit dem Bild erhielten die Wortbestandteile der Marke ihre Bedeutung. Das gleiche gelte aber im wesentlichen auch für die zweite geschützte Marke des Klägers: Der Name "Lindbergh" sei zwar kein ausgesprochener "Allerweltsname"; da aber der Vorname fehle, erhalte das Wort "Lindbergh" seine Unterscheidungskraft doch wiederum nur durch die bildliche Darstellung des Flugpioniers, die die Wirkung des fehlenden Vornamens ersetze.

Das Design am Pullover der Beklagten bediene sich hingegen eines völlig anderen bildlichen Hilfsmittels und verwende den gesamten Namen des Flugpioniers, ohne in der Gestaltung auch nur irgendeine Ähnlichkeit mit den Wort-Bild-Marken des Klägers herzustellen. Da der beanstandete Name auf dem Pullover der Beklagten Bestandteil des Designs sei und nicht zur Etikettierung verwendet werde - so daß schon fraglich sei, ob der Beklagten überhaupt ein kennzeichenmäßiger Gebrauch der Klagemarken angelastet werden könne -, erscheine dem Rekursgericht eine verwechselbare Ähnlichkeit mit den geschützten Wort-Bild-Marken des Klägers nicht gegeben. Das könne aber noch nicht zu einer Abweisung des Sicherungsantrages führen, habe sich doch der Kläger auch darauf gestützt, daß seine Pullover in Vorarlberger Modehäusern als "Lindbergh-Pullover" angeboten wurden und seine Marke "Charles Lindbergh" innerhalb beteiligter Verkehrskreise seinem Unternehmen zugeordnet werde und eine hohe Verkehrsgeltung erlangt habe. Damit mache der Kläger neben dem Markeneingriff auch einen Eingriff in ein "anderes Geschäftsabzeichen" im Sinne des § 9 Abs 3 UWG geltend. Da das Erstgericht die hiezu angebotenen Beweismittel nicht aufgenommen habe, müsse mit einer Aufhebung vorgegangen werden. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers wegen Mangelhaftigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Nach § 9 Abs 1 und 3 UWG kann derjenige, der im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen in einer Weise benützt, die geeignet ist, Verwechslungen (u.a.) mit einer registrierten Marke hervorzurufen, vom Markeninhaber auf Unterlassung der Benützung in Anspruch genommen werden. Für den Schutz der Marke ist nur ihr Registerbestand, nicht aber die tatsächliche Art und Weise ihrer Verwendung im geschäftlichen Verkehr maßgebend (SZ 40/129; ÖBl 1971, 133 u.a.). Auf eine allfällige Verkehrsgeltung der Marke kommt es nicht an (ÖBl 1975, 87 u.v.a.). Auch nicht benützte Marken genießen vollen zivilrechtlichen Schutz, sofern die Eintragung - wie hier - nicht länger als 5 Jahre zurückliegt (ÖBl 1982, 19). Wird eine Marke nicht benützt, dann ist die Verwechselbarkeit abstrakt, also nach dem aus dem Markenregister ersichtlichen Schutzumfang der eingetragenen Marke, zu beurteilen (ÖBl 1980, 135 mwN). Mit Recht macht der Kläger geltend, daß die Verwendung des Namens "C*** L***" auf Herrenpullovern der Beklagten geeignet ist, Verwechslungen mit seinen Marken hervorzurufen. Für die Verwechslungsgefahr ist nach ständiger Rechtsprechung der Gesamteindruck des Zeichens maßgebend, den der flüchtige Interessent in der Eile des geschäftlichen Verkehrs empfängt, und nicht etwa eine zergliedernde Betrachtung der einzelnen Bestandteile (ÖBl 1979, 78; PBl 1987, 21 mwN u.v.a.). Dabei muß berücksichtigt werden, daß die beiderseitigen Zeichen in der Regel nicht gleichzeitig wahrgenommen werden, sondern dem aktuellen Wahrnehmungsbild nur ein mehr oder weniger verschwommenes Erinnerungsbild gegenübersteht (ÖBl 1986, 92 mwN). Beim Ähnlichkeitsvergleich von Wortmarken ist auf Wortklang, Wortbild und Wortsinn Bedacht zu nehmen; in der Regel genügt die Verwechslungsgefahr nach einem dieser Gesichtspunkte (ÖBl 1986, 92 mwN). Bei Bildzeichen ist eine bildliche oder begriffliche Übereinstimmung möglich (PBl 1976, 131).

Beide Marken des Klägers rufen beim flüchtigen Durchschnittsbetrachter sofort die Gedankenverbindung zu dem weithin bekannten Flieger Charles Lindbergh hervor. Daß in der Marke Nr. 110.334 mit "Lindbergh" gerade dieser Flieger gemeint ist, ergibt sich eindeutig aus seiner in die Marke aufgenommenen Abbildung. Im Hinblick auf die Bekanntheit dieser Persönlichkeit wird auch die zweite Marke des Klägers mit dem Namensbestandteil "C*** L." sofort auf den auch dort gezeigten Flieger bezogen werden. Wenn nun die Beklagte eine Ware der Gattung, für die die Klagemarken registriert sind, gleichfalls mit dem Namen "Charles Lindbergh" versieht und durch die Anbringung eines Flugzeuges deutlich macht, daß auch sie damit den Flugpionier, der als erster mit dem Flugzeug den Atlantik überquert hat, meint, dann kann die Verwechslungsgefahr - also die Gefahr, daß durch den Zeichengebrauch der Anschein einer Identität der Unternehmen (Verwechslungsgefahr im engeren Sinn) oder zumindest eines besonderen wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhangs zwischen ihnen (Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn) erweckt wird (ÖBl 1983, 80 u.v.a.) - nicht bezweifelt werden. Da die Heranziehung des Namens einer in der Geschichte des Flugwesens bedeutenden Persönlichkeit für Strickwaren durchaus originell ist, kann entgegen der Meinung des Rekursgerichtes auch keine Rede davon sein, daß es sich bei dem Namen Charles Lindbergh um ein "schwaches" Zeichen handle, so daß sich die Ähnlichkeitsprüfung an den übrigen Elementen der Bezeichnung zu orientieren hätte. Der Begriffsinhalt der Klagemarken und des beanstandeten, von der Beklagten gewählten Zeichens ist identisch, nämlich die konkrete historische Person Charles Lindbergh. Die Zweifel des Rekursgerichtes, ob die Beklagte das beanstandete Zeichen überhaupt kennzeichenmäßig gebraucht, können nicht geteilt werden. Nach § 13 MSchG ist unter der Kennzeichnung einer Ware unter anderem der Gebrauch des Zeichens an der Ware selbst zu verstehen. Kennzeichenmäßiger Gebrauch eines Zeichens liegt dann vor, wenn im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung oder in Beziehung auf sie so gebraucht wird, daß der unbefangene Durchschnittsabnehmer annehmen kann, das Zeichen diene der Unterscheidung der so gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung von gleichen oder gleichartigen Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft, weise also auf die Herkunft der Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Betrieb hin (ÖBl 1985, 158;

Baumbach-Hefermehl, Warenzeichenrecht12, 652 Rz 23 zur vergleichbaren Bestimmung des § 15 Abs 1 dWZG). Das trifft aber auch hier zu, wird doch der durschnittliche Betrachter des im Prospekt der Beklagten angekündigten Herren-Pullis des Designs "Charles Lindbergh" annehmen, dieser Pullover solle durch das aufgestickte Zeichen von gleichartigen Waren anderer Erzeuger unterschieden werden.

Dem Kläger steht demnach schon auf Grund der beiden registrierten Marken der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu; die vom Rekursgericht vermißten Feststellungen sind dann aber schon aus rechtlichen Gründen entbehrlich. Auch der im Revisionsrekurs aufgestellten Behauptung, daß das Flugzeug und der Name "Charles Lindbergh" auf dem von der Beklagten vertriebenen Pullover in Wahrheit in anderer Farbe gehalten seien als es das Rekursgericht auf Grund des vorgelegten Prospektes festgestellt habe, kommt rechtlich keine Bedeutung zu.

Da keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, war dem Revisionsrekurs Folge zu geben, der angefochtene Beschluß aufzuheben und in der Sache selbst dahin zu entscheiden, daß die einstweilige Verfügung des Erstrichters wiederhergestellt wird.

Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten des Klägers gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, jener über die der Beklagten im Rechtsmittelverfahren erwachsenen Kosten auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E17567

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00057.89.0523.000

Dokumentnummer

JJT_19890523_OGH0002_0040OB00057_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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