TE OGH 1989/5/24 1Ob591/89

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Veröffentlicht am 24.05.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Hofmann, Dr.Schlosser und Dr.Graf als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj.Bernhard, geboren am 2.Feber 1972, und des mj.Gregor B***, geboren am 26.Juli 1975, infolge Revisionsrekurses des Vaters Ing.Bruno B***, Berufsschullehrer, Graz-Andritz, Innerhoferstraße 12, vertreten durch Dr.Walter Mardetschläger und Dr.Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 29.Dezember 1988, GZ 47 R 891/88-78, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 23.August 1988, GZ 1 P 24/88-68, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern wurde am 23.Juli 1982 gemäß § 55 a EheG geschieden. Zufolge Vergleichs der Eltern vom selben Tag stehen die Elternrechte der Mutter zu; der Vater verpflichtete sich zur Zahlung von monatlichen Unterhaltsbeträgen von je S 1.000,--. Außerdem erklärte sich die Mutter bereit, für die Dauer ihres und der beiden Kinder Aufenthaltes im Ausland auf jede Erhöhung der Unterhaltsbeträge zu verzichten; nach der Rückkehr ins Inland sollten die Unterhaltsbeträge entsprechend der Teuerungsabgeltung für die öffentlich Bediensteten angepaßt werden, als Ausgangsbasis habe der Jänner 1983 zu gelten. Überdies verpflichtete sich die Mutter, den Vater "bezüglich allfälliger Schadenersatzansprüche und sonstiger Verpflichtungen, die gegen den" Vater "gerichtet werden und aus dem Verhalten der ehelichen Kinder resultieren, schad- und klaglos zu halten". Die Kinder leben seit Juli 1987 wieder ständig in Österreich; Bernhard besucht die Fremdenverkehrsfachschule "Modul" mit gutem Erfolg, Gregor das Bundesgymnasium in Wien-Döbling mit sehr gutem Notendurchschnitt.

Sorgepflichtig ist der Vater für seine nicht berufstätige Ehefrau und seine 1983 geborene Tochter Brigitte. Er ist dauernd stark gehbehindert und besitzt den Invaliditätsausweis. Am 11.9.1987 beantragte die Mutter der beiden Minderjährigen, den Vater vom 1.10.1987 an zu monatlichen Unterhaltsleistungen von je S 5.000,-- zu verpflichten.

Das Erstgericht gab dem Erhöhungsantrag statt. Es stellte fest, der Vater habe als Berufsschullehrer im Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.1988 einschließlich der Sonderzahlungen und unter Bedachtnahme auf einen Bezugsvorschuß sowie ein Verbot insgesamt netto S 259.710,40 verdient. Nach Abzug der Familienbeihilfen von monatlich S 4.100,-- errechne sich daraus ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von rund S 39.185,--. Aus selbständiger Arbeit sowie aus Vermietung und Verpachtung habe er zufolge des Einkommensteuerbescheides 1985 Verluste von S 19.000,-- bzw S 114.000,-- erwirtschaftet.

Daraus schloß das Erstgericht, der Vater sei auf Grund seines Einkommens in der Lage, den begehrten erhöhten Unterhalt für die beiden Söhne zu bestreiten.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß. Da im Verfahren außer Streitsachen Amtswegigkeit herrsche, bestünden keine Bedenken dagegen, daß das Erstgericht das Einkommen des Vaters mit einem höheren Betrag feststellte, als im Unterhaltserhöhungsantrag vermutet worden sei. Soweit der Vater behaupte, die von ihm aus anderen Einkunftsarten erwirtschafteten Verluste seien nicht entsprechend berücksichtigt worden, genüge der Hinweis, daß das zu versteuernde Einkommen im allgemeinen keine für die Unterhaltsregelung taugliche Bemessungsgrundlage darstelle, weil die Bemessung der Einkommensteuer nach anderen Gesichtspunkten als die Einkommensermittlung im Unterhaltsverfahren erfolge. Überdies erziele der Vater aus seiner Tätigkeit als Berufsschullehrer ohnehin ein überdurchschnittliches Einkommen, so daß der Alimentationsanspruch durch zusätzliche defizitäre Erwerbsquellen des Vaters nicht geschmälert werden könne. Soweit der Vater letztlich behaupte, das Erstgericht habe die Bestimmungen des Scheidungsvergleiches über die Unterhaltsfestsetzung und die Verpflichtung der Mutter zur Schad- und Klagloshaltung nicht gebührend beachtet, sei ihm entgegenzuhalten, daß sich im Vergleich keine Anhaltspunkte dafür fänden, mit dem die beiden Minderjährigen betreffenden Teil des Scheidungsvergleiches hätten andere als deren gesetzliche Unterhaltsansprüche geregelt werden sollen. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse - seit dem Abschluß des Vergleiches seien rund sechs Jahre verstrichen, innerhalb welchen Zeitraums sich die Bedürfnisse der Kinder altersgemäß entsprechend erhöht hätten - rechtfertige demnach eine Neubemessung des Unterhalts. Lägen aber die Voraussetzungen für eine Änderung der Unterhaltsregelung vor, sei diese nach der Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt ohne Bindung an die dem Vergleich zugrunde liegenden Verhältnisse zu treffen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist nicht zulässig.

Der Rechtsmittelwerber vermengt in seinen Ausführungen, mit welchen er die Zulässigkeit seines Revisionsrekurses begründet, die Bestimmung des § 16 Abs 1 AußStrG, die die Zulässigkeit des Rechtsmittels gegen eine bestätigende rekursgerichtliche Entscheidung auf die dort genannten Anfechtungsgründe einschränkt, und die Voraussetzungen für den außerordentlichen Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 ZPO. Er übersieht dabei, daß für die Zulässigkeit des Rechtsmittels an die dritte Instanz im Verfahren außer Streitsachen ausschließlich die §§ 14 Abs 2 und 16 Abs 1 AußStrG maßgebend sind.

Im vorliegenden Fall hängt die Zulässigkeit des Rechtsmittels von der Frage ab, ob bloß die Bemessung oder der Grund des gesetzlichen Unterhaltsanspruches Gegenstand des bekämpften Beschlusses ist. Diese nach § 14 Abs 2 AußStrG gebotene Zulässigkeitsprüfung hat Vorrang vor jener des § 16 Abs 1 AußStrG (EFSlg 44.573 uva), so daß die Prüfung der in dieser Gesetzesstelle erschöpfend aufgezählten Anfechtungsgründe die Zulässigkeit des Rechtsmittels nach § 14 AußStrG voraussetzt.

§ 14 Abs 2 AußStrG schließt jeden weiteren Rechtszug gegen eine Entscheidung des Rekursgerichtes über die Bemessung des gesetzlichen Unterhalts aus. Was zur Bemessungsfrage zählt, ist im Sinne des Jud 60 neu (= SZ 27/177) zu beurteilen. Ob und inwieweit die angefochtene Entscheidung die Unterhaltsbemessung betrifft, ist dem Inhalt der Entscheidung zu entnehmen; aus dem Inhalt des Rechtsmittels ist abzuleiten, inwieweit zum Bemessungskomplex gehörige Fragen bekämpft werden. Zu diesen gehören die Beurteilung der Bedürfnisse der Unterhaltsberechtigten, der zur Deckung der Bedüfnisse vorhandenen Mittel und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen.

Als auch nach § 16 Abs 1 AußStrG als tauglicher Anfechtungsgrund ausgeschlossenen Verfahrensmangel rügt der Vater die Unterlassung seiner Vernehmung zur Gehaltsauskunft der Steiermärkischen Landesbuchhaltung. Da dieses Vorbringen einen Verfahrensmangel im Bereich der Bemessungsfragen - die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen - betrifft und damit dem Bemessungskomplex zuzurechnen ist, steht seiner Berücksichtigung § 14 Abs 2 AußStrG, der auch für die Mängelrüge im Bereich der Bemessung maßgeblich ist, entgegen (EFSlg 44.573 ua). Als unrichtige rechtliche Beurteilung rügt der Vater, das Gericht zweiter Instanz habe auf die in den Vergleich vom 23.7.1982 aufgenommene Bestimmung, die Mutter verpflichte sich, den Vater bezüglich allfälliger Schadenersatzansprüche oder sonstiger Verpflichtungen, die gegen den Vater gerichtet werden und aus dem Verhalten der ehelichen Kinder resultieren, schad- und klaglos zu halten, nicht gebührend Bedacht genommen. Nun steht zwar der Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof die Frage offen, ob und inwieweit die Bemessung eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs von der Wirksamkeit oder von der Auslegung einer vertraglichen Regelung - hier also des Vergleiches vom 23.7.1982 - abhängt (Jud 60 neu = SZ 27/177), doch kann die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes auch im Bereiche des Anspruchsgrundes, wenn das Gericht zweiter Instanz den erstinstanzlichen Beschluß bestätigt hat, nur dann geprüft werden, wenn dem Gericht zweiter Instanz eine offenbare Gesetzwidrigkeit unterlaufen ist. Eine solche liegt aber nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann, und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird (SZ 39/103 uva); unrichtige rechtliche Beurteilung ist somit nur dann tauglicher Anfechtungsgrund, wenn sie das Ausmaß offenbarer Gesetzwidrigkeit erreicht. Die Auslegung eines Vergleiches kann deshalb nur dann offenbar gesetzwidrig sein, wenn die im Gesetz vorgezeichneten Auslegungsgrundsätze (§ 914 ABGB) völlig mißachtet wurden. Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein, weil die vom Vater ins Treffen geführte Vergleichsbestimmung ganz offenkundig nur Ansprüche gegen den Vater betreffen, die aus dem Verhalten der Minderjährigen abgeleitet werden. Der Unterhaltsanspruch seiner beiden Söhne ist nicht zu diesen Ansprüchen zu rechnen. Im übrigen könnte eine Vereinbarung, mit welcher sich die Mutter dem Vater gegenüber zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen gemeinsamer Kinder verpflichtet, den Unterhaltsanspruch der Minderjährigen selbst nicht berühren. Der teils gemäß § 14 Abs 2, teils zufolge § 16 Abs 1 AußStrG unzulässige Revisionsrekurs des Vaters ist deshalb zurückzuweisen.

Anmerkung

E17557

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00591.89.0524.000

Dokumentnummer

JJT_19890524_OGH0002_0010OB00591_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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