TE OGH 1989/5/24 1Ob557/89

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Veröffentlicht am 24.05.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Elfriede R***, Private, Wien 5., Wiedner Hauptstraße 150, 2.) Christine H***, Private, Wien 19., Unterer Schreiberweg 55, beide vertreten durch Dr. Karl Zingher, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Komm.Rat Kurt S***, Kaufmann, Wien 19., Eichelhofstraße 6, vertreten durch Dr. Hans Frieders, Dr. Christian Tassul, Dr. Georg Frieders, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 28. Dezember 1988, GZ 48 R 506/88-10, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 10. Juni 1988, GZ 48 C 115/88y-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 1.977,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 329,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte wohnte mit seiner Familie, darunter mit dem am 11. Dezember 1960 geborenen Sohn Michael, in der von ihm gemieteten, aus vier Zimmern und Nebenräumen bestehenden Wohnung Wien 1., Parkring 18/1/2/2. Obwohl der Beklagte um das Jahr 1970 herum ein Haus in Wien 19 erworben hatte, blieb bis 1984 sein Lebensmittelpunkt in der aufgekündigten Wohnung. Die Familie hielt sich nur drei bis vier Monate im Sommer in Wien 19 auf. Im August 1984 starb die Gattin des Beklagten. Seit diesem Zeitpunkt wohnt der Beklagte ausschließlich in seinem Haus in Wien 19. Da es dem Beklagten nach dem Tod seiner Gattin und wegen eines Unfalls nicht gut ging, blieb auch sein Sohn Michael noch einige Zeit bei ihm in Wien 19 wohnen. Im Spätherbst 1984 machte Michael mit dem Beklagten eine Auslandsfahrt. Von Anfang 1985 bis Anfang 1986 absolvierte Michael einen Studienaufenthalt in den USA. Seit seiner Rückkehr 1986 nach Wien benützt er ausschließlich die aufgekündigte Wohnung zu Wohnzwecken. Daß Michael die Wohnung am Parkring erhalten sollte, war innerhalb der Familie des Beklagten immer vorgesehen gewesen, nur war ursprünglich geplant, daß eine Überlassung der Wohnung erst im Todesfall des Beklagten erfolgen sollte. Da jedoch die Gattin des Beklagten in der aufgekündigten Wohnung Selbstmord verübt hatte, wollte der Beklagte nach deren Tod nicht mehr in die aufgekündigte Wohnung zurückkehren. Am 30. April 1987 sandte der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter ein Schreiben, in dem er mitteilte, daß der Beklagte die Mietrechte an der Wohnung seinem Sohn Michael überlasse. Die Klägerinnen kündigten die Wohnung mit dem Vorbringen auf, der Beklagte habe das Objekt an den nicht eintrittsberechtigten Sohn weitergegeben.

Der Beklagte wendete ein, zwischen ihm und seinem Sohn habe zum Zeitpunkt, als er die Wohnung verlassen habe, ein gemeinsamer Haushalt bestanden. Seine Mietrechte habe er an seinen Sohn übertragen. Michael habe mit Ausnahme einer berufsbedingten Unterbrechung immer in der aufgekündigten Wohnung gewohnt. Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf. Die Überlassungserklärung müsse zeitlich nicht mit dem Verlassen der Wohnung zusammenhängen. Es habe daher keiner Prüfung der Frage bedurft, ob diese Willensübereinstimmung zwischen dem Beklagten und seinem Sohn bereits unmittelbar nach dem Tod der Gattin des Beklagten erfolgt oder erst in dem Schreiben des Beklagtenvertreters vom 30. April 1987 zu erblicken sei. Spätestens mit diesem Schreiben sei die Überlassung der Mietrechte an den Sohn des Beklagten wirksam geworden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerinnen nicht Folge. Es sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteigt. Der als eine der Voraussetzungen für die Mietrechtsüberlassung geforderte mindestens zweijährige gemeinsame Haushalt müsse denknotwendigerweise zeitlich vor und nicht nach dem Auszug des Mieters aus der Wohnung liegen. Die Voraussetzung müsse daher im Zeitpunkt des Verlassens der Wohnung durch den Mieter und nicht etwa einer zulässigerweise späteren Überlassungsvereinbarung erfüllt sein.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerinnen ist nicht berechtigt.

Nach § 12 Abs 1 MRG darf der Hauptmieter, der die Wohnung verläßt, seine Hauptmietrechte unter anderem an Verwandte in gerader Linie abtreten, falls diese mindestens die letzten zwei Jahre mit dem Hauptmieter im gemeinsamen Haushalt gewohnt haben. An den Voraussetzungen des Mietrechtsüberganges hat sich trotz geänderter Formulierung gegenüber der früheren Rechtslage nichts geändert. Die Regelung der Abtretung des Mietrechtes knüpft grundsätzlich an die früheren Bestimmungen des § 19 Abs 4 MG bzw. § 19 Abs 2 Z 10 MG idF vor dem Mietrechtsänderungsgesetz an (RV 425 BlgNR 15. GP 38; MietSlg 36.273). Voraussetzung für einen Mietrechtsübergang ist wie nach der früheren Rechtslage, daß der bisherige Hauptmieter die Wohnung verlassen hat, ein naher Angehöriger, der eine gewisse Mindestzeit mit dem bisherigen Hauptmieter im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, die Wohnung weiter benützt und eine wenigstens konkludente Willensübereinstimmung zwischen Hauptmieter und zurückbleibendem Angehörigen über den Übergang der Mietrechte vorliegt (Würth in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 12 MRG; Fenyves in Korinek-Krejci, HBzMRG 304 f.). Zum Zeitpunkt des Verlassens der Wohnung durch den bisherigen Hauptmieter müssen zwar die Eintrittsvoraussetzungen beim nahen Angehörigen (gemeinsamer Haushalt, der schon eine bestimmte Zeit bestanden hat; MietSlg 31.448; Würth aaO Rz 4) bestanden haben, die Willensübereinstimmung über den Mietrechtsübergang muß aber zeitlich nicht mit dem Verlassen der Wohnung zusammenfallen

(MietSlg 37.606/9, 31.447, 31.448, 29.384, 21.605; EvBl 1962/163; MietSlg 8210 ua.; Fenyves aaO 303 FN 146; Würth aaO); die Willensübereinstimmung kann auch dahin gehen, daß der Mietrechtsübergang erst zu einem späteren Zeitpunkt, etwa zum Zeitpunkt des Todes des bisherigen Hauptmieters, eintreten solle (MietSlg 32.413, 29.384; Würth aaO). Der Zweck des Eintrittsrechtes ist darin zu erblicken, daß der in der Wohnung zurückbleibende Teil der Familie vor Obdachlosigkeit geschützt wird (MietSlg 8210). Dieses Ziel könnte aber nicht erreicht werden, wenn es dem bisherigen Mieter, der zwar tatsächlich die Wohnung verläßt, sich aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht schlüssig ist, ob er die Mietrechte behalten soll, verwehrt wäre, dann, wenn er nunmehr seinen endgültigen Entschluß faßte, nicht mehr in die Wohnung zurückzukehren, die Vereinbarung über den Mietrechtsübergang an den nahen Angehörigen zu treffen. Das Erstgericht hat die Frage offen gelassen, ob die Vereinbarung zwischen dem Beklagten und seinem Sohn über den Mietrechtsübergang unmittelbar nach dem Tod der Gattin des Beklagten oder erst vor Absendung des Schreibens vom 30. April 1987 erfolgte. Selbst wenn man vom letzteren Zeitpunkt ausginge, war demnach der Beklagte, der die Wohnung tatsächlich schon 1984 verlassen hatte, berechtigt, nunmehr den Mietrechtsübergang mit seinem Sohn wirksam zu vereinbaren. Daß die Eintrittsvoraussetzungen zum Zeitpunkt des Verlassens der Wohnung durch den Beklagten vorlagen, wird in der Revision nicht bekämpft. Konnte aber der Mietrechtsübergang durch den Beklagten auch noch im Jahre 1987 wirksam vereinbart werden, dann stellt sich die in der Revision aufgeworfene Frage, ob im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung und Lehre (SZ 33/30 uva; Fenyves aaO 303 FN 147) die Anzeige vom Mietrechtsübergang bloße Ordnungsvorschrift ist (so weiterhin Fenyves aaO 309) oder ob dieser Anzeige konstitutive Bedeutung zukäme (so Iro in RZ 1983, 214 ff und Schuppich, Die Neuordnung des Mietrechts 115 f) nicht.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E17556

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00557.89.0524.000

Dokumentnummer

JJT_19890524_OGH0002_0010OB00557_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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