TE OGH 1989/5/24 1Ob581/89

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Veröffentlicht am 24.05.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Viktor D***, Landwirt, Bad St. Leonhard, Mauterndorf Nr. 1, vertreten durch Dr. Heinz Sacher, Rechtsanwalt in Wolfsberg, wider die beklagte Partei Margit B***, Hausfrau, Prebl 113, vertreten durch Dr. Siegfried Schüßler, Rechtsanwalt in Wolfsberg, wegen Feststellung (Streitwert S 464.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 30. Jänner 1989, GZ. 4 a R 251/88-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 14. September 1988, GZ. 30 Cg 40/88-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.698,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 2.783,10 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 12. Februar 1987 verstorbene Viktoria D*** war Eigentümerin der EZ 1 KG Erzberg (Dürnberger Hube in Mauterndorf Nr. 1), der EZ 40 dieser Katastralgemeinde (Schröpplkeusche) sowie der EZ 56 KG Kliening (Zmollnig, Haus Nr. 58); das Eigentumsrecht war beschränkt durch die Verpflichtung, den Besitz nur einem der Kinder Alfred, Hubert, Viktor, Franz D*** oder Priska T***

durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu übergeben oder von Todes wegen zu hinterlassen. Viktoria D*** errichtete am 7. Juni 1983 ein schriftliches, von drei Zeugen unterfertigtes Testament, worin sie ihren Sohn Viktor D*** zum Alleinerben berief, wogegen die übrigen Kinder auf den Pflichtteil gesetzt wurden. Im Mai 1986 errichtete Viktoria D*** vor dem öffentlichen Notar Dr. Dieter N*** ein fremdhändig geschriebenes, von drei Zeugen unterfertigtes Testament, worin sie ihren Sohn Hubert zum Alleinerben berief. Sie ließ sich dieses Testament wenige Tage später vom öffentlichen Notar Dr. Dieter N*** unter dem Druck des Klägers, in dessen Haushalt sie lebte, ausfolgen; das Testament ist seither verschwunden. Am 14. August 1986 errichtete Viktoria D*** an einem "neutralen" Ort unter Beiziehung des öffentlichen Notars Dr. Dieter N*** vor drei Zeugen ein weiteres Testament, mit welchem sie ihr gesamtes Vermögen je zur Hälfte ihren beiden Söhnen Hubert und Viktor hinterließ und anordnete, daß ihr Sohn Hubert D*** Nacherbe in Ansehung der an Viktor D*** vererbten Hälfte sein sollte;

weiters ordnete Viktoria D*** die Entrichtung von Legaten an. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom 5. Dezember 1986 wurde der Kläger zum Sachwalter der Viktoria D*** unter Beschränkungen seines Wirkungskreises auf die Liegenschaftsverwaltung bestellt. Der Kläger gab im Abhandlungsverfahren nach Viktoria D***, A 114/87 des Bezirksgerichtes Wolfsberg, auf Grund des Testamentes vom 7. Juni 1983 eine bedingte Erbserklärung ab. Der zum Erben und Nacherben eingesetzte Sohn Hubert D*** ist am 28. März 1987

verstorben; erbserklärte Alleinerbin ist seine uneheliche Tochter, die Beklagte. Sie gab am 15. September 1987 im Abhandlungsverfahren nach Viktoria D*** als Erbin nach ihrem Vater auf Grund des Testamentes vom 14. August 1986 eine bedingte Erbserklärung zur Hälfte des Nachlasses als Erbin und zur zweiten Hälfte als Nacherbin ab. Das Abhandlungsgericht nahm beide Erbserklärungen an und wies Viktor D*** die Klägerrolle zu.

Der Kläger begehrt die Feststellung der Ungültigkeit des Testamentes vom 14. August 1986 und die Feststellung, daß er auf Grund des am 7. Juni 1983 errichteten Testaments Alleinerbe nach Viktoria D*** sei. Er brachte vor, die Erblasserin sei bei Errichtung des Testaments am 14. August 1986 geisteskrank gewesen.

Die Beklagte beantragt Abweisung des Klagebegehrens. Die Erblasserin sei am 14. August 1986 testierfähig gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest:

Viktoria D*** sei im Herbst 1985 wegen Hirndurchblutungsstörungen sowie Herz- und Kreislaufstörungen in das Krankenhaus Wolfsberg aufgenommen worden. Sie habe an einer Erkrankung der Hirngefäße gelitten, woraus sich allmählich ein psycho-organisches Syndrom entwickelt habe. Bei Viktoria D***

seien zeitweise Verwirrtheitszustände aufgetreten; ihr Zustand habe gewechselt, zeitweise sei sie verwirrt gewesen, zeitweise habe sie völlig normal sprechen können. Das Testament vom 14. August 1986 sei im Freien errichtet worden. Der Notar Dr. Dieter N*** habe darauf bestanden, daß der Inhalt der letztwilligen Verfügung ausschließlich von der Erblasserin selbst formuliert werde. Die der Testamentserrichtung zugezogenen Zeugen hätten von einer geistigen Beeinträchtigung der Erblasserin nichts bemerkt. Es sei insbesondere über die Anordnung der Nacherbschaft ausführlich diskutiert worden, wobei sich Viktoria D*** völlig normal verhalten und vernünftig argumentiert habe. Sie habe ihre Vorstellungen frei und detailliert entwickelt. Den Wunsch der Tochter Priska T***, daß sie "mehr Holz haben wolle", habe Viktoria D*** zurückgewiesen.

Nach der Abfassung sei das Testament der Erblasserin laut vorgelesen worden; bei jedem Satz sei sie befragt worden, ob sie einverstanden sei; die Erblasserin habe dies bejaht. Am 10. September 1986 sei Viktoria D*** auf Grund des vom Kläger gestellten Antrages auf Bestellung eines Sachwalters von der Amtsärztin Dr. Dagmar W*** untersucht worden. Dr. Dagmar W*** sei zur Erkenntnis gekommen, daß Viktoria D*** nicht mehr in der Lage sei, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen. Darauf sei der Kläger zum Sachwalter bestellt worden.

In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus: Zur gültigen Errichtung einer letztwilligen Verfügung sei Testierfähigkeit erforderlich. Sie müsse aber nur beim Testierakt selbst gegeben sein. Die Testierfähigkeit sei schon dann anzunehmen, wenn der Erblasser wisse, daß er testiere und welchen Inhalt die letztwillige Verfügung habe. Die bloße Abnahme der Geisteskraft, eine Schwächung der Wahrnehmungsfähigkeit schließe die Testierfähigkeit nicht aus. Eine geistige Behinderung schade nicht, wenn der letzte Wille in einem lichten Augenblick errichtet werde. Die Beweislast für eine abnorme Geistesverfassung des Erblassers, welche die Testierfähigkeit ausschließe, trage derjenige, der sich darauf berufe. Der Beweis mangelnder Testierfähigkeit bei Abfassung des Testaments vom 14. August 1986 sei dem Kläger nicht gelungen. Nach den Verfahrensergebnissen sei Viktoria D*** bei Abfassung der letztwilligen Verfügung geistig völlig normal gewesen. Diese Annahme werde durch das Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Dr. Otto S*** gestützt, wonach die bei der Erblasserin aufgetretene Krankheit dadurch gekennzeichnet sei, daß die davon betroffene Person zu einem Zeitpunkt völlig verwirrt und kurze Zeit später völlig unauffällig erscheinen könne. Demnach sei das Klagebegehren nicht gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteigt. Das Berufungsgericht verneinte die geltend gemachte Mangelhaftigkeit, billigte die Beweiswürdigung und die rechtliche Beurteilung des Erstrichters. Der gegen dieses Urteil erhobenen Revision des Klägers kommt Berechtigung nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die Ausführungen zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs. 3 letzter Satz ZPO).

Was die Ausführungen zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung betrifft, so hat der Kläger in der Berufung diesen Rechtsmittelgrund nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, da er nicht von den Feststellungen des Erstrichters ausging, sondern der Rechtsrüge zugrundelegte, daß Viktoria D*** am 14. August 1986 nicht in der Lage gewesen sei, "die Vorgänge" zu erfassen. Die rechtliche Beurteilung kann dann aber im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpft werden. Die Ausführungen der Revision zu diesem Revisionsgrund erschöpfen sich aber ohnehin in der Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen.

Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E17210

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00581.89.0524.000

Dokumentnummer

JJT_19890524_OGH0002_0010OB00581_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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