Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Mag.Herbert T***, Angestellter, Salzburg, Neutorstraße 12, vertreten durch Dr.Susanne Scherlacher, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Komm.Rat Alois R***, Kaufmann, Wagrain, Markt 44, vertreten durch Dr.Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Vornahme von Erhaltungsarbeiten an einer Gasversorgungsleitung
(§ 37 Abs 1 Z 2 MRG) infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 23.Februar 1989, GZ 22 R 48/89-20, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 15.November 1988, GZ 13 Msch 8/88-16, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antrag des Antragstellers auf Zuspruch von Kosten rechtsfreundlicher Vertretung für die Erstattung der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Der Antragsteller ist Mieter einer Wohnung im Hause des Antragsgegners Salzburg, Neutorstraße 12. Er begehrte, die Schlichtungsstelle möge dem Antragsgegner gemäß §§ 6, 37 Abs 1 Z 2 MRG auftragen, die Gasversorgungsanlage ab dem bereits instandgesetzten Hausanschluß bis in die Wohnung des Antragstellers instandsetzen zu lassen, sodaß wieder eine ordnungsgemäße Gasversorgung der Wohnung gewährleistet sei. Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Antrages.
Nachdem die dem Antrag stattgebende Entscheidung der Schlichtungsstelle infolge rechtzeitiger Anrufung des Gerichtes durch den Antragsgegner außer Kraft getreten war, erkannte das Erstgericht abermals im Sinne des Antrages, wobei es aussprach, daß es dem Antragsgegner freistehe, wo die Gasleitung auf seine Kosten zur Ausführung gelange.
Zur Begründung führte das Erstgericht im wesentlichen aus - Sachverhaltsfeststellungen und rechtliche Beurteilung wurden nicht geschieden -, daß im Haus des Antragsgegners schon immer eine Gasversorgungsanlage bestanden habe. Aufgrund von Mängeln hätten die Salzburger Stadtwerke Sanierungsaufträge erlassen, welchen der Antragsgegner mit Ausnahme der die vom Antragsteller gemietete Wohnung betreffenden entsprochen habe. Die bestehende Gasleitung diene der Warmwasserversorgung. Dem Antragsgegner sei eine Sanierung zumutbar, zumal eine solche auch ohne Durchstemmung der Wohnung des Antragsgegners möglich sei. Die schadhafte Gassteigleitung stelle einen ernsten Schaden des Hauses dar, zu dessen Behebung der Vermieter auf seine Kosten verpflichtet sei. Wo und wie diese Gassteigleitung zu installieren sei, liege im Ermessen des Antragsgegners.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners nicht Folge und erklärte den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es führte im wesentlichen aus:
Nach § 3 Abs 1 MRG habe der Vermieter nach Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten dafür zu sorgen, daß das Haus, die Mietgegenstände und die der gemeinsamen Benützung der Bewohner des Hauses dienenden Anlagen im jeweils ortsüblichen Standard erhalten werden. Die Erhaltung im Sinne des § 3 Abs 1 MRG umfasse gemäß Abs 2 dieser Gesetzesstelle: 1.) die Arbeiten, die zur Erhaltung der allgemeinen Teile des Hauses einschließlich der Hausbesorgerdienstwohnung erforderlich sind; 2.) die Arbeiten, die zur Erhaltung der Mietgegenstände des Hauses erforderlich sind; diese Arbeiten jedoch nur dann, wenn es sich um die Behebung von ernsten Schäden des Hauses handelt oder wenn sie erforderlich sind, um einen zu vermietenden Mietgegenstand in brauchbarem Zustand zu übergeben. Ein ernster Schaden des Hauses liege immer dann vor, wenn das Bestandobjekt infolge seines Erhaltungszustandes oder infolge der Unbenützbarkeit von Anlagen des Hauses zum bedungenen Gebrauch nicht mehr verwendet werden könne (MietSlg 35.295 mwN). In diesem Sinne seien undichte Gasleitungen als ernster Schaden des Hauses anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob dieser Schaden die eigentliche Hausleitung oder Schäden betreffe, die ab dem Verteilerstück bis zum Verbrauchsgerät entstehen (MietSlg 37.250 mwN).
Im vorliegenden Fall stehe unbekämpft fest, daß die Gassteigleitung zur Wohnung des Antragstellers seitens der städtischen Gaswerke außer Betrieb gesetzt wurde, weil die Sicherheit der Anlage nicht mehr gewährleistet war. Es unterliege daher im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung keinem Zweifel, daß die antragsgegenständlichen Erhaltungsarbeiten in den Anwendungsbereich des § 3 Abs 1 und Abs 2 Z 1 und 2 MRG fielen. Dabei seien bestimmte, im § 3 Abs 3 Z 2 lit a bis c MRG angeführte Arbeiten, darunter auch solche, die zur Aufrechterhaltung des Betriebes einer bestehenden Gasleitungsanlage erforderlich sind, vorweg ohne Rücksicht auf die Deckung der Kosten durchzuführen. Diesbezüglich könne dem Einwand der Unwirtschaftlichkeit keine Berechtigung zukommen, denn wenn nicht einmal die Frage der Kostendeckung für die Durchführung der privilegierten Arbeiten Bedeutung habe, müsse jede wirtschaftliche Betrachtung hintangestellt werden. Bei privilegierten Arbeiten sei der Einwand der Unwirtschaftlichkeit daher unbeachtlich (MietSlg 37.255/28, 38.279; Würth in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 6 MRG). Dies gehe so weit, daß derartige Arbeiten selbst in einem Abbruchhaus durchzuführen seien (Würth aaO Rz 3 zu § 3 MRG). Es brauche demnach nicht erörtert zu werden, welche technische Sanierungsmöglichkeit allenfalls wirtschaftlich am sinnvollsten erscheine. Daß die Instandsetzung bzw. Erneuerung der antragsgegenständlichen Gassteigleitung technisch schlechterdings nicht durchführbar sei, sei von dem hiefür behauptungs- und beweispflichtigen Antragsgegner - hier greife die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB ein (vgl. Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatzrecht2, 110), sodaß dem Antragsgegner der Beweis obliege, an der Erfüllung seiner in § 3 MRG und § 1096 ABGB normierten Erhaltungspflicht ohne sein Verschulden gehindert zu sein - gar nicht behauptet worden. Dies sei auch sonst im Verfahren erster Instanz nicht hervorgekommen.
Da die Erhaltungspflicht des Vermieters auch nicht an die Voraussetzung geknüpft sei, daß der Mieter die Wohnung ständig benütze, könne sich der Antragsgegner der Erfüllung seiner Erhaltungspflicht auch nicht unter Hinweis darauf entziehen, daß der Antragsteller das Mietobjekt allenfalls nur als sogenannte Zweitwohnung nütze.
Der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof sei für zulässig zu erklären gewesen, weil die hier angeschnittene Rechtsfrage, ob der Einwand der Unwirtschaftlichkeit bei privilegierten Erhaltungsarbeiten schlechthin unbeachtlich sei, eine solche von grundsätzlicher Bedeutung (§ 37 Abs 3 Z 18 MRG) darstelle, wobei sich der vom Rekursgericht zitierten, durchwegs in der MietSlg nur auszugsweise veröffentlichten Rechtsprechung die konkreten Fallgestaltungen nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen ließen, sodaß nicht sicher beurteilt werden könne, wie weit die zitierten Entscheidungen auf Besonderheiten des Einzelfalles abstellten. Es erscheine daher auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Tragweite der vorliegenden Entscheidung zweckmäßig, den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof zu eröffnen. Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Antragsabweisung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Antragsteller beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist mit Rücksicht auf die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbare (MietSlg 38.560 f ua) Zulässigerklärung durch das Rekursgericht zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Der Antragsgegner vertritt den Standpunkt, daß die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs 2 Z 2 MRG nicht gegeben seien. Bei der ihm aufgetragenen Instandsetzung bzw. Erneuerung der Gassteigleitung vom Hausanschluß im Keller bis zu den Verbrauchsgeräten in der Wohnung des Antragstellers handle es sich weder um die Behebung von ernsten Schäden des Hauses noch um Erhaltungsarbeiten, die erforderlich sind, um einen zu vermietenden Mietgegenstand in brauchbarem Zustand zu übergeben. Ernste Schäden des Hauses, die eine Gefährdung der Bausubstanz voraussetzten, lägen nicht vor, weil durch die Außerbetriebsetzung der Gasversorgungsanlage seitens der Salzburger Stadtwerke eine allfällige Explosionsgefahr beseitigt worden sei. Im übrigen reiche der derzeitige Erhaltungszustand der Wohnung für den Zweck, für den der Antragsteller diese gebrauche (Übernachtung an den Wochenenden, während er tagsüber seine Mutter, die anderswo wohne, pflege), aus. Der zweite Fall des § 3 Abs 2 Z 2 MRG scheide aus, weil der Antragsteller die Wohnung schon seit längerer Zeit gemietet habe. Generell sei zu bemerken, daß das Mietrechtsgesetz den Zweck verfolge, schutzwürdige Wohnbedürfnisse der Mieter weitestgehend zu schützen; die Unterhaltung einer Wochenendwohnung in der Festspielstadt Salzburg befriedige kein solches schutzwürdiges Wohnbedürfnis. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Der Begriff der ernsten Schäden des Hauses (§ 3 Abs 2 Z 2 MRG) ist im Sinne der Rechtsprechung zu § 6 Abs 1 MG auszulegen. Danach liegt dann, wenn Gas- oder Wasserleitungen unbenützbar werden, ein ernster Schaden des Hauses vor, weil im Falle der Unterlassung der Reparatur (selbstverständlich gemeint: bei Weiterbetrieb der Leitung) die Möglichkeit von Feuer-, Explosions- und Wasserschäden besteht (MietSlg 29.244; ImmZ 1988, 111 ua; vgl. dazu Würth in Rummel, Rz 6 zu § 3 MRG und Krejci in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 188). An der rechtlichen Qualifikation als ernster Schaden des Hauses ändert der Umstand, daß bei Außerbetriebsetzung der (schon bei Vermietung der Wohnung vorhanden gewesenen) Gasversorgungsanlage keine unmittelbare Feuers- oder Explosionsgefahr besteht, ebensowenig wie der (allenfalls den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG herstellende) Umstand, daß die Wohnung nur an den Wochenenden benützt wird.
Daß privilegierte Arbeiten im Sinne des § 3 Abs 3 Z 2 lit a bis c MRG unabhängig von der Deckung des hiefür erforderlichen Aufwandes oder von deren Wirtschaftlichkeit aufzutragen sind (MietSlg 37.255/28, 38.278), hat das Rekursgericht zutreffend hervorgehoben. Auf seinen Einwand, die Erneuerung der Gasleitung sei ihm wegen der erforderlichen umfangreichen Stemmarbeiten - auch in seiner Wohnung - und deshalb nicht zumutbar, weil der Antragsteller die bisher mit Gas betriebenen Geräte mit Strom speisen könnte, kommt der Antragsgegner im Revisionsrekurs mit Recht nicht mehr zurück.
Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Für einen Zuspruch von Kosten rechtsfreundlicher Vertretung für die Erstattung der Revisionsrekursbeantwortung fehlt es an den Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 19 MRG.
Anmerkung
E17318European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00039.89.0530.000Dokumentnummer
JJT_19890530_OGH0002_0050OB00039_8900000_000