TE OGH 1989/5/31 14Os38/89

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Veröffentlicht am 31.05.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.Mai 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, Dr. Massauer, Dr. Rzeszut und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Ofner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian S*** wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Salzburg vom 28. Februar 1989, GZ 40 Vr 2.264/87-140, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, und des Verteidigers Dr. Danner, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Christian S*** wurde des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt, wonach er am 26.Juni 1987 in Peschiera (Italien) den Heinz Franz Viktor W*** vorsätzlich zu töten versuchte, indem er aus einer automatischen Faustfeuerwaffe, Kaliber 9 mm, einen Schuß in dessen Oberkörper abfeuerte. Der Schuldspruch beruht auf dem Wahrspruch der Geschwornen, welche - soweit hier von Bedeutung - die anklagekonform gestellte Hauptfrage nach versuchtem Mord (im Stimmenverhältnis 7 : 1) bejaht, die Zusatzfrage nach dem Rechtfertigungsgrund der Notwehr einhellig verneint und demzufolge die hiezu gestellte Eventualfrage III (nach fahrlässiger Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen) - im Einklang mit der erhaltenen

Belehrung - unbeantwortet gelassen haben.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5, 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Zunächst wird mit der gegen die Formulierung der Zusatzfrage (nach Notwehr) gerichteten Rüge eine Nichtigkeit weder nach der Z 4 noch nach der Z 5 des § 345 Abs 1 StPO zur Darstellung gebracht. Für die Anfechtung der Fragestellung ist vielmehr der (besondere) Nichtigkeitsgrund nach der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO vorgesehen, weshalb auf die Fragestellung bezughabende Einwendungen allein nach Maßgabe dieser Vorschrift erhoben werden können, ohne daß es dabei darauf ankommt, ob ein - wie hier (S 32, 33/IV) - in der Hauptverhandlung zum Fragenschema gestellter Antrag vom Schwurgerichtshof abgelehnt worden ist (Mayerhofer/Rieder StPO2 ENr. 5 zu § 345 Z 5). Unter dem somit allein bedeutsamen Gesichtspunkt einer Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) vermag aber der Beschwerdeführer eine Nichtigkeit nicht aufzuzeigen. Denn es war zulässig, das Dreifragenschema so abzufassen, daß der Notwehrexzeß aus einem asthenischen Affekt (nicht schon alternativ in der Zusatzfrage nach Notwehr, sondern erst) in der Eventualfrage nach fahrlässiger Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen behandelt wird (vgl 12 Os 195/77, zit. in Mayerhofer/Rieder StPO2 ENr. 64 aE zu § 314), zumal die Geschwornen unmißverständlich dahin belehrt wurden, daß sie diese Eventualfrage im Fall einer Bejahung der Zusatzfrage (nach Notwehr) zu beantworten haben. Nicht zielführend sind aber auch die gegen die den Geschwornen erteilte Rechtsbelehrung erhobenen Beschwerdeeinwände. Die gemäß § 321 Abs 1 StPO verfaßte schriftliche Rechtsbelehrung befindet sich gemeinsam mit dem Fragenschema und der Niederschrift der Geschwornen (§ 331 Abs 3 StPO) in einer entsprechend beschrifteten Mappe im Akt. Eine Auseinandersetzung mit den zu dieser (an sich üblichen) aktenmäßigen Vorgangsweise entwickelten Einwendungen des Beschwerdeführers, wonach hiedurch dem gesetzlichen Gebot des Anschlusses des Schriftstückes an das Hauptverhandlungsprotokoll nicht entsprochen worden sei, erübrigt sich schon deshalb, weil der solcherart behauptete Mangel der Aktenbildung keinen Umstand darstellt, der nach den relevierten Nichtigkeitsgründen (Z 4 und 8) unter Nichtigkeitssanktion steht. Der ersichtlich auf die einmalige versehentliche Verwendung des Begriffes "Rechtsmittelbelehrung" statt "Rechtsbelehrung" im Hauptverhandlungsprotokoll (S 35/IV) gestützte Einwand hinwieder, die Rechtsbelehrung sei mündlich "offensichtlich nicht richtig erteilt" worden, stellt keine deutliche und bestimmte Bezeichnung einer konkreten Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung dar und läßt demnach die gebotene Substantiierung vermissen (§§ 285 Abs 1, 285 a Z 2, 344 StPO).

Soweit der Beschwerdeführer die Rechtsbelehrung schließlich (auch) deshalb für fehlerhaft erachtet (Z 8), weil sie keine Ausführungen zur irrtümlichen Annahme einer Notwehrsituation (Putativnotwehr - § 8 StGB) enthalte, übersieht er, daß die schriftliche Rechtsbelehrung nur eine Darlegung der gesetzlichen Merkmale jener strafbaren Handlungen, auf welche die Haupt- und Eventualfragen gerichtet sind, sowie eine Auslegung der in den einzelnen Fragen vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes zu enthalten (§ 321 Abs 2 StPO), nicht jedoch auf andere, in den Fragen nicht aufscheinende, wenngleich mit ihnen verwandte Rechtsbegriffe einzugehen hat (Mayerhofer/Rieder StPO2 ENr. 22 zu § 345 Z 8). Da das Fragenschema den Fall der Putativnotwehr nicht enthielt - ein Umstand der nicht gerügt wurde (Z 6) -, vermag das Unterbleiben darauf bezughabender Darlegungen eine Unvollständigkeit oder gar eine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung nicht zu bewirken. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach § 75 StGB unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 18.Jänner 1988, GZ 21 b E Vr 2019/87-20, abgeändert durch das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 24.Mai 1988, AZ 9 Bs 125/88 (= ON 27 des bezeichneten Vr-Aktes) - womit der Angeklagte wegen der Vergehen des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 2 StGB und der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden war - zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zehn Jahren. Dabei wertete es zwei einschlägige Vorstrafen wegen Körperverletzung als erschwerend, hingegen den Umstand, daß es beim Versuch blieb, als mildernd. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe unter das gesetzliche Mindestmaß (§ 41 Abs 1 Z 1 StGB) an.

Auch dieses Begehren ist unbegründet.

Aus der Gleichsetzung der Milderungsumstände, daß der Täter trotz Vollendung der Tat keinen Schaden herbeigeführt hat und daß es beim Versuch geblieben ist (§ 34 Z 13 StGB), folgt, daß das Gesetz beim Versuch der Tat den Nichteintritt eines Schadens präsumiert. Das Fehlen eines Schadenseintritts kann daher dem Täter nicht noch gesondert als mildernd zugute gehalten werden, vielmehr entwertet ein durch den bloßen Versuch einer strafbaren Handlung gleichwohl herbeigeführter Schaden den im Versuch gelegenen Milderungsgrund und es wäre ein solcher Schaden unter Umständen sogar als erschwerend zu berücksichtigen. Keinesfalls kann daher - dem Berufungsvorbringen zuwider - der Eintritt einer bloß leichten Verletzung beim Mordversuch als besonderer Milderungsgrund herangezogen werden. Inwiefern der Umstand, daß sich das Tatopfer selbst im Zuhältermilieu bewegt, eine mildere Beurteilung rechtfertigen sollte, wird weder vom Berufungswerber dargetan noch ist dies sonst ersichtlich. Von einer Provokation des Angeklagten, an die im Zusammenhang mit tätlichen Angriffen in solchen Kreisen gedacht werden könnte, kann hier jedenfalls keine Rede sein, ebensowenig wie davon, daß die Tat unter Umständen begangen worden wäre, die einem Rechtfertigungsgrund nahekommen, hat doch der Angeklagte die Auseinandersetzung durchaus gesucht und seinerseits provoziert. Unter Berücksichtigung der vom Geschwornengericht im wesentlichen richtig und vollständig aufgezählten Strafbemessungsgründe sowie mit Bedacht auf die allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 StGB) ist die an sich mit dem gesetzlichen Mindestmaß verhängte Zusatzfreiheitsstrafe, die auch unter Hinzurechnung der im früheren Urteil (§§ 31, 40 StGB) ausgesprochenen Strafe (von sechs Monaten) diese Untergrenze nur geringfügig übersteigt, keinesfalls überhöht und reduktionsbedürftig.

Es war daher auch der Berufung des Angeklagten ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E17541

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0140OS00038.89.0531.000

Dokumentnummer

JJT_19890531_OGH0002_0140OS00038_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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