TE OGH 1989/5/31 8Ob508/89

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.05.1989
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Schwarz und Dr.Graf als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Friedrich E***, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Erzherzog-Rainer-Ring 23, wider die beklagte Partei Ingrid K***, Hausfrau, 4020 Linz, Ziegeleistraße 2, im Rahmen der ihr gewährten Verfahrenshilfe vertreten durch Dr.Waltraute Steger, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 526.168,-- s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 21.September 1988, GZ 6 R 100/88-34, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 11.Jänner 1988, GZ 8 Cg 94/86-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte von der Beklagten die Bezahlung eines Betrages von S 526.168,-- s.A. Er begründete sein Begehren damit, daß er die Beklagte in verschiedenen Rechtssachen vertreten und ihr über seine rechtsfreundliche Tätigkeit am 2.November 1982 eine Honorarnote über eine tarifmäßige Forderung von insgesamt S 930.960,-- incl. Umsatzsteuer übermittelt habe. Unter Berücksichtigung einer Akontozahlung von S 10.000,-- habe sich zunächst eine offene Honorarforderung von S 920.960,-- ergeben. Am 27. April 1983 habe die Beklagte eine weitere Akontozahlung von S 100.000,-- geleistet. Mangels weiterer Zahlungen habe der Kläger die restliche Honorarforderung gerichtlich geltend gemacht. Die Beklagte habe um Stundung mit der Zusicherung ersucht, daß sie in nächster Zeit zumindest S 130.000,-- akontieren könne. Sie habe in der Folge die zugesagte Akontozahlung von S 130.000,-- tatsächlich geleistet. Am 22.März 1984 habe die Beklagte die restliche Kostenforderung von S 690.960,-- samt Zinsen ausdrücklich anerkannt. Es sei eine Ratenzahlung von S 100.000,-- bei Terminsverlust mit 10. Mai 1984 festgelegt und die Fälligkeit des restlichen Forderungsbetrages mit 31.Dezember 1984 vereinbart worden. Für den Fall der Einhaltung der Zahlungstermine habe der Kläger auf die Geltendmachung von Verfahrenskosten aus dem darüber geführten Rechtsstreit verzichtet. Am 5.September 1984 habe die Beklagte nach eingetretenem Terminsverlust neuerlich die restliche Forderung anerkannt und sich zur Leistung einer Akontozahlung von S 30.000,-- verpflichtet. Diese Zahlung sei von der Beklagten erbracht worden. Eine neuerliche Zahlungsvereinbarung unter Anerkenntnis der noch offenen Forderung von S 526.168,-- s.A. sei am 16.Dezember 1985 erfolgt. Weitere Zahlungen habe jedoch die Beklagte nicht mehr erbracht, sodaß die restliche Honorarforderung von S 526.168,-- samt Zinsen unberichtigt aushafte.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß der Kläger ihr gegenüber für die von ihm erbrachten Leistungen lediglich Pauschalhonorare erstellt und sie bewußt nicht darauf aufmerksam gemacht habe, ein Anrecht auf Aufschlüsselung seines Honoraranspruches zu haben. Bei einer Abrechnung nach dem Rechtsanwaltstarif sei das Honorar des Klägers um ein Vielfaches niedriger als das von ihm nunmehr begehrte Pauschalhonorar. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Der Kläger vertrat die Beklagte von etwa 1977 bis 1981/82 in einer Realteilungsangelegenheit ihres Grundbesitzes in Waidhofen/Ybbs. Die Bevollmächtigung umfaßte auch die Vertretung in den beim Kreisgericht St.Pölten anhängigen Rechtsstreitigkeiten 3 Cg 256/77 und 3 Cg 258/78 (Realteilungsklage). Nach der Beendigung des Vertretungsverhältnisses übermittelte der Kläger der Beklagten die Honorarnote vom 2.November 1982 und schlüsselte die von ihm erbrachten Leistungen wie folgt auf:

   "1.) Bausache: Korrespondenz, Tel.Konferenz,

eine Kommission                               S   4.000,--

2.) Rechtssache Dr.S***: Korrespondenz,

Informationsaufnahme, Konferenz mit Mandant-

schaft                                        S   3.500,--

3.) Neue Heimat: Korrespondenz, Tel.Kon-

ferenzen, Kommission an Ort und Stelle        S   2.500,--

4.) Forstrechtliche Anzeige: Informa-

tionsaufnahme, Schriftverkehr, Verhandlung an

Ort und Stelle                                S   9.000,--

5.) Wasserrechtliche Angelegenheit (Brun-

nenschlagung): Zahlreiche Tel.Konferenzen,

Schriftverkehr, Ortsaugenschein, mündliche

Verhandlung bei der Gemeinde Waidhofen        S  12.000,--

6.) Teilungsprozeß mit gerichtlichen und

außergerichtlichen Leistungen, Kommissionen

und Konferenzen, Vergleichsdurchführung im

Grundbuch, Mitwirkung an der Erstellung des

Teilungsplanes und Verbücherung desselben     S 770.000,--

7.) Kronheim-Höllerer.Ortsaugenschein,

Korrespondenz                                 S   6.000,--

8.) Rekursverfahren Liegenschaftsteilung:

Rekurse, Beweisanträge, Korrespondenz, Kon-

ferenz                                        S  15.000,--

9.) Vorbesprechung bezüglich Veräußerung

von Liegenschaftsteilen an Siedlungsgenossen-

schaften, insbesondere "Schönere Zukunft"     S  20.000,--

10.) Barauslagen: Pauschale für Fahrt-

kosten, Gerichtsgebühren, Stempelmarken, Porti,

Kopien und die Barauslagen in allen Angelegen-

heiten                                        S  20.000,--

                                          S 862.000,--

8 % USt                                       S  68.960,--

Endsumme:                                     S 930.960,--"

                                          ============

Die im Punkt 6.) der Honorarnote des Klägers vom 2.November 1982

angeführten Leistungen gliedern sich im einzelnen wie folgt auf:

1.) Prozeßvertretung im Verfahren

3 Cg 256/77 bzw. 3 Cg 258/77 des KG St.Pölten,

Erstattung von Schriftsätzen, Exekutionsan-

träge und Rechtsmittel, Verrichtung der Streit-

verhandlung am 18.April 1980 gerundet         S  90.000,--

2.) Verhandlung mit dem Gegenvertreter

Dr.M***, zahlreiche Briefe und Konferenzen

gerundet                                      S 128.000,--

3.) Besprechungen mit dem Gerichtssachver-

ständigen Ing.H*** und Ing.H***, zahl-

reiche Telefonate, Vornahme von zwei ein-

gehenden Ortsaugenscheinen am 12.Juni 1979

und 24.August 1979, sowie Korrespondenz, ge-

rundet                                        S 120.000,--

4.) Grundbücherliche Durchführung von An-

erkenntnisurteil und Vergleich, Kommissionen

zum Grundbuchsführer, davon eine gemeinsam mit

Ing.S***, Verfassung von Gesuchsentwürfen,

Ortsaugenschein am 20.März 1981 zur Herbei-

führung einer geänderten Vergleichslösung und

des erforderlichen Teilungsplanes unter Bei-

ziehung beider Parteien und des Geometers

Ing.S*** gerundet                          S  97.000,--

5.) Verfahren beim Finanzamt für Ge-

bühren und Verkehrssteuern und der Agrarbe-

zirksbehörde zur Erlangung der Gebührenbe-

freiung, Konferenzen und Korrespondenz, ge-

rundet                                       S  60.000,--

6.) Erwirkung der Pfandauflassung zur

grundbücherlichen Durchführung, Verhandlung

mit der R*** Linz (telefonische Konferenzen

und eine Kommission nach Linz), gerundet     S  31.000,--

7.) Korrespondenz mit der Beklagten      S  30.000,--

8.) 65 Besprechungen, bzw. Telefonate mit

der Beklagten, gerundet                      S 214.000,--

Der Rechtsstreit zu 3 Cg 256/77 bzw. 3 Cg 358/78 des

Kreisgerichtes St.Pölten wurde anläßlich einer Streitverhandlung

durch Fällung eines vereinbarten Anerkenntnisurteiles und durch

einen Vergleichsabschluß beendet. Zu diesem Zeitpunkt waren die

Grundstücke der Beklagten noch nicht geteilt, so daß ein

Teilungsplan ausgearbeitet werden mußte. Im Zuge dieser Ausarbeitung

stellte sich heraus, daß die Beklagte und auch ihr Bruder Änderungen

dieses Teilungsplanes wünschten. Es wurde daher am 20.März 1981

unter Beiziehung der Parteien und des Geometers ein Ortsaugenschein

durchgeführt. Durch diesen außergerichtlichen Vergleich wurde der

gerichtlich geschlossene Vergleich nicht gegenstandslos, sondern es

wurden lediglich die Grenzlinien verändert und darüber ein

außergerichtlicher Vergleich abgeschlossen. In der Folge bedurfte es

schwieriger Verhandlungen und zahlreicher Interventionen des

Klägers, um eine Grunderwerbssteuerbefreiung der Beklagten zu

erwirken. Die grundbücherliche Durchführung gestaltete sich

umfangreich und schwierig im Hinblick auf zahlreiche Belastungen,

wie Servituts- und Pfandrechte. Die Tätigkeit des Klägers war etwa

mit der Erstellung der Honorarnote vom 2.November 1982 beendet. Am

10. August 1982 hatte der Kläger jedoch der Beklagten noch das

Ergebnis eines Rechtsmittels bezüglich einer

Grundabtretungsangelegenheit übermittelt.

Nach Erhalten der Honorarnote teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie eine Akontozahlung von S 150.000,-- leisten werde. Der Kläger ersuchte sie dann mit Schreiben vom 14.Dezember 1982, eine Abstattungsvereinbarung abzuschließen. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 20.Dezember 1982, daß sie gerne bereit sei, die vom Kläger erwähnte Vereinbarung abzuschließen; sie ersuchte den Kläger, den Text der Vereinbarung vor Unterfertigung zu übersenden. In der Folge suchte die Beklagte auf Zahlungsaufforderungen des Klägers hin wiederholt um Stundung an und leistete am 22.April 1983 eine Teilzahlung von S 100.000,-- und am 11.November 1983 eine solche von S 130.000,--. Am 22.März 1984 anerkannte die Beklagte die vom Kläger in diesem Rechtsstreit geltend gemachte Kostenforderung in der restlichen Höhe von S 690.000,-- zuzüglich der bis zu diesem Tage aufgelaufenen Zinsen von S 46.932,37. Die Beklagte verpflichtet sich, den anerkannten Betrag zuzüglich Zinsen und weiterlaufenden 4 % Zinsen aus S 690.960,-- in mehreren Raten bis insgesamt 31. Dezember 1984 zu begleichen. Weitere Anerkenntnisse während des Rechtsstreites, der aus diesem Grunde wiederholt ruhte, erfolgten am 31. Jänner 1985, am 13.Oktober 1985 und am 16.Dezember 1985. Am 11. Juli 1984 zahlte die Beklagte S 70.000,-- am 10.September 1984 S 30.000,--, am 31.Jänner 1985 S 20.000,-- am 30.Mai 1985 S 100.000,-- und am 13.September 1985 S 20.000,--. Am 16.Dezember 1985 kam die Beklagte neuerlich in die Kanzlei des Klägers. Zufolge der letzten Klageeinschränkung vom 3.September 1985 wurde die restliche Kostenforderung mit einem Betrag von S 546.168,-- samt 4 % Zinsen seit 1.Juni 1985 ermittelt, wobei 4 % Zinsen bis 30.Mai 1985 in diesem Betrag bereits enthalten sind. Weiters wurde festgehalten, daß die Beklagte am 16.September 1985 einen Betrag von S 20.000,-- bezahlt hatte, so daß sich die Forderung des Klägers mit 16.Dezember 1985 auf S 526.168,-- samt 4 % Zinsen aus S 546.168,-- vom 1.Juni 1985 bis 16.September 1985 und aus S 526.168,-- seit 16.September 1985 reduzierte. Die Beklagte anerkannte diese mit 16.Dezember 1985 aushaftende Forderung neuerlich. Die Beklagte erklärte auch, auf die Einwendung der Verjährung bis 31.Dezember 1986 zu verzichten. Weiters wurde festgestellt, daß in dem anerkannten Betrag die Verfahrenskosten des "Eintreibungsprozesses" nicht inbegriffen sind. Die Beklagte teilte dem Kläger hiebei mit, daß sie auf Grund bevorstehender Abverkäufe bereits am 23.Dezember 1985 in der Lage sein werde, die offene Forderung zu begleichen, und ersuchte daher neuerlich um Stundung bis zu diesem Termin. Sie nahm zur Kenntnis, daß auf Grund der "heutigen" Erklärung die Stundung gewährt und sohin die für 17.Dezember 1985 beim Landesgericht Linz anberaumte erste Tatsatzung nicht besucht werde. Der Inhalt dieser Vereinbarung und das Anerkenntnis der Beklagten wurde schriftlich festgehalten und von den Streitteilen unterfertigt.

In der Folge leistete die Beklagte auf die aushaftende Honorarforderung des Klägers keine weiteren Zahlungen mehr, sodaß über Antrag des Klägers das Verfahren fortgesetzt wurde. Das Erstgericht erachtete ein konstitutives Anerkenntnis der Forderung des Klägers durch die Beklagte für gegeben, was ihre Sachfälligkeit zur Folge habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und ergänzte diese durch Beweisaufnahmen aus den Akten 3 Cg 256/77, 3 Cg 358/78, TZ 100/82, Nc 20/80, E 4017/79 und E 1915/88. Daraus zog das Berufungsgericht auf Grund stichprobenartiger Überprüfung der Honorarnote - gerafft wiedergegeben - den Schluß, daß die vom Kläger in seiner Parteiaussage erfolgte Aufschlüsselung seiner Leistungen einer objektiven Kontrolle standhalte. Rechtlich war das Gericht zweiter Instanz der Auffassung, daß der Rechtsanwalt zur Vorlage einer detaillierten Kostenrechnung nicht verpflichtet sei und auch gerichtlich eine Pauschalentlohnung zugesprochen werden könne. Selbst wenn man diese Ansicht nicht in rigoroser Form teile, gelte doch für den vorliegenden Fall, in dem der Kläger mit der Bekanntgabe seiner Gesamtkosten eine, wenn auch nicht ausführlich aufgeschlüsselte Honorarnote an die Beklagte mitübersandte, daß der Kläger zu einer weiteren Detaillierung dieser Kostennote nicht mehr verpflichtet gewesen sei, weil dies von der Beklagten nach dem Erhalt der Honorarnote damals nicht verlangt wurde. Vielmehr sei die der Beklagten bekannt gegebene Honorarnote von dieser schon von Anfang an zumindest schlüssig anerkannt worden, wobei zunächst nur offen blieb, in welchen Teilzahlungen sie die Honorarschuld abstatten werde. Obwohl eine vom Schuldner geäußerte Vergleichsbereitschaft noch nicht als Anerkenntnis zu werten und auch aus einer Teilzahlung allein die Anerkennung der Restschuld nicht zu erschließen sei, habe diese doch diverse Verpflichtungserklärungen unterschrieben, worin sie sich bereit erklärte, den anerkannten Kostenbetrag samt Zinsen in Teilzahlungen abzustatten. Eine Irreführung der Beklagten habe sich aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ergeben. Vielmehr hätten die vom Berufungsgericht beigeschafften Akten die Richtigkeit der Angaben des Klägers über das besonders große Ausmaß seiner für die Beklagte erbrachten Arbeit bestätigt.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und in der Sache selbst das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Die Beklagte äußert in ihrer Revision die Ansicht, daß über die gerechtfertigte Höhe der Forderung des Klägers zumindest für sie noch keine Klarheit geschaffen war, so daß eine bindende Vereinbarung der Streitteile darüber nicht zustande gekommen sein könne. Die Beklagte sei hinsichtlich der Berechtigung der Höhe der Kostenforderung vom Kläger bewußt in Irrtum geführt worden.

Dazu war zu erwägen:

Auf den durch Inanspruchnahme der Leistungen des Klägers als Rechtsanwalt zustandegekommenen Vertrag finden in erster Linie die Vorschriften der Rechtsanwaltsordnung, hilfsweise die Bestimmungen des ABGB über den Bevollmächtigungsvertrag Anwendung (Stanzl in Klang2 IV/1, 794; EvBl 1972/124; SZ 51/27 ua). Da nach den getroffenen Feststellungen der Untergerichte keineswegs Unentgeltlichkeit der Tätigkeit des Klägers vereinbart war, hat er für seine der Beklagten erbrachten Leistungen Anspruch auf Entgelt. In erster Linie gebührt ihm das vereinbarte Entgelt (§ 17 Abs 1 RAO). Eine ausdrückliche Honorarvereinbarung wurde nicht getroffen, der Kläger hat deshalb Anspruch auf angemessene Entlohnung (EvBl 1972/124; NZ 1973, 156 ua). Bei Honoraransprüchen, für die ein Tarifsatz besteht, ist in der Regel der entsprechende Tarifsatz als angemessenes Entgelt anzusehen (SZ 51/27 ua). Für Leistungen der im § 1 Abs 1 des Bundesgesetzes über den Rechtsanwaltstarif BGBl. 1969/189 aufgezählten Art sind die von der Vertretersammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages gemäß § 37 Z 4 RAO beschlossenen Autonomen Honorarrichtlinien (AHR) anzuwenden. Diesen Richtlinien kommt zwar kein normativer Charakter zu, sie stellen aber doch ein kodifiziertes Sachverständigengutachten über die Angemessenheit jener anwaltlichen Leistungen dar, die im Rechtsanwaltstarifgesetz nicht näher geregelt sind (SZ 51/27; EvBl 1972/124) und für die keine besondere Vereinbarung getroffen wurde (1 Ob 557/82 ua).

Die vom Kläger der Beklagten mit dem Schreiben vom 2.November 1982 übermittelte Kostennote Beilage A beinhaltet eine Aufstellung von Leistungen in 10 verschiedenen Leistungsgruppen, für die jeweils ein bestimmter Pauschalbetrag in Rechnung gestellt wird. Diese Aufstellung läßt keinesfalls eine ausreichende sachliche Überprüfung der Tätigkeit des Rechtsanwaltes und der Berechtigung des hiefür in Anspruch genommenen Honorars zu. Sie entspricht nicht den Grundsätzen ordentlicher Rechnungslegung. Eine solche hat alle Angaben zu enthalten, die eine Überprüfung der Angemessenheit (§ 1152 ABGB) zulassen (Krejci in Rummel, ABGB, Rz 12 zu § 1170;

Koziol-Welser7 I 350; SZ 54/35; JBl 1986, 450; JBl 1968, 422;

MietSlg 31.236 ua). Von einer den Erfordernissen von Treu und Glauben entsprechenden Rechnungslegung kann nur gesprochen werden, wenn unter Berücksichtigung der Art und des Umfanges der Leistung sowie des Einblickes des "Bestellers" dieser ausreichend über die Berechnungsunterlagen informiert wird, so daß er die Möglichkeit der Prüfung der Angemessenheit des Gesamtentgeltes besitzt (vgl. Esser-Schmidt, Schuldrecht5 Allgemeiner Teil, erster Halbband, 190;

Rother in AcP 164, 99; JBl 1968, 422; 6 Ob 760/82; 7 Ob 684/88). Ob

diese Anforderungen erfüllt sind, ist nach den Umständen des

Einzelfalles zu beurteilen. Diese allgemeinen Erwägungen haben

insbesondere auch für die Honorarforderung eines Rechtsanwaltes zu

gelten.

Nach den getroffenen Feststellungen ist der Beklagten eine

detaillierte Leistungsabrechnung des Klägers bisher nie zugekommen.

Dementsprechend kommt dem bereits im Verfahren erster Instanz von

der Klägerin vertretenen, vom Erstgericht aber nicht behandelten

Standpunkt, sie sei vom Beklagten bewußt nicht darauf aufmerksam

gemacht worden, daß sie ein Anrecht auf Aufschlüsselung des

erhobenen Anspruches habe, und damit konsequenterweise ihre

Einwendung, die tariflichen Ansätze wären in bewußter Verschweigung

durch den Kläger wesentlich niedriger gewesen, ausschlaggebende

Bedeutung zu:

Die Vorinstanzen haben übereinstimmend ihrer Entscheidung

zugrundegelegt, daß die Beklagte die mit dem Klagebetrag geltend

gemachte Honorarforderung des Klägers letztlich in Erledigung des

darüber geführten Rechtsstreites anerkannte. Ein solcher

Anerkenntnisvertrag, welcher wie der Vergleich ein

Feststellungsvertrag ist, schafft zwar unabhängig von dem Bestehen

des behaupteten Rechtes eine neue selbständige Verpflichtung und

ruft das anerkannte Rechtsverhältnis auch für den Fall, daß es nicht

bestanden haben sollte, ins Leben (EvBl 1974/4; ZVR 1972/11;

SZ 41/122; 1 Ob 580/80; Koziol-Welser, Grundriß I7 261); es

unterliegt aber - da es als Unterart des Vergleiches angesehen

wird - im wesentlichen auch den dafür bestehenden Regeln (JBl 1977,

486; JBl 1975, 206; Koziol-Welser aaO). Die Anfechtung eines

Vergleiches ist sowohl im Falle der List als auch wegen eines

Irrtums über die Vergleichsgrundlage zulässig. Haben die Parteien

gewisse Umstände beim Vergleichsabschluß als feststehend angenommen

und daher nicht der Streitbereinigung unterwerfen wollen, berechtigt

ein Irrtum darüber bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen

(§§ 870 ff ABGB) zur Anfechtung (Wolff in Klang2 VI, 280;

Koziol-Welser aaO 260; SZ 47/102, SZ 39/57; JBl 1964, 369). Listige

Irreführung berechtigt auch zur Anfechtung in bezug auf einen

Vergleichspunkt (Koziol-Welser aaO 260).

Auf all diese von der Beklagten schon im Verfahren erster

Instanz relevierten Fragen ist das Erstgericht nicht eingegangen;

das Berufungsgericht erledigte diesen Fragenkomplex nur mit dem

Hinweis darauf, daß auf eine Irreführung auf Grund der

Verfahrensergebnisse insgesamt nicht geschlossen werden könne, legte

aber seinen Erwägungen eine - wie er selbst ausführte - "eher

beispielhafte" Überprüfung der Honorarnote an Hand einzelner

Stichproben zugrunde. Damit ist aber die nach wie vor anstehende

Frage, ob die Beklagte bei der Abgabe ihres die Honorarforderung

betreffenden Anerkenntnisses im Sinne ihres Vorbringens bewußt über

die Berechtigung der verzeichneten Honorarforderung getäuscht oder

deren allfälliger Irrtum über diese Vergleichsgrundlage vom Kläger

veranlaßt wurde, nicht geklärt. Dazu bedarf es einer differenzierten

Klarstellung der Berechtigung der verzeichneten Kosten. Da es sich

hiebei um eine umfassende Begutachtung der Honorarnote und nicht um

eine bloß summarische Schätzung ihrer Berechtigung an Hand

willkürlich herausgegriffener Stichproben handelt, wird die

Einvernahme eines Sachverständigen - wie dies die

Rechtsanwaltskammer für Wien, NÖ und Burgenland in solchen Fällen

für durchaus zielführend erachtet (siehe AS 49) - nicht zu umgehen

sein. Erst auf Grund des objektiven Ergebnisses der Überprüfung der

Kostennote des Klägers wird endgültig Klarheit über die Materie zu

gewinnen sein und es werden dann auch daraus die entsprechenden

Schlüsse über die Berechtigung der dargestellten Einwendungen der

Beklagten gezogen werden können.

Der Revision der Beklagten war somit Folge zu geben. Die Urteile

der Vorinstanzen waren bis in die erste Instanz aufzuheben. Dem

Erstgericht war die Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze aufzutragen. Der Kostenausspruch beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E17815

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00508.89.0531.000

Dokumentnummer

JJT_19890531_OGH0002_0080OB00508_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten