TE OGH 1989/6/12 13Os55/89 (13Os56/89)

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Veröffentlicht am 12.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Juni 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Maurer als Schriftführer in der Strafsache gegen Winfried E*** wegen des Verbrechens des Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 3 und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichts Leoben als Schöffengerichts vom 13.März 1989, GZ. 10 Vr 786/88-64, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Widerrufsbeschluß vom 13.März 1989, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch 7 (wegen versuchten schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB) sowie im Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung gleichwie der gemäß § 494 a StPO ergangene Widerrufsbeschluß aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte sowie letzterer auch mit seiner Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß auf obige Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 27.Jänner 1954 geborene Graphiker Winfried E*** wurde des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 3 und 15 StGB schuldig erkannt. Darnach verleitete er in Eisenerz zwischen 16.November 1987 und 15. März 1988 Friedrich S*** unter Vortäuschung seiner Zahlungsfähgkeit und seines Zahlungswillens zur Vermietung eines Zimmers (Schaden 24.000 S) und Gewährung eines Darlehens (Schaden 13.500 S) (1, 2), im November 1987 Andrea M*** durch die wahrheitswidrige Behauptung, er habe für eine von ihr bestellte Kohlenlieferung 500 S bezahlt, zur Ausfolgung dieses Betrags (3), am 16. Dezember 1987 Reinhard W*** durch die Vorgabe, er werde das Geld bis 31.Jänner 1988 zurückzahlen, zur Gewährung eines Darlehens von 40.000 S, wobei ein Schaden von 20.000 S entstanden ist (4), Anfang Februar 1988 Manfred P*** durch die Behauptung, er werde den Betrag samt Zinsen sogleich zurückzahlen, zur Aufnahme eines Darlehens bei der B*** Eisenerz über 100.000 S und Gewährung eines Darlehens in dieser Höhe an ihn, wobei P*** einen Schaden von 75.000 S samt Zinsen erlitt (5), im Februar 1988 den Herbert R*** unter Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und seines Zahlungswillens zur Anfertigung von vier Europaletten, wodurch R*** um 4.908 S geschädigt wurde (6), am 2.Februar 1988 die Firma P*** KG, indem er Heinz S*** telephonisch aufforderte, ein fingiertes Telex abzusenden, aus dem hervorgehen sollte, daß die Bonität der "BWG" (B*** UND W*** m.b.H.)

gegeben sei, zur Herausgabe von drei Personenkraftwagen im Gesamtwert von 1,075.685 S, wobei es beim Versuch geblieben ist (7), sowie zwischen Februar und April 1988 Andrea M***, Ernest S***, Birgit P***, Christian B*** und Ulf H*** unter der Vorgabe, sie in seinem Unternehmen als Arbeitskräfte einzustellen, ordnungsgemäß anzumelden und ihnen den versprochenen Gehalt zu bezahlen, zur Erbringung von Arbeitsleistungen, wodurch Andrea M*** um ca 40.000 S, Ernest S*** um etwa 40.000 S, Birgit P*** um ungefähr 36.000 S und Christian B*** um etwa 29.000 S sowie Ulf H*** in unbekannter Höhe geschädigt wurden (8).

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Unbegründet ist die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Urteilsfakten 1 bis 6 und 8 wendet.

Rechtliche Beurteilung

Mit der Behauptung, der Beschwerdeführer habe alle Personen, von denen er Geld geliehen hat, gut gekannt und über seine Schwierigkeiten vor allem finanzieller Art laufend informiert, macht er der Sache nach eine Urteilsunvollständigkeit geltend, die jedoch keine entscheidende Tatsache betrifft, denn ungeachtet des behaupteten Umstands sind die Geschädigten den jeweiligen Täuschungshandlungen des Nichtigkeitswerbers erlegen. Dafür aber, daß die Getäuschten die selbstschädigenden Handlungen auch gesetzt hätten, wenn sie gewußt hätten, daß der Rechtsmittelwerber seinen Verpflichtungen nicht nachkommen würde, bietet die Aktenlage keinen Anhaltspunkt und wird dies in der Beschwerde auch gar nicht behauptet. Soweit der Angeklagte in Wiederholung seiner Verantwortung vorbringt, mit gutem Gewissen angenommen zu haben, die Schwierigkeiten meistern und seine Verbindlichkeiten erfüllen zu können, bekämpft er nach Art einer im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise die tatrichterliche Beweiswürdigung. Daß für die Annahme des tatbestandsessentiellen Bereicherungsvorsatzes jegliche Begründung im Urteil fehlt, trifft zu. Nach der Lage des Falls war eine Begründung in dieser Hinsicht aber entbehrlich, denn aus dem Kontext der Urteilsfeststellungen ergibt sich zwangsläufig, daß jemand, der mit Schädigungsvorsatz andere über seine Redlichkeit täuscht und zu vermögensschädigenden Handlungen verleitet, die dem Täuschenden Vermögensvorteile erbringen, mit Bereicherungsvorsatz handelt. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe sich nicht bereichert, stellt keine gesetzmäßige Darstellung eines Begründungsmangels im Sinn der Z. 5 dar.

Das Schöffengericht hat den bedingten Schädigungsvorsatz des Nichtigkeitswerbers aus dessen mangelnden finanziellen Möglichkeiten, der fehlenden Möglichkeit ausreichender Geldbeschaffung und aus seinem mangelnden technischen Wissen abgeleitet (S. 635 f.). Diese Deduktion erweist sich bei der gegebenen Sachlage als zutreffend.

Den Urteilsfakten 1 bis 6 und 8 haften somit Begründungsmängel (Z. 5) nicht an.

Die Rechtsrüge (Z. 9 lit. a) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, zumal sie nicht den Urteilssachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz vergleicht, sondern völlig unsubstantiiert behauptet, die subjektive Tatseite, die Deliktsmerkmale und insbesondere der angenommene bedingte Vorsatz gelangten im Urteil nicht zur gesetzmäßigen Darstellung und das Urteil setze sich in seiner Begründung nicht mit den für die rechtliche Beurteilung des subjektiven Tatbestands notwendigen Beweistatsachen auseinander. Berechtigt ist die Nichtigkeitsbeschwerde in bezug auf das Urteilsfaktum 7. Hiezu hat das Gericht festgestellt: Der Angeklagte schloß über die B*** Eisenerz einen Leasingvertrag für drei Personenkraftwagen und beantragte eine Bankgarantie von 250.000 S. Die Fahrzeuge sollten über die Firma Franz P*** in Eisenerz ausgefolgt werden. Es handelte sich um einen Audi 200 Turbo und zwei VW-Golf Synchro. Die monatlichen Leasingraten sollten über die Bankgarantie bezahlt werden. Der Angeklagte schuldet diesbezüglich Franz P*** derzeit noch 23.000 S und hat diesen Betrag anerkannt. Die Fahrzeuge hätten jedoch nur ausgeliefert werden können, wenn die Bankgarantie seitens der B*** vorgelegen wäre. Am 2.Februar 1988 beauftragte der Beschwerdeführer seinen Partner und Geschäftsführer Heinz S***, telephonisch ein fingiertes Telex (Fernschreiben) an die Firma P*** abzusenden, aus dem hervorgehe, daß die Bonität der Firma BWG gegeben sei; dadurch sollte die Herausgabe der drei Kraftwagen mit dem Gesamtwert von 1,075.685 S bewirkt werden. Es blieb aber bei dieser Versuchshandlung des Angeklagten, weil Heinz S*** das Fernschreiben nicht absandte, vielmehr über die Anstiftung dem Zeugen Franz P*** gegenüber bei einem Treffen im Hotel B*** Mitteilung machte und auch der Zeuge Curt M*** durch eine Mitteilung des Zeugen S*** davon Kenntnis erlangte. Ein weiterer Schaden ist der Firma P*** nicht entstanden, weil es nicht zur Auslieferung der drei Fahrzeuge kam (S. 630 f.). Der Rechtsmittelwerber behauptet in der Nichtigkeitsbeschwerde, hier liege absolut untauglicher Versuch vor. Unter diesem Gesichtspunkt haften dem Urteil in der Tat Feststellungsmängel an. Nach der Urteilskonstatierung S. 630 war Voraussetzung für die Auslieferung der Fahrzeuge eine Bankgarantie der B***. Daß S*** ein Fernschreiben der B*** fingieren sollte, wurde nicht festgestellt; S*** selbst bringt in seiner Niederschrift vom 27. Juni 1988 vor, daß er das Fernschreiben im Namen eines Herrn S*** von der Leasing-West an die Firma P*** absetzen hätte sollen (S. 275). Der Zeuge Franz P*** sagte in der Hauptverhandlung aus, er hätte die Auslieferung der Fahrzeuge veranlassen müssen, wenn "das" Telex, worin die Bonität bestätigt worden wäre, an seine Firma angekommen wäre (S. 559). Dem Urteil ist indes nicht zu entnehmen, ob der Zeuge P*** die Auslieferung der Fahrzeuge auch dann veranlaßt hätte, wenn das (fingierte) Fernschreiben nicht die Erstellung der Bankgarantie der B*** bestätigt hätte, sondern lediglich als Bonitätserklärung des Herrn S*** von der Leasing-West zu Gunsten der "BWG" abgesandt worden wäre.

Sonach ist die Sache im Faktum 7 noch nicht entscheidungsreif, weshalb der zum Vorteil des Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde in diesem Punkt sofort Folge zu geben und das Urteil im Schuldspruch 7 aufzuheben war. Damit ist verbunden die Aufhebung des Strafausspruchs einschließlich der Vorhaftanrechnung und des Beschlusses, mit welchem gemäß § 494 a Abs. 1 Z. 4 StPO die bedingte Nachsicht der Strafreste in den Verfahren 2 b Vr 4118/81 des Landesgerichts für Strafsachen Wien in der Dauer von sieben Monaten und 23 Tagen sowie 2 b E Vr 13461/81 des Landesgerichts für Strafsachen Wien in der Dauer von vier Monaten widerrufen wurde; denn eine Entscheidung gemäß § 494 a Abs. 5 StPO kann nur zugleich mit der endgültigen Erledigung der Straffrage ergehen, welch letztere nunmehr in Schwebe bleibt (vgl. 13 Os 55/88, 13 Os 85,87/88, 13 Os 110,111/88).

Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen und zwar teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO i.V.m. § 285 a Z. 2 StPO, teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO.

Anmerkung

E17531

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0130OS00055.89.0612.000

Dokumentnummer

JJT_19890612_OGH0002_0130OS00055_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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