Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Angst als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Hans P***, Facharzt. Wien 18., Sternwartestraße 75, vertreten durch Dr. Hans Nemetz ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Evelyn S***-W***, Private, Wien 3., Stammgasse 15, und
2.) Dr. Helmut S***-W***, Primararzt, Zwettl, Mittelweg 1, beide vertreten durch Dr. Werner Sporn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Übergabe eines Überbaues und Herausgabe von Fahrnissen, infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 19.Jänner 1989, GZ 13 R 222/88-41, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 5.September 1988, ausgefertigt mit Datum vom 6. September 1988, GZ 19 Cg 139/88-38, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien haben die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Gemäß einem Kaufvertrag vom 5.Februar 1980 verkauften Fritz und Leopoldine L*** ein auf einem Grundstück der Stadtgemeinde Klosterneuburg stehendes Holzhaus (Überbau) an die Erstbeklagte und ihren am 14.August 1984 verstorbenen und von beiden Beklagten beerbten Sohn Oliver. In der Folge wurden für dieses Haus Einrichtungsgegenstände angeschafft. Die hiezu jeweils erforderlichen Geldmittel stellte der Kläger zur Verfügung. Strittig ist, welche Rechtsbeziehungen in diesem Zusammenhang bestehen. In seiner am 28.November 1985 eingebrachten Klage behauptete der Kläger, er habe den Überbau und die Fahrnisse für sich selbst angeschafft und den Überbau nur treuhändig an die Erstbeklagte und ihren Sohn Oliver überlassen. Er begehrte die Übergabe des Holzhauses und die Herausgabe der Einrichtungsgegenstände. Nach Aufhebung eines klagsabweisenden Urteiles des Erstgerichtes wurde das Klagebegehren vom Erstgericht auch im zweiten Rechtsgang wieder mit der Begründung abgewiesen, daß ein Treuhandverhältnis und das Eigentumsrecht des Klägers an den Fahrnissen nicht erwiesen seien. Auch dieses zweite Urteil des Erstgerichtes wurde vom Berufungsgericht aufgehoben, im wesentlichen mit der Begründung, es seien konkrete Tatsachenfeststellungen über alle zwischen den Streitteilen vorgekommenen Gespräche und stattgefundenen Ereignisse zu treffen, weil erst dann die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen auf Grund von Beweislastregeln möglich seien. Erörtert müsse auch werden, ob der im strittigen Zeitpunkt minderjährige Sohn der Erstbeklagten entsprechend vertreten gewesen sei, ob beim Überbau die Urkundenhinterlegung stattgefunden habe, und schließlich, ob, wenn schon keine Treuhand so vielleicht doch ein Scheingeschäft vorliege, bei dem ermittelt werden müsse, welches wirklich beabsichtigte Geschäft die Parteien abgeschlossen haben, und welche Übergabsvorgänge bei den Fahrnissen stattgefunden hätten. Nach Zustellung dieses neuerlichen Aufhebungsbeschlusses machte der Kläger in einem am 30.August 1988 eingebrachten Schriftsatz "vorsorglich und hilfsweise" geltend, er habe den Überbau der Erstbeklagten und ihrem Sohn Oliver je zur Hälfte geschenkt, widerrufe diese Schenkung bei der Erstbeklagten aber jetzt wegen groben Undanks, weil diese im Jahr 1985 gegen ihn zu Unrecht eine Strafanzeige wegen gefährlicher Drohung erhoben habe, die zu einer kurzfristigen Haft geführt habe. Er stellte das Eventualbegehren, es werde gegenüber den Beklagten festgestellt, daß ihm am Holzhaus das ideelle Hälfteeigentum zustehe und die Beklagten in die Übertragung dieses Hälfteeigentums an ihn einzuwilligen hätten. - Weiters stellte der Kläger Behauptungen über den fehlenden Eigentumserwerb durch den Sohn der Beklagten auf.
Die beklagten Parteien sprachen sich nach Vortrag dieses Schriftsatzes in der Tagsatzung vom 5.September 1988 gegen die Klagsänderung aus.
Das Erstgericht ließ die Klagsänderung nicht zu, weil es eine erhebliche Erschwerung bedeute, wenn nach Einstellung des seinerzeit anhängig gewesenen Strafverfahrens geklärt werden müßte, ob die Strafanzeige der Erstbeklagten berechtigt gewesen sei. Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß die Klagsänderung zugelassen werde, und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Ansicht, daß Klagsänderungen tunlichst zuzulassen seien, besonders wenn der bisher geleistete Prozeßaufwand verwertbar bleibe und dadurch ein neuerlicher Rechtsstreit zwischen den Streitteilen vermieden werde. Eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung sei nicht zu besorgen, weil eine Ergänzung der Beweisaufnahme ohnedies auch auf Grund des im zweiten Rechtsgang ergangenen Aufhebungsbeschlusses erforderlich sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der beklagten Parteien ist nicht berechtigt. Ob zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten eine Schenkung oder ein Scheingeschäft oder ein Treuhandvertrag zustandegekommen ist, erfordert mehr oder weniger dieselben Erhebungen. Erst die rechtliche Wertung der einzelnen Äußerungen oder Verhaltensweisen der Beteiligten wird ergeben, ob das eine oder das andere gegeben ist. Insoweit tritt also durch die Klagsänderung keine Erschwerung auf. Eine gewisse Erschwerung entsteht nur daraus, daß jetzt wegen des geltend gemachten Schenkungswiderrufsgrundes zusätzlich die Vorgänge zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten geprüft werden müssen, welche Gegenstand der seinerzeitigen Strafanzeige waren. Hiezu sind bisher neben dem Strafakt als Beweis nur ein Zeuge und die Vernehmung der Parteien angeboten worden. Im Interesse einer endgültigen Bereinigung der strittigen Beziehungen zwischen den Streitteilen erfordern jedoch diese zusätzlichen Beweisaufnahmen, selbst wenn die beklagten Parteien noch ergänzende Beweismittel beantragen sollten, insgesamt einen wesentlich geringeren Aufwand als die Führung eines neuen Prozesses über den Schenkungswiderruf (vgl E wie SZ 50/29; RZ 1979, 278). Unrichtig ist das Argument im Revisionsrekurs, daß die Sache ohne Prüfung der Berechtigung des neuen Klagsgrundes schon jetzt spruchreif sei (siehe dazu die oben kurz dargestellten Ausführungen im Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes). Es wird daher durch die Zulassung der Klagsänderung im vorliegenden Fall die Bestimmung des § 235 Abs 3 ZPO nicht geradezu ad absurdum geführt oder obsolet gemacht. Die Kostentscheidung stützt sich auf die §§ 40 und 50 ZPO.
Anmerkung
E17712European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00520.89.0614.000Dokumentnummer
JJT_19890614_OGH0002_0030OB00520_8900000_000