TE OGH 1989/6/14 9ObS8/89

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Veröffentlicht am 14.06.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Herbert Bauer und Dr. Bernhard Schwarz als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Siegfried H***, Angestellter, Pasching, Prinz Eugen Straße 20a, vertreten durch Mag.Herbert Schnetzinger, Sekretär des ÖGB-Insolvenzreferates Linz, Linz, Volksgartenstraße 40, dieser vertreten durch Dr. Harry Zamponi, Dr. Josef Weixelbaum und Dr. Helmut Trenkwalder, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei A*** L***, Linz, Wiener Straße 7, vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen 113.743 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 31. Jänner 1989, GZ 12 Rs 156/88-6, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 27. Juli 1988, GZ 15 Cgs 2005/88-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen Betrag von 113.743 S sowie die mit 24,50 S (Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen."

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit 6.172,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.028,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 1. September 1978 bis 31. Juli 1987 als Angestellter bei der Firma Franz G*** OHG beschäftigt. Mit Dienstvertrag vom 5.September 1977 wurde vereinbart, daß das Arbeitsverhältnis von beiden Teilen nur unter Einhaltung einer halbjährigen Kündigungsfrist zum Quartalsende gekündigt werden kann. Über das Vermögen des Arbeitgebers wurde am 24. März 1987 der Ausgleich eröffnet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde mit Genehmigung des Ausgleichsgerichtes am 30. April 1987 unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von 3 Monaten zum 31. Juli 1987 gekündigt. Zuletzt betrug das Monatsbruttoentgelt des Klägers 47.023 S zuzüglich der anteiligen Sonderzahlungen von 7.837,17 S monatlich brutto.

Der Kläger meldet im Ausgleich für den Zeitraum ab 1. August 1987 folgende Schadenersatzansprüche gemäß § 20 d AO (jeweils netto) an:

1. als unbedingte Ausgleichsforderungen

a) Gehalt und anteilige Sonderzahlungen

   vom 1. August 1987 bis 31. Oktober 1987    91.275 S

b) Urlaubsentschädigung für 30 Arbeits-

   tage für das Urlaubsjahr ab 1.September

   1987                                       74.430 S

2. als bedingte Ausgleichsforderung

   Gehalt und anteilige Sonderzahlungen

   vom 1.November bis 31.Dezember 1987        60.850 S

Alle diese Ansprüche wurden im Ausgleich festgestellt.

Mit Bescheiden vom 29. April 1988 sprach die beklagte Partei dem Kläger über dessen Antrag an Insolvenzausfallgeld für Gehalt und Sonderzahlungen betreffend den Zeitraum 1.August bis 31.Dezember 1987 14.240 S (davon 8.544 S für den Zeitraum bis 31.Oktober 1987) und für Urlaubsentschädigung betreffend das Urlaubsjahr 1987/88 für 17,5 Arbeitstage 43.418 S zu und lehnte den Anspruch auf weiteres Insolvenzausfallgeld von 168.892 S (Gehalt 1. August bis 31.Dezember 1987 137.885 S und Urlaubsentschädigung 31.012 S) ab. Im Falle weiterer Beschäftigung bei der Firma Franz G*** OHG hätte der Kläger für die Zeit vom 1. August 1987 bis 31.Oktober 1987 ein Gesamtentgelt von 164.580,50 S brutto (91.275 S netto) erworben. Er verdiente durch anderweitige Beschäftigung in diesem Zeitraum 82.731 S netto.

Mit 1.September 1987 hätte bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Franz G*** OHG für den Kläger ein weiteres Urlaubsjahr mit einem Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen begonnen. Die Urlaubsentschädigung für diese 30 Arbeitstage beträgt

74.430 S.

Ab 1. August 1987 hat der Kläger ein neues Arbeitsverhältnis mit der Franz G*** Gesellschaft mbH begründet und damit einen neuen Urlaubsanspruch erworben. Auf die vom 1.August 1987 bis 31.Dezember 1987 bei seinem neuen Arbeitgeber zurückgelegte Dienstzeit entfällt ein Urlaubsanspruch von 12,5 Arbeitstagen. Unter Anrechnung dieser 12,5 Arbeitstage Urlaub wurde dem Kläger Insolvenzausfallgeld von 43.417,50 S entsprechend einer Urlaubsentschädigung für 17,5 Arbeitstage zuerkannt.

Der Kläger begehrt den Zuspruch von 113.743 S an Insolvenzausfallgeld (restliche Kündigungsentschädigung für den Zeitraum 1.August bis 1.Oktober 1987 von 82.731 S und restliche Urlaubsentschädigung für das Urlaubsjahr 1987/88 von 31.012 S). Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Anerkenntnis der streitgegenständlichen Ansprüche durch Ausgleichsverwalter und Ausgleichsschuldner sei für die beklagte Partei nicht bindend. Die Lösung des Arbeitsverhältnisses sei nicht rechtswidrig und schuldhaft erfolgt, sodaß sich der Ersatzanspruch nach § 20 d AO auf den durch die vorzeitige Lösung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich verursachten Schaden beschränke und eine § 29 Abs 2 AngG entsprechende Schadenspauschalierung nicht vorzunehmen sei. Auch der Anspruch auf Ersatz wegen entgangener Urlaubsentschädigung sei einer Anrechnung zugänglich. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die beklagte Partei an die Feststellung des Anspruches des Klägers im Ausgleichsverfahren nicht gebunden sei. Da die außerordentliche Kündigung nach § 20 Abs 2 AO nicht rechtswidrig und schuldhaft erfolgt sei, sei die Anwendung der verschuldensabhängigen Regelungen nach §§ 1162 b ABGB und 29 AngG nicht sachgerecht; es sei vielmehr auf die allgemeinen Prinzipien des Schadenersatzrechtes, insbesondere § 1304 ABGB, zurückzugreifen. Nach dieser Bestimmung seien die Vorteile aus dem neuen Arbeitsverhältnis zur Gänze anzurechnen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und teilte dessen Rechtsauffassung.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne des Klagebegehrens abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits zu 9 Ob S 15/88 ausgesprochen hat, ist das Arbeitsamt gemäß § 7 Abs 1 IESG bei der Beurteilung des Vorliegens eines gesicherten Anspruches an die hierüber ergangenen gerichtlichen Entscheidungen gebunden (vgl. auch §§ 38, 69 Abs 1 lit c AVG). Eine solche Entscheidung liegt hier nicht vor, doch besteht eine Bindung an die insolvenzrechtliche Feststellung der Forderung. Das Arbeitsamt hat nämlich, soweit der dritte Satz des § 6 Abs 5 iVm § 6 Abs 6 IESG anzuwenden ist, dem Antrag ohne weitere Prüfung insoweit stattzugeben, als nach dem übersandten Auszug eines Anmeldungsverzeichnisses der gerichtliche Anspruch im Konkurs- oder im Ausgleichsverfahren festgestellt ist. Ist ein Ausgleichsverfahren anhängig und die Forderung Gegenstand der Anmeldung, so tritt gemäß § 6 Abs 5 iVm § 6 Abs 6 IESG an die Stelle der befristeten Erklärung (die der Arbeitgeber gemäß § 6 Abs 4 IESG über Aufforderung des Arbeitsamtes zur Richtigkeit jeder Forderung auf Zuerkennung von Insolvenzausfallgeld abzugeben hat) die unverzügliche Übersendung des Auszuges aus dem Anmeldungsverzeichnis (§§ 32 Abs 2 und 3, 38 Abs 3 bis 5 und 54 Abs 1 Satz 1 AO) durch den Ausgleichsverwalter. Mit der Bindung an gerichtliche Entscheidungen geht somit eine Bindung an die insolvenzrechtliche Feststellung eines gesicherten Anspruches Hand in Hand (vgl. Schwarz-Holzer-Holler, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz2 163 f sowie 170). Diese Gleichstellung mit gerichtlichen Entscheidungen in bezug auf die Bindungswirkung entspricht der gegenüber § 53 a AO alter Fassung durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz neu gefaßten Bestimmung des § 54 Abs 4 AO, die wie folgt lautet: "Eine Forderung, zu deren Hereinbringung auf Grund der Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis Exekution geführt werden kann, ist gegenüber den Gerichten und, sofern besondere Gesetze nichts anderes bestimmen, auch gegenüber den Verwaltungsbehörden als bindend festgestellt anzusehen." Soweit diese Feststellungswirkung reicht, ist eine eigene Beurteilung durch das Arbeitsamt nicht zulässig; dieses ist vielmehr verpflichtet, die so entschiedene Frage bzw. die insolvenzrechtliche Feststellung des gesicherten Anspruches seiner Entscheidung zugrundezulegen (Schwarz-Holzer-Holler aaO 168 ff [169]). Der gegenteiligen - vor Inkrafttreten des IRÄG ergangenen - Entscheidung des VwGH vom 14. Dezember 1979 Arb. 9.876, wonach für den Bereich des IESG davon auszugehen sei, daß gerichtliche Entscheidungen, deren prozessuale Grundlage allein die Parteiendisposition ist (zB Versäumungs- und Anerkenntnisurteile), hinsichtlich der Qualifikation eines Anspruches als gesichert ebensowenig bindend seien wie Parteierklärungen in Konkursverfahren, selbst wenn sie kraft positiver Bestimmungen der KO bestimmte rechtskraftähnliche Wirkungen haben, und d"e Verwaltungsbehörde daher aus eigenem zu prüfen habe, ob ein gesicherter Anspruch vorliege, vermag der Oberste Gerichtshof nicht zu folgen. Der Gesetzgeber hat nämlich im § 7 IESG in Einklang mit den (späteren) allgemeinen Regeln der §§ 60 Abs 2 Satz 1 KO und 54 Abs 4 AO ausdrücklich das Gegenteil angeordnet und insbesondere bei der Normierung der Bindung an Urteile keinen Unterschied zwischen Entscheidungen gemacht, deren prozessuale Grundlage die Parteiendisposition ist, und solchen Entscheidungen, die auf der amtswegigen Prüfung des Sachverhalts beruhen. Der Oberste Gerichtshof verkennt nicht, daß durch die Bindung an Versäumungsurteil und Anerkenntnisurteile die Gefahr einer mißbräuchlichen Inanspruchnahme des Insolvenzausfallgeldfond vergrößert werden könnte; der Gesetzgeber hat jedoch gegen solche Mißbräuche nur durch Anspruchsbegrenzungen und Ausschlüsse gesicherter Ansprüche (§ 1 Abs 2, 3 und 5 IESG; insbesondere durch Einschränkung von Ansprüchen aus Einzelvereinbarungen) vorgesorgt; er hat aber eine dem § 7 Abs 1 Z 1 UVG analoge Bestimmung - diese Vorschrift verpflichtet das Gericht Vorschüsse ganz oder teilweise zu versagen, wenn begründete Bedenken bestehen, daß die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht (noch) besteht - für das insoweit vergleichbare System der Gewährung von Insolvenzausfallgeld nicht getroffen.

Für die Frage, ob und welcher Anspruch gegen den Arbeitgeber vorliegt, ist die Entscheidung des Gerichtes bindend bzw. ist die Feststellung im Konkurs oder Ausgleich (§§ 109 Abs 1 KO und 54 Abs 1 Satz 1 AO) der Entscheidung des Arbeitsamtes ohne weitere Prüfung zugrundezulegen. Ob dieser arbeitsrechtliche Anspruch auch gesichert ist, hat hingegen die Verwaltungsbehörde zu entscheiden. Sie muß hiebei aber wiederum zugrundelegen, ob nach den anspruchsbegründenden Feststellungen des Urteils bzw. der anerkannten Anmeldung ein Anspruch vorliegt, der seiner Art gach (§ 1 Abs 1 IESG) zu den gesicherten Ansprüchen gehört. In der Beurteilung von Anspruchsbegrenzungen und Anspruchsausschlüssen bleibt das Arbeitsamt in allen Fragen, die im gerichtlichen Verfahren (als dort nicht anspruchsbegründend) von vornherein nicht zu prüfen waren oder (mangels Einwendung) nicht geprüft wurden, frei. Das gilt insbesondere für die Anspruchsbegrenzung des § 1 Abs 3 Z 3 IESG, also für die Frage, ob sich der Arbeitnehmer auf eine Kündigungsentschädigung - sofern dieser Anspruch das Entgelt für 3 Monate übersteigt - anrechnen lassen muß, was er infolge des Unterbleibens der Arbeitsleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder absichtlich zu erwerben versäumt hat. Diese Frage, die das Gericht bei der Beurteilung des privatrechtlichen Anspruches gegen den Arbeitgeber nur über Einwendung aufzugreifen hat, ist im Verfahren vor dem Arbeitsamt von Amts wegen zu prüfen. Daraus folgt für den vorliegenden Fall, daß das Arbeitsamt bei der Beurteilung der Ansprüche des Klägers infolge Bindung an die rechtswirksame Feststellung im Ausgleichsverfahren davon auszugehen hatte, daß dem Kläger gegen seinen Arbeitgeber im Rahmen des grundsätzlich zustehenden Ersatzanspruches nach § 20 d AO (vgl. zur § 20 d AO entsprechenden alten Fassung des § 25 Abs 2 KO Arb. 9.857 = SZ 53/34) Kündigungsentschädigung und Urlaubsentschädigung im angemeldeten Umfang gebührt, und bei der Prüfung der Frage, ob ein gesicherter Anspruch vorliegt, nur die Anspruchsbegrenzungen und Anspruchsausschlüsse nach dem IESG von Amts wegen wahrzunehmen hatte. Da der Kläger Ansprüche aus dem der Kündigungsentschädigung nach § 29 AngG entsprechenden Titel des Gehaltes und der Sonderzahlungen nur für die ersten 3 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht hat, kommt hier auch bei analoger Anwendung der Anspruchsbegrenzung nach § 1 Abs 3 Z 3 IESG eine Anrechnung des anderweitig Erworbenen nicht in Betracht.

Der auf Abgeltung des während der fiktiven Kündigungsfrist entstandenen Urlaubs gerichtete Ersatzanspruch kann nicht allein aus § 9 Abs 1 UrlG abgeleitet werden, weil der Anspruch auf Urlaubsentschädigung nach dieser Bestimmung einen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstandenen Urlaubsanspruch voraussetzt. Ein derartiger während der fiktiven Kündigungsfrist entstandener Anspruch ist vielmehr bei Berechnung des dem Arbeitnehmer nach § 29 Abs 1 AngG gebührenden Ersatzanspruches zu berücksichtigen. Eine Kürzung dieses Anspruches gemäß § 9 Abs 1 Z 4 UrlG kommt nicht in Betracht, weil nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Verbrauch des Urlaubes in natura nicht mehr möglich ist (siehe Arb. 9.871 = SZ 53/69; Arb. 9.938; Arb. 10.177; Arb. 10.217; DRdA 1986, 323 [Petrovic]; Cerny Urlaubsrecht 117; Martinek-Schwarz Angestelltengesetz6 653 f; Dusak, Ausgewählte Probleme des Urlaubsrechtes, ZAS 1985, 54 ff [64 f]). Ein derartiger aus § 29 Abs 1 AngG abgeleiteter Anspruch auf Urlaubsentschädigung für den während der fiktiven Kündigungsfrist entstandenen Urlaubsanspruch unterliegt - anders als ein allein auf § 9 UrlG gestützter Anspruch auf Urlaubsentschädigung (Arb. 10.072) - der Präklusivfrist des § 34 AngG (siehe Martinek-Schwarz Angestelltengesetz6 660), die aber nur bezüglich der bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses fälligen Ansprüche mit diesem Zeitpunkt beginnt (siehe das bei Martinek-Schwarz aaO 688 zitierte Judikatat 49 = Arb. 4.516). Darüber hinaus wird dieser Anspruch gemäß § 29 Abs 2 AngG, soweit er in den Zeitraum der ersten 3 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällt, sofort fällig. Bildet aber der Ersatzanspruch für den bei Fortsetzung während der fiktiven Kündigungsfrist entstehenden Urlaubsanspruch einen Teil der Kündigungsentschädigung, dann führt auch eine analoge Anwendung des § 1 Abs 3 Z 3 IESG nicht zu einer Kürzung dieses Ersatzanspruches, sofern der Urlaubsanspruch in den ersten 3 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden wäre. Da damit auch bezüglich des im Ausgleich bindend festgestellten Anspruches des Klägers auf Urlaubsentschädigung eine Kürzung nach der Bestimmung des § 1 Abs 3 Z 3 IESG nicht vorzunehmen ist, steht dem Kläger der volle aus dem Titel Urlaubsentschädigung geltend gemachte Ersatzanspruch zu. Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß im Hinblick auf die Bindung an die im Ausgleichsverfahren erfolgte Feststellung nicht zu prüfen war, ob der Ersatzanspruch nach § 20 d AO tatsächlich den Ansprüchen nach §§ 29 AngG und 1162 b ABGB entspricht und daher insbesondere für die ersten 3 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf anderweitigen Erwerb nicht Bedacht zu nehmen ist. Ebensowenig war zu prüfen, ob und inwieweit - im Fall eines später als 3 Monate nach Beendigung entstandenen fiktiven Urlaubsanspruches - ein anderweitig erworbener Urlaubsanspruch zu berücksichtigen ist. Die Entscheidungen 5 Ob 335/86 = RdW 1988, 137 = WBl. 1988, 237 sowie 9 Ob S 15/88, in denen eine derartige Anrechnung bejaht wurde, betrafen Fälle des besonderen Kündigungsschutzes sowie Urlaubsansprüche, die erst nach Ablauf des dreimonatigen Zeitraumes entstanden waren. Die Ablehnung der Anrechnung für einen innerhalb der ersten 3 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstandenen fiktiven Urlaubsanspruch ist daher mit diesen Entscheidungen vereinbar.

Der Revision war daher Folge zu geben und die Urteile der Vorinstanzen im Sinne des Klagebegehrens abzuändern. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASVG.

Anmerkung

E17410

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBS00008.89.0614.000

Dokumentnummer

JJT_19890614_OGH0002_009OBS00008_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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