TE OGH 1989/6/15 6Ob604/89

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Veröffentlicht am 15.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei

K***-M*** Gesellschaft mbH, Wien 12., Rotenmühlgasse 61, vertreten duch Dr. Rudolf Fiebinger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Oswald S***, Inhaber des unter der Bezeichnung C***-trade geführten Unternehmens, Pasching, Randlstraße 19, vertreten durch Dr. Alfred Thewanger, Rechtsanwalt in Linz, wegen 15.404,40 S samt Nebenforderungen infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 14.März 1989, GZ 20 R 7/89-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 1.Dezember 1988, GZ 2 C 1453/88-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht stattgegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit 2.966,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 494,40 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte hatte von der Klägerin aus Anlaß eines termingebundenen Werkauftrages nach einer an der Arbeitsstelle erfolgten Vorführung und einem Probebetrieb ein Hochdruckspritzgerät gekauft, übernommen und zum Aufspritzen eines rasch abbindenden, unter anderem Asbestfasern enthaltenden Beschichtungsmaterials verwendet. Mangels Fachkenntnisse der das Kaufgerät bedienenden Arbeitskräfte des Beklagten, wegen unzureichender Gerätereinigung und Unterbleibens einer Geräteabdeckung kam es wiederholt zu funktionsstörenden Verschmutzungen im Gerät. Der Beklagte hatte die Klägerin von den jeweiligen Funktionsstörungen fernmündlich in Kenntnis gesetzt. Die Klägerin hatte jeweils Arbeitskräfte zur Behebung der Funktionsstörung an die Arbeitsstelle des Beklagten entsandt. Der Beklagte stand gegenüber seinem Auftraggeber in starkem Zeitdruck. Deshalb stellte ihm die Klägerin schließlich am 29. September 1987 ein Gerät vom Typ des gekauften als "Leihgerät" zur Verfügung. Es handelte sich um ein Vorführgerät, das in einem nächst dem oberösterreichischen Unternehmesstandort des Beklagten gelegenen Betrieb in zerlegtem Zustand gelagert war. Der Beklagte veranlaßte den Transport des Gerätes an seine in Wien gelegene Arbeitsstelle. Dort wurde das Gerät von Leuten der Klägerin zusammengebaut, wegen Fehlens eines Bestandteiles aber dann in der Werkstatt der Klägerin instandgesetzt und so dem Beklagten zur Verfügung gestellt. Dazu hatte die Prokuristin der Klägerin mit dem Beklagten vereinbart, die Klägerin stelle ihm das Gerät unentgeltlich, aber unter der Abrede zur Verfügung, daß es (nach Beendigung der Terminarbeiten) ordnungsgemäß, insbesondere gereinigt, zurückgestellt werde. Die Geräteteile, die nach jedem Geräteeinsatz ausgewechselt werden müssen, wie etwa Dichtungsringe, sollte der Beklagte bezahlen.

Der Beklagte setzte das ihm zum befristeten Gebrauch überlassene Gerät einige Male ein. Nach dem Ansaugen größerer Wassermengen quollen die Dichtungsringe im Gerät auf und gingen in der Folge kaputt. Deshalb funktionierte das Gerät nicht mehr. Der Beklagte setzte die Klägerin davon sofort in Kenntnis. Die Klägerin erbot sich durch zwei ihrer an die Einsatzstelle entsandten Angestellten, das Gerät, das dort nicht repariert werden konnte, mitzunehmen und nach Vornahme der Reparatur wieder an die Arbeitsstelle zu bringen. Dies erklärte der Beklagte aber wegen seines Arbeitsfortschrittes für entbehrlich. Die Angestellten der Klägerin ließen deshalb das Gerät an der Arbeitsstelle zurück, damit es der Beklagte der Abrede gemäß reinige, was dieser auch ausdrücklich zusagte. Am 12.Oktober 1987 holten Leute der Klägerin das Gerät von der Arbeitsstelle des Beklagten ab. Das Gerät war nicht gereinigt, sondern arg verschmutzt, Siebe und Ventile waren verstopft. Infolge der starken angetrockneten Verschmutzungen war eine Gerätereinigung durch bloßes Durchspülen eines Lösungsmittels nicht mehr möglich. Die Klägerin wendete für die Reinigung und Wiederinstandsetzung des von ihr zurückgenommenen Gerätes an Arbeitszeit, Ersatzteilen und Reinigungsmitteln Leistungen auf, die sie dem Beklagten in ihrer mit 17.November 1987 datierten, später aber berichtigten Rechnung zur Zahlung vorschrieb, ohne vor der Rechnung vom 17.November 1987 den verschmutzten und deshalb defekten Zustand des zurückgenommenen Gerätes gegenüber dem Beklagten noch einmal bemängelt zu haben. Die richtig gestellte Rechnung vom 29.Februar 1988 mit einem Gesamtbetrag von 15.404,40 S ging dem Beklagten am 1.März 1988 zu. Die Klägerin begehrte vom Beklagten die Zahlung dieses Rechnungsbetrages. Sie stützte sich ausdrücklich auf die Zusage des Beklagten zur Reinigung des Gerätes und auf dessen Anerkennung seiner Verpflichtung.

Der Beklagte wendete vor allem das Erlöschen der Ersatzansprüche wegen Verstreichens der Präklusivfrist nach § 982 ABGB ein. Das Prozeßgericht erster Instanz gab dem Klagebegehren - von einem im Rechtsmittelverfahren nicht mehr strittigen Zinsenmehrbegehren abgesehen - statt.

Es nahm eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung und damit eine Geräteleihe an, erachtete aber die klageweise geltend gemachte Ersatzforderung entgegen der Einwendung des Beklagten nicht als erloschen und führte dazu aus: Der Anspruch der Klägerin ergäbe sich nicht aus den Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches über den Leihvertrag. Neben dem Leihvertrag hätten die Streitteile die Verpflichtung des Beklagten zur Rückstellung des Gerätes in einem gereinigten Zustand vereinbart. Diese Verpflichtung habe der Beklagte vor der Abholung des Gerätes ausdrücklich bekräftigt. Der Beklagte habe die Reinigungskosten nach dieser "Zusatz"-Vereinbarung zu ersetzen. Überdies habe sich der Beklagte auch zur Tragung jener Kosten verpflichtet, die aus der notwendigen Auswechslung der bei jedem normalen Gebrauch zu ersetzenden Geräteteile erwüchsen. Das Berufungsgericht änderte das erstinstanzliche Urteil im Sinne voller Klageabweisung ab. Dazu sprach es aus, daß die Revisionszulässigkeitsvoraussetzung nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vorliege.

Das Berufungsgericht übernahm die erstrichterlichen Feststellungen, verneinte aber in rechtlicher Würdigung entgegen der erstrichterlichen Auffassung das Vorliegen eines gegenüber den Entlehnerpflichten selbständigen Rechtsgrundes des Beklagten zum Ersatz der Verschleißteile und der Reinigungskosten des Leihgerätes. Die Zusage des Beklagten zur ordnungsgemäßen Rückstellung des Gerätes in einem gereinigten Zustand und zur Tragung der Kosten für die Verschleißteile des Gerätes sei über eine ausdrückliche Hervorhebung der gesetzlich geregelten Entlehnerpflichten nicht hinausgegangen. Die festgestellte Anerkennungserklärung habe keine streitbereinigende Funktion gehabt, ihr sei lediglich deklarative Bedeutung beizulegen. Die Gebrauchsüberlassung am Zusatzgerät stehe mit dem vorangegangenen Geräteverkauf in keinem rechtlichen Zusammenhang. § 982 ABGB sei daher anwendbar. Zur Wahrung der Frist genüge zwar eine außergerichtliche Rüge. Bei vorbehaltsloser Rücknahme "des Lehnstückes" bleibe aber ein Leistungsversprechen des Entlehners, das entlehnte Stück in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen, für den erst mit der tatsächlichen Rückstellung beginnenden Fristlauf ohne Einfluß. Mangels vorangegangener Rüge im Sinne des § 982 ABGB sei die erstmalige Anspruchsgeltendmachung in der mit 17.November 1987 datierten Rechnung verspätet gewesen. Die Klägerin ficht das abändernde Berufungsurteil wegen qualifiziert unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Anwendbarkeit, teleologischen Reduktion und Verfassungswidrigkeit der Präklusivfrist nach § 982 ABGB mit einem auf Wiederherstellung des klagsstattgebenden Urteiles erster Instanz zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Der Beklagte strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt. Das Revisionsgericht vermag die von der Revisionswerberin dargelegten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Fristsetzung nach § 982 ABGB als eine nach Ansicht der Revisionswerberin durch die Entwicklung der Wirtschaftsabläufe unsachlich gewordene und damit dem Gleichheitsgebot zuwiderlaufende Regelung nicht zu teilen. Es sieht sich daher nicht bestimmt, die Anregung zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens aufzugreifen.

Die Anwendung der Regelung nach § 982 ABGB durch die Vorinstanzen erfolgte entgegen den Revisionsausführungen ohne Rechtsirrtum. Nach dem festgestellten Sachverhalt erfolgte die Geräteüberlassung zu einem bestimmten Arbeitseinsatz ausdrücklich ohne Berechnung einer Gerätemiete, aber auch nicht zur (teilweisen) Bereinigung strittiger Gewährleistungsansprüche, sondern bestenfalls aus dem Motiv der Klägerin, künftige Geschäftsbeziehungen zum Beklagten zu pflegen, und daher ohne jeden Einfluß auf eine künftige Abschlußverpflichtung oder gar im Rahmen des bereits abgeschlossenen kaufvertraglichen Austauschverhältnisses über das erste gleichartige Gerät (auch nicht im Sinne einer sogenannten "Kulanz"). Es erübrigen sich daher Erörterungen darüber, ob bei Vorliegen eines von der Revisionswerberin angenommenen Vertrages eigener Art wegen des Mangels gegenseitiger unmittelbar in ein rechtliches Austauschverhältnis gesetzter Leistungen die Regelung des § 982 ABGB auch auf ein besonderes, gesetzlich nicht geregeltes Schuldverhältnis, wie es die Revisionswerberin annehmen will, anzuwenden wäre.

Für die von der Revisionswerberin geforderte eingeschränkte Anwendung des § 982 ABGB auf Rechtsgeschäfte außerhalb des Handelsverkehrs fehlt es an zureichenden interpretativen Anhaltspunkten. Die unverkennbare gesetzgeberische Zielsetzung der Fristsetzung, eine Information des Betroffenen von der beabsichtigten Anspruchsverfolgung durch seinen Vertragspartner zwecks möglichst rascher Klärung der Sachverhaltsgrundlagen und Sicherung von Beweisen zu gewährleisten, ist im Falle eines Handelsgeschäftes keinesfalls weniger aktuell als im Falle der von der Rechtsmittelwerberin als einzige regelungswürdig angesehenen "aus Freundschaft geschlossenen echten Leihverträge über Kleinigkeiten des täglichen Lebens".

Weitere Rechtsfragen sind in der Revision, die auf Revisionsgründe im Sinne des § 503 Abs 2 ZPO beschränkt ist, auch nicht andeutungsweise ausgeführt. Die Bedeutung des von den Leuten der Klägerin wegen des ungereinigten Zustandes zurückgewiesenen Anbotes des Beklagten zur Geräterücknahme und die im Zusammenhang damit erfolgte Anerkennung des Beklagten der Verpflichtung einer von ihm noch vorzunehmenden Gerätereinigung für die Rügepflicht im Hinblick auf die kurze Zeit später erfolgte (einseitige?) Geräterücknahme durch die Klägerin, muß aus verfahrensrechtlichen Gründen ebenso unerörtert bleiben wie die Frage nach dem Ersatz der Verschleißteile.

Der Revision war vielmehr ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E17771

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00604.89.0615.000

Dokumentnummer

JJT_19890615_OGH0002_0060OB00604_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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