TE OGH 1989/6/20 10ObS196/89

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Veröffentlicht am 20.06.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Ferdinand Podkowicz (AG) und Gerhard Gotschy (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Antonia K***, Hausfrau, 1110 Wien, Kobliczekgasse 8/5/1/4, vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** D*** A***

(Landesstelle Wien), 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Witwenpension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Dezember 1988, GZ 31 Rs 300/88-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 11. Mai 1988, GZ 15 Cgs 26/88-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die zwischen Walter K*** und der Klägerin am 4. September 1954 vor dem Standesamt Wien-Penzing geschlossene Ehe wurde mit dem seit 8. Jänner 1976 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 17. Dezember 1975, 13 Cg 521/75-8, auf Verlangen der Klägerin nach § 55 EheG in der bis 30. Juni 1978 geltenden Fassung (Auflösung der häuslichen Gemeinschaft seit 15. August 1972) ohne Schuldausspruch geschieden. Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 17. April 1974, 32 C 257/74, also noch während aufrechter Ehe, wurde der damalige Ehemann der Klägerin schuldig erkannt, dieser ab sofort einen monatlichen Unterhalt von 25 % seiner monatlichen Nettoeinkünfte zu leisten.

Mit Bescheid vom 30. November 1987 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin vom 7. Oktober 1987 auf Witwenpension nach dem am 1. Juni 1987 verstorbenen Versicherten Walter K*** mangels der Voraussetzungen des § 258 Abs 4 ASVG ab.

Die auf die abgelehnte Leistung im gesetzlichen Ausmaß gerichtete Klage stützt sich nur darauf, daß die durch das zitierte Versäumungsurteil festgesetzte Unterhaltspflicht des früheren Ehegatten der Klägerin durch das Scheidungsurteil nicht berührt worden sei. Daß der Versicherte der Klägerin aufgrund eines anderen gerichtlichen Urteiles oder eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor Auflösung der Ehe eingegangenen vertraglichen Verpflichtung Unterhalt (einen Unterhaltsbeitrag) zu leisten gehabt hätte, wurde nicht einmal behauptet. Außer Streit gestellt wurde, daß zwischen der Klägerin und Walter K*** weder bei noch nach der Scheidung eine Unterhaltsvereinbarung getroffen wurde. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Das Erstgericht wies die Klage mit der Begründung ab, daß das während der Ehe ergangene Unterhaltsurteil durch die Scheidung unwirksam geworden sei.

Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der Klägerin unter Billigung der erstgerichtlichen Rechtsansicht nicht Folge.

Dagegen richtet sich die von der beklagten Partei nicht beantwortete Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs 4 ASGG ohne die Beschränkungen des Absatzes 2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist nicht berechtigt. Die einzige entscheidungswesentliche Rechtsfrage ist, ob der bei der beklagten Partei versichert gewesene Walter K***, dessen Ehe mit der Klägerin seit 8. Jänner 1976 geschieden war, seiner geschiedenen Frau zur Zeit seines Todes (1. Juni 1987) aufgrund des Unterhaltsurteiles vom 17. April 1974 Unterhalt (einen Unterhaltsbeitrag) zu leisten hatte, also zur Unterhaltsleistung verpflichtet war (zB SSV-NF 1/63).

Dies ist zu verneinen.

Nach ständiger Rechtsprechung (zB SZ 52/182, 55/74 und 59/64) wird ein während der Ehe gefälltes, nur den ehelichen Unterhaltsanspruch festsetzendes gerichtliches Urteil (oder ein gerichtlicher Vergleich) durch eine Scheidung - mit Ausnahme einer solchen nach § 55 EheG in der geltenden Fassung mit Schuldausspruch nach § 61 Abs 3 leg cit - unwirksam. Ein solches Unterhaltsurteil verliert also wegen der durch die Scheidung geänderten Voraussetzungen für den nachehelichen Unterhaltsanspruch die materielle Rechtskraft (so zB JBl 1978, 539; EvBl 1987/18, jeweils mwN). Insoweit ist es also nicht mehr maßgeblich und bindet weder die Gerichte noch die Parteien (so auch Fasching, Komm III 693 f und 725; ders, ZPR Rz 1497 f).

Der geschiedene Ehemann der Klägerin hatte dieser daher zur Zeit seines Todes aufgrund des nur den ehelichen Unterhaltsanspruch bis Jänner 1976 regelnden Versäumungsurteiles vom 17. April 1974 keinen (nachehelichen) Unterhalt zu leisten. Wäre der Klägerin aufgrund dieses Urteiles zur Hereinbringung von Unterhaltsbeträgen für die Zeit nach der Scheidung Exekution bewilligt worden, hätte ihr geschiedener Mann gegen den betriebenen Anspruch Einwendungen nach § 35 EO (Oppositionsklage) erheben können.

Weil der Klägerin mangels der im § 258 Abs 4 ASVG abschließend aufgezählten (SSV-NF 1/63) Voraussetzungen die begehrte Witwenpension nicht gebührt, war das angefochtene Urteil zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Anmerkung

E18190

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:010OBS00196.89.0620.000

Dokumentnummer

JJT_19890620_OGH0002_010OBS00196_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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