TE OGH 1989/6/20 10Ob501/89

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Veröffentlicht am 20.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier, Dr.Angst, Dr.Bauer und Dr.Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***.S*** Datensysteme Gesellschaft mbH, 1232 Wien, Laxenburger Straße 226, vertreten durch Dr.Alfred Stöger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Felix G*** Gesellschaft mbH, 8970 Schladming, Gewerbestraße 639, vertreten durch Dr.Franz J.Rainer, Rechtsanwalt in Schladming, wegen 133.963,20 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 9.September 1987, GZ 2 R 81/87-37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 19.Jänner 1987, GZ 5 Cg 507/84-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen vierzehn Tagen die (einschließlich von 514,35 S Umsatzsteuer) mit 5.657,85 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei behauptete, die beklagte Partei habe im Zuge von Einrichtungsarbeiten in der A***-Autobahnraststätte E*** IM P*** zwei dort von der klagenden Partei aufgestellte Registrierkassen H 6200 schuldhaft so beschädigt, daß für ihre Reparatur die samt 4 % Zinsen seit 1.September 1984 begehrten 133.963,20 S aufzuwenden gewesen seien. Die Kassen, die zur Zeit ihrer Beschädigung noch nicht der Firma A*** verkauft gewesen und noch im Eigentum der klagenden Partei gestanden seien, seien auf der Edelstahl-Kassenbox eingerichtet gewesen, an der die beklagte Partei Schweißarbeiten durchgeführt habe. Dazu habe sie den Minuspol des Gerätes an der Kassenbox angebracht, es allerdings unterlassen, die Kassen vor Beginn der Arbeiten vom Stromkreis zu trennen. Das Durchführen von Schweißarbeiten in der Nähe elektronischer Geräte widerspreche grob den Regeln der Technik und begründe das Verschulden der beklagten Partei. Die Registrierkassen hätten wenigstens vom Netz getrennt werden müssen. Der Elektroschweißbogen bewirke durch den dadurch entstehenden Stromimpuls die Zerstörung der Elektronikbauteile der Registrierkassen. Dies hätte einem mit Schweißarbeiten beauftragten Fachmann bekannt sein müssen. Ein ausgebildeter Schweißer müsse dafür sorgen, daß in der Nähe befindliche elektronische Geräte bei Schweißarbeiten nicht beschädigt werden. Von der klagenden Partei seien allgemein und auch im gegenständlichen Fall bei der Lieferung elektronischer Registrierkassen Merkblätter über Sicherheit und Aufstellungsregeln versendet worden. Felix G*** (dem Geschäftsführer der beklagten Partei) sei die Problematik des Schweißens in der Nähe von elektronischen Geräten, insbesondere auch im Hinblick auf seine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Lieferung und Montage von Kühl- und Schankanlagen, bekannt gewesen. Es sei "dem Beklagten daher im Rahmen seines Unternehmens" als Verschulden anzurechnen, daß er die notwendige Sorgfalt, insbesondere auch durch Instruktion seiner Mitarbeiter im Zusammenhang mit der Durchführung der Montage, insbesondere Schweißarbeiten, in der Nähe von elektronischen Geräten unterlassen habe. Der Geschäftsführer der beklagten Partei habe das Verschulden ihrer Beschäftigten in mehreren Telefonaten mit dem Angestellten der klagenden Partei W*** anerkannt.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Sie wendete dem Grunde nach ein, ein allfälliger Schaden habe nicht die klagende Partei, sondern die Inhaberin der genannten Raststätte getroffen, der die Registrierkassen im eventuellen Schadenszeitpunkt bereits verkauft und übergeben gewesen wären. Arbeiter der beklagten Partei hätten zwar im Aufstellungsraum der von der klagenden Partei gelieferten Kassen Schweißarbeiten durchgeführt, jedoch nicht in deren Nähe. Sie hätten dadurch unmöglich beschädigt werden können. Wäre der Schaden jedoch dadurch entstanden, daß der für die Schweißarbeiten benötigte Strom aus demselben Stromkreis bezogen wurde wie der Strom zum Betrieb der Kassen und es dadurch zu einem Stromschlag gekommen, träfe die Arbeiter der beklagen Partei hiefür kein Verschulden und letztere keine Haftung. Die mit den Schweißarbeiten beauftragten Leute der beklagten Partei seien tüchtige und erfahrene Fachleute, für die der allenfalls eingetretene Schaden, der auch bei der Sorgfalt eines ordentlichen Monteurs nicht abzuwenden gewesen wäre, in keiner Weise vorhersehbar gewesen sei. Die Monteure hätten trotz ihrer Ausbildung und Erfahrung nicht wissen können, daß sie einen Stromkreis trennen müßten. Selbst wenn die Schadensversion der klagenden Partei stimmte, hätte sie "selbst das Verschulden zu verantworten", weil sie die Firma A*** bzw deren Geschäftsführer nicht darüber aufgeklärt habe, daß die Registrierkassen bei in ihrer Nähe durchgeführten Schweißarbeiten auszuschalten seien. Übrigens sei der Schaden nicht durch ein von Mitarbeitern der beklagten Partei verursachtes Schadensereignis, sondern durch Blitzschlag verursacht worden. Auch die Höhe des behaupteten Schadens wurde bestritten. Das Erstgericht wies die Klage ab. Es ging dabei im wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Die klagende Partei stellte im Jahre 1984 im Verkaufsraum des Selbstbedienungsteiles der neu errichteten und teilweise eröffneten A***-Tankstelle der Autobahnraststätte E*** IM P*** ua zwei für einen Testbetrieb zur Verfügung gestellte, noch ihr gehörende Registrierkassen auf. Die beklagte Partei, deren Tätigkeitsbereich elektroautomatische Kühlungen, Planungen und Bau von Tiefkühl-, Kühl- und Schankanlagen, Großküchen, Klimageräte sowie sämtliche kühltechnische Einrichtungen, Reparatur sämtlicher Kühlsysteme, eigene Nirostaspenglerei, Verarbeitung sämtlicher Chromstahl- und Chromnickelstahlbleche samt eigener modernster Möbeltischlerei umfaßt, errichtete in der Raststätte Kühl- und Schankanlagen und war auch noch mit Ergänzungsarbeiten, wie dem Anbringen von Verkleidungen uä bei Geräten anderer Firmen beauftragt. Damit war ua der bei ihr tätige Siefried K*** beschäftigt. Dieser hatte im Rahmen seiner Kühlmaschinenmechanikerausbildung (Gesellenprüfung 1979) in der Berufsschule eine Schweißkundeausbildung erhalten und war auch im Betrieb der beklagten Partei in der Fertigkeit des Schweißens, insbesondere des Nirostaschweißens, ausgebildet worden, hatte aber keine spezielle, mit einer Prüfung verbundene Schweißausbildung. Er hatte am Kassenkorpus eine Nirostablende mit Punktschweißungen zu befestigen. Dazu verwendete er ein Argonschutzgasschweißgerät. Der Massepol wurde am Kassenkorpus befestigt, das Anschlußkabel wurde vom Küchenteil ausgelegt. K*** nahm dabei die beiden damals nicht besetzten Registrierkassen am Pult, von denen eine eingeschaltet war, nicht bewußt wahr. Der im Chefbüro der Küche sitzende Küchenchef der Raststätte, Alfred D***, wollte nachsehen, was K*** mache, sah dabei die Anschlüsse und sagte, er dürfe nicht schweißen. Es war jedoch um Sekunden zu spät. Er probierte sofort die Kassen, die vorher funktioniert hatten, und stellte nur mehr eine Fehlanzeige fest. Weil damals kein Gewitter war, ging man sofort davon aus, daß die Arbeit von K*** die einzige Schadensursache war. D*** merkte im Gespräch mit K*** sofort, daß diesem die besondere Gefahrenproblematik nicht bewußt war. D*** selbst hatte nur durch Zufall anläßlich von Gesprächen erfahren, daß die zu den Kassen führenden "Datenleitungen" keine Elektroleitungen kreuzen dürften. Ein Hinweisschild dazu oder zu anderen Gefahren für die aufgestellten Registrierkassen gab es nicht. Beim Einschalten des Elektroschweißgerätes bildete sich ein sich sehr stark ändernder elektromagnetischer Fluß ua in den "Logic Boards", woraus es kurzzeitig zu hohen Induktionsspannungen (Spannungsspitzen) kam, welche die Verträglichkeit der Bauteile der Registrierkassen überstiegen und die Beschädigung herbeiführten. Elektroschweißen in der Nähe hochempfindlicher elektronischer Bauteile, aber auch bereits das Überkreuzen (der Datenleitungen) mit stromführenden Kabeln, ist mit einem solchen Risiko verbunden. Der Austausch der beiden "Boards", der einschließlich 20 % Umsatzsteuer 133.963,20 S kostete, war gerechtfertigt. Diese Reparaturkosten wurden der beklagten Partei mit Rechnung vom 16.August 1984 zur Zahlung "netto nach Erhalt der Rechnung" vorgeschrieben. Die beklagte Partei, die sich mit der hier vergleichbaren Elektronik nicht selbst befaßt, meldete den Schaden ihrer Haftpflichtversicherung, die dessen Deckung jedoch mit der Begründung ablehnte, daß ihn K*** nicht verschuldet habe, weshalb die beklagte Partei nicht hafte. Deren Geschäftsführer meinte im Gespräch mit Sydney W***, daß dann, wenn sein Mitarbeiter einen Schaden verschuldet habe, natürlich gehaftet werde. Damit sollte aber keine verschuldensunabhängige Haftung der beklagten Partei begründet werden. Dem Geschäftsführer der beklagten Partei, Felix G***, war die Problematik der Elektronik allgemein insoweit bekannt, als diese auch im eigenen Arbeitsbereich eine gewisse Anwendung findet und überhaupt zum berufsunabhängigen Allgemeinwissen gehört. Keine derzeit in Österreich übliche Schweißerausbildung nimmt darauf Bezug, daß bei Elektroschweißarbeiten in der Nähe oder Umgebung von elektronischen Geräten an diesen Schäden entstehen können. Selbst ein ausgebildeter Facharbeiter hätte beim derzeitigen Ausbildungsinhalt dieses Wissen aufgrund der Ausbildung nicht. Elektroschweißgeräte sind üblicherweise mit einem Schutzteil ausgerüstet, der aber unkontrollierbar ausfällt. Damit soll verhindert werden, daß es durch diese Arbeiten zu Rückwirkungen auf das Stromnetz kommt. Erst mit den Problemen der praktischen Erfahrung im Zusammenhang mit Schweißarbeiten wird allmählich auch die Elektronikproblematik für den eigenen Arbeitsbereich erfaßtbar. Vorsichtsmaßnahmen sind grundsätzlich das Entfernen des Elektronikgerätes, das Ziehen des Netzsteckers und des Datensteckers. Es gibt Sicherungen und Datenschutzstecker, die im zu beurteilenden Fall nicht vorzufinden sind. Der Aufsteller von Elektronikgeräten müßte grundsätzlich gesonderte Netzkreise verlangen und den Datenleiter gegen Induktion abschirmen. Die klagende Partei nahm diese technisch mögliche Absicherung nicht vor. Sie verwendet Merkblätter mit Richtlinien über den Umgang, die Montage, die Inbetriebnahme und den Betrieb ihrer Kassen und Maßnahmen für Sonderfälle. Darin steht auch, daß Stromleitungen Datenleitungen nicht kreuzen dürfen. Die beklagte Partei erhielt dieses Merkblatt nicht. Im Jahre 1984 gab es keine neuen Kassen ohne Elektronik.

Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes wurde der bei der klagenden Partei eingetretene Schaden durch den bei der beklagten Partei tätigen Siegfried K*** im Zuge der Verrichtung von Arbeiten für die Auftraggeberin A***-Tankstelle und Autobahnraststätte E*** IM P*** verursacht. Schutz- oder Sorgfaltspflichten der beklagten gegenüber der klagenden Partei seien weder behauptet noch nachgewiesen worden und könnten auch nicht bejaht werden. Die beklagte Partei würde daher nur für einen untüchtigen oder gefährlichen Besorgungsgehilfen haften. Ein solcher sei aber K*** nicht gewesen. Der Schaden sei daher von der klagenden Partei selbst zu vertreten, die es, obwohl sie mit allen möglichen Gefahren, aus denen eine Beschädigung ihrer Elektronikgeräte eintreten kann, vertraut sei, unterlassen habe, mögliche und ausreichende Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Das Berufungsgericht gab der ausdrücklich wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung, inhaltlich auch wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung erhobenen Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Nach Einholung eines weiteren Gutachtens übernahm es die bekämpfte Feststellung, daß der Aspekt einer Gefährdung von elektronischen Geräten bei Schweißarbeiten in deren Nähe nicht einmal Ausbildungsinhalt für Facharbeiter auf dem Gebiet des Schweißens ist, und stellte ergänzend fest: Bei keiner der vor diesem Schadensfall in Österreich üblichen Schweißerausbildungen wurde auf das (keineswegs allgemein bekannte) Problem Bezug genommen, daß durch den Anschluß von Schweißgeräten an ein Stromnetz, an dem auch andere Geräte angeschlossen sind, oder durch das Elektroschweißen in unmittelbarer Nähe elektronischer Geräte (und überkreuzen ihrer Strom- und Datenleitungen durch den Stromanschluß des Schweißgerätes) Schäden an hochempfindlichen elektronischen Bauteilen auftreten können. Ein solcher Ausbildungsinhalt wird auch heute noch nicht vermittelt, nicht einmal bei der höchsten schweißtechnischen Ausbildung zum Schweißtechnologen und Schweißwerkmeister. Bei einem Unternehmer (Inhaber eines Schweißbetriebes) sind derartige Kenntnisse nicht vorauszusetzen. Der in elektrische Schweißgeräte eingebaute Schutzteil vermag selbst bei ordnungsgemäßer Funktion die Entstehung von Induktionsspannungen (in überkreuzten Strom- bzw Datenleitungen) nicht zu verhindern.

Nach der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes wäre der Schaden von der beklagten Partei nach § 1299 ABGB zu verantworten und deren Haftung für ein Verschulden ihres Arbeiters Siegfried K*** nach § 1313a ABGB zu bejahen, wenn der Schaden auf mangelhafte Kenntnisse des Geschäftsführers (Organes) der beklagten GmbH auf dem Gebiet der Schweißkunde zurückzuführen wäre und wenn man annehme, daß der die Schweißarbeiten am Kassenpult der Raststätteninhaberin betreffende Werkvertrag Schutzwirkungen zugunsten der klagenden Partei als Eigentümerin der auf dem Kassenpult aufgestellten elektronischen Registrierkassen habe. Der Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB dürfe jedoch nicht überspannt werden. Es sei ein objektiver Maßstab anzulegen, dh von der üblichen, generell hoch anzusetzenden Sorgfalt jener Personen, die derartige Tätigkeiten ausübten, auszugehen. Entscheidend sei der Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe. Nach dem zu beurteilenden Sachverhalt ergebe sich die Schlußfolgerung, daß ein Nirostaspengler oder -schweißer beim üblichen Ausbildungsstand den Mangel der Kenntnis der aufgezeichten speziellen Gefahrensituation weder bei der eigenen Arbeitsleistung zu verantworten habe, noch, wenn er selbst Betriebsinhaber sei, verpflichtet sei, seinen Arbeitern derartige Kenntnisse zu vermitteln. Es dürfe eben nur von den üblichen, durch eine entsprechende Ausbildung vermittelten Kenntnissen eines Schweißers ausgegangen werden. Das spezielle Fachwissen eines Elektronikfachmannes sei für die hier auszuführenden Arbeiten nicht vorauszusetzen. Es sei daher nicht als einfache, naheliegende und jedermann einleuchtende Verpflichtung anzusehen, daß sich die Leute der beklagten Partei im Hinblick auf Art und Umfang deren Gewerbes auch derartige (elektronische) Fachkenntnisse hätten aneignen müssen. Auch bei Anwendung der besonderen Sorgfalt einer des Schweißens kundigen Person sei der im konkreten Fall entstandene Schaden nicht vorhersehbar gewesen. Deshalb habe die klagende Partei den Schaden selbst zu tragen, ohne daß auf die Problematik der Haftung aus dem Gesichtspunkt von Verträgen mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter oder auf eine allfällige Verletzung der Obsorgepflicht der Raststätteninhaberin gegenüber der klagenden Partei als Aufstellerin der Maschinen oder ein allfälliges Verschulden, für das die klagende Partei selbst einzustehen hätte, einzugehen wäre.

Weil der Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme, sprach das Berufungsgericht aus, daß die Revision nicht nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder die vorinstanzlichen Urteile aufzuheben. Die beklagte Partei beantragt, die außerordentliche Revision nicht zuzulassen oder ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zwar nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt; sie ist aber nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin macht in ihrem Rechtsmittel nicht mehr ein schuldhaftes Verhalten des die Schweißarbeiten ausführenden Monteurs der beklagten Partei, sondern nur noch ein diesbezügliches Leitungs- und Überwachungsverschulden der beklagten Partei als deren haftungsbegründendes Verschulden geltend.

Dazu behauptete sie in der Tagsatzung vom 9.November 1986 (S 16/17 des Protokolls ON 25, AS 134/135), "dem Beklagten" sei im Rahmen seines Unternehmens als Verschulden anzurechnen, daß er die notwendige Sorgfalt, insbesondere auch durch Instruktion "seiner" Mitarbeiter im Zusammenhang mit der Durchführung der Montage, insbesondere Schweißarbeiten, in der Nähe von elektronischen Geräten unterlassen habe.

Nach den diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes befaßte sich die beklagte Partei, deren Tätigkeitsbereich elektroautomatische Kühlungen, Planungen und Bau von Tiefkühl-, Kühl- und Schankanlagen, Großküchen, Klimageräte sowie sämtliche kühltechnische Einrichtungen, Reparatur sämtlicher Kühlsysteme, eigene Nirostaspenglerei, Verarbeitung sämtlicher Chromstahl- und Chromnickelstahlbleche samt eigener modernster Möbeltischlerei umfaßte und die in der Raststätte Kühl- und Schankanlagen errichtete und auch noch mit dem Anbringen von Verkleidungen uä bei Geräten anderer Firmen beauftragt war, mit der den beschädigten Registrierkassen vergleichbaren Elektronik nicht. Ihrem Geschäftsführer, Felix G***, war die Problematik der Elektronik (nur) allgemein insoweit bekannt, als diese auch im eigenen Arbeitsbereich eine gewisse Anwendung fand und überhaupt zum berufsunabhängigen Allgemeinwissen gehörte. Die beklagte Partei erhielt auch nicht das Merkblatt der klagenden Partei, nach dem Stromleitungen Datenleitungen nicht kreuzen dürfen. Das Berufungsgericht ergänzte diese Feststellungen noch dadurch, daß bei keiner der vor diesem Schadensfall in Österreich üblichen Schweißerausbildungen auf das keineswegs allgemein bekannte Problem Bezug genommen wurde, daß durch den Anschluß von Schweißgeräten an ein Stromnetz, an dem auch andere Geräte angeschlossen sind, oder durch das Elektroschweißen in unmittelbarer Nähe elektronischer Geräte Schäden an hochempfindlichen elektronischen Bauteilen auftreten können. Ein solcher Ausbildungsinhalt wird auch heute noch nicht vermittelt, nicht einmal bei der höchsten schweißtechnischen Ausbildung zum Schweißtechnologen und Schweißwerkmeister. Bei einem Unternehmen (Inhaber eines Schweißbetriebes) sind derartige Kenntnisse nicht vorauszusetzen.

Dieser Sachverhalt wurde vom Berufungsgericht rechtlich zutreffend beurteilt.

Die beklagte Partei, die sich zu den festgestellten Tätigkeitsbereichen öffentlich bekennt, gibt dadurch zu erkennen, daß sie sich den (dafür) notwendigen Fleiß und die (dafür) erforderlichen, nicht gewöhnlichen Kenntnisse zutraut. Sie muß daher nach § 1299 ABGB den Mangel derselben vertreten.

Bei der zit Bestimmung geht es um den durchschnittlichen Fachmann des jeweiligen Gebietes, wobei es auf den Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe ankommt (Harrer in Schwimann ABGB Rz 1 zu § 1299; JBl 1982, 145). Auf den Fachkreis bezogen verlangt § 1299 ABGB daher keine außergewöhnlichen Kenntnisse (Faistenberger in Gschnitzer, Schuldrecht besonderer Teil2 482). Der durchschnittliche Fachmann ist daher grundsätzlich auch der maßgerechte im Sinne dieser Gesetzesstelle (so zB Feil ABGB VII 61 und Reischauer in Rummel, ABGB Rz 2 zu § 1299 und die dort angegebene Rechtsprechung).

Besitzt ein Fachmann über diesen Standard hinausgehende, also auch für einen Fachmann außergewöhnliche Kenntnisse, so muß er diese zur Schadensabwendung nur dann einsetzen, wenn ihm das nur jedermann zumutbare Anstrengungen abfordert. So darf ein Arzt, der aufgrund eigener Forschung um die besondere Schädlichkeit eines in der Fachwelt als harmlos beurteilten Medikamentes weiß, dieses nicht einsetzen (so auch Reischauer aaO Rz 3 zu § 1297 und § 1299 mit Rechtsprechungszitaten).

Die Beweislast für solche Zusatzkenntnisse trifft den Geschädigten, dem diesbezüglich keine gesetzliche Vermutung zugute kommt (so auch Reischauer aaO Rz 3 zu § 1297).

Da sich die beklagte Partei nach den Feststellungen (im Rahmen aller ihrer geschäftlichen Tätigkeiten) nicht selbst mit der (den elektronischen Registrierkassen der klagenden Partei) vergleichbaren Elektronik befaßte, und die Probleme, die beim Elektroschweißen in unmittelbarer Nähe elektronischer Geräte auftreten können, auch keineswegs allgemein bekannt sind, würde es sich bei den von der klagenden Partei vermißten Kenntissen über die Gefährlichkeit des Elektroschweißens in der Nähe von Apparaten mit hochentwickelter Elektronik um einen nach § 1299 ABGB nicht zu vertretenden Mangel handeln. Denn wenn nicht einmal vom Inhaber eines Schweißbetriebs derartige Kenntnisse vorausgesetzt werden können, dann umso weniger vom Geschäftsführer einer GmbH, in deren Betrieb die Schweißarbeiten nur eine Nebentätigkeit darstellen.

Daß die beklagte Partei (ihr Geschäftsführer Felix G***) aber über diese für ein Unternehmen ihres Tätigkeitsbereiches ungewöhnlichen Kenntnisse verfügt und diese durch entsprechende Belehrung und Warnung an ihre dem üblichen Standard entsprechenden Elektroschweißer weiterzugeben verpflichtet gewesen wäre, konnte von der diesbezüglich beweisbelasteten klagenden Partei nicht bewiesen werden.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E18187

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0100OB00501.89.0620.000

Dokumentnummer

JJT_19890620_OGH0002_0100OB00501_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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