Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Juni 1989 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Maurer als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter K*** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31.März 1989, GZ 5 b Vr 1127/89-29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der nunmehr 26-jährige Peter K*** wurde im zweiten
Rechtsgang (erneut anklagekonform) des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 12. September 1988 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den diesbezüglich bereits rechtskräftig verurteilten Rudolf W*** und Karl M*** als Mittäter mit Gewalt gegen eine Person, nämlich durch Schläge unter Aufforderung zur Ausfolgung von 100 S Bargeld, diese Barschaft dem Gerhard H*** mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung abgenötigt.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 1, 5 und 5 a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge (Z 1) weist zwar zutreffend darauf hin, daß die im zweiten Rechtsgang dem Schöffensenat angehörende beisitzende Richterin Dr. Ingrid A*** in derselben Sache als Untersuchungsrichterin tätig gewesen und deshalb gemäß § 68 Abs. 2 StPO von der Mitwirkung und Entscheidung in der Hauptverhandlung ausgeschlossen war. Dennoch ist die Rüge im Ergebnis nicht begründet. Gemäß § 281 Abs. 1 Z 1 zweiter Halbsatz StPO kann nämlich die Beteiligung eines ausgeschlossenen Richters an der Entscheidung dann nicht mit Erfolg als Nichtigkeitsgrund geltend gemacht werden, wenn der die Nichtigkeit begründende Tatumstand dem Beschwerdeführer noch vor oder während der Hauptverhandlung bekannt und von ihm nicht gleich beim Beginn der Hauptverhandlung oder sofort, nachdem er in dessen Kenntnis gelangt war, geltend gemacht wurde. Der in diesem Zusammenhang aufgestellten Beschwerdebehauptung, mangels Wiedererkennens der in Rede stehenden Richterin durch den Angeklagten sei dem Verteidiger in der Hauptverhandlung ohne entsprechende Kenntnis eine unverzügliche Rüge des Verfahrensfehlers verwehrt und solcherart erstmals in der Rechtsmittelausführung möglich gewesen, kann nach dem Akteninhalt nicht gefolgt werden.
In Anbetracht der wesentliche Verfahrensschritte betreffenden, mithin keineswegs bloß flüchtigen persönlichen Kontakte des Angeklagten mit Dr. A*** - sie verhängte über ihn die Untersuchungshaft und machte ihm die Anklage kund (ON 7 bis 9 des Aktes) - ist im konkreten Fall von der Kenntnis des Angeklagten von den im selben Verfahren vorausgegangenen untersuchungsrichterlichen Handlungen der beisitzenden Richterin schon beim Beginn der nunmehrigen Hauptverhandlung auszugehen, weshalb ihn die bezügliche gesetzliche Rügepflicht bereits in diesem Zeitpunkt traf (§ 281 Abs. 1 Z 1 zweiter Halbsatz StPO). Deren Vernachlässigung kann aber im Rahmen der Rechtsmittelausführung nicht mehr saniert werden. Auch die Mängelrüge (Z 5) erweist sich in keinem Punkt als begründet. Denn abgesehen davon, daß die Kenntnis des Angeklagten von der vom Tatopfer mitgeführten 100 S-Banknote keineswegs das einzige Verfahrensergebnis darstellt, das der Ablehnung der Verantwortung des Angeklagten, bei der Tatausführung an einen vom Zeugen H*** zuvor verübten Diebstahl geglaubt zu haben, zugrunde liegt, findet die konstatierte Kenntnis in dessen Aussage, wonach dem Angeklagten die Einsichtnahme in seine Brieftasche schon beim Verkaufskiosk vorübergehend möglich gewesen war, eine durchaus zureichende Grundlage.
Soweit die Beschwerde die Urteilspassage, keiner der beiden Komplizen des Rechtsmittelwerbers habe die tateinleitende Erörterung eines derartigen Diebstahlsverdachtes bestätigt (S 271), unter Hinweis auf die von Rudolf W*** geäußerte Mutmaßung, der Angeklagte könnte hinsichtlich der von ihm behaupteten irrtümlichen Diebstahlsannahme einem situationsbedingten Mißverständnis unterlegen sein, als zumindest teilweise aktenwidrig rügt, läßt sie unberücksichtigt, daß auch dieser (im zweiten Rechtsgang als Zeuge vernommene) Mittäter entsprechende Gesprächseinlassungen der Darstellung des Angeklagten zuwider ausdrücklich verneint hat (S 257, 258).
Mit dem weiteren Einwand, die dem Angeklagten im Zusammenhang mit der Abnötigung der Raubbeute angelastete sinngemäße Bedrohung des Tatopfers mit dem Umbringen sei durch die Verfahrensergebnisse nicht gedeckt, wird keine Aktenwidrigkeit, der Sache nach vielmehr fehlende Begründung der bezüglichen Urteilsfeststellung geltend gemacht. Dies allerdings zu Unrecht, weil sich die (im übrigen schon wegen der sie begleitenden Schlagführung gar nicht entscheidungswesentliche) Tatkomponente auf die in der Hauptverhandlung verlesenen (S 244) polizeilichen Angaben des Tatopfers stützt (S 21).
Gleichermaßen fehl geht der Vorwurf einer inneren Widersprüchlichkeit des angefochtenen Urteils, welche die Rüge darin zu erblicken vermeint, daß der die Beraubung des Tatopfers betreffende Tatentschluß des Angeklagten zeitlich jener Aggressionsphase zugeordnet werde, in der der Zeuge H*** wegen seiner "Ablehnung zu zahlen" verprügelt wurde. Ergibt sich doch unmißverständlich aus dem Sinnzusammenhang, daß die dabei bezogene ablehnende Haltung des genannten Zeugen nicht die Herausgabe der Raubbeute sondern jene Konsumationen betraf, deren Bezahlung dem tatbetroffenen Zeugen zuvor bei dem vom Angeklagten betreuten Verkaufskiosk abgefordert worden war.
Da sich der im zweiten Rechtsgang befaßte Schöffensenat nach Maßgabe des neu durchgeführten Beweisverfahrens von der Richtigkeit der für und wider die Schuld des Angeklagten sprechenden Tatsachen zu überzeugen hatte und dabei - wie dargelegt - mit formell mängelfreier Begründung die jedweden Raubvorsatz leugende Verantwortung des Angeklagten als unglaubwürdig ablehnte, bedurfte es der Beschwerdeauffassung zuwider keines Eingehens auf solche Nebenumstände des Tatablaufs, die ein anderer Schöffensenat im ersten Rechtsgang abweichend feststellte.
Als nicht stichhältig erweist sich letztlich auch die Tatsachenrüge (Z 5 a), deren Hinweis auf die abwesenheitsbedingte Unergiebigkeit der Angaben des Zeugen H*** für jene der Tatausführung vorausgegangene Phase, für die der Angeklagte die Verfolgung eines vermeintlichen Diebes glaubhaft machen will, keine (geschweige denn erhebliche) Bedenken gegen die Richtigkeit der entscheidungswesentlichen Tatsachenfeststellungen (die in dem relevierten Punkt wie erwähnt auch durch die Angaben der beiden Mittäter getragen werden) zu erwecken vermag.
Die insgesamt offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung fällt daher in die Kompetenz des örtlich zuständigen Gerichtshofs zweiter Instanz (§ 285 i StPO).
Anmerkung
E17633European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00063.89.0620.000Dokumentnummer
JJT_19890620_OGH0002_0120OS00063_8900000_000