Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*** & F*** Gesellschaft m. b.H. in Liquidation, Dr. Karl-Lueger-Platz 2/3/12, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Karl Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Hans F***, Werbekaufmann, Silbergasse 23, 1190 Wien, vertreten durch Dr. Michael Gnesda, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 225.600,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 15. September 1988, GZ 1 R 134/88-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 1. September 1987, GZ 24 Cg 83/87-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.495,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 772,35, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Als selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer der Klägerin sind seit 7. Juni 1984 der Beklagte und Dkfm. Walter P*** im Handelsregister eingetragen. Ein Aufsichtsrat ist bei der Klägerin nicht bestellt. Mit seinem mit "Hannes F***" gefertigten Schreiben vom 26. April 1985 (Beilage A), bei der Klägerin eingelangt am 3. Mai 1985, teilte der Beklagte der Klägerin zu Handen Dkfm. P*** mit: "...... Ich bedauere Ihnen mitteilen zu müssen, daß ich die Geschäftsführung in der P*** & F*** GmbH mit dem heutigen Tag zurücklege". Der Klagevertreter Dr. L*** nahm mit Schreiben vom 14. Juni 1985 (Beilage B) den Geschäftsführerrücktritt des Beklagten zur Kenntnis und bestätigte den Zugang des Schreibens des Beklagten an den Mitgeschäftsführer Dkfm. P***, stellte aber die Formgültigkeit des Rücktritts in Abrede. Der Beklagte belangte die Klägerin zu 38 Cg 207/87 des Handelsgerichtes Wien wegen der unterlassenen Löschung seiner Eintragung als ihr Geschäftsführer im Handelsregister. Er ist Mitgeschäftsführer der am 18. Juni 1985 im Handelsregister eingetragenen B*** & F*** Gesellschaft mbH (in der Folge als Firma B*** bezeichnet).
Außer Streit steht, daß Dkfm. P*** von dem in der Klage behaupteten Sachverhalt 1985 Kenntnis erlangte.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin mit ihrer am 13. März 1987 eingebrachten Klage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 225.600,-- sA im wesentlichen mit folgender Begründung:
Der Beklagte habe sein Schreiben Beilage A vordatiert, weil er zwischen der Verfassung dieses Schreibens und seinem Einlangen bei der Klägerin bei einem ihrer Kunden, der A*** Skifabrik Alois R*** (in der Folge als Firma A*** bezeichnet), eine Präsentation nicht mehr für die Klägerin, sondern für die von ihm neu gegründete Firma B*** durchgeführt habe. Der Beklagte habe in dieser Zeit die zwischen den Firmen A*** und S*** Gesellschaft mbH (in der Folge als Firma S*** bezeichnet) einerseits und der Klägerin andererseits bestehenden Verträge entgegen seinen Pflichten nach § 25 GmbH als Geschäftsführer der Klägerin auf die Firma B*** "übertragen" und hafte der Klägerin für den daraus entstandenen Schaden. Die Klägerin habe von Jänner bis April 1985 einen Großteil der für 1985 zu erbringenden Leistungen aus den Verträgen mit den Firmen S*** und A*** bereits erbracht. Die Firma B***, welcher der Beklagte diese Verträge "übertragen" habe, habe die restlichen Leistungen aus diesen Verträgen für 1985 erbracht und das gesamte Agenturhonorar für 1985 von S 320.000,-- bei der Firma S*** bzw von S 648.000,-- bei der Firma A*** (jeweils ausschließlich Umsatzsteuer) vereinnahmt. Die Klägerin begehre vom Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes 25 % des Agenturhonorars für die Zeit Mai bis Dezember 1985, sohin im Fall S*** S 96.000,-- und im Fall A*** S 129.600,-- (jeweils einschließlich Umsatzsteuer). Die Klägerin werfe dem Beklagten konkret Untreue vor. Er habe Ende April 1985 vor Verfassung seines Schreibens Beilage A der Firma A*** die Vorschläge der Klägerin an Werbemaßnahmen für Herbst 1985 und Winter 1985/86 präsentiert. Die Firma A*** habe diese Vorschläge angenommen, sodaß es zwischen ihr und der Klägerin zu einem Vertrag gekommen sei. Der Beklagte habe unmittelbar nach diesem Abschluß Dkfm. P*** davon berichtet. Die von der Klägerin bis April 1985 erbrachten Leistungen seien der Firma A*** von der Firma B*** ebenso fakturiert worden wie die - vom Beklagten oder der Firma B*** erbrachten - Restleistungen für das Vertragsjahr 1985/86. Wenn der Beklagte die Präsentation im April 1985 noch namens der Klägerin durchgeführt habe, so habe er in weiterer Folge den bestehenden Vertrag von der Klägerin auf die Firma B*** "umgepolt", jedenfalls der Klägerin einen bestehenden Vertrag entzogen und der Firma B*** "zugeführt". Auf gleiche Weise sei der Beklagte im Fall der Firma S*** vorgegangen. Die Klägerin habe kein Dauerschuldverhältnis mit den Firmen A*** und S*** behauptet, sondern lediglich ein Vertragsverhältnis für die Dauer eines Jahres; auf diese Zeitdauer seien ihre Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten abgestellt. Der Beklagte habe anläßlich der Willensübereinstimmung mit den Vertretern der Firmen A*** und S*** offengelegt, als Organ der Klägerin zu handeln. Jedenfalls sei er als Geschäftsführer der Klägerin verpflichtet gewesen, bei diesen Vertragsverhandlungen als ihr Vertreter zu handeln; er sei nicht berechtigt gewesen, das Entgelt aus dem abgeschlossenen Vertrag einem Dritten zuzuwenden. Schon in den Jahren vor dem Vertragsabschluß im Jahr 1985 hätten Verträge zwischen der Klägerin einerseits und den Firmen A*** und S*** andererseits bestanden. Inhalt der Verträge sei die Werbeberatung und -mittlung der genannten Unternehmen im Rahmen eines vorgegebenen Etats gewesen. Das vertraggemäße Entgelt habe in den angeführten Agenturprovisionen bestanden. Die Klage werde auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere den des Bevollmächtigungsvertrags, gestützt. Dem Beklagten sei die Besorgung der Geschäfte der Klägerin mit dem Firmen A*** und S*** übertragen worden. Er habe die Geschäftsbesorgung übernommen, die Geschäfte für die Klägerin aber nicht besorgt und ihr den Nutzen auch nicht überlassen. Die Tätigkeit des Beklagten sei entgeltlich gewesen, weil er ein Geschäftsführerentgelt bezogen habe. Was die "Übertragung" bzw "Umpolung" der Geschäfte auf die Firma B*** betreffe, sei dies eine begründete Vermutung, weil der Beklagte weiterhin Tätigkeiten für das genannte Unternehmen ausübe. Die Vertragsabschlüsse mit den Firmen A*** und S*** lägen vor Verfassung des Schreibens vom 26. April 1985, wobei vor diesem Zeitpunkt die Klägerin für beide Unternehmen Leistungen erbracht habe. Beim Klagsanspruch handle es sich nicht um einen Schadenersatzanspruch nach § 24 GmbHG, sondern "um den Nutzen der Leistungen der Klägerin für A*** und S***, welchen der Beklagte schuldig sei, der Klägerin herauszugeben".
Der Beklagte wendete im wesentlichen ein, die Firma B***, deren Mitgeschäftsführer er sei, existiere seit 18. Juni 1985, weshalb schon aus zeitlichen Gründen angesichts seines bereits per 26. April 1985 erklärten Rücktritts als Geschäftsführer der Klägerin keine Interessenkollision vorliegen könne. Zwischen der Klägerin und den Firmen A*** und S*** hätten keine vertraglichen Bindungen in der behaupteten Art eines branchenüblichen Dauerschuldverhältnisses bestanden. Wenn die genannten Firmen eine Werbeberatung durch die Firma B*** bevorzugt hätten, sei dies ausschließlich in deren geschäftlichem Ermessen gestanden, ohne daß der Beklagte diesbezüglich irgendeinen Einfluß auf diese Unternehmen ausgeübt habe. Von einem schuldhaften und schadenersatzbegründenden Verhalten des Beklagten bis zu seinem Geschäftsführerrücktritt vom 26. April 1985 zum Nachteil der Klägerin könne sohin rein faktisch keine Rede sein. Eine Geschäftsbesorgung durch den Beklagten unabhängig von seiner Geschäftsführerfunktion sei nicht erfolgt. Die Ansprüche der Klägerin seien, soweit sie auf einen Verstoß gegen das Konkurrenzverbot gestützt seien, nach § 24 Abs 4 GmbHG präkludiert bzw verjährt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es stellte im wesentlichen den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und beurteilte ihn rechtlich im wesentlichen dahin, die Klägerin habe auch nach mehrfacher Aufforderung nicht angeben können, aus welchen konkreten Handlungen und Unterlassungen des Beklagten sie den Klagsanspruch ableite. Da die "Übertragung" bzw "Umpolung" oder "Entziehung" eines Vertrages durch Handeln nur eines Vertragsteils der Rechtsordnung fremd sei, sei die Klägerin mehrfach zur Konkretisierung ihres Vorbringens aufgefordert worden, auf welche Weise der Beklagte die Verträge "übertragen", "umgepolt" oder der Klägerin "entzogen" und der Firma B*** "zugeführt" habe. Aus der Behauptung, der Beklagte habe anläßlich der Willensübereinstimmung mit den Vertretern der Firmen A*** und S*** offengelegt, als Organ der Klägerin zu handeln, könne der Klagsanspruch nicht abgeleitet werden, weil unklar bleibe, inwiefern der Klägerin aus der (an sich richtigen) Offenlegung der Organstellung des Beklagten ein Schaden entstehen hätte können. Das Eventualvorbringen der Klägerin, der Beklagte wäre als ihr Geschäftsführer verpflichtet gewesen, als ihr Vertreter zu handeln, lasse den Schluß zu, gemeint sei, der Beklagte habe gegen seine Verpflichtung, bei den Vertragsverhandlungen als Vertreter der Klägerin zu handeln, verstoßen und das Geschäft nicht für die Klägerin, sondern für sich oder einen Dritten abgeschlossen. In diesem Fall könnte der Klagsanspruch aus einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot nach § 24 Abs 1 GmbHG und aus daraus resultierenden Schadenersatzansprüchen nach § 24 Abs 3 GmbHG abgeleitet werden, doch seien diese Ansprüche verjährt, weil Dkfm. P*** bereits 1985 vom Klagssachverhalt Kenntnis gehabt habe, die Klage aber erst am 13. März 1987, somit lange nach Ablauf der dreimonatigen Verjährungsfrist des § 24 Abs 4 GmbHG eingebracht worden sei.
Auf die Verjährung sei die Klägerin auch mit der Behauptung zu verweisen, der Beklagte habe die Besorgung der Geschäfte mit den Firmen A*** und S*** übernommen, die Geschäfte aber nicht besorgt. Ein gegen das Wettbewerbsverbot verstoßendes Handeln des Geschäftsführers beinhalte notwendigerweise, daß der Geschäftsführer nicht die Geschäfte der Gesellschaft, sondern seine eigenen oder die Dritter besorge. Dies könne jedoch nicht losgelöst von dem der kurzen Verjährung unterliegenden Verstoß gegen das Konkurrenzverbot gesehen werden, weil sonst niemals Raum für die kurze Verjährung wäre. Dies müsse sogar dann angenommen werden, wenn der Verstoß gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot zugleich eine Vertragsverletzung darstelle. Grundsätzlich unterliege jeder von mehreren konkurrierenden Ansprüchen seinen besonderen Verjährungsbestimmungen. Der Grundsatz der gesonderten Berechnung der Verjährungsfrist sei jedoch dann unanwendbar, wenn die kurze Verjährungsfrist niemals zur Anwendung gelangen könnte, weil der gleiche Sachverhalt stets auch eine Rechtsfolge mit einer an sich längeren Verjährungsfrist auslöse. Dies sei dann der Fall, wenn es sich bei der Vertragsverletzung lediglich um einen Wettbewerbsverstoß handle, und gelte auch insofern, als der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot des § 24 GmbHG zugleich auch einen Verstoß gegen die aus § 25 GmbHG abzuleitenden Treuepflichten des Geschäftsführers darstelle. Was Verstöße gegen das Konkurrenzverbot betreffe, seien die Vorschriften des § 24 GmbHG über die Rechtsfolgen im Verhältnis zu § 25 GmbHG leges speciales. Würde man für ein aus der Verletzung der Treuepflicht oder aus (gegebenenfalls auch ergänzender) Vertragsauslegung abgeleitetes Wettbewerbsverbot die lange Verjährungsfrist gelten lassen, wäre die kurze Verjährungsfrist gegen den Willen des Gesetzgebers, die mit einem solchen Wettbewerbsverstoß zu regelnden Fragen alsbald zu klären, ohne Bedeutung.
Die Klägerin habe trotz Aufforderung nicht klargestellt, worin ein allfälliges deliktisches Verhalten des Beklagten bestehe, weshalb ein Beweisverfahren nur einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellen würde.
Aus dem Rechtsgrund der Bereicherung könne ein Anspruch gegen den Beklagten nicht abgeleitet werden, weil nach dem Klagevorbringen ein der Klägerin zustehendes Honorar der Firma B*** - und nicht dem Beklagten - zugeflossen sei. Als Geschäftsführer der Firma B*** hafte der Beklagte persönlich nur bei deliktischer Schädigung Dritter, nicht aber hinsichtlich allgemeiner Bereicherungsansprüche.
Der gegen diese Entscheidung des Erstgerichts gerichteten Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge. Es sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht führte, ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichts, rechtlich im wesentlichen aus, nach § 24 Abs 4 GmbHG erlöschten die aus der Verletzung des Konkurrenzverbots durch einen Geschäftsführer sich ergebenden Rechte der Gesellschaft in drei Monaten von dem Tage, an dem - wenn wie hier kein Aufsichtsrat bestellt sei - die übrigen Geschäftsführer von der sie begründenden Tatsache Kenntnis erlangt hätten. Es stehe außer Streit, daß der zweite Geschäftsführer der Klägerin Dkfm. P*** vom Klagssachverhalt bereits 1985 Kenntnis erlangt habe. Unter den im § 24 Abs 4 GmbHG erwähnten Rechten seien die Ansprüche der Gesellschaft, nämlich Schadenersatz oder wahlweise Eintritt in Geschäfte für Rechnung des Geschäftsführers bzw auf Herausgabe der bezogenen Vergütung oder Abtretung des Anspruchs auf die Vergütung zu verstehen. Wenn aber alle diese Ansprüche innerhalb dieser Frist erlöschten, sei es gleichgültig, daß die Klägerin zuletzt ausgeführt habe, ihre Ansprüche nicht aus dem Titel des Schadenersatzes zu stellen, sondern den "Nutzen der Leistungen der Klägerin für A*** und S***, welchen der Beklagten schuldig sei, der Klägerin herauszugeben", zu verlangen, worunter im weitesten Sinn eine Vergütung für das für fremde Rechnung geschlossene Geschäft verstanden werden könne. § 79 Abs 3 AktG sei das erkennbare Vorbild für § 24 Abs 4 GmbHG, weshalb auch diese Regelung analog herangezogen werden könne. Demgemäß gelte sowohl für § 79 Abs 3 AktG als auch für § 24 Abs 4 GmbHG, daß die im § 79 Abs 2 AktG bzw § 24 Abs 3 GmbHG genannten Forderungen grundsätzlich für alle zivilrechtlichen Ansprüche der Gesellschaft, die sich aus der Verletzung des Wettbewerbsverbots ergäben, zu gelten hätten. Die Rechtsansicht, daß die Vorschriften des § 24 GmbHG leges speciales gegenüber denen des § 25 GmbHG seien, wenn es um die Verletzung des Wettbewerbsverbots - im weitesten Sinn - gehe, sei somit richtig, weil § 25 Abs 1 GmbHG (inhaltlich dem § 43 Abs 1 dGmbHG entsprechend) einen allgemeinen Auffangtatbestand für alle Pflichtverletzungen des Geschäftsführers enthalte. Eine allfällige Treuepflichtverletzung durch den Geschäftsführer gehe in der Verletzung des Wettbewerbsverbots auf, weil letzterer Verstoß ohne Treuepflichtverletzung kaum denkbar sei. Demgemäß könne es auch keinen Unterschied machen, ob der belangte Geschäftsführer eigenständige Geschäfte im gleichen Geschäftszweig tätige oder aber ein bereits bestandenes und zum Großteil erfülltes Geschäft einem Dritten übertrage. Denn was immer unter "Übertragung" oder "Umpolung" verstanden werden solle - den Inhalt dieser von ihr verwendeten Begriffe habe die Klägerin trotz Aufforderung durch das Erstgericht nicht deutlich machen können und selbst nach ihrem eigenen Vorbringen sei die "Übertragung" nur eine begründete Vermutung der Klägerin -, in jedem Fall werde bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Gesellschaft um ein Geschäft und die daraus resultierenden Ertragsmöglichkeiten gebracht. Es sei daher von der speziellen Bestimmung über das Erlöschen der Ansprüche nach § 24 Abs 4 GmbHG auszugehen und nicht von der allgemeinen Verjährungsbestimmung des § 25 Abs 6 GmbHG.
Die Frage, ob § 24 Abs 4 GmbHG eine besondere Verjährungsfrist enthalte oder von Amts wegen wahrzunehmende Präklusivfrist aufstelle, könne hier auf sich beruhen, weil die Klägerin nicht vorgetragen habe, was für eine Hemmung oder Unterbrechung der Frist sprechen könnte und der Verjährungseinwand ohnehin ausdrücklich erhoben worden sei.
Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO begründete das Berufungsgericht damit, daß die Frage der Abgrenzung der §§ 24 und 25 GmbHG noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gewesen sei. Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Klägerin. Sie bekämpft sie aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Der Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision der Klägerin keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig; die im § 502 Abs 4 Z 1 ZPO normierten Voraussetzungen liegen vor. Sachlich ist sie aber nicht berechtigt. Die Klägerin führt in ihrer Rechtsrüge im wesentlichen aus, das von ihr behauptete Verhalten des Beklagten sei nicht dem § 24 GmbHG, sondern dem § 25 dieses Gesetzes zu unterstellen; es habe daher auf das Erlöschen bzw die Verjährung ihrer behaupteten Ansprüche nicht die Vorschrift des § 24 Abs 4 GmbHG, sondern die des § 25 Abs 6 dieses Gesetzes Anwendung zu finden.
Dem ist nicht zu folgen.
Gemäß § 24 Abs 1 GmbHG darf der Geschäftsführer ohne Einwilligung der Gesellschaft weder Geschäfte in deren Geschäftszweig für eigene oder fremde Rechnung machen noch bei einer Gesellschaft des gleichen Geschäftszweigs als persönlich haftender Gesellschafter sich beteiligen oder eine Stelle im Vorstand oder Aufsichtsrat oder als Geschäftsführer bekleiden. Bei der Beurteilung, ob ein Verstoß gegen das in dieser Gesetzesstelle normierte Wettbewerbsverbot vorliegt, ist nicht nur eine rein formale, sondern eine wirtschaftliche Betrachtungsweise anzuwenden (GesRZ 1987, 101). Der Vorwurf, den die Klägerin dem Beklagten macht, geht dahin, daß er als ihr Geschäftsführer ein im Namen der Klägerin mit deren Geschäftspartnern begründetes Rechtsverhältnis an einen Dritten übertragen und diesem den wirtschaftlichen Ertrag aus diesem Rechtsverhältnis zugewendet hätte. Wenn auch die Klägerin trotz entsprechender Aufforderung durch das Erstgericht nicht imstande war, dieses von ihr behauptete Verhalten des Beklagten in tatsächlicher Hinsicht näher zu präzisieren, so erschöpft sich das erkennbare sachliche Substrat ihrer Behauptungen doch darin, daß der Beklagte als ihr Geschäftsführer ohne ihre Zustimmung Geschäfte in ihrem Geschäftszweig auf fremde Rechnung gemacht habe. Dies ist aber eindeutig als Verstoß gegen das im § 24 Abs 1 GmbHG normierte Wettbewerbsverbot zu qualifizieren.
Was das Verhältnis der Bestimmungen des § 24 GmbHG zum § 25 dieses Gesetzes betrifft, ist durchaus der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen zu folgen, daß die erstgenannte Gesetzesbestimmung gegenüber der zweiten im Verhältnis der Spezialität steht (siehe dazu Bydlinski in Rummel, ABGB, Rz 18 zu § 6). Denn während § 25 GmbHG einen allgemeinen Auffangtatbestand für alle Pflichtverletzungen der Geschäftsführer enthält (GesRZ 1986, 97), regelt § 24 GmbHG einen speziellen Teil der den Geschäftsführern obliegenden Pflichten, nämlich das ihnen obliegende Wettbewerbsverbot. Gewiß verstößt der Geschäftsführer, der ein ihm obliegendes Wettbewerbsverbot verletzt, in gleicher Weise gegen seine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft wie im Fall eines sonstigen pflichtwidrigen Verhaltens, das nur der Vorschrift des § 25 GmbHG zu unterstellen ist. Dies hat aber nicht zur Folge, daß auf Ansprüche der Gesellschaft nach § 24 Abs 3 GmbHG, die aus einem Verstoß des Geschäftsführers gegen ein ihm obliegendes Wettbewerbsverbot im Sinne des § 24 Abs 1 GmbHG abzuleiten sind, die Verjährungsvorschrift des § 25 Abs 6 GmbHG anzuwenden wäre; derartige auf Zahlung von Geld gerichtete Leistungsansprüche im Sinne des § 24 Abs 3 GmbHG unterliegen vielmehr der im § 24 Abs 4 GmbHG vorgesehenen zeitlichen Beschränkung (Wünsch in GesRZ 1982, 279; Gellis-Feil, Kommentar2 Anm 7 zu § 24 und Anm 8 zu § 25; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 133).
Ob es sich bei der in dieser Gesetzesstelle normierten Dreimonatsfrist um eine Verjährungs- oder Präklusionsfrist handelt, bedarf hier keiner näheren Untersuchung, weil Hemmungs- oder Unterbrechungsgründe nicht behauptet wurden und Verjährung ausdrücklich eingewendet wurde. Daß es sich bei dem von der Klägerin dem Beklagten angelasteten Verhalten um einen über das Jahr 1986 hinausreichenden Dauertatbestand gehandelt hätte, wurde von der Klägerin nicht behauptet.
Da bei der Klägerin kein Aufsichtsrat besteht und außer Streit steht, daß der zweite Geschäftsführer der Klägerin Dkfm. P*** von dem in der Klage behaupteten Sachverhalt 1985 Kenntnis erlangte, die vorliegende Klage aber erst am 13. März 1987 eingebracht wurde, haben die Vorinstanzen mit Recht das Klagebegehren im Hinblick auf § 24 Abs 4 GmbHG abgewiesen.
Der Revision der Klägerin muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E18040European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00516.89.0620.000Dokumentnummer
JJT_19890620_OGH0002_0020OB00516_8900000_000