TE OGH 1989/6/20 5Ob50/89

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Theresia P***, Hausfrau, 4810 Gmunden, Cumberlandstraße 10, nunmehr 4663 Laakirchen, Gmundnerstraße 23, vertreten durch Dr.Klaus Steiner, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei W*** G***

W*** mbH, Linz, Khevenhüllerstraße 21, vertreten

durch Dr.Manfred Klicnik, Rechtsanwalt in Linz, wegen Wiederherstellung des Grundbuchsstandes (Streitwert 300.000 S), Übergabe einer Wohnung (Streitwert 70.000 S) und Feststellung (Streitwert 70.000 S) infolge der Rekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 6. Dezember 1988, GZ 4 R 120/88-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 1. Februar 1988, GZ 7 Cg 298/87-5, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

Text

Begründung:

Die Streitteile haben am 20./26.März 1987 einen Kaufanwartschaftsvertrag betreffend die Wohnung Nr. 24 samt Garage im Haus 19 des Bauvorhabens Gmunden-Fliegerschule II (EZ 871 KG Ort-Gmunden) abgeschlossen. Damit übernahm die beklagte Partei die Verpflichtung, der Klägerin Wohnungseigentum an dem genannten Objekt zu verschaffen. Die Klägerin leistete eine Anzahlung von 187.493 S und wurde auch zu der für den 17.Juni 1987 um 9 Uhr angekündigten Wohnungsübergabe eingeladen, doch fand die Übergabe nicht mehr statt. Am 23.Juni 1987 erklärte die beklagte Partei der Klägerin schriftlich den Rücktritt vom Vertrag, weil sie sich "aufgrund bereits eingegangener zahlreicher Beschwerden der Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 871 KG Ort-Gmunden außerstande sehe, ihr die Wohnung zu übergeben". In weiterer Folge zahlte die beklagte Partei die ihr überwiesenen 187.493 S zurück, die die Klägerin schließlich unter Protest annahm. Mittlerweile hat die beklagte Partei einer neuen Wohnungseigentumsbewerberin (Mathilde P***) die Kaufanwartschaft für die streitgegenständliche Wohneinheit eingeräumt und die Wohnung auch übergeben. Im Grundbuch ist die entsprechende Zusage gemäß § 24 a WEG in EZ 871 KG Ort-Gmunden unter B-OZ 1 lit. l angemerkt.

Die Klägerin hält an ihrem Vertrag mit der beklagten Partei fest und begehrt, diese schuldig zu erkennen, 1.) den Grundbuchsstand bezüglich des B-Blattes hinsichtlich des sich auf die streitgegenständliche Wohnung samt Garage beziehenden Miteigentumsanteiles, mit dem das Wohnungseigentum an dieser Wohnung verbunden wird, dergestalt herzustellen, daß die beklagte Partei unbeschränkte Eigentümerin ist, so wie sie dies zum Zeitpunkt des Abschlusses des die genannte Wohnung betreffenden Kaufanwartschaftsvertrages vom 20.März 1987 war, 2.) ihr die streitgegenständliche Wohnung samt Garage binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu übergeben, und 3.) der beklagten Partei gegenüber festzustellen, daß sie der klagenden Partei für alle zukünftigen Schäden haftet, die der klagenden Partei aufgrund des durch die beklagte Partei durchgeführten Doppelverkaufes der streitgegenständlichen Wohnung samt Garage entstehen. Für den Fall, daß das Klagebegehren laut den Punkten 1.) und 2.) abgewiesen werden sollte, stellt die Klägerin das Eventualbegehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, eine Ersatzlage dadurch herzustellen, daß die beklagte Partei der klagenden Partei das Miteigentum verbunden mit Wohnungseigentum an einer im Stadtgebiet von Gmunden gelegenen Wohnung im Ausmaß von rund 80 bis 90 m2 zu im wesentlichen gleichgelagerten Bedingungen, wie sie in dem zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei abgeschlossenen Kaufanwartschaftsvertrag vom 20.März 1987 hinsichtlich des Miteigentums verbunden mit Wohnungseigentum an der streitgegenständlichen Wohnung samt Garage enthalten sind, verschafft. Die Klägerin betrachtet den von der beklagten Partei hinsichtlich des Kaufanwartschaftsvertrages vom 20.März 1987 erklärten Rücktritt für unzulässig und unwirksam, gesteht aber zu, im Verfahren 3 Cg 439/83 des Kreisgerichtes Wels aus einer Wohnungseigentumsgemeinschaft (betreffend die EZ 376 KG Schalchen im Gerichtsbezirk Gmunden) ausgeschlossen worden zu sein und davon der beklagten Partei nichts gesagt zu haben. Es habe jedoch seither (gemeint ist seit 1984) keinen Grund mehr für Beanstandungen gegeben. Im Frühjahr 1987 sei sogar ihr Mann (der "Stein des Anstoßes") aus der Wohnung ausgezogen.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung sowohl des Haupt- als auch des Eventualbegehrens. Sie hält ihren Vertragsrücktritt für berechtigt und begründet ihn damit, daß ihr die Klägerin beim Abschluß des streitgegenständlichen Kaufanwartschaftsvertrages "wesentliche Dinge" (gemeint ist offensichtlich der bereits erwähnte Ausschluß aus einer früheren Wohnungseigentumsgemeinschaft) verschwiegen habe. Diesen Umstand habe die beklagte Partei am 17.Juni 1987 von anderen Wohnungseigentumsbewerbern erfahren. Diese hätten sich gegen eine Wohnungseigentumsgemeinschaft mit der Klägerin ausgesprochen und für den Fall, daß ihr die Wohnung übergeben wird, den eigenen Vertragsrücktritt angedroht. Zu einer Zusicherung, daß ihr Mann nicht in die neue Wohnung kommt, sei die Klägerin nicht bereit gewesen. Überdies liege Annahmeverzug der Klägerin hinsichtlich der Wohnungsübernahme und Leistungsverzug hinsichtlich ihrer Zahlungsverpflichtungen vor. Schließlich sei die Zuhaltung des streitgegenständlichen Vertrages gar nicht möglich, weil ein gutgläubiger Dritter die Wohnung erworben habe und die grundbücherliche Durchführung vorgenommen worden sei. Das Erstgericht wies die Klage, und zwar sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren, ab. Es stellte aus den Akten 2 C 551/75 des Bezirksgerichtes Gmunden und 3 Cg 439/83 des Kreisgerichtes Wels fest, daß die Klägerin schon wiederholt durch rücksichtsloses, anstößiges und grob ungehöriges Verhalten im Zusammenleben mit Mitbewohnern aufgefallen ist und deshalb eine Mietwohnung durch Kündigung und eine Eigentumswohnung durch Ausschluß aus der Eigentumsgemeinschaft verlor. Einzelheiten dazu können den S. 3 bis 18 der Ausfertigung des Ersturteils entnommen werden. Hervorzuheben ist lediglich, daß der im Verfahren 3 Cg 439/83 des Kreisgerichtes Wels verfügte Ausschluß der Klägerin aus der Eigentumsgemeinschaft an der EZ 376 KG Schalchen im Gerichtsbezirk Gmunden noch nicht zur Räumung der Wohnung geführt hat und insgesamt doch seit Sommer 1984 eine wesentliche Besserung im Verhalten der Klägerin und ihrer Mitbewohner eingetreten ist. Der getrennt lebende Gatte der Klägerin hat sich am 18.Juli 1987 schriftlich bereiterklärt, die streitgegenständliche Wohnung zu meiden, um Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Das Erstgericht nahm wegen der im Kündigungs- und im Ausschlußverfahren abgehandelten Vorfälle als erwiesen an, daß die Klägerin ihrem Wesen nach offenbar unbelehrbar ist. Die Übergabe der streitgegenständlichen Wohnung am 17.Juni 1987 versäumte die Klägerin wegen einer unrichtigen Terminvormerkung; bei ihrem verspäteten Eintreffen auf der Liegenschaft traf sie keinen Vertreter der beklagten Partei mehr an. Die ihr im Zusammenhang mit dem Kaufanwartschaftsvertrag vorgeschriebenen Zahlungen hat sie immer pünktlich geleistet.

In rechtlicher Beziehung führte das Erstgericht aus:

Bei Abschluß einer Vereinbarung, die auf Verschaffung von Wohnungseigentum gerichtet ist, sei es Geschäftsgrundlage, daß sich der Wohnungseigentumsbewerber den Anforderungen gemäß verhalten wird, die das Zusammenleben mit anderen Wohnungseigentumsbewerbern in der mit ihnen zu begründenden Gemeinschaft erfordere und ihnen zumutbar erscheinen lasse (SZ 53/8). Dies sei so selbstverständlich, daß es auch ohne ausdrückliche Parteienvereinbarung als Vertragsinhalt angesehen werden müsse (JBl. 1975, 203; JBl. 1981, 30). Das bedeute, daß nach den zum Zeitpunkt des Abschlusses des Anwartschaftsvertrages dem Wohnungseigentumsorganisator bekannten Verhältnissen hinsichtlich der angeführten Umstände zumindest eine nicht ungünstige Zukunftsprognose gegeben sein müsse. Nach den Feststellungen habe jedoch die beklagte Partei keine Kenntnis vom Inhalt des Ausschlußverfahrens gemäß § 22 Abs. 1 Z 3 WEG gehabt. Aus diesem Verfahren ergebe sich jedoch zweifelsfrei - ohne daß es hier noch weiterer, von den Streitteilen beantragter Beweisaufnahmen bedurft hätte -, daß sich die Klägerin als Wohnungseigentumsbewerberin aller Voraussicht nach nicht diesen Anforderungen gemäß verhalten werde. Es ergebe sich daraus diesbezüglich eine ungünstige Zukunftsprognose. Diese Erkenntnis stelle für die beklagte Partei eine Änderung der Geschäftsgrundlage dar, die es ihr in ihrer Verantwortung auch gegenüber den übrigen Wohnungseigentumsbewerbern nicht zumutbar erscheinen lasse, der Klägerin Wohnungseigentum zu verschaffen und damit das Risiko eines allfälligen langwierigen Ausschlußverfahrens auf die übrigen Wohnungseigentümer zu überwälzen. Es dürfe nicht übersehen werden, daß sich das Fehlverhalten der Klägerin über einen längeren Zeitraum hingezogen habe. Das Kündigungsverfahren vor dem Bezirksgericht Gmunden im Jahr 1975 habe die Klägerin keineswegs zur Einsicht und Vernunft gebracht, sondern habe sie auch in der neuen Umgebung wiederum den Mitbewohnern durch rücksichtsloses, anstößiges und grob ungehöriges Verhalten das Zusammenleben verleidet, sodaß sie gemäß § 22 Abs. 1 Z 3 WEG aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden mußte. Wie schon das Oberlandesgericht Linz in seiner Berufungsentscheidung im Ausschlußverfahren dargelegt hat, sei die Klägerin ihrem Wesen nach offenbar unbelehrbar. Aus der Erklärung ihres Gatten vom 18.Juli 1987 lasse sich für ihren Standpunkt nichts Entscheidendes gewinnen, weil einerseits diese Erklärung verspätet, nämlich nach dem Vertragsrücktritt, erfolgt und überdies als dem Wesen einer Ehe als Wohngemeinschaft widersprechend keineswegs für die Zukunft rechtsverbindlich sei, andererseits aber die Kündigung vor dem Bezirksgericht Gmunden und der Ausschluß aus der Miteigentümergemeinschaft durch das Oberlandesgericht Linz wegen krassen Fehlverhaltens der Klägerin selbst ausgesprochen worden seien.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache mit dem Ausspruch, daß der von der Entscheidung betroffene Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt, unter Rechtskraftvorbehalt zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es führte aus:

Die von der Klägerin gerügten Verfahrensmängel resultierten daraus, daß das Erstgericht die mangelnde Kenntnis der beklagten Partei vom Vorleben der Klägerin als ausreichend erachtete, um vom streitgegenständlichen Vertrag zurückzutreten. Die zur Stützung dieser Rechtsansicht zitierte Rechtsprechung (SZ 53/8) habe jedoch Ausschließungsgründe zum Gegenstand gehabt, die ein Wohnungseigentumsbewerber in der bereits bestehenden Wohnungsgemeinschaft gegenüber seinen Mitbewerbern gesetzt habe. Hier würden der Klägerin Vorfälle angelastet, die Jahre zurücklägen und andere Personen betroffen hätten. Zu Recht weise daher die Klägerin darauf hin, daß es einen Unterschied mache, ob Ereignisse vor oder nach dem Vertragsabschluß zu beurteilen seien. Die vom Erstgericht angenommene Änderung der Geschäftsgrundlage durch das Bekanntwerden längst vergangener Fakten sei keineswegs selbstverständlich und würde in letzter Konsequenz zu dem unhaltbaren Ergebnis führen, daß die Klägerin auf Lebenszeit vom Erwerb einer Eigentumswohnung ausgeschlossen bliebe. Die Rechtfertigung des Vertragsrücktritts bedürfe daher zusätzlicher Beweisaufnahmen. Zu Unrecht habe sich das Erstgericht mit Feststellungen aus Vorprozessen begnügt.

Das bedinge eine Aufhebung des angefochtenen Urteils gemäß § 496 Abs. 1 Z 3 ZPO zum Zweck der Verfahrensergänzung, doch seien nicht alle gegen die Gültigkeit des streitgegenständlichen Kaufanwartschaftsvertrages gerichteten Prozeßbehauptungen der beklagten Partei rechtlich erheblich:

So sei auszuschließen, daß die Klägerin der beklagten Partei durch das Verschweigen wesentlicher Dinge einen Grund zum Vertragsrücktritt geliefert habe. Dieses Vorbringen ziele offensichtlich auf eine Irrtumsanfechtung des streitgegenständlichen Vertrages, weil die beklagte Partei im Glauben gelassen wurde, mit einer unbescholtenen Wohnungseigentumsbewerberin zu kontrahieren. Nicht jedes Schweigen über Umstände, die dem Vertragsabschluß entgegenstehen könnten, sei jedoch unter dem Gesichtspunkt der Irreführung beachtlich. Dazu bedürfte es einer besonderen Aufklärungspflicht (SZ 37/76, SZ 47/148, SZ 53/13, NZ 1987, 179 ua), die im gegenständlichen Fall nicht gefunden werden könne. Es bestehe nämlich keine allgemeine Rechtspflicht, den Geschäftspartner über alle Umstände aufzuklären, die auf seine Entschließung Einfluß haben könnten. Eine Offenlegungspflicht sei nur bezüglich solcher Umstände gegeben, die für die Entschließung des anderen Teiles von ausschlaggebender Bedeutung seien und deren Mitteilung der andere nach der Verkehrsauffassung erwarten dürfe (SZ 52/22, SZ 55/51, WBl. 1988, 341 ua). Bei Umständen, die die persönliche Sphäre eines Vertragspartners berühren, sei eine solche Erwartungshaltung nicht üblich, weil niemand ohne besonderen Grund seine eigene Verhandlungsposition schwächen werde. Anders läge der Fall bei einer ausdrücklichen Befragung, weil dadurch in der Regel eine Aufklärungspflicht des Befragten begründet werde (ZVR 1985/143), doch bestehe hiefür keinerlei Anhaltspunkt.

Keiner Erörterung bedürfe des weiteren die Behauptung der beklagten Partei, die Klägerin habe die Aussperrung ihres Ehemannes aus der streitgegenständlichen Wohnung verweigert. Dazu habe schon das Erstgericht zutreffend bemerkt, daß sich ein solches Verlangen nicht mit der gesetzlichen Pflicht der Ehegatten zum gemeinsamen Wohnen (§ 90 ABGB) vereinbaren ließe. Inwieweit die nunmehr vorliegende Zusage des Ehemannes, die Wohnung nicht zu betreten, Bedenken gegen die Gemeinschaftsfähigkeit der Klägerin auszuräumen vermöge, wäre nur im Zusammenhang mit einem echten Ausschlußgrund zu prüfen.

Ähnlich verhalte es sich mit dem vermeintlichen Annahme- und Leistungsverzug der Klägerin. Hier sei nach den Beweisergebnissen nichts übrig geblieben, was den Vertragsrücktritt der beklagten Partei rechtfertigen könnte. Die Verspätung der Klägerin bei der Wohnungsübergabe (die auch gar nicht zum Anlaß eines Vertragsrücktrittes genommen wurde) sei wohl zu unbedeutend; ihre Zahlungsverpflichtungen aus dem streitgegenständlichen Kaufanwartschaftsvertrag habe die Klägerin ohnehin pünktlich erfüllt. Schließlich meine die beklagte Partei zu Unrecht, der Weiterverkauf der streitgegenständlichen Eigentumswohnung an eine möglicherweise gutgläubige Bewerberin eröffne ihr die Einrede der Leistungsunmöglichkeit. Ob eine Leistung unmöglich geworden ist, hänge nicht zuletzt von der Leistungspflicht ab. Wer verpflichtet ist, dem Gläubiger eine bestimmte Sache zu beschaffen, könne sich auf die Unmöglichkeit erst dann berufen, wenn er dartue, daß ihm die Beschaffung der Sache oder die Erbringung der Leistung unmöglich sei. Der Hinweis, daß sich der Leistungsgegenstand in dritter Hand befinde, reiche hiefür nicht aus (SZ 24/96, EvBl. 1954/132). Wer gar die Unmöglichkeit der Leistung selbst verschuldet habe, könne sich so lange nicht darauf berufen, als die Möglichkeit der Wiederbeschaffung gegeben und zumutbar sei (SZ 26/288, JBl. 1958, 471 ua). Demnach hätte die beklagte Partei konkret behaupten und nachweisen müssen, daß eine ernstlich in Betracht zu ziehende Möglichkeit der Wiederbeschaffung (etwa durch Abfindung der neuen Wohnungseigentumsbewerberin) nicht bestehe (SZ 50/163). Solange dafür keine Anhaltspunkte vorlägen, sei die Einrede nicht zu beachten. Auch wenn sich jedoch die Unmöglichkeit der Leistung herausstellen sollte, wäre davon nur der Erfüllungsanspruch betroffen. Der in eventu geltend gemachte Schadenersatzanspruch der Klägerin bliebe bestehen.

Erörterungsbedürftig bleibe demnach die Behauptung der beklagten Partei, die übrigen Wohnungseigentumsbewerber des Projektes Gmunden-Fliegerschule II hätten sich bei sonstiger Androhung des Vertragsrücktrittes dagegen ausgesprochen, der Klägerin die streitgegenständliche Wohnung zu übergeben. Das bedeute nämlich nichts anderes, als daß die Mitglieder der Eigentumsgemeinschaft nicht bereit seien, der Klägerin Wohnungseigentum einzuräumen und die hiefür erforderliche Vereinbarung (§ 2 Abs. 2 WEG) zu unterzeichnen. Genau das aber wäre der Endzweck des streitgegenständlichen Vertrages. Lasse er sich nicht verwirklichen, dann wäre damit eine Voraussetzung des Vertragsabschlusses weggefallen, die von beiden Parteien gemeinsam und selbstverständlich vorausgesetzt worden sei. In diesem Falle wäre also tatsächlich der Vertragsrücktritt der beklagten Partei durch den Wegfall einer typischen Geschäftsgrundlage gerechtfertigt (MGA ABGB32 E 8 und 9 zu § 901). Auch als Ergebnis der Lückenfüllung (vgl. SZ 54/71) wäre das Einverständnis der Streitteile anzunehmen, daß sie an einer sinnlos gewordenen Vereinbarung nicht festhalten. Ob tatsächlich keine Aussicht bestehe, die Wohnungseigentumsgemeinschaft, wie vorgesehen, mit der Klägerin zu begründen, sei vom Erstgericht nicht geprüft worden. Es sei ungeklärt geblieben, ob die Mitbewerber der Klägerin eine Wohnungseigentumsgemeinschaft mit ihr ablehnten und ob sie dafür auch ausreichende, die Verweigerung des Vertragsabschlusses rechtfertigende Gründe angeben könnten. Um die Sache spruchreif zu machen, würden zumindest die als Beweismittel angebotenen Parteien zu vernehmen sein, doch könnten weitere Beweisaufnahmen notwendig werden, weil die Parteien nicht gehindert seien, zu der als erheblich erkannten Tatfrage neues Vorbringen zu erstatten. Aus diesem Grund erscheine auch die Verfahrensergänzung durch das Erstgericht geboten (§ 496 Abs. 3 ZPO).

Gegen den unter Rechtskraftvorbehalt ergangenen Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richten sich die Rekurse beider Parteien (daß die beklagte Partei die angefochtene Entscheidung irrtümlich als Urteil und das von ihr erhobene Rechtsmittel irrtümlich als Revision bezeichnet, schadet ihr nicht), die der Meinung sind, daß die Rechtssache im Sinne ihres jeweiligen Prozeßstandpunktes spruchreif sei.

Beide Parteien beantragen, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rekurse sind zulässig, aber nicht berechtigt.

1.) Zum Rekurs der beklagten Partei:

Bei der Erledigung des Rekurses der beklagten Partei ist von den bereits in der Entscheidung SZ 53/8 dargelegten Grundsätzen auszugehen. Danach geht der Wohnungseigentumsorganisator bei Abschluß einer Vereinbarung, die auf Verschaffung von Wohnungseigentum gerichtet ist, von der selbstverständlichen Voraussetzung aus, daß der Wohnungseigentumsbewerber sich den Anforderungen gemäß verhalten werde, die das Zusammenleben mit anderen Wohnungseigentumsbewerbern in der mit ihnen zu begründenden Gemeinschaft erfordert und ihnen zumutbar erscheinen läßt. Von dieser selbstverständlichen Geschäftsgrundlage muß auch der Wohnungseigentumsbewerber ausgehen, denn der Endzweck seiner Vereinbarung mit dem Wohnungseigentumsorganisator ist schließlich die Begründung der Wohnungseigentumsgemeinschaft mit anderen Wohnungseigentümern. Berücksichtigt man die vertragliche Pflicht des Wohnungseigentumsorganisators, jeden einzelnen Wohnungseigentumsbewerber von der künftigen Gemeinschaft mit solchen Personen zu bewahren, mit denen das Zusammenleben in einer Wohnungseigentumsgemeinschaft unzumutbar ist, dann muß auch das schutzwürdige Interesse des Wohnungseigentumsorganisators anerkannt werden, bei Vorliegen jener tatsächlichen Voraussetzungen in der Person eines Wohnungseigentumsbewerbers, die nach Begründung der Wohnungseigentumsgemeinschaft ein Ausschließungsrecht gemäß § 22 Abs. 1 Z 3 WEG abgäben, den Wegfall dieser typischen Geschäftsgrundlage als Vertragsauflösungsgrund geltend zu machen und dadurch den Anspruch des betroffenen Wohnungseigentumsbewerbers nach § 23 Abs. 2 WEG wieder zu vernichten. Wie schon das Berufungsgericht hervorgehoben hat, lag der Entscheidung SZ 53/8 ein Fall zugrunde, in dem der Wohnungseigentumsbewerber das im § 22 Abs. 1 Z 3 WEG näher umschriebene Verhalten bei Nutzung der ihm bereits übergebenen Wohnung gesetzt hatte, bezüglich deren das Wohnungseigentum erst begründet werden sollte, während hier der Klägerin, der die Wohnung, bezüglich deren das Wohnungseigentum begründet werden soll, noch gar nicht übergeben worden ist, ein Verhalten vorgeworfen wird, das sie in einer Mietwohnung und dann in einer anderen, nicht in der gegenständlichen Wohnungseigentumsanlage gelegenen Eigentumswohnung gesetzt hat. Aber auch im gegenständlichen Fall kommt es für die Beurteilung der Frage, ob die beklagte Partei wegen Mangels der in der Entscheidung SZ 53/8 umschriebenen Geschäftsgrundlage vom Kaufanwartschaftsvertrag wirksam zurücktreten konnte, darauf an, ob die beklagte Partei aufgrund der Umstände des Falles zu der Annahme berechtigt war, die Klägerin werde sich nicht gemäß den in der genannten Entscheidung erwähnten Anforderungen verhalten. Die beklagte Partei ist im Rekurs der Auffassung, die Berechtigung dieser Annahme ergebe sich bereits aus den aufgrund von Vorakten getroffenen erstgerichtlichen Feststellungen, die durch die vom Berufungsgericht vermißte Parteienvernehmung der Klägerin nicht entkräftet werden könnten. Dem ist zu erwidern, daß der Oberste Gerichtshof als reine Rechtsinstanz der - wie hier auf einer zutreffenden rechtlichen Beurteilung beruhenden - Ansicht des Berufungsgerichtes, der Sachverhalt sei noch nicht ausreichend geklärt, nicht entgegentreten kann. Lediglich der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß die von der beklagten Partei im Zusammenhang mit der vom Berufungsgericht dem Erstgericht aufgetragenen Parteienvernehmung der Klägerin zitierte Entscheidung SZ 56/118 auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar ist.

Die in eventu erhobene Verfahrensrüge der beklagten Partei, das Berufungsgericht hätte die Parteienvernehmung der Klägerin gemäß § 496 Abs. 3 ZPO selbst durchführen müssen, ist mit Rücksicht auf die dem Erstgericht aufgetragenen weiteren Beweisaufnahmen gleichfalls nicht berechtigt.

2.) Zum Rekurs der Klägerin:

Bei der Erledigung des Rekurses der Klägerin ist davon auszugehen, daß die das Rücktrittsrecht des Wohnungseigentumsorganisators betreffenden Ausführungen der Entscheidung SZ 53/8 sinngemäß auch für die Wohnungseigentumsbewerber gelten, die sich im Kaufanwartschaftsvertrag verpflichtet haben, der Begründung von Wohnungseigentum an den übrigen Objekten der Wohnungseigentumsanlage zuzustimmen. Besteht ausreichender Grund zur Annahme, daß sich ein bestimmter Wohnungseigentumsbewerber nicht den in SZ 53/8 umschriebenen Anforderungen gemäß verhalten werde, können andere Wohnungseigentumsbewerber derselben Wohnungseigentumsanlage wegen Mangels der Geschäftsgrundlage bereits ihre Zustimmung zur Begründung von Wohnungseigentum zugunsten dieses Wohnungseigentumsbewerbers verweigern; sie müssen sich nicht auf die Möglichkeit verweisen lassen, nach Begründung des Wohnungseigentums eine Ausschlußklage gemäß § 22 Abs. 1 Z 3 WEG zu erheben. Verweigern andere Wohnungseigentumsbewerber mit Recht ihre Zustimmung zur Begründung von Wohnungseigentum für einen bestimmten Wohnungseigentumsmitbewerber, so kann dies zur Auflösung des Kaufanwartschaftsvertrages zwischen diesem Wohnungseigentumsbewerber und dem Wohnungseigentumsorganisator wegen Mangels der Geschäftsgrundlage führen.

Die im Rekurs der Klägerin vertretene Auffassung, das Berufungsgericht habe die von der beklagten Partei für den Vertragsrücktritt angeführten Gründe nicht für ausreichend befunden, trifft nicht zu. Es kann daher auch nicht der von der Klägerin daraus gezogenen Schlußfolgerung beigetreten werden, daß sich schon deshalb eine weitere Beweisaufnahme zur Frage, ob solche Gründe für andere Wohnungseigentumsbewerber gegeben seien, erübrige. Der auf einer zutreffenden rechtlichen Beurteilung beruhenden Ansicht des Berufungsgerichtes aber, zur ausreichenden Klärung des Sachverhaltes (ob nämlich Mitbewerber der Klägerin eine Wohnungseigentumsgemeinschaft mit ihr ablehnen und auch ausreichende Gründe dafür haben) seien noch weitere Beweisaufnahmen notwendig (insbesondere Parteienvernehmung und zeugenschaftliche Einvernahme der von der beklagten Partei namhaft gemachten Mitbewerber der Klägerin), kann der Oberste Gerichtshof, wie bereits erwähnt, nicht entgegentreten.

Es war daher beiden Rekursen ein Erfolg zu versagen. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E18083

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00050.89.0620.000

Dokumentnummer

JJT_19890620_OGH0002_0050OB00050_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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