Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Juni 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr.Lachner, Dr.Massauer und Dr.Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vondrak als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erich W*** wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Bad Aussee vom 27. April 1988, GZ U 19/88-5, nach Anhörung des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, in öffentlicher Verhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluß des Bezirksgerichtes Bad Aussee vom 27. April 1988, GZ U 19/88-5, verletzt, soweit damit die mit dem Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 17. Feber 1987, GZ 13 E Vr 948/86-14, bestimmte Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, das Gesetz in der Bestimmung des § 494 a Abs. 7 zweiter Satz StPO. Dieser Teil des Beschlusses, der im übrigen - Absehen vom Widerruf - unberührt bleibt, wird aufgehoben.
Dem Einzelrichter des Kreisgerichtes Leoben wird aufgetragen, hinsichtlich einer Verlängerung der Probezeit im Verfahren 13 E Vr 948/86 dem Gesetz gemäß vorzugehen.
Text
Gründe:
Mit dem durch einen Protokolls- und Urteilsvermerk gemäß § 458 Abs. 2 StPO aF beurkundeten Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 17. Feber 1987, GZ 13 E Vr 948/86-14, wurde der am 20. März 1950 geborene Erich W*** der Vergehen der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall StGB sowie der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Bad Aussee vom 27. April 1988, GZ U 19/88-4, wurde Erich W*** des (am 8. März 1988 begangenen) Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Geldstrafe (von 30 Tagessätzen zu je 40 S, im Uneinbringlichkeitsfall fünfzehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt. Zugleich faßte das Bezirksgericht den Beschluß, vom Widerruf der bedingten Nachsicht der mit dem oben bezeichneten Urteil des Kreisgerichtes Leoben verhängten Freiheitsstrafe abzusehen, jedoch die damals festgesetzte Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern. Beide Entscheidungen des Bezirksgerichtes sind zufolge des von Erich W*** sogleich nach der Verkündung erklärten Rechtsmittelverzichts (S 25) - wobei dem Protokoll über die Hauptverhandlung allerdings nicht zu entnehmen ist, ob dem Verurteilten zuvor eine Rechtsmittelbelehrung (§§ 3, 268 Abs. 1 iVm §§ 447 Abs. 1, 494 a Abs. 4 StPO) erteilt worden war - in Rechtskraft erwachsen. Demgemäß war die in der schriftlichen Ausfertigung des Beschlusses (ON 5) enthaltene Rechtsmittelbelehrung des Inhalts, daß eine Beschwerde dagegen binnen vierzehn Tagen ab Zustellung zulässig sei, abgesehen davon, daß die Rechtsmittelfrist für den in Rede stehenden Beschluß zum Zeitpunkt der Verkündung zu laufen begonnen hätte (vgl. EvBl. 1989/46 ua), unzutreffend.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschluß des Bezirksgerichtes steht jedenfalls insoweit mit dem Gesetz nicht im Einklang, als er über den im Sinn des § 494 a Abs. 1 Z 2 StPO erfolgten Ausspruch über das Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsecht hinaus auch noch eine Entscheidung über die Verlängerung der Probezeit enthält. Denn § 494 a Abs. 7 zweiter Satz StPO verweist in den Fällen des Absehens vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung (§ 494 a Abs. 1 Z 2 StPO) die Entscheidung über die Verlängerung der Probezeit gleich jener über die Erteilung von Weisungen und die Bestellung eines Bewährungshelfers in die Kompetenz jener Gerichte, deren Vorentscheidungen von der Entscheidung über das Absehen vom Widerruf betroffen sind (vgl. abermals EvBl. 1989/46 ua). Über eine allfällige Verlängerung der Probezeit hätte daher nur das Kreisgericht Leoben erkennen dürfen.
In Stattgebung der von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher die aufgezeigte Gesetzesverletzung festzustellen. Entgegen der Meinung der Generalprokuratur hatte sich jedoch das vorliegende Erkenntnis nicht auf diese Feststellung zu beschränken, weil in Ansehung der Verurteilung zum AZ 13 E Vr 948/86 des Kreisgerichtes Leoben durch den im Gesetz (§ 53 Abs. 2 StGB) für den Fall eines Absehens vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nicht zwingend vorgeschriebenen Verlängerungsbeschluß eines unzuständigen Gerichtes ein Nachteil für den Verurteilten nicht auszuschließen ist. Demzufolge war der Beschwerde gemäß § 292 letzter Satz StPO konkrete Wirkung zuzuerkennen und spruchgemäß vorzugehen (13 Os 145/88, 14 Os 45/89; EvBl. 1989/46 ua).
Anmerkung
E17851European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0140OS00067.89.0621.000Dokumentnummer
JJT_19890621_OGH0002_0140OS00067_8900000_000