TE OGH 1989/6/27 5Ob51/89

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Veröffentlicht am 27.06.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin V*** G*** W***- UND

S*** mbH, St. Martinstraße 7, 6850 Dornbirn,

infolge Revisionsrekurses des Bundes-, Wohn- und Siedlungsfonds, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 28. April 1989, GZ 1 a R 171/89, womit der Rekurs des Bundes-, Wohn- und Siedlungsfonds gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 5. Juli 1988, GZ TZ 3939/1988, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Dem Rekursgericht wird die neue Entscheidung über den Rekurs des Bundes-, Wohn- und Siedlungsfonds unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 5. Juli 1988, TZ 3939/88, wurde auf Antrag der Vorarlberger Gemeinnützigen Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft mbH (in der Folge: V***) ob der in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft EZ 1565 Grundbuch 91119 Rieden u.a. das Wohnungseigentumsrecht hinsichtlich der Liegenschaftsanteile B-LNR 2 bis 27 und 31 bis 49 für die V*** einverleibt, obwohl den von der Antragstellerin im Grundbuchsgesuch vorgelegten Urkunden nicht zu entnehmen war, daß der Bundes-, Wohn- und Siedlungsfonds, zu dessen Gunsten ob der Liegenschaft ein Veräußerungs- und Belastungsverbot sowie ein Vorkaufsrecht einverleibt ist, der Begründung von Wohnungseigentum zugestimmt hat. Von diesem Beschluß wurde u.a. das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, Bundes-, Wohn- und Siedlungsfonds, Stubenring 1, 1011 Wien, zu den (andere unter einem bewilligte Eintragungen betreffenden) Zahlen V 66/22-XI-9 b/1988 und V 66/20-XI-9 b/88, verständigt. Die Zustellung an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten erfolgte am 22. Juli 1988. Am 10. April 1989 wurde dieser Beschluß der Finanzprokuratur zugestellt. Der von der Finanzprokuratur am 14. April 1989 in Vertretung des genannten Fonds gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs wurde vom Gericht zweiter Instanz als verspätet zurückgewiesen. Der angefochtene Beschluß sei dem Bundes-, Wohn- und Siedlungsfonds am 22. Juli 1988 zugestellt worden. Dadurch sei die Frist zur Erhebung eines Rekurses für diesen Fonds in Lauf gesetzt worden. Die Finanzprokuratur sei zwar gemäß Artikel 1 Abs 4 BWSF-Statut in Verbindung mit § 2 Abs 1 Z 2 ProkuraturG dazu berufen, auch den Bundes-, Wohn- und Siedlungsfonds zu vertreten. Das Recht der Finanzprokuratur, im öffentlichen Interesse Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen zu ergreifen, sei aber auf die den Parteien offenstehenden Rechtsmittelfristen beschränkt. Nach Ablauf dieser Frist könne sie nicht mehr zum Schutz öffentlicher Interessen einschreiten. Die Rechtzeitigkeit des Rekurses sei daher nach der Zustellung des angefochtenen Beschlusses an den genannten Fonds und nicht nach jener an die Finanzprokuratur zu beurteilen. Der am 14. April 1989 beim Erstgericht eingelangte Rekurs sei daher verspätet.

Gegen diesen Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der von der Finanzprokuratur namens des Bundes-, Wohn- und Siedlungsfonds erhobene Rekurs mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die Sachentscheidung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Mit Recht weist die Rekurswerberin darauf hin, daß die Finanzprokuratur im vorliegenden Fall nicht zum Schutz öffentlicher Interessen im Sinne des § 1 Abs 3 ProkuraturG einschreitet, sondern gemäß § 2 Abs 1 Z 2 ProkuraturG als Vertreterin des genannten Fonds, und daß zur Vertretung dieses Fonds ausschließlich und kraft Gesetzes die Finanzprokuratur berufen ist (vgl. Fasching II 6, Anm. 1 zu Art. IV EGZPO; derselbe, Lehrbuch, Rz 454). Daraus folgt, daß die Zustellung von gerichtlichen Geschäftsstücken an Fonds, die von staatlichen Organen verwaltet werden, an die Finanzprokuratur zu erfolgen hat (vgl. Wolff, Grundriß des österreichischen Zivilprozeßrechts2, 170; hinsichtlich Klagen: SZ 25/262). Der Rekurswerberin ist daher beizupflichten, daß der Lauf der Rechtsmittelfrist zur Bekämpfung des erstgerichtlichen Grundbuchsbeschlusses nicht durch dessen Zustellung an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten ausgelöst wurde, sondern erst durch die Zustellung der Beschlußausfertigung an die Finanzprokuratur am 10. April 1989. Der am 14.April 1989 beim Erstgericht eingelangte Rekurs des Bundes-, Wohn- und Siedlungsfonds wurde somit rechtzeitig erhoben.

Damit erweist sich der Rekurs als berechtigt, weshalb der Zurückweisungsbeschluß aufgehoben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen werden mußte.

Anmerkung

E18079

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00051.89.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19890627_OGH0002_0050OB00051_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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