TE OGH 1989/6/27 5Ob53/89 (5Ob54/89)

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Veröffentlicht am 27.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Charlotte R***, Hausfrau, 8051 Graz, Schippingerstraße 63, vertreten durch Dr. Andreas Konrad, Rechtsanwalt in Graz, wider die Antragsgegnerin Dr. Renate F***, Kauffrau, 8010 Graz, Quellengasse 53, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen § 5 Abs 2 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 30.März 1989, GZ 3 R 31, 32/89-19, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 21. November 1988, GZ 8 Msch 28, 29/87-13, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist Mieterin einer im ausgebauten Dachgeschoß des der Antragsgegnerin gehörenden Hauses Graz, Schippingerstraße 63, gelegenen Wohnung der Ausstattungskategorie D. Dieser Ausstattungskategorie gehörte auch ein der Wohnung der Antragstellerin benachbart gelegenes Zimmer (15 bis 20 m2) an, das durch Aufgabe der Bestandrechte des früheren Mieters frei geworden war.

Nach vorausgegangenem Verfahren bei der Schlichtungsstelle der Stadt Graz wies das Erstgericht mit dem im zweiten Rechtsgang ergangenen Sachbeschluß das Begehren, die Antragsgegnerin sei schuldig, der Antragstellerin das ihrer Wohnung benachbarte Zimmer zur Zumietung anzubieten, ab. Es stellte folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Das durch Aufgabe der Bestandrechte des Vormieters frei gewordene Zimmer wurde der antragstellenden Hauptmieterin der Nachbarwohnung nicht zur Miete angeboten. Statt dessen schloß die Antragsgegnerin mit dem im Unternehmen ihres Ehegatten beschäftigten Ing. Gerhard K*** einen mit 30.September 1986 datierten, als Mietvertrag bezeichneten Vertrag. Bei Abschluß dieses Vertrages wurde vereinbart, daß auf Kosten der Antragsgegnerin in dieses Zimmer WC, Dusche und Waschbecken eingebaut werden sollten. Rechtlich führte das Erstgericht aus, die eine Ausnahme von der Anbotspflicht des Vermieters nach § 5 Abs 2 MRG begründende Standardanhebung durch den Vermieter müsse zwar grundsätzlich vor der Vermietung an einen Dritten geschehen, doch sei - ebenso wie bei Auslegung des § 16 Abs 3 MRG - der im Mietvertrag vereinbarte und ausgeführte Ausstattungszustand im Zeitpunkt des Beginnes des Mietverhältnisses bei der Übergabe der Wohnung maßgebend, wobei als Zustand im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses auch jener Zustand anzusehen sei, den der Vermieter nach dem Inhalt des Mietvertrages erst herzustellen habe. Rechtlich sei daher von einer Standardanhebung auf eine Wohnung der Kategorie C im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses auszugehen.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Sachbeschluß und erklärte den weiteren Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil eine Rechtsprechung des Höchstgerichtes zu den hier maßgeblichen Problemen des § 5 Abs 2 MRG nicht vorliege. Das Rekursgericht führte auf Grund des vom Erstgericht festgestellten Sachverhaltes sowie der im Rekursverfahren außer Streit gestellten Tatsachen, daß die Bauarbeiten an dem gegenständlichen Zimmer nach Abschluß des Mietvertrages mit Ing. Gerhard K*** - der diesen Raum nie bezog - begonnen und vor Einzug des derzeitigen Benützers beendet worden waren, folgendes aus:

§ 5 Abs 2 MRG sei dahin zu verstehen, daß die Anbotspflicht grundsätzlich mit dem Freiwerden einer die gesetzliche Voraussetzung erfüllenden Wohnung entstehe. Die Anbotspflicht entfalle unter anderem dann, wenn der Vermieter den Standard ohne Einbeziehung anderer Mietgegenstände auf mindestens Kategorie C anhebe oder wenn die Wohnung auf andere Weise als durch Vermietung verwertet werde. Solange eine Verwertung der frei gewordenen Wohnung nicht erfolge, stehe es im Belieben des Vermieters, ob und wann er eine solche Verbesserung vornehme. Die Verbesserung müsse grundsätzlich vor der Vermietung an einen Dritten geschehen, um im Sinne des § 5 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 MRG einen Entfall der Anbotspflicht bewirken zu können. Die Vermietung der nicht verbesserten Wohnung an einen Dritten sei hingegen nur unter den in § 5 Abs 3 Halbsatz 1 angeführten Voraussetzungen zulässig. Der Vermietung einer bereits gemäß § 5 Abs 2 Satz 1 MRG verbesserten Wohnung an einen Dritten sei es aber gleichzuhalten, wenn der Vermieter sich zu dieser Verbesserung auf seine Kosten verpflichte. Es dürfe keinen Unterschied machen, ob die zur Standardanhebung vorgenommenen bautechnischen Maßnahmen im Zeitpunkt der Vermietung bereits abgeschlossen worden seien, weil entscheidendes Kriterium die Standardanhebung, nicht aber der Zeitpunkt der Vermietung sei. Entsprechend der Auslegung des § 16 Abs 3 MRG durch Lehre und Rechtsprechung (Würth-Zingher, MRG2 79; MietSlg 36.334, 37.337) komme es daher auch bei Auslegung der Bestimmung des § 5 Abs 2 MRG auf den nach dem Inhalt des Vertrages mit dem anmietenden Dritten vom Vermieter herzustellenden und dann tatsächlich geschaffenen Zustand der Wohnung an.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen in einem ihrem Antrag stattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise stellte sie einen Aufhebungsantrag. Die Antragsgegnerin begehrt, den Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 1 Z 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

a) Zur Zulässigkeit:

Gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG gelten für Rekurse die Bestimmungen des dritten Abschnittes des vierten Teiles der Zivilprozeßordnung mit Ausnahme der Bestimmungen über die Unterfertigung eines schriftlichen Rekurses durch einen Rechtsanwalt nur vorbehaltlich der Sonderbestimmungen der Z 17 und 18 des § 37 Abs 3 MRG. § 37 Abs 3 Z 18 Satz 2 MRG bestimmt aber, daß gegen den einen erstgerichtlichen Sachbeschluß bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist, wenn ihn das Rekursgericht wegen Vorliegens der in dieser Gesetzesstelle hiefür normierten Voraussetzungen für zulässig erklärt. Dieser Zulässigkeitsausspruch ist einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (MietSlg 36.515).

b) Zur Sachentscheidung:

Durch die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes wollte der Gesetzgeber auch auf mietrechtlichem Gebiet Bestimmungen schaffen, die die Verbesserung des vorhandenen Altwohnungsbestandes begünstigen (880 BlgNR 15. GP, 1 und 3). Dieser Absicht entspricht es, daß einerseits den Vermieter begünstigende Bestimmungen bei Standardanhebung geschaffen wurden (siehe § 16 Abs 1 MRG), andererseits aber im Interesse dieses Gesetzeszweckes auch Einschränkungen der Vertragsfreiheit des Vermieters angeordnet wurden, so diejenige des § 5 Abs 2 MRG, wonach der Vermieter eine freiwerdende Wohnung der Ausstattungskategorie D dem Mieter der Nachbarwohnung dann zur Zumietung und Umgestaltung in eine Wohnung der Ausstattungskategorie C anzubieten hat, wenn diese Umgestaltung baurechtlich zulässig, technisch möglich und zweckmäßig ist. Gleichzeitig verfügt der Gesetzgeber, daß dieses Anbot dann unterbleiben darf, wenn der Vermieter die freigewordene Wohnung der Ausstattungskategorie D durch sonstige bautechnische Maßnahmen in eine Wohnung der Ausstattungskategorie C verbessert. Gerade die beiden letztgenannten Bestimmungen des § 5 Abs 2 MRG zeigen deutlich, daß der Sinn dieser Vorschrift in der Standardverbesserung und nicht - wie die Antragstellerin meint - darin liegt, daß dem Mieter der Nachbarwohnung vor allem das Recht auf Zumietung zustünde. Dieses Recht steht im Dienst der primär angestrebten Standardverbesserung und wurde vom Gesetzgeber daher auch nur für den Fall eingeräumt, daß die Standardverbesserung auf andere Weise nicht durchgeführt werden kann.

Aus diesem Zweck der Bestimmung des § 5 Abs 2 MRG folgt aber, daß die von der Rechtsprechung vorgenommene Auslegung des § 16 Abs 3 MRG betreffend den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Ausstattungskategorie einer Wohnung - dort maßgebend unter anderem auch für die eine Standardanhebung begünstigenden Normen des § 16 Abs 1 MRG - auch für die Auslegung des im § 5 Abs 2 MRG verwendeten Begriffes "vor der Vermietung" herangezogen wird. Diesbezüglich wurde in der unter MietSlg 38.354 veröffentlichten oberstgerichtlichen Entscheidung (folgend den Entscheidungen MietSlg 36.334, 37.737 sowie der in Würth-Zingher2, 79 Anm. 36 zu § 16 MRG vertretenen Lehre) ausgeführt, daß für die Einordnung einer Wohnung in eine der Ausstattungskategorien des § 16 Abs 2 MRG zwar nach dem Wortlaut des Gesetzes der Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages maßgebend sei, daß jedoch die Verknüpfung der Zustandsbeurteilung mit dem Vertragsabschluß bloß dem Regelfall entspreche. Entscheidend müsse der nach dem Inhalt des Vertrages vom Vermieter herzustellende und tatsächlich geschaffene Zustand der Wohnung sein.

Der Oberste Gerichtshof billigt daher die von den Vorinstanzen vorgenommene Gesetzesauslegung. Dem Revisionsrekurs war demgemäß der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E18078

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00053.89.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19890627_OGH0002_0050OB00053_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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