TE OGH 1989/6/27 15Os66/89

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Veröffentlicht am 27.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Juni 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner und Hon.Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Maurer als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter O*** wegen des Vergehens nach § 38 Abs 2 MedG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Feldkirch vom 5.April 1989, GZ 16 Vr 857/87-56, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten dieses Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck übermittelt (§§ 285 i, 344 StPO).

Text

Gründe:

Mit dem (zu A. und C. auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden) angefochtenen Urteil wurde

A. Walter O*** von der Anklage, er habe sich im Mai 1987 in Sibratsgfäll und anderen Orten Vorarlbergs

(a) durch das Veröffentlichen eines Artikels unter der Überschrift "Theresienstadt ..." im Hinblick auf mehrere im Tenor wörtlich wiedergegebene Passagen und

(b) durch das Abdrucken eines Aufrufs mit gleichfalls wörtlich wiedergegebenem Text,

beides in der von ihm herausgegebenen, verlegten und redigierten Zeitschrift "Sieg-AJ-Presse-Dienst Nr. 5 Mai 1987 16. Jahrgang", auf andere als in §§ 3 a bis 3 f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt und er habe hiedurch das Verbrechen nach § 3 g Abs 1 VG begangen, gemäß § 336 StPO freigesprochen (Pkt. II.);

B. in Ansehung des unter A. angeführten Druckwerks (gemäß § 33 Abs 1 MedG) auf Einziehung erkannt, weil dessen (insoweit im Spruch ersichtlich versehentlich der nächsten Nummer dieser Zeitschrift zugeordneter) Inhalt infolge der (lt. A.a) inkriminierten, abermals wörtlich wiedergegebenen Passagen des Artikels "Theresienstadt ..."

den objektiven Tatbestand nach "§ 3 lit d" (gemeint: § 3 g) Abs 1 VG begründe und die Verfolgung (gemeint: Verurteilung) einer bestimmten Person wegen der Verneinung der (darauf bezogenen) Hauptfrage I durch die Geschwornen nicht durchführbar sei (Pkt. I.2.); sowie

C. Walter O*** des Vergehens nach § 38

("Abs 1" - richtig:) Abs 2 MedG schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er im Juli 1987 in Sibratsgfäll und anderen Orten Österreichs entgegen § 38 Abs 1 MedG (sinngemäß wiedergegeben:) den der aufrechten Beschlagnahme des unter A. angeführten Druckwerkes zugrunde gelegenen Inhalt der (lt. A.a) den Verdacht einer strafbaren Handlung begründenden Passagen des Artikels "Theresienstadt" in der Zeitschrift "Sieg-AJ-Presse-Dienst Nr. 6/7 16. Jahrgang" neuerlich veröffentlich hat (Pkt. I.1.).

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 345 Abs 1 Z 4, 11 lit a und 13 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen den Schuldspruch (lt. C.) und gegen die Einziehung (lt. B.) kommt keine Berechtigung zu.

Die den Schuldspruch (Pkt. I.1.) betreffende Rechtsrüge (Z 11 lit a) läßt mit dem Einwand, daß die Bezeichnung der neuerlich veröffentlichen "Stelle" (gemeint: Stellen) im Wahrspruch (zur Hauptfrage III) bloß mit dem Klammerausdruck "(Passagen im Artikel 'Theresienstadt')" zu einer Verurteilung nach § 38 Abs 2 MedG deswegen nicht ausreiche, weil diesfalls "jede Vergleichsmöglichkeit" (gemeint: zu dem der Beschlagnahme zugrunde gelegenen Inhalt des seinerzeitigen Artikels) fehle, eine gesetzmäßige Ausführung vermissen. Wird doch solcherart durch die Nichterwähnung des Bezugspunktes, zu dessen (eben deshalb in Klammern beigefügter) Konkretisierung die als unzulänglich gerügte Wendung dient, und zwar der nach dem aufrechten Beschlagnahme-Beschluß (ON 3) den Verdacht einer strafbaren Handlung begründenden Stellen (im Verdikt und im Urteil, der Anklageschrift folgend, sprachlich verballhornt: "... begründete Stelle"), die Anführung eben jenes (vom Beschwerdeführer demgemäß zu Unrecht als fehlend urgierten) Vergleichsobjektes im Wahrspruch einfach übergangen; der geltend gemachte materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund kann aber nur durch eine Gegenüberstellung des gesamten von den Geschwornen in ihrem Verdikt festgestellten Sachverhalts mit dem (hier: im Weg des bekämpften Schuldspruchs) darauf angewendeten Gesetz prozeßordnungsgemäß dargetan werden. Bei einer solchen Gegenüberstellung aber erweist sich, wie der Vollständigkeit halber vermerkt sei, das dem Wahrspruch zu entnehmende Tatsachen-Substrat als zur Prüfung der Frage, ob die dem Angeklagten angelastete Tat als eine "neuerliche" Veröffentlichung im Sinn des § 38 MedG zu beurteilen ist, durchaus hinreichend, weil daraus trotz der sprachlich mangelhaften (und terminologisch den hier allein aktuellen zweiten mit dem ersten Deliktsfall des § 38 Abs 2 MedG vermengenden) Formulierung des Schuldspruchs insoweit doch unmißverständlich - und der Aktenlage (S 45, 57/59; S 30 in ON 5) ensprechend - erhellt, daß sämtliche der Beschlagnahme zugrunde gelegten Passagen des seinerzeitigen Artikels "Theresienstadt ..." auch Gegenstand der verpönten neuerlichen Veröffentlichung waren, sodaß es einer (vom Angeklagten monierten, jedoch nur in Fällen einer bloß teilweisen Wiederveröffentlichung der auf Grund einer Beschlagnahme dem Verbreitungs- und Veröffentlichungsverbot unterliegenden Textgesamtheit indizierten) vergleichenden Gegenüberstellung des Gedankeninhalts der jeweils publizierten Passagen im vorliegenden Fall nicht bedarf. Dementsprechend ist die Verfahrensrüge (Z 4) des Beschwerdeführers, mit der er - die in Rede stehende wörtliche Übereinstimmung der zweimal veröffentlichten Textstellen teils übergehend und teils aktenwidwrig negierend - in der zuvor erörterten vereinfachten Beschreibung der den Gegenstand der neuerlichen Veröffentlichung bildenden Passagen im Urteilstenor wegen der behaupteten Unmöglichkeit, sie mit dem der Beschlagnahme zugrunde gelegenen Text zu vergleichen, eine dem Tatbezeichnungsgebot im geschwornengerichtlichen Verfahren (§§ 260 Abs 1 Z 1, 344 StPO) nicht entsprechende (unzureichende) Konkretisierung erblickt, gleichermaßen nicht stichhältig, sodaß sich schon deshalb ein Eingehen auf sein (im übrigen kaum nachvollziehbares) verstärkend gemeintes Argument, das Geschwornengericht (gemeint wohl: der Schwurgerichtshof) hätte diesem Gebot ohne Überschreitung der Anklage auch gar nicht entsprechen können, erübrigt.

Abermals nicht gesetzmäßig ausgeführt ist ferner die - formell der Anfechtung des Einziehungserkenntnisses (Z 13) zugeordnete, inhaltlich aber ebenfalls den Schuldspruch betreffende - Rechtsrüge (sachlich wieder Z 11 lit a) dahin, daß die nochmalige Veröffentlichung der inkriminierten Passagen des Artikels "Theresienstadt ..." im Hinblick auf den damit angestrebten Zweck, "nur" über die Beschlagnahme und deren Gründe zu informieren, mangels eines "gedanklichen Zusammenhanges" der neuerlichen Publikation mit dem ursprünglichen Medieninhalt nicht nach § 38 Abs 1 MedG verboten gewesen sei; denn für die Annahme einer derart ausschließlichen Zielsetzung der inkriminierten Wiederveröffentlichung ist dem Wahrspruch der Geschwornen zu der dem Schuldspruch zugrunde liegenden Hauptfrage III kein Anhaltspunkt zu entnehmen.

Auch dazu ist demnach bloß zur Vermeidung von Mißverständnissen klarzustellen, daß vom Fehlen eines für das relevierte Veröffentlichungsverbot maßgebenden Zusammenhangs zwischen dem Gedankeninhalt einer den Verdacht nationalsozialistischer Betätigung im Sinn des § 3 g VG begründenden Textstelle und deren neuerlicher Publizierung selbst dann keine Rede sein könnte, wenn letztere in der Tat allein dem reklamierten Informationszweck dienen würde: wäre doch auch mit einer solcherart motivierten neuerlichen Veröffentlichung nichtsdestoweniger gerade jener verpönte propagandistische Effekt verbunden, der mit dem durch die Beschlagnahme ausgelösten Verbreitungs- und Veröffentlichungsverbot (hier: im öffentlichen Interesse) unterbunden werden soll; der "freiwilligen Veröffentlichung" einer Mitteilung über die Einleitung eines strafgerichtlichen Verfahrens iS § 37 Abs 1 MedG, die gerade umgekehrt den Interessen des durch die Publikation potentiell Geschädigten dienen soll, kann daher eine derartige Wiederveröffentlichung keinesfalls gleichgehalten werden. Mit Bezug auf die Einziehung (Pkt. I.2.) schließlich bestreitet der Angeklagte das Vorliegen der - zufolge § 446 StPO auch für das objektivierte Verfahren nach § 33 Abs 1 zweiter Satz MedG, also für die Entscheidung über einen Einziehungsantrag im Fall des Freispruchs eines wegen eines Medieninhaltsdeliktes Angeklagten, geltenden - Voraussetzungen des § 33 Abs 2 MedG insofern, als er seiner Auffassung nach weder wegen der Undurchführbarkeit einer Verfolgung freigesprochen worden sei noch wegen des Vorhandenseins von "Gründen, die eine Bestrafung ausschließen".

Dementgegen ist ihm indessen zwar darin beizupflichten, daß im vorliegenden Fall von der Undurchführbarkeit der Verfolgung einer bestimmten Person deswegen, weil er wegen des Verbrechens nach § 3 g Abs 1 VG ja tatsächlich verfolgt worden ist, nicht gesprochen werden kann, doch erweist sich seine weitere Beschwerdeansicht, das Unterbleiben seiner Verurteilung würde nur dann auf Gründen beruht haben, die "eine Bestrafung ausschließen", wenn die Laienrichter eine Zusatzfrage im Sinn des § 313 StPO bejaht hätten, als verfehlt:

darauf, aus welchen Gründen ein verurteilendes Erkenntnis im Strafverfahren unterbleibt, kommt es nämlich nach § 33 Abs 2 MedG nur insoweit an, als die Nichtverwirklichung des objektiven Tatbestandes des betreffenden Medieninhaltsdelikts dafür nicht maßgebend sein darf (vgl. SSt. 41/61, EvBl 1971/132, 1987/130 ua). Auch in der Nichterfüllung des Tatbestandes in subjektiver Hinsicht liegt daher, der Beschwerdeauffassung zuwider, sehr wohl ein Grund, der im Sinn der in Rede stehenden Gesetzesstelle "eine Bestrafung ausschließt", ohne daß er Gegenstand einer Zusatzfrage sein könnte; dafür aber, daß mit dem bekämpften Einziehungserkenntnis der (ihm allein zugrunde liegende) verneinende Wahrspruch der Geschwornen zur Hauptfrage I etwa in Ansehung einer dafür maßgebend gewesenen Annahme, durch die inkriminierte Veröffentlichung des Artikels "Theresienstadt ..." sei der objektive Tatbestand des § 3 g Abs 1 VG nicht verwirklicht worden, "ignoriert" oder "revidiert" worden sein könnte, wie der Beschwerdeführer vermeint, ist keinerlei Anhaltspunkt zu erkennen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285 d Abs 1 Z 2 und Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Anmerkung

E18257

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0150OS00066.89.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19890627_OGH0002_0150OS00066_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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