TE OGH 1989/6/28 3Ob560/88

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Veröffentlicht am 28.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Carl-Paul W***, Werbeberater, Hochwaldstraße 41, D-8011 Baldham, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Walter Schuppich ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Prof. Dipl.-Ing. Carl A***, Architekt, Bernardgasse 23, 1070 Wien, vertreten durch Dr. Ferdinand Neundlinger, Rechtsanwalt in Wien, und den ihm beigetretenen Nebenintervenienten Dipl.Ing. Gerhard Z***, Architekt, Arthur Kutscherplatz 2, D-8000 München, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Renate Pfennigstorff, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 492.794,40 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 31. August 1988, GZ 13 R 40/88-23, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 24. November 1987, GZ 6 Cg 310/86-18, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen. Die Kosten der Rekursbeantwortung sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung:

Der Kläger hatte den beklagten Architekten mit der Planung und Bauleitung (Bauaufsicht) betraut, als er auf der Liegenschaft Hochwaldstraße 41 in Baldham in der Bundesrepublik Deutschland ein Wohnhaus errichten ließ. Miteigentümer der Liegenschaft sind der Kläger und seine Ehefrau. Das Haus wurde vom Kläger und seiner Familie 1966 bezogen. Der Nebenintervenient war vom Beklagten als örtlicher Bauleiter beigezogen.

Der Kläger nimmt mit seiner am 3. Dezember 1986 bei Gericht eingelangten Klage den Beklagten wegen schuldhafter Verletzung von vertraglichen Pflichten in Anspruch. Er verlangt den Ersatz des Aufwandes für die Behebung der dadurch vorhandenen Mängel mit S 492.794,40 sA.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Das Haus sei nach den Regeln der Kunst und der damals anerkannten Technik errichtet; Fehler seien ihm nicht unterlaufen. Alle denkbaren Ansprüche des Klägers seien längst verjährt, weil das Haus 1966 abgenommen und seither bewohnt worden sei. Der Beklagte habe jede Haftung abgelehnt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung der Ersatzforderung des Klägers ab. Es stellte im wesentlichen fest:

Im ersten oder zweiten Jahr nach dem Einzug in das Haus stellte der Kläger im Winter oder bei Regenwetter im Bereich des Dachbodens das Auftreten von Feuchtigkeit fest. Das Holz wurde durchfeuchtet, es tropfte auf den Boden. Der Beklagte riet zum Einbau einer Dachrinnenheizung. Danach besserte sich die Lage, doch trat immer wieder Feuchtigkeit auf, was der Kläger darauf zurückführte, daß von ihm die Dachrinnenheizung zu spät eingeschaltet oder die Dachrinne nicht geräumt wurde. Im Sommer 1981 trat nach ungewöhnlich starkem Regen ein Wassereinbruch in den Heizkörperschächten auf. Der Kläger verständigte den Nebenintervenienten, der nicht mehr beim Beklagten tätig war und von ihm keine Vollmacht hatte. Der Nebenintervenient riet zur Ursachenfeststellung und meinte, der Terrassenboden müsse aufgerissen werden. Auch der Beklagte erklärte, er lehne jede Verantwortung ab, solange die Schadensursache nicht ermittelt sei. Erst im Frühjahr 1984 erfolgte das Abtragen der Terrassenböden. Am 9. Mai 1984 nahm der Nebenintervenient an einer Befundaufnahme teil. Über eine Haftung des Beklagten wurde nicht gesprochen. Der Nebenintervenient erklärte, die Angelegenheit sei der Versicherung weiterzuleiten. Ein Protokoll über die Befundaufnahme ging dem Beklagten zu, der darauf antwortete, er habe die Sache seiner Versicherung übergeben.

Durch einen Hagelsturm traten am Dach des Hauses am 12. Juli 1984 Schäden ein. Der Beklagte erfuhr in der Folge, der Dachdecker habe sich geäußert, die Dachkonstruktion weise Baufehler auf. Der Nebenintervenient äußerte sich bei Besichtigung der Schäden am Dach am 19. Juli 1984, das Protokoll vom 9. Mai 1984 müsse in bestimmten Punkten noch geändert werden.

Der Beklagte hatte inzwischen erfahren, daß sein Haftpflichtversicherer Schäden im Ausland nicht abdecke, und erfolglos eine Kulanzlösung versucht. Schließlich fand am 21. September 1984 eine zur Tatsachenfeststellung gedachte Besichtigung der Schäden im Dachbereich statt. Das Protokoll unterschrieb der dabei anwesende Beklagte nicht. Er stellte später fest, daß ihm erheblich erscheinende Umstände nicht aufgenommen waren, und drang auf Vervollständigung. Im Schriftverkehr hat der Beklagte seine Haftung nie ausdrücklich anerkannt, aber auch nicht ausdrücklich abgelehnt.

Rechtlich meinte das Erstgericht, die Schadenersatzansprüche des Klägers aus dem mit dem Beklagten geschlossenen Vertrag seien nach § 36 IPR-Gesetz nach österreichischem Recht zu beurteilen und verjährt, weil die Feuchtigkeitsschäden im Dachraum schon vor vielen Jahren, der Wassereintritt im Keller schon 1981 erkennbar waren. Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB sei bei Erhebung der Klage am 3. Dezember 1986 schon verstrichen gewesen. Die Frist beginne zwar nicht, wenn die maßgeblichen Zusammenhänge zur Verschuldensbeurteilung erst durch ein Gutachten eines Sachverständigen in Erfahrung zu bringen seien, doch habe es der Kläger zu vertreten, wenn er mit der Betrauung eines Sachverständigen jahrelang zugewartet habe.

Das Berufungsgericht hat über die Berufung des Klägers dieses Urteil aufgehoben und die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen. Es müsse erst geklärt werden, nach welchem materiellen Recht die geltend gemachten Ersatzansprüche des Klägers aus dem mit dem Beklagten geschlossenen Vertrag und deren Verjährung zu beurteilen sei. Da der Vertrag vor dem Inkrafttreten des IPR-Gesetzes (1. Jänner 1979) zustande kam, sei mangels Rückwirkung nicht dessen § 36 maßgebend, sondern die Anknüpfung nach den §§ 36 und 37 ABGB idF vor dem 1. Jänner 1979. Danach bestimme sich das Schuldstatut, wenn die Vertragsteile nicht ausdrücklich oder schlüssig das Recht eines anderen Staates zugrunde legten, nach dem Ort des Vertragsabschlusses. Die Frage, wo der Architektenvertrag geschlossen wurde, sei bisher nicht erörtert worden. Nach deutschem Recht komme eine Verjährung nach § 638 BGB nach fünf Jahren seit der Abnahme des Bauwerks in Betracht, bei Vorliegen besonderer Umstände aber die allgemeine Verjährung nach § 195 BGB von dreißig Jahren. Eine abschließende Beurteilung sei nur nach Erörterung mit den Parteien und Feststellung der maßgeblichen Tatsachen möglich. Sollte hingegen die Verjährung des vertraglichen Schadenersatzanspruches nach dem inländischen Recht zu beurteilen sein, beginne die Verjährungsfrist von drei Jahren erst, wenn der Kläger den Schaden und die Person des Ersatzpflichtigen so weit kenne, daß die Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden konnte. Die bloße Möglichkeit der früheren Ermittlung der Ursachenzusammenhänge durch Betrauung eines Sachverständigen genüge nicht. Habe der Kläger erst im Juli 1984 von den Fehlern bei der Herstellung der Dachrinne und der Dachkonstruktion erfahren und bis dahin als Laie keinen verläßlichen Hinweis auf eine schuldhafte Vertragsverletzung durch den Beklagten gehabt, wäre der Anspruch auf Ersatz solcher Schäden nicht verjährt. Die Ansprüche aus der fehlerhaften Kontruktion des Unterbetons für den Terrassenbelag wären dagegen nach österreichischem Recht verjährt, weil dem Kläger schon im Juli 1981 durch die Ausführungen des Bausachverständigen Dipl. Ing. Kurt B*** das falsche Gefälle des Terrassenunterbetons und damit auch die Verantwortlichkeit des Beklagten für Fehler in der von ihm übernommenen Bauaufsicht bekannt wurden. Die Feststellungen rechtfertigten die Annahme von zur Ablaufshemmung führenden Vergleichsverhandlungen nicht, weil der Schriftverkehr wie auch die gemeinsame Besichtigung nur der Prüfung der zur Anspruchsbegründung aufgestellten Tatsachenbehauptungen dienten. Der Beklagte habe schon am 7. Mai 1985 jedes Verschulden bestritten und alle Ersatzansprüche zurückgewiesen. Die Ansprüche des Klägers wegen Unterlassung der Beanstandung der fehlerhaften Unterbetonherstellung auf Ersatz der Kosten der Erneuerung der Terrasse seien daher nach inländischem Recht schon verjährt gewesen, als die Rechtsvertreter der Parteien 1986 vereinbarten, für einen erst folgenden Zeitraum auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.

Gegen den Aufhebungsbeschluß wendet sich der Beklagte mit seinem nach § 527 Abs 2 ZPO zulässigen Rekurs. Er zielt auf Wiederherstellung des abweisenden Urteils des Erstgerichtes ab.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die durch die Heranziehung der Haftung des Beklagten für Schäden, die aus Verletzung seiner Vertragspflichten bei Planung und Bauüberwachung des in der Bundesrepublik Deutschland erbauten Hauses des dort wohnhaften Klägers entstanden seien, gegebene Auslandsbeziehung des erhobenen Anspruches erfordert, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, eine Prüfung der kollisionsrechtlichen Grundlagen. Sie hat nach den dafür maßgebenden inländischen Vorschriften des internationalen Privatrechts zu geschehen. Die Verfahrensgesetze sind beim Fehlen ausdrücklicher Übergangsregelungen nach dem jeweiligen Stand anzuwenden, die verfahrensrechtlichen Bestimmungen der §§ 2 bis 4 des IPR-Gesetzes daher auch dann, wenn der Sachverhalt selbst schon vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (1. Jänner 1979) verwirklicht worden ist (Schwimann, IPR 9; Hoyer in ZfRV 1987, 63; SZ 55/17 ua). Es bedarf daher der amtswegigen Feststellung der für die Anknüpfung an eine bestimmte Rechtsordnung maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, soweit nicht in einem der Rechtswahl zugänglichen Sachgebiet tatsächliches Parteivorbringen für wahr zu halten ist. Soweit nach der einschlägigen eigenen Kollisionsnorm auf ausländisches Recht verwiesen wird, hängt das weitere Schicksal der Verweisung vom dortigen internationalen Privatrecht ab, das die Verweisung annehmen, aber auch eine Rück- oder Weiterverweisung vorsehen kann. Ist als Ergebnis der Beurteilung ein fremdes Sachrecht berufen, so ist der Fall in diesem Recht neu einzuordnen und dieses Recht von Amts wegen wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich anzuwenden (Schwimann, IPR 28; Schwimann in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 3 IPRG).

Der Kläger stützt seine Schadenersatzansprüche auf den Klagegrund der Verletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages, mit welchem der beklagte Architekt die Planung und die Bauüberwachung bei einem Neubau eines Wohnhauses für den Kläger und dessen Familie übernahm. Das Haus wurde um das Jahr 1966 errichtet, der Vertrag muß also vor dieser Zeit zustande gekommen sein. Auch die dem Beklagten vorgeworfenen Fehler in der Bauplanung und der Überwachung der Bauherstellung fallen in diese Zeit, mögen sie auch erst später augenscheinlich geworden sein. Der Kläger gründet seinen Anspruch auf Ersatz eines Schadens also auf lange vor dem 1. Jänner 1979 liegende Verstöße gegen die Pflichten aus dem um das Jahr 1965 geschlossenen zweiseitigen Architektenvertrag. Vertragliche Schadenersatzansprüche aus einem vor dem Inkrafttreten des IPR-Gesetzes zustande gekommenen Vertrag sind, wenn sich der Sachverhalt vor dem 1. Jänner 1979 verwirklicht hat, - anders als die prozessualen Bestimmungen - nicht nach den Verweisungsnormen des IPR-Gesetzes, sondern nach dem bis dahin geltenden internationalen Privatrecht zu beurteilen, weil für die intertemporäre Frage nach der zeitlichen Grenze zwischen der alten und der neuen Rechtslage entscheidend ist, daß § 50 IPR-Gesetz keine Übergangsregelung vorsieht, das Gesetz daher nach der allgemeinen Anordnung des § 5 ABGB nicht zurückwirkt und auf vorhergegangene Handlungen und vorher erworbene Rechte keinen Einfluß hat (Schwimann, IPR 8 f; Schwimann in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 50 IPRG;

Schwind, IPR 35 Rz 2.5.5.; SZ 52/10; JBl 1981, 645; SZ 57/37;

JBl 1987, 60 ua). Durch das Inkrafttreten des IPR-Gesetzes ist ein "Statutenwechsel" dort eingetreten, wo das neue Gesetz von der bisherigen Regelung abweichende Anknüpfungsmomente geschaffen hat. Dieses Problem des intertemporären internationalen Privatsrechts ist dahin zu lösen, daß das neue Gesetz auf einen Tatbestand nicht anzuwenden ist, der sich bereits vor dem 1. Jänner 1979 verwirklicht hat (Duchek-Schwind, IPR 29 und 115 FN 1). Es gelten die das internationale Schuldvertragsrecht betreffenden neuen Verweisungsnormen (§§ 35 ff IPRG) nur für die nach ihrem Inkrafttreten geschlossenen Verträge, soweit es sich nicht um ein Dauerrechtsverhältnis handelt (Schwind-Duchek, IPR 115 FN 1;

Schwimann in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 7 IPRG).

Entscheidend ist, daß sowohl beim echten als auch beim unechten Statutenwechsel die wohlerworbenen Rechte gewahrt bleiben und eine unter einem Statut vollendete Rechtslage durch das neue Statut weder vernichtet noch wesentlich verschlechtert werden darf (Schwind, IPR 34).

Schadenersatzansprüche, die sich aus der Verletzung von Pflichten aus einem Schuldverhältnis ergeben, sind nach der Rechtsordnung zu beurteilen, der das verletzte Schuldverhältnis unterliegt (Koziol, Haftpflichtrecht I 361 mwN). Das Schuldstatut hat nun durch das IPR-Gesetz eine Wandlung erfahren. Anders als nach dem beim Fehlen einer Rechtswahl jetzt anzuwendenden § 36 IPR-Gesetz, der nur für nach dem Inkrafttreten des IPR-Gesetzes geschlossene Verträge gilt (Duchek-Schwind, IPR 87 FN 1 zu § 36), sind vor dem 1. Jänner 1979 geschlossene Verträge nach dem Recht des Ortes zu beurteilen, an dem der Vertrag zustande kam (§§ 35 und 36 ABGB idF vor IPRG).

Auch die Verjährung eines Anspruches ist nach dem Recht zu beurteilen, das für das Rechtsverhältnis selbst maßgebend ist. Die Verjährung schuldrechtlicher Ansprüche untersteht in allen Belangen (Verjährbarkeit, Frist, Beginn, Hemmung, Unterbrechung) dem Schuldstatut (Schwimann, IPR 106; Schwimann in Rummel, ABGB, Rz 6 vor § 35 IPRG; Schwind, IPR 345 mwN; SZ 31/33; EvBl 1972/75; ZfRV 1978, 53 ua).

Der Ansicht des Beklagten, es handle sich um ein wandelbares Statut, weil der Zeitpunkt des Schadenseintrittes maßgebend sei, und es komme daher nach § 36 IPR-Gesetz jedenfalls inländisches Recht zur Anwendung, ist nicht zu folgen. Der Kläger wirft dem Beklagten Vertragsverletzungen in der ihm übertragenen Bauplanung und Bauüberwachung vor. Das für die intertemporäre Anknüpfung entscheidende Zeitmoment liegt daher im Zustandekommen des Vertrages und der allfälligen Verletzung der vertraglich übernommenen Pflichten, nicht aber etwa in der Erkenntnis des Klägers, daß Wassereintritte von der Terrasse oder im Dachraum auf Fehlleistungen des Beklagten zurückgeführt werden könnten. Auch liegt kein Dauerrechtsverhältnis vor.

Die restlose Klärung der Anknüpfungsvoraussetzungen und damit der Rechtsanwendungsfrage kann allerdings unterbleiben, wenn nach den Umständen nur bestimmte Rechtsordnungen in Frage kommen und alle (unter Beachtung der allfälligen Rück- und Weiterverweisung) denkbaren Sachrechtsordnungen im Ergebnis übereinstimmen (Schwimann in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 2 IPRG; SZ 49/3; JBl 1981, 368 ua). Daß die in Betracht kommende Rechtslage der Bundesrepublik Deutschland mit dem inländischen Recht auch in der Rechtsanwendung so übereinstimme, daß von der Klärung der Anknüpfungsfrage abgesehen werden könnte, ist aber derzeit nicht erkennbar. Sowohl in Ansehung der erhobenen Ersatzansprüche als auch ihrer Verjährung fehlt der völlige Gleichklang der beiden Rechtsordnungen, sieht doch etwa § 638 Abs 1 BGB bei Bauwerken eine kurze, mit der Abnahme des Werkes beginnende Verjährung von fünf Jahren für den Anspruch des Bestellers auf Schadenersatz wegen Werkmängeln vor, sofern ihm der Unternehmer nicht den Mangel arglistig verschwiegen hat. Soweit das deutsche Recht gegenüber § 1489 ABGB eine längere Verjährungszeit vorsieht, liegt in der Regel auch kein Verstoß gegen den ordre public iSd § 6 IPRG vor (Schwimann, IPR 49; SZ 31/33; EvBl 1972/75; ZfRV 1978, 53 ua). Wenn nach kollisionsrechtlichen Normen deutsches Recht anzuwenden ist, handelt es sich nicht um eine vertragliche Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB, der § 1502 iVm §§ 4 und § 37 letzter Halbsatz ABGB idF vor IPR-Gesetz entgegenstehen könnte (vgl SZ 39/155).

Solange offen ist, welches nationale Recht maßgebend ist, sind Betrachtungen über die mögliche Beurteilung der Schadenersatzansprüche und des Verjährungseinwandes verfrüht. Es bedarf daher jedenfalls zunächst einer Erörterung dieser Frage mit den Parteien und eines zur Beurteilung einer Rechtswahl oder der Ermittlung des Ortes des Vertragsabschlusses geeigneten Tatsachenvorbringens der Parteien, auf das wegen der amtswegigen Pflicht zur Feststellung der für die Anknüpfung an eine Rechtsordnung erheblichen Tatsachen zu dringen ist, sodann allenfalls der Ermittlung fremden Rechts (einschließlich der Normen über eine Rück- oder Weiterverweisung) in allen seinen Auswirkungen auf die geltend gemachten Ansprüche und deren Verjährung, allenfalls auch weiterer Feststellungen über den Sachverhalt, falls danach einzelne oder alle Ersatzansprüche nicht verjährt sind. Das Berufungsgericht hat diese Ergänzungsbedürftigkeit ohne Rechtsirrtum erkannt und daher zutreffend wegen der erst im Verfahren erster Instanz nachzuholenden Erörterung mit den Parteien den Aufhebungsbeschluß gefaßt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO sowie § 52 Abs 1 Satz 2.

Anmerkung

E18062

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00560.88.0628.000

Dokumentnummer

JJT_19890628_OGH0002_0030OB00560_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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