Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Redl und Dr.Kellner als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei WIENER A*** Versicherungs-Aktiengesellschaft, Hietzinger Kai 101-105, 1130 Wien, vertreten durch Dr.Otto Pichler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Karl S***, Angestellter, Straubingerstraße 30, 4600 Wels, vertreten durch Dr.Gerald Haas, Rechtsanwalt in Wels, wegen S 27.584,16, S 39.409,87 und S 24.585,37 je sA infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 15.Juni 1988, GZ R 1056 bis 1058/87-54, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 10.August 1987, GZ 3 C 322/84-50, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die klagende Partei ist Eigentümerin des Hauses Wels, Traungasse 3-5. Der Beklagte war Mieter der in diesem Haus befindlichen Wohnung Nr 1, deren Anteil an der Gesamtnutzfläche 4,62 % beträgt. Am 31.8.1984 zog der Beklagte aus der Wohnung aus. Die klagende Partei begehrte mit ihren drei Klagen (die Verfahren wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden) restliche Beträge für die Miete, sowie für Betriebs- und Heizkosten für die Zeit vom Dezember 1982 bis August 1984 von zuletzt insgesamt S 91.579,40 samt Zinsen. Sie brachte vor, sie habe nur die Betriebs- und Heizkosten in Rechnung gestellt, die der Nutzfläche der Wohnung bzw dem tatsächlichen Verbrauch entsprächen. Der Beklagte könne sich nicht auf den Mietvertrag berufen, weil er im Hinblick auf ein rechtskräftiges Räumungsurteil die Wohnung seit Juni 1982 titellos benützt habe.
Der Beklagte wendete ein, die Vorschreibungen der Betriebs- und Heizkosten seien im Hinblick auf den Mietvertrag überhöht und entsprächen auch nicht dem Anteil des Beklagten an der Gesamtnutzfläche des Hauses und seinem tatsächlichen Verbrauch. Die klagende Partei habe bei ihrer Berechnung Zahlungen, die der Beklagte geleistet habe, nicht berücksichtigt. In den Betriebskostenabrechnungen seien Kosten enthalten, die nicht als Betriebskosten auf die Mieter überwälzt werden könnten, insbesondere Kosten von Aufzugsreparaturen. Der Beklagte habe das Mietobjekt im Hinblic auf den Räumungsaufschub nie titellos benützt. Er habe die Zahlungen in den Jahren 1982 bis 1984 mit der Widmung "Miete" bzw "Mietzins" geleistet, wogegen die klagende Partei keinen Einwand erhoben habe. Gegenüber der Klagsforderung im Verfahren 13 C 316/85 wendete der Beklagte eine Gegenforderung von S 5.000,-- ein, weil er am 3.9.1982 ingesamt S 20.851,-- bezahlt und dadurch eine Überzahlung um mindestens S 5.000,-- vorgenommen habe. Eine weitere Gegenforderung von S 15.429,45 wendete er mit der Begründung ein, er habe bei Abschluß des Mietvertrages eine Kaution in der Höhe von S 8.700,-- erlegt. Diese sei aufgrund der Wertsicherung in der angeführten Höhe zurückzuzahlen.
Die Klägerin brachte zur Gegenforderung aufgrund der Kaution vor, die Kaution sei zur Gänze auf die bis Juli 1981 aufgelaufenen Rückstände verrechnet worden, der Beklagte habe gegen diese Verrechnung keine Einwände erhoben.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 29.4.1987 brachte der Beklagte ergänzend vor, die Heiz- und Betriebskostenabrechnungen seien auch deshalb überhöht, weil die einzelnen Stockwerke des Hauses verschieden hoch seien und mit Ausnahme des fünften Stockwerkes alle Räumlichkeiten für Geschäftszwecke verwendet würden. Da innerhalb des Hauses keine gleichartige Nutzung gegeben sei und die Heiz- und Betriebskosten in Geschäftsräumlichkeiten höher seien als in Wohnungen, sei der gesetzliche Verteilungsschlüssel, der auf die Nutzfläche abstelle, hier nicht anwendbar. Zudem sei der in der Heizkostenabrechnung aufscheinende Prozentanteil der klagenden Partei zu niedrig, die Kosten der Heizung der allgemeinen Teile des Hauses (zB Stiegenhaus) würden zur Gänze auf die Mieter im vierten und fünften Geschoß überwälzt. Reparaturarbeiten an der Heizung seien aus der Mietzinsreserve zu bezahlen.
Dieses in der Tagsatzung vom 29.4.1987 erstattete Vorbringen des Beklagten wies das Erstgericht wegen Verschleppungsabsicht mit Beschluß zurück.
Mit Urteil sprach das Erstgericht aus, daß die Klagsforderung zu 3 C 322/84 mit S 27.584,16, zu 6 C 242/85 mit S 34.860,63 und zu 13 C 316/85 mit S 24.585,37 je samt Zinsen zu Recht und zu 6 C 242/85 mit S 4.549,24 samt Zinsen nicht zu Recht bestehe. Der Antrag, die Klagsforderung mit der eingewendeten Gegenforderung von S 15.429,45 (3 C 322/84) aufzurechnen, wurde abgewiesen. Der Beklagte wurde daher schuldig erkannt, der klagenden Partei den Betrag von insgesamt S 87.030,16 samt stufenweisen Zinsen und Kosten zu bezahlen, das Mehrbegehren von S 4.549,24 samt Zinsen wurde abgewiesen. Das Erstgericht stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:
Die klagende Partei kaufte das Haus am 1.8.1981. Sie schloß mit dem Beklagten keinen neuen Mietvertrag, sondern trat in den von der Voreigentümerin abgeschlossenen Vertrag ein, der unter anderem folgende Bestimmungen enthielt:
Punkt III): Der Mietzins beträgt monatlich S 2.300,-- plus Mehrwertsteuer, die Betriebskosten pro Monat S 300,-- plus Mehrwertsteuer, sind im vorhinein fällig und jeweils am ersten Werktag eines jeden Monats spesen- und abzugsfrei an den Vermieter zu entrichten. Falls sich die Betriebskosten erhöhen, wird nach den eintretenden Gegebenheiten der Pauschalpreis ebenfalls erhöht. Punkt IV) enthält eine Wertsicherung.
Punkt XI) enthält die Vereinbarung über den Erlag einer Kaution von S 8.700,--, welche wertgesichert ist. Hinsichtlich der Wertsicherung wurde auf Punkt IV) verwiesen.
Punkt XII) lautet: Hinsichtlich der Heizungskosten nimmt der Mieter zur Kenntnis, daß wir nach der derzeitigen Kostenüberrechnung eine Pauschale in der Höhe von S 300,-- monatlich verrechnen, die zwölf Mal pro anno zu zahlen ist. Geheizt wird 6 1/2 bis 7 Monate im Jahr, je nach Bedarf. Die Entscheidung darüber obliegt dem Vermieter. Falls sich die Heizungskosten erhöhen, wird die Pauschale nach den notwendigen Gegebenheiten ebenfalls erhöht. Die im Mietvertrag enthaltenen Pauschalbeträge für Betriebskosten und Heizungskosten - es handelt sich hiebei nicht um Acontierungsbeträge - wurden bereits vom Rechtsvorgänger der klagenden Partei erhöht, wodurch es zu Unstimmigkeiten mit dem Beklagten und in der Folge zu einem gerichtlichen Verfahren kam. In jenem Verfahren trat Ruhen ein. Mit eingeschriebenem Schreiben vom 7.12.1981 teilte die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei dem Beklagten mit, daß das Haus rückwirkend per 1.8.1981 an die klagende Partei verkauft wurde. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, daß der Rückstand an Miete, Betriebskosten etc bis Juli 1981 in der Gesamthöhe von S 6.413,20, Anwaltskosten, Mahngebühren etc für die Kaution verrechnet werden, für welche der Beklagte S 8.700,-- geleistet habe, sodaß aus dem Titel der Kaution kein Betrag mehr verrechnet werde.
In der Betriebskostenabrechnung befinden sich unter anderem auch Positionen "Aufzugsreparatur, Service" und "Aufzugswartung". Das Erstgericht stellte detailliert fest, welche Erhöhungen des Mietzinses aufgrund der Indexsteigerungen eintraten, welche Beträge für Miete sowie für Betriebs- und Heizkosten dem Beklagten vorgeschrieben wurden und welche Zahlungen der Beklagte geleistet hat. Daraus ermittelte das Erstgericht eine offene Differenz in der Höhe der zugesprochenen Beträge. Zur Abweisung eines Teilbetrages von S 4.549,24 gelangte das Erstgericht, weil in der Abrechnung der Klägerin die Heizkostenabrechnung 1983/1984 noch nicht berücksichtigt war. Diese ergab ein Guthaben des Beklagten in der Höhe des genannten Betrages. Schließlich stellte das Erstgericht noch folgendes fest:
Im Verfahren 2 C 681/82 des Bezirksgerichtes Wels, mit dem unter anderem vom Beklagten die Räumung der Wohnung begehrt wurde, erging am 26.5.1982 ein Versäumungsurteil, welches in Rechtskraft erwuchs. Mit Beschluß vom 8.7.1982 wurde die Räumungsexekution bewilligt und die Räumung für den 10.9.1982 angesetzt. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 4.10.1982 zu 3 C 1517/82 wurde die Räumungsexekution bis zur rechtskräftigen Entscheidung der zu 3 C 1517/82 eingebrachten Nichtigkeitsklage, mit der die Nichterklärung des Versäumungsurteiles begehrt worden war, aufgeschoben. Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 21.3.1984 wurde die Nichtigkeitsklage zurückgewiesen, dem dagegen erhobenen Rekurs wurde vom Obersten Gerichtshof nicht Folge gegeben. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs wurde dem Beklagtenvertreter am 7.12.1984 zugestellt.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, der Beklagte habe die Wohnung seit Juni 1982 titellos benützt, die klagende Partei sei daher berechtigt, ein angemessenes Benützungsentgelt bzw die tatsächlich auf die Wohnung entfallenden Betriebskosten und die dem tatsächlichen Verbrauch des Beklagten entsprechenden Heizkosten zu fordern. Hinsichtlich der Höhe des wertgesicherten Mietzinses gebe es zwischen den Streitteilen keine Differenzen. Die verrechneten Betriebs- und Heizkosten entsprächen der Nutzfläche der Wohnung und dem Verbrauch des Beklagten. Sämtliche Positionen der Abrechnung fielen unter § 21 MRG, und zwar auch die Position "Aufzugsreparatur, Service", bei der es sich offensichtlich um laufende kleine Reparaturen gehandelt habe. Die Verrechnung der Kaution sei noch von der Voreigentümerin der klagenden Partei per 31.7.1981 erfolgt, sodaß für die klagende Partei keine Kaution vorgelegen sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Das Gericht zweiter Instanz führte zur Mängel- und Beweisrüge im wesentlichen aus, unterschiedliche Nutzung und Geschoßhöhen hätten in aller Regel keine Auswirkungen auf den Verteilungsschlüssel für Betriebskosten und besondere Aufwendungen im Sinne der §§ 17 und 24 MRG. Das diesbezügliche Vorbringen des Beklagten enthalte keine konkreten Behauptungen, überdies liege der Schluß nahe, daß das Vorbringen tatsächlich in Verschleppungsabsicht erstattet worden sei. Ob die Betriebs- und Heizungskostenabrechnungen den gesetzlichen Bestimmungen entsprächen, könne noch nicht abschließend beurteilt werden. Berechtigt sei die Tatsachenrüge insoweit, als das Erstgericht Zahlungen des Beklagten nicht berücksichtigt habe. Auch die Rüge der Feststellung, die klagende Partei habe Betriebs- und Heizungskosten nur nach den tatsächlichen Gegebenheiten erhöht, sei berechtigt. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung gelangte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, nach Rechtskraft des Versäumungsurteiles, mit welchem der Beklagte zur Räumung der Wohnung verpflichtet worden sei, sei dadurch, daß die klagende Partei ein Entgelt für die Benützung der Wohnung angenommen habe, kein Mietvertrag zustandegekommen, der Beklagte habe die Wohnung titellos benützt. Er habe daher ein Benützungsentgelt in der Höhe des bisherigen oder eines sonst angemessenen Bestandzinses zu zahlen. Der bisherige Mietzins müsse nicht unbedingt die Obergrenze des erzielbaren und angemessenen Entgeltes bedeuten. Als entgangene Nutzungschance sei der erzielbare Mietzins als angemessenes Benützungsentgelt zu leisten. Da die klagende Partei bei Abschluß eines Mietvertrages mit einem neuen Mieter die auf den Mietgegenstand entfallenden Betriebs- und Heizungskosten entsprechend den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes abrechnen könnte, sei sie auch berechtigt, vom Beklagten für die Zeit nach der Beendigung des Bestandverhältnisses bis zum Auszug diese Beträge zu verlangen. Trotz des Eintrittes in den Mietvertrag sei sie daher an die dort enthaltenen Bestimmungen betreffend die Pauschalverrechnung von Betriebs- und Heizungskosten nicht mehr gebunden. Die Angemessenheit des vorgeschriebenen Hauptmietzinses stehe auch für die Zeit nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses für beide Teile außer Zweifel. Gegen die Höhe der vorgeschriebenen Betriebs- und Heizkosten wende sich der Beklagte nur insoweit, als darin Auslagen enthalten seien, die auf Mieter nicht überwälzt werden könnten. Bei der Betriebskostenabrechnung falle tatsächlich auf, daß in diese Kosten für "Aufzugsreparatur und Service" sowie für "Reparaturen und Diverses" aufgenommen worden seien. Ob die für "Reparaturen und Diverses" verrechneten Auslagen Betriebskosten seien, könne nach den vorliegenden Unterlagen nicht beurteilt werden. Die Reparaturarbeiten am Aufzug seien Erhaltungsarbeiten im Sinne des § 3 Abs 2 Z 3 MRG und nicht als Kosten des Betriebes von Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne des § 24 MRG zu qualifizieren. Zu den Kosten des Betriebes des Personenaufzuges gehörten dagegen vor allem die Kosten für Betriebsstoffe, wie Strom, Kosten für Schmierung, Reinigung und Überprüfung sowie die Kosten für Service, welches Kontroll- und Wartungsarbeiten darstelle. Seien im Rahmen eines Serviceauftrages gegen Pauschalentgelt sowohl Wartungs- als auch Reparaturarbeiten erbracht worden, und könne der auf die Wartung entfallende Anteil nicht ermittelt werden, sei § 273 ZPO heranzuziehen. Unter diesen Voraussetzungen vermöge sich das Berufungsgericht der Ansicht des Erstgerichtes, daß laufende wiederkehrende Reparaturarbeiten Betriebskosten im Sinne des § 21 MRG seien, nicht anzuschließen. Die in den Heizkosten enthaltenen Kosten für die Montage von Heizkostenverteilern seien keine Betriebskosten, die Heizkostenabrechnung werde daher um den dafür verrechneten Betrag zu reduzieren sein. Nach § 24 MRG bestimme sich der Anteil eines Mieters an den Gesamtkosten des Betriebes von Gemeinschaftsanlagen nach den Grundsätzen des § 17 MRG. Sei allerdings der Verbrauch oder der Anteil am gesamten Verbrauch jedes einzelnen Benützers einer zentralen Wärmeversorgungsanlage durch besondere Vorrichtungen feststellbar, so seien von den Hauptmietern, die die Anlage benützten, 60 % der durch den Betrieb der Anlage auflaufenden Kosten des Verbrauches nach Maßgabe des durch die besonderen Vorrichtungen (Geräte) festgestellten Verbrauches oder Anteiles am Gesamtverbrauch, der Restbetrag der Verbrauchskosten und die sonstigen Kosten des Betriebes aber nach den Grundsätzen des § 17 MRG zu tragen. Voraussetzung für die verbrauchsabhängige Aufteilung der Heizkosten sei sohin das Vorhandensein und Funktionieren von Geräten zur Feststellung des individuellen Energieverbrauches jedes einzelnen Benützers. Dieser unabdingbare Wärmekostenverteilungsschlüssel (60 : 40) komme also nur dann zur Anwendung, wenn alle Heizkörper der Anlage Meßgeräte hätten. Im vorliegenden Fall seien offenbar nur in den vermieteten, nicht aber auch in den von der klagenden Partei selbst benützten Räumlichkeiten Heizkostenverteiler montiert worden, sodaß es beim gesetzlichen Aufteilungsschlüssel nach § 17 MRG zu bleiben habe, der Beklagte habe daher nur 4,62 % der gesamten Heizkosten des Hauses zu tragen. Auch durch den Einbau zweier Subzähler könne die Aufteilung nach Nutzflächenanteilen nicht unterlaufen werden. Zudem seien unter Haus im Sinne der §§ 3 und 17 MRG in der Regel alle vermieteten Teile eines Grundbuchskörpers zu verstehen. Im übrigen komme auch bei den Betriebskosten eine Durchbrechung des allgemeinen Verteilungsschlüssels nur dann in Betracht, wenn ein Mieter unverhältnismäßig hohe Betriebskosten verursache. Derartiges habe der Beklagte nicht einmal ansatzweise behauptet. Der Vermieter sei auch bei Pauschalmietzinsen an die Vorschriften der §§ 21 bis 24 MRG gebunden. Im Falle der Vereinbarung eines die Betriebskosten einschließenden pauschalen Mietzinses habe der Vermieter aber keinen Anspruch auf die Abgeltung einer Steigerung der Betriebskosten. Eine echte Pauschalmietzinsvereinbarung liege nach dem Mietvertrag aber nicht vor, da eine Erhöhung des vereinbarten Pauschales für Betriebs- und Heizkosten von je S 300,-- nach den notwendigen Gegebenheiten vorgesehen gewesen sei. Die Vereinbarung lasse daher eine gesonderte Einhebung der Betriebs- und Heizkosten zusätzlich zum Hauptmietzins zu. Der Vertrag lasse nicht erkennen, inwieweit sich nach dem Willen der Parteien Preissteigerungen bzw ein erhöhter Verbrauch auf den vereinbarten Pauschalbetrag insgesamt auswirken sollte. Da die Normen über Umfang, Inhalt und Einhebung der Betriebskosten zwingendes Recht seien und anderslautende vertragliche Regelungen mit dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes in Ansehung der Betriebskosten ihre Wirksamkeit verloren hätten, sei die klagende Partei auch unter diesem Gesichtspunkt berechtigt, vom Beklagten den nach dem Gesetz auf den Mietgegenstand entfallenden Anteil an den gesamten Betriebskosten und gemeinschaftlichen Aufwendungen zusätzlich zum Hauptmietzins zu begehren. Das Berufungsgericht trete auch der Rechtsansicht des Erstgerichtes bei, der Beklagte sei dadurch, daß er dem Schreiben der Rechtsvorgängerin der klagenden Partei vom 7.12.1981 nicht widersprochen habe, der darin vorgenommenen Aufrechnung als zustimmend zu behandeln. Stillschweigen gelte zwar nicht schlechthin als Zustimmung, wohl aber dann, wenn der Stillschweigende nach Gesetz, Verkehrssitte oder - was hier in Frage komme - nach Treu und Glauben hätte reden müssen. Das Stillschweigen sei nämlich dann als Annahme eines Vorschlages zu deuten, wenn einerseits die Ablehnung durch erkennbar wichtige Interessen des Vorschlagenden (insbesondere bei bestehenden Vertragsbeziehungen) geboten und ohne ernstliche Behelligung des schweigenden Partners möglich gewesen sei und wenn andererseits die Gegenseite mit der Beantwortung rechnen und bei Ausbleiben mit Grund habe annehmen dürfen, daß ihr Partner mit dem Vorschlag einverstanden sei und alles in Ordnung gehe. Der Beklagte sei mit dem Schreiben in Kenntnis gesetzt worden, daß das Objekt an die klagende Partei verkauft und die Kaution an diese nicht weitergegeben worden sei, sodaß schon aufgrund der wichtigen Interessen der klagenden Partei bzw ihrer Rechtsvorgängerin vom Beklagten eine allfällige ausdrückliche Ablehnung dieses Vorschlages zu erwarten gewesen wäre. Richtig sei, daß das Erstgericht über die Gegenforderung von S 5.000,-- nicht entschieden habe. Wie zur Beweis- und Tatsachenrüge ausgeführt, seien dem Beklagten aber aus der Zahlung von S 20.851,-- keine weiteren Ansprüche gegen die klagende Partei zugestanden. Zusammenfassend teile das Berufungsgericht die Rechtsmeinung des Erstgerichtes, die klagende Partei sei berechtigt, vom Beklagten aus dem Titel eines angemessenen Benützungsentgeltes den auf die Wohnung entfallenden Anteil an den Betriebskosten, öffentlichen Abgaben und besonderen Aufwendungen zusätzlich zum vereinbarten und von beiden Teilen als angemessen anerkannten Hauptmietzins zu begehren. Allerdings stehe fest, daß in die Abrechnung auch Kosten aufgenommen worden seien, die nicht unter § 21 MRG fielen. Dazu komme, daß auch für Heizkosten der allgemeine Verteilungsschlüssel nach § 17 MRG maßgebend sei. Da sich das Erstgericht mit der Frage, welcher Anteil der verrechneten Reparatur- und Servicekosten des Aufzuges auf reine Reparaturarbeiten entfalle und welche Leistungen unter der Position "Diverses" verrechnet worden seien, nicht auseinandergesetzt habe, sei das erstinstanzliche Verfahren mangelhaft geblieben. Weiters seien Feststellungen über die Heizkosten für das gesamte Objekt in den einzelnen Abrechnungsperioden erforderlich, um den Anteil des Beklagten an den Kosten der Gemeinschaftsanlage ermitteln zu können. Schließlich habe das Erstgericht Zahlungen des Beklagten nicht berücksichtigt. Das Ersturteil sei daher zur Verfahrensergänzung aufzuheben gewesen. Der Rechtskraftvorbehalt stütze sich auf die §§ 519 Abs 2, 502 Abs 4 Z 1 ZPO. Zur entscheidenden Rechtsfrage der Bemessung eines Benützungsentgeltes im Falle der Vereinbarung von Pauschalbeträgen für die Betriebs- und Heizkosten, wobei diese allerdings nach den "tatsächlichen Gegebenheiten" erhöht werden könnten, liege keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor. Der Beklagte bekämpft den Beschluß des Berufungsgerichtes mit Rekurs und beantragt, die Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde.
Die klagende Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Der Rekurswerber wendet sich zunächst gegen die Meinung des Berufungsgerichtes, nach Rechtskraft des Versäumungsurteiles, mit welchem der Beklagte zur Räumung verpflichtet worden sei, sei kein Bestandverhältnis zustandegekommen. Die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichtes entsprechen jedoch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Die Gründe, die nach Meinung des Rekurswerbers für das Zustandekommen eines Bestandverhältnisses sprächen, betreffen überdies nur den Einzelfall. Diesbezüglich liegt also keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vor. Da sich die Überprüfung des berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses durch den Obersten Gerichtshof, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000,-- nicht übersteigt, auf erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zu beschränken hat, ist auf die Rekursausführungen zum angeführten Thema nicht weiter einzugehen.
Der Frage, in welcher Höhe ein Benützungsentgelt für die Zeit zwischen Beendigung des Bestandverhältnisses und tatsächlicher Räumung begehrt werden kann, kommt hingegen erhebliche Bedeutung zu. Der Rekurswerber vertritt die Ansicht, er habe bis zur Räumung den vereinbarten Bestandzins weiter zu zahlen, darüber hinausgehende Forderungen könnten nur aus dem Titel des Schadenersatzes geltend gemacht werden, wofür ein Verschuldensnachweis erforderlich wäre. Ein derartiges Verschulden sei weder behauptet noch nachgewiesen worden. Die klagende Partei habe sich auch immer nur auf die Rechtsgrundlage eines Vertrages berufen und nicht auf die einer Bereicherung.
Die zuletzt angeführte Behauptung ist insofern aktenwidrig, als die klagende Partei in den Klagen zwar Mietzins geltend machte, im Laufe des Verfahrens aber vorbrachte, der Beklagte benütze die Wohnung titelos, die klagende Partei sei daher berechtigt, unabhängig von einer anderslautenden Vertragsregelung die tatsächlich auf die Wohnung entfallenden Betriebskosten und die dem tatsächlichen Verbrauch des Beklagten entsprechenden Heizungskosten zu fordern (ON 9 in 3 C 322/84).
Nach Lehre und Rechtsprechung hat der Bestandnehmer, der die Rückstellung der Bestandsache verzögert, für die Zeit der vertragswidrigen Weiterbenützung ein "Benützungsentgelt" in der Höhe des bisherigen oder eines sonst angemessenen Bestandzinses weiter zu bezahlen. Diese Verpflichtung als Folge des Zuwiderhandelns gegen die Rückstellungspflicht beruht auf § 1041 ABGB. Der Anspruch ist kein Schadenersatzanspruch, weshalb er weder ein Verschulden des früheren Bestandnehmers noch einen Schaden des Eigentümers voraussetzt (SZ 58/104 mwN). Die Ansicht, die Höhe des Benützungsentgeltes entspräche dem bisherigen Bestandzins, wurde zwar von Klang und Ehrenzweig und in einigen älteren Entscheidungen vertreten, in anderen Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof aber auch schon früher ausgesprochen, das Benützungsentgelt müsse keinesfalls in einem bestimmten Verhältnis zum früheren Bestandzins stehen, es sei ein angemessenes Entgelt bzw der ortsübliche Mietzins zu bezahlen (vgl die Zusammenstellung von Rechtsprechung und Lehre bei Kerschner, "Zur Höhe des Benützungsentgelts bei Nichtrückstellung", JBl 1978, 411 ff). In der neuersten Rechtsprechung wurde die Höhe des Benützungsentgeltes mit der des vorher zu bezahlenden Mietzinses keinesfalls gleichgesetzt. So hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SZ 58/104 ausgesprochen, die Höhe des angemessenen Benützungsentgeltes entspreche im Regelfall dem bisher vereinbarten Mietzins, weil mangels gegenteiliger Behauptungen davon ausgegangen werden könne, daß das Entgelt für die Nutzung der fremden Sache schon bisher in angemessener Höhe vereinbart gewesen sei und demnach dem Eigentümer auch in der Folgezeit (der nicht mehr durch den Vertrag gedeckten Benutzung seiner Sache) ein erzielbares Entgelt in der gleichen Höhe entgehe. In SZ 59/203 wurde ausgeführt, der titellose Benützer einer fremden Sache habe ein angemessenes Benützungsentgelt zu leisten, für dessen Höhe der früher zu entrichtende Bestandzins Anhaltspunkte liefere (vgl auch Kerschner aaO, Rummel in Rummel, ABGB, Rz 15 zu § 1041; Würth in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 1110).
Für eine Gleichsetzung der Höhe des Benützungsentgeltes mit der des früher zu bezahlenden Mietzinses findet sich im Gesetz keine Grundlage. Die §§ 34 Abs 2 und 35 Abs 2 MRG enthalten zwar bei Verlängerung der Räumungsfrist bzw Aufschiebung der Räumungsexekution die Fiktion des Fortbestehens des Bestandverhältnisses (Würth in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 34 MRG; zur früheren Rechtslage nach dem Mietengesetz vgl Kerschner aaO). Damit ist aber für den Beklagten nichts gewonnen, weil die Räumungsexekution nicht nach § 35 MRG aufgeschoben wurde, sondern aufgrund der Nichtigkeitsklage gemäß § 42 Abs 1 Z 1 EO. Der Beklagte kann sich somit auf die in dem bereits aufgelösten Mietvertrag enthaltene Vereinbarung über die Höhe der Betriebs- und Heizkosten nicht berufen. Die Frage, wie das gesamte zu bezahlende Benützungsentgelt zu berechnen ist, braucht hier nicht erörtert zu werden, weil strittig nur die Höhe der Betriebs- und Heizkosten ist. Diese sind aber - unabhängig vom früheren Mietvertrag - jedenfalls in der Höhe der auf die Wohnung tatsächlich entfallenden Kosten zu bezahlen. Diese können nur nach den Grundsätzen des Mietrechtsgesetzes ermittelt werden, wenn dieses Gesetz auch nicht unmittelbar anwendbar ist. Denn eine nach anderen Gesichtspunkten erfolgte Berechnung geringerer Beträge würde dazu führen, daß der Hauseigentümer, der gegenüber den Mietern der anderen Räumlichkeiten an das Mietrechtsgesetz gebunden ist, die Differenz selbst zu tragen hätte.
Da die klagende Partei somit Anspruch auf Ersatz der nach den Vorschriften des Mietrechtsgesetzes zu ermittelnden Betriebs- und Heizkosten hat, und die Bestimmungen des (aufgelösten) Mietvertrages über die Erhöhung der Pauschalbeträge nicht Anwendung zu finden haben, ist auf die Rekursausführungen, die sich mit der Frage der Auslegung dieser Vereinbarung befassen, nicht einzugehen. Soweit der Rekurswerber eine Aufteilung der Heizkosten nicht nach der Nutzfläche, sondern nach dem Nutzraum anstrebt, ist darauf hinzuweisen, daß sein Vorbringen über unterschiedliche Geschoßhöhen wegen Verschleppungsabsicht zurückgewiesen wurde und das Berufungsgericht das Vorliegen eines Verfahrensmangels wegen Nichtdurchführung der zu diesem Vorbringen beantragten Beweise verneinte.
Der Rekurswerber wendet sich auch dagegen, daß die Nichtbeantwortung des Schreibens vom 7.12.1981 als Zustimmung gewertet wurde. Die Frage, ob die Nichtbeantwortung des Schreibens, in welchem der frühere Bestandgeber die Veräußerung des Hauses mitteilt und bekanntgibt, daß er die Kaution auf Zahlungsrückstände verrechnet habe, als Zustimmung zu dieser Verrechnung aufzufassen ist, betrifft jedoch nur den Einzelfall und ist daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO. Aus diesen Gründen war dem Rekurs ein Erfolg zu versagen. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
Anmerkung
E17939European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00540.89.0629.000Dokumentnummer
JJT_19890629_OGH0002_0060OB00540_8900000_000