Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes, Dr. Kralik und Dr. Vogel als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred H***, Transportunternehmer, 1050 Wien, Rechte Wienzeile 47/4/25, vertreten durch Dr. Manfred Ainedter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A*** E*** V***-AG, 1121 Wien, Schönbrunner
Schloßstraße 38-40, vertreten durch Dr. Hans Pirker, Rechtsanwalt in Irdning/Stmk., wegen S 32.600 s.A., über den Antrag der beklagten Partei auf Delegierung in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Rechtssache wird dem Landesgericht für ZRS Wien abgenommen und dem Kreisgericht Leoben zugewiesen.
Text
Begründung:
Am 19.3.1988 ereignete sich um 8 Uhr 40 im Gemeindegebiet von Altaussee im Kreuzungsbereich der Landesstraße 702 mit der Arzleitner Gemeindestraße ein Verkehrsunfall, an dem der vom Kläger gehaltene und gelenkte PKW Mercedes Kennzeichen Nr. W 1755 und der bei der Beklagten haftpflichtversicherte PKW Kennzeichen Nr. St 153.073 beteiligt waren.
Mit der Behauptung des Alleinverschuldens der Lenkerin des bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKWs forderte der Kläger den Ersatz von Reparaturkosten in der Höhe von S 32.600 s.A. Die Beklagte wendete ein, daß das Alleinverschulden an dem Verkehrsunfall den Kläger treffe, und beantragte Klagsabweisung. Sie führte weiter aus, beim Bezirksgericht Bad Aussee sei zur AZ 2 C 507/88 aus demselben Unfall bereits eine Klage des Eigentümers und Halters des PKWs, Kennzeichen Nr. St 153.073, gegen den Kläger im vorliegenden Verfahren, Manfred H*** und seine Haftpflichtversicherung anhängig (Zahlungsbefehl des Bezirksgerichtes Bad Aussee vom 1.August 1988), worüber bereits am 12. September 1988 die erste mündliche Streitverhandlung abgehalten worden sei. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Rechtssicherheit werde daher entweder das gegenständliche Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Prozesses 2 C 507/88 des Bezirksgerichtes Bad Aussee zu unterbrechen oder eine Delegierung des Bezirksgerichtes Bad Aussee vorzunehmen sein.
Der Kläger sprach sich gegen den Delegierungsantrag aus, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien.
Der Prozeßrichter nahm zum Delegierungsantrag dahingehend Stellung, daß er wohl grundsätzlich zur Durchführung eines Ortsaugenscheins bereit sei, es aber doch zweckmäßig erscheine, nur ein Verfahren über den gegenständlichen Unfall abzuführen. Eine Delegierung nach § 31 a Abs 2 JN kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, da nach dieser Bestimmung eine Übertragung an ein anderes Gericht gleicher Art zulässig ist, wenn bei dem anderen Gericht ein Verfahren über einen gleichartigen Anspruch aus demselben schädigenden Ereignis anhängig ist. Eine Übertragung von einem Gerichtshof an ein Bezirksgericht oder umgekehrt ist aber nicht zulässig (Fasching ZPR, Rz 212). Die Voraussetzungen für eine Übertragung nach § 31 a Abs 1 JN liegen mangels eines übereinstimmenden Parteienantrages ebenfalls nicht vor. Es war daher zu prüfen, ob eine Delegierung nach § 31 JN in Betracht kommt.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 31 Abs.1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Die Delegierung obliegt dem Oberlandesgericht innerhalb seines Sprengels, außerhalb desselben dem Obersten Gerichtshof. Gegen den Widerspruch einer Partei ist dem Delegierungsantrag nur dann zu entsprechen, wenn die Übertragung der Sache vom zuständigen Gericht an ein anderes im eindeutigen Interesse aller Verfahrensbeteiligten liegt. Dies ist im vorliegenden Fall zu bejahen. Es handelt sich hier um einen Schadenersatzprozeß aus einem Verkehrsunfall, der sich im Sprengel des Kreisgerichts Leoben ereignete. Dem Umstand, daß im allgemeinen Gründe der Zweckmäßigkeit dafür sprechen, derartige Schadenersatzprozesse bei dem Gericht durchzuführen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete, hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, daß er für derartige Prozesse im § 20 EKHG einen entsprechenden Gerichtsstand bei dem für den Unfallsort zuständigen Gericht schuf (vgl. 8 Nd 3/79 ua). Hiezu kommt, daß vom Prozeßgericht die Einvernahme von zwei im Sprengel des Kreisgerichts Leoben wohnhaften Zeugen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Verkehrsfach beschlossen und überdies von der Beklagten auch die Vornahme eines Ortsaugenscheins beantragt wurde, dessen Durchführung sich als erforderlich erweisen könnte.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände liegt die beantragte Delegierung auch im wohlverstandenen Interesse des Klägers, weil die Sache aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand vor dem Gericht des Unfallsorts zu Ende geführt werden kann.
Dem Delegierungsantrag war daher im Sinne der Zuweisung der Rechtssache an den Gerichtshof, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete, stattzugeben.
Anmerkung
E17701European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0020ND00024.88.0705.000Dokumentnummer
JJT_19890705_OGH0002_0020ND00024_8800000_000