Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Roland K***, Briefträger, Enet der Ach 22, 6611 Heiterwang, vertreten durch Dr. Josef Heis und Dr. Markus Heis, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1) Gerhard L***, Koch, 6622 Berwang 51, 2) Johann L***, ebendort wohnhaft, und 3) E*** A*** Versicherungs-AG, Brandstätte 7-9, 1010 Wien, alle vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Zahlung von S 556.288,43 s.A., Leistung einer monatlichen Rente von S 5.784,43 ab 9. Oktober 1987 und Feststellung (S 100.000,--), Revisionsstreitwert S 600.964,96, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 20. Mai 1988, GZ 4 R 49/88-59, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 10. Dezember 1987, GZ 14 Cg 64/85-51, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 20.257,02 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 3.376,17, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 18. September 1983 gegen 1,45 Uhr kam der Erstbeklagte auf der Berwanger Landesstraße zwischen Berwang und Bichlbach mit dem von ihm gelenkten PKW mit dem Kennzeichen T 247.369 von der Fahrbahn ab und prallte frontal gegen einen Baum. Der Kläger, der sich als Beifahrer auf dem Vordersitz des Fahrzeuges befand, wurde dabei schwer verletzt. Der Zweitbeklagte ist der Halter, die Drittbeklagte der Haftpflichtversicherer des vom Erstbeklagten gelenkten PKW. Wegen dieses Verkehrsunfalls wurde der Erstbeklagte mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 29. November 1983, 24 Vr 3788/83-7, des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 4 zweiter Fall (§ 81 Z 2) StGB schuldig erkannt. Es wurde ihm zur Last gelegt, durch Einhaltung einer überhöhten Geschwindigkeit, wodurch er ins Schleudern geriet und gegen einen Baum prallte, fahrlässig die schwere Körperverletzung des Klägers herbeigeführt zu haben, nachdem er sich vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzte, obwohl er vorhersehen konnte, daß ihm eine Tätigkeit bevorstehe, deren Vornahme in diesem Zustand eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit von Menschen herbeizuführen oder zu vergrößern geeignet sei. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 556.288,43 s A und einer monatlichen Rente von S 5.784,43 ab Schluß der Verhandlung in erster Instanz (9. Oktober 1987); ferner stellte er ein auf Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand, der Drittbeklagten nur im Rahmen des Haftpflichtversicherungsvertrages, für alle künftigen Schäden aus diesem Verkehrsunfall gerichtetes Feststellungsbegehren.
Das Kapitalbegehren des Klägers setzt sich wie folgt zusammen:
Schmerzengeld S 350.000,-- abzüglich 20 % wegen Nichtverwendung des
Sicherheitsgurts = S 280.000,-- abzüglich einer Teilzahlung der
Drittbeklagten
von S 80.000,-- S 200.000,--
Verunstaltungsentschädigung S 50.000,--
Verdienstentgang für die Zeit vom
Unfall bis 9. Oktober 1987 S 306.288,43
Das Rentenbegehren wird auf den Titel des Verdienstentgangs gestützt.
Dem Feststellungsbegehren des Klägers wurde mit Teilanerkenntnisurteil vom 28. Mai 1985 (ON 5 S 27) in Ansehung von 60 % seiner künftigen Unfallschäden stattgegeben.
Der Kläger stützte sein Begehren im wesentlichen darauf, daß der Unfall vom Erstbeklagten allein verschuldet worden sei. Der Kläger habe bei diesem Unfall schwere Verletzungen erlitten, die den Zuspruch des von ihm verlangten Schmerzengeldes rechtfertigten. Im Hinblick auf die verbliebene Verunstaltung sei auch die von ihm verlangte Verunstaltungsentschädigung angemessen. Infolge der verbliebenen Sehbehinderung und des unfallsbedingten Verlusts des Geruchssinns könne der Kläger seinen erlernten Beruf als Koch nicht mehr ausüben. Er habe deshalb im Dezember 1984 den Beruf eines Briefträgers annehmen müssen, nachdem mehrere Bemühungen um eine Arbeitsstelle im Planseewerk erfolglos verlaufen seien. Dadurch erleide der Kläger den geltend gemachten Verdienstentgang. Die Beklagten anerkannten das Feststellungsbegehren des Klägers in Ansehung von 60 % seiner künftigen Unfallschäden, worauf das Erstgericht das bereits erwähnte Teilanerkenntnisurteil fällte. Im übrigen wendeten die Beklagten im wesentlichen ein, der Kläger hätte bei entsprechender Sorgfalt vor Antritt der Fahrt mit dem Erstbeklagten dessen beträchtliche Alkoholisierung erkennen können bzw erkannt und in Kauf genommen. Überdies hätte er bei Anwendung der üblichen Sorgfalt erkennen müssen, daß die Bereifung am Fahrzeug des Erstbeklagten äußerst schlecht gewesen sei. Diese schlechte Bereifung sei für den Unfall ursächlich gewesen. Der Kläger müsse sich daher ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen. Seine Verletzungen seien ausschließlich auf die Nichtanlegung des Sicherheitsgurts zurückzuführen. Es sei daher für die Ausmessung des Schmerzengelds von einer Mitverschuldensquote wegen Nichtanlegung des Sicherheitsgurts in der Höhe von 40 % auszugehen. Eine Verunstaltungsentschädigung gebühre nicht, weil beim Kläger keine Verunstaltung eingetreten sei. Eine Berufsunfähigkeit des Klägers als Koch sei nicht anzunehmen. Die Gehaltseinbuße durch den Berufswechsel zum Briefträger habe sich der Kläger selbst zuzuschreiben. Zumindest hätte er zumutbarerweise als Küchengehilfe arbeiten können, sodaß von den dabei erzielbaren Einnahmen auszugehen sei. Freie derartige Arbeitsstellen wären zur Verfügung gestanden. Den Arbeitsplatz bei der Post habe der Kläger nur wegen der Sicherheit der Arbeitsstelle angenommen. Eine hiedurch eingetretene Einkommensminderung sei nicht von den Beklagten zu vertreten. Im übrigen sei auch der Vorteil einer krisensicheren Arbeitsstelle gegenüber dem von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitsplatz in der Fremdenverkehrswirtschaft bei der Rentenbemessung zu berücksichtigen. Es müsse auch darauf Bedacht genommen werden, daß der Kläger immer nur während der Saisonen gearbeitet und in der Zwischenzeit Arbeitslosengeld bezogen habe. Der Kläger hätte die Möglichkeit gehabt, nach dem Invalideneinstellungsgesetz eine ihm genehme Tätigkeit, etwa bei den Planseewerken, zu finden, wobei er dann gleich viel wie vor dem Unfall und wesentlich mehr als bei der Post verdient hätte. Daß der Kläger sich nicht dahingehend bemüht habe, falle ihm als Verletzung seiner Schadensminderungspflicht zur Last. Bei seiner Tätigkeit als Briefträger habe der Kläger den gesamten Nachmittag frei. Es sei ihm daher zumutbar, nachmittags - zumindest zwei- bis dreimal pro Woche - eine weitere entgeltliche Tätigkeit auszuüben, wodurch er weitere S 2.000,-- bis S 3.000,-- (offenbar pro Monat) verdienen könnte.
Das Erstgericht erkannte mit seinem Endurteil die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger den Betrag von S 415.140,60 s A zu bezahlen (Punkt 1 des Urteilsspruchs). Das auf Zahlung eines weiteren Betrags von S 151.147,83 s A gerichtete Kapitalmehrbegehren wies es ab (Punkt 2 des Urteilsspruchs). Es erkannte die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, dem am 12. Dezember 1964 geborenen Kläger ab Schluß der Verhandlung in erster Instanz (9. Oktober 1987) bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahrs eine monatliche Rente von S 4.884,01 zu bezahlen (Punkt 3 des Urteilsspruchs). Das Rentenmehrbegehren des Klägers von monatlich S 900,42 für die Zeit vom 9. Oktober 1987 bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahrs und sein gesamtes Rentenbegehren für die Zeit nach Vollendung seines 65. Lebensjahrs wies es ab (Punkt 4 des Urteilsspruchs). Schließlich gab das Erstgericht dem Feststellungsbegehren des Klägers über den bereits mit dem erwähnten Teilanerkenntisurteil erledigten Teil hinaus zur Gänze statt (Punkt 5 des Urteilsspruchs).
Das Erstgericht stellte, soweit für die im Revisionsverfahren noch strittigen Fragen von Bedeutung, im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Der PKW des Zweitbeklagten war zur Unfallszeit mit üblichen Sicherheitsgurten ausgerüstet. An dem Fahrzeug waren vier Sommerreifen mit einer Profiltiefe von über 1,6 mm montiert. Lediglich der linke Vorderreifen wies an zwei ca 5 cm langen Stellen eine Profiltiefe von nur ca 0,2 bis 0,5 mm auf. Im übrigen erschien der PKW mangelfrei und machte insgesamt einen guten Gesamteindruck. Der Kläger, damals Jungkoch, und der Erstbeklagte, damals Kochlehrling, waren zur Unfallszeit Arbeitskollegen im Hotel "Hirschen" in Bichlbach. Sie waren damals Freunde und wohnten zusammen in einem Personalzimmer ihres Dienstgebers. Am 17. September 1983, einem Samstag, beendete der Erstbeklagte seine Tätigkeit als Kochlehrling etwa um 21 Uhr. Anschließend fuhr er mit dem PKW des Zweitbeklagten von Bichlbach nach Berwang, wo er im Gastlokal des Hotels "Berwangerhof" einkehrte. Während dieser Zeit konsumierte der Erstbeklagte ein alkoholfreies Getränk, aber auch etwa 0,5 l Weizenbier und wahrscheinlich auch noch anderen Alkohol. Der Kläger mußte am Abend des 17. September 1983 bis etwa 23 Uhr arbeiten. Anschließend fuhr er mit seinem Küchenchef von Bichlbach zum Berwangerhof, wo die beiden ebenfalls in das Gastlokal dieses Hotels einkehrten. Dort trank der Kläger verschiedenen Alkohol, sodaß er schließlich erkennbar alkoholisiert war. Der Kläger bemerkte zwar die Anwesenheit des Erstbeklagten, achtete aber nicht auf dessen Alkoholkonsum. Um etwa 1,30 Uhr entschloß sich der Erstbeklagte, mit dem PKW seines Vaters die Heimfahrt nach Bichlbach anzutreten. Zu dieser Zeit war der Erstbeklagte alkoholisiert; er wies einen Blutalkoholgehalt von ca. 1,2 %o auf. Kurz vor Antritt der Fahrt lud er den Kläger zur Mitfahrt nach Bichlbach ein. Der Kläger war auf eine Mitfahrgelegenheit angewiesen, weil er sonst keine Möglichkeit gehabt hätte, in das von ihm gemeinsam mit dem Erstbeklagten bewohnte Personalzimmer zurückzukehren. Eine beachtenswerte Alkoholisierung des Erstbeklagten fiel dem Kläger vor Antritt der Fahrt nicht auf. Einem Alkoholisierten wird die Alkoholisierung einer anderen Person nur in jenem Ausmaß auffällig, das dem voneinander abweichenden Grad der Alkoholisierung entspricht. Der Erstbeklagte trat die Fahrt kurz nach der Einladung an den Kläger zur Mitfahrt an. Vor Beginn der Fahrt sprachen der Kläger und der Erstbeklagte nur kurz miteinander. Während dieser Unterredung und während des Gangs zum Fahrzeug fiel dem Kläger eine beachtenswerte Alkoholisierung des Erstbeklagten nicht auf. Der Erstbeklagte hatte vor Antritt der Fahrt Kenntnis vom mangelhaften Zustand des linken Vorderreifens, nicht aber der Kläger. Der Erstbeklagte wies den Kläger vor Antritt der Fahrt nicht auf diese teilweise mangelhafte Bereifung hin. Bei Antritt der Fahrt herrschte Dunkelheit. Die mangelhafte Bereifung des Fahrzeuges wurde dem Kläger vor Antritt der Fahrt nicht auffällig. Über Einladung des Erstbeklagten war der Kläger auch schon vor dieser Unglücksfahrt gelegentlich im PKW des Zweitbeklagten mitgefahren. Auch bei diesen Gelegenheiten fiel dem Kläger die teilweise mangelhafte Bereifung des PKW nicht auf.
Bei dem auf der anschließenden Heimfahrt erfolgten Unfall wurden der Kläger und der Erstbeklagte, die beide nicht angegurtet waren, schwer verletzt; der PKW des Zweitbeklagten wurde stark beschädigt. Bei bestimmungsgemäßer Verwendung des Sicherheitsgurts durch den Kläger wären Ausmaß und Folgen seiner Verletzungen mit hoher Wahrscheinlichkeit, allerdings in einem nicht näher feststellbaren Ausmaß, geringer gewesen. Es ist aber höchst unwahrscheinlich, daß der Kläger bei Verwendung des Sicherheitsgurts nicht verletzt worden wäre.
Durch den Unfall erlitt der Kläger eine Gehirnerschütterung, ein schweres Schädelhirntrauma mit frontobasaler Schädelfraktur, eine Jochbeinfraktur, eine Verletzung des dritten Hirnnervs rechts, eine Facialisparese rechts, eine Anosmie (= vollständiger Ausfall des Geruchsvermögens) und einen Bruch der linken Beckenschaufel. Der Kläger wurde durch den Unfall bewußtlos. Er gelangte unmittelbar nach dem Unfall in stationäre Behandlung des Bezirkskrankenhauses Reutte. Die Verletzungen des Klägers waren schwer und lebensbedrohlich. Er erwachte erst nach zwei Tagen aus seiner Bewußtlosigkeit. Der Heilungsverlauf war komplikationsfrei. Der Kläger verblieb zunächst bis 6. Oktober 1983 in stationärer Behandlung des Bezirkskrankenhauses Reutte. Von dort wurde er an die Neurologische Universitätsklinik nach Innsbruck zur weiteren Behandlung verlegt, aus welcher er schließlich am 12. Oktober 1983 entlassen wurde. Auf Grund der unfallsbedingten Verletzungen war der Kläger vom 18. September 1983 bis 25. März 1984, sohin mehr als 6 Monate, arbeitsunfähig. In dieser Zeit mußte sich der Kläger nach seiner Entlassung aus der stationären Krankenhausbehandlung einer umfangreichen ambulanten Nachbehandlung, insbesondere an der Universitätsklinik für Augenheilkunde in Innsbruck und auch an der Augenabteilung des Landeskrankenhauses Feldkirch, unterziehen. Der Bruch der linken Beckenschaufel ist folgenlos abgeheilt. Ohne Berücksichtigung einer später ebenfalls unfallsbedingt erforderlichen Augenmuskeloperation erlitt der Kläger durch die unfallsbedingten Verletzungen Schmerzen starken Grades in der Dauer von 5 bis 6 Tagen, Schmerzen mittleren Grades in der Dauer von ca 3 Wochen und Schmerzen leichten Grades in der Dauer von ca 7 bis 8 Wochen. Im Jahr 1985 mußte er sich unfallsbedingt einer Augenmuskeloperation unterziehen, wofür ein stationärer Krankenhausaufenthalt in der Dauer von einigen Tagen erforderlich war. Durch diese Operation entstanden dem Kläger Schmerzen mittleren Grades in der Dauer etwa eines Tages und leichtgradige Schmerzen in der Dauer von etwa 3 Tagen.
Der am 12. Dezember 1964 geborene Kläger war zur Unfallszeit, abgesehen von einer geringgradigen Kurzsichtigkeit, an beiden Augen gesund. Diese Kurzsichtigkeit erforderte bis zum Unfall nicht die Verwendung einer Sehbrille. Durch den Unfall erlitt der Kläger Schäden an beiden Augen. Durch den Unfall wurde am rechten Auge eine Ptosis (= Herabhängen) des Oberlids mit leichter Funktionsbeeinträchtigung bewirkt, welche bei Müdigkeit zunimmt. Auf Grund dieser Ptosis ist die Lidspalte am rechten Auge gegenüber der Lidspalte links um 3 mm kleiner. Auf Grund der unfallsbedingten Schäden ist die Funktion des Lidmuskels rechts nur mehr mäßig. Überdies ist die Rollung des Augapfels nach oben während des Lidschlusses aufgehoben. Die genannte Ptosis ist bei Betrachtung des Gesichts des Klägers erkennbar, bedeutet aber eine nur geringgradige Verunstaltung des Gesichts des Klägers. Durch den Unfall erlitt der Kläger im Bereich des rechten Auges überdies einen Gesichtsfeldquadrantenausfall nach rechts unten. Dieser Ausfall bedeutet, daß der Kläger, wenn er bei geschlossenem linken Auge mit dem rechten Auge geradeaus schaut, im Bereich des rechten unteren Viertels des sonst üblichen Gesichtsfelds nichts wahrnimmt. Ein Gesichtsfeldquadrantenausfall im unteren Bereich ist für den täglichen Umgang überaus hinderlich, weil der untere Gesichtsfeldbereich für den täglichen Umgang von besonderer Bedeutung ist. Durch die unfallsbedingten Folgen ist auch die Beweglichkeit des rechten Augapfels gegenüber der normalen Beweglichkeit deutlich eingeschränkt (nach rechts oben 10 Grad, nach unten 15 Grad, nach links 15 Grad und nach rechts 20 Grad, während die Beweglichkeit eines Augapfels bei einem gesunden Menschen nach oben und unten etwa 30 Grad bis etwa 40 Grad beträgt). Diese unfallsbedingt mangelhafte Beweglichkeit des rechten Augapfels führt in Verbindung mit der besseren Beweglichkeit des linken Auges am Gesichtsfeldrand zu sogenannten Doppelbildern. Durch die erwähnte Störung der Augenmotorik rechts mit einer entsprechenden Bewegungseinschränkung des rechten Augapfels ist auch das binokulare Einfachsehen eingeschränkt. Dem Kläger verblieb zwar ein Einfachsehen innerhalb des Gebrauchsblickfelds, und zwar seitlich und nach oben bis 20 Grad meridian und nach unten bis 45 Grad meridian. Außerhalb dieses Bereichs besteht aber Diplopie (Doppelbilder). Seit dem Unfall ist die Sehkraft des rechten Auges des Klägers ohne Korrektur auf etwa 0,4 eingeschränkt (1,0 = volle Sehleistung). Mit entsprechender Korrektur (Brille) kann der Kläger am rechten Auge nunmehr wiederum nahezu volle Sehleistung (etwa 0,8 bis 1,0) erreichen. Durch die unfallsbedingten Schäden am rechten Auge wurde eine Gebrauchsminderung dieses Auges um 15/20 bewirkt. Durch den Unfall wurde auch das linke Auge des Klägers geschädigt. Dadurch leidet der Kläger am linken Auge seit dem Unfall an parazentralen Gesichtsfeldausfällen oben. Dieser Schaden bewirkt einen teilweisen Gesichtsfeldausfall im Nahbereich des Zentrums des Gesichtsfeldes des linken Auges. Dadurch ist die Sehkraft des linken Auges auf etwa 20 % vermindert (ohne Korrektur), welcher Ausfall durch eine Sehbrille nur geringgradig vermindert werden kann. Auch unter Anwendung einer entsprechenden Korrektur ist die Sehkraft des linken Auges durch die unfallsbedingten Schäden auf etwa 25 % eines gesunden Auges eingeschränkt. Durch die unfallsbedingten Schäden am linken Auge wurde eine Gebrauchsminderung dieses Auges um etwa 12/20 bewirkt.
Wesentliche Ursache der unfallsbedingten Augenschäden des Klägers sind durch den Unfall bewirkte Schädigungen der Sehnerven. Die Augenschäden des Klägers sind Dauerschäden. Bei normalem Lauf der Dinge ist eine Vergrößerung dieser Augenschäden in der Zukunft nicht zu erwarten. Durch die Augenmuskeloperation konnte zwar der Nachteil aus der mangelhaften Beweglichkeit des rechten Augapfels teilweise, aber nicht vollständig behoben werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist eine weitergehende Behebung der unfallsbedingten Augenschäden des Klägers in der Zukunft nicht möglich. Zur Erzielung einer optimalen Korrektur der Augenschäden ist der Kläger angehalten, ständig eine Sehbrille zu tragen, die er bis zum Unfall nicht benötigte. Unter Berücksichtigung des nunmehrigen Erfordernisses einer Brille trat beim Kläger durch die Augenschäden eine Minderung der Erwerbsfähigkeit, bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, auf etwa 50 % ein. Der Kläger hat unfallsbedingt den Geruchssinn gänzlich verloren, wodurch auch der Geschmackssinn beeinträchtigt wurde.
Vor dem Unfall hat der Kläger im Hotel "Hirschen" in Bichlbach, einem größeren Gastgewerbebetrieb, eine Lehre als Koch absolviert. Nach Beendigung der Lehre hat er sich am 3. Juni 1983 der Lehrabschlußprüfung im Lehrberuf Koch unterzogen und diese Prüfung erfolgreich bestanden. Nach Abschluß der Lehre blieb der Kläger im Lehrbetrieb bis zum Unfall als Jungkoch beschäftigt. Als solcher verdiente er zur Unfallszeit monatlich netto S 7.000,-- zuzüglich der anteiligen Sonderzahlungen in gesetzlicher Höhe. Überdies hatte er zur Unfallszeit bei seinem Dienstgeber freie Station, sohin Kost und Quartier gratis. Überdies kam dem Kläger zur Unfallszeit auf Grund seiner Tätigkeit auch anteiliges Trinkgeld in geringer Höhe von einigen hundert Schilling monatlich zu.
Auf Grund der unfallsbedingten Verletzungen war der Kläger vom 18. September 1983 bis 25. März 1984 arbeitsunfähig. Er erlitt in der Zeit vom 18. September 1983 bis 16. Oktober 1983 keinen Verdienstentgang, weil ihm in dieser Zeit sein Dienstgeber seinen Lohn in der bisherigen Höhe weiterbezahlte. In der Zeit vom 17. Oktober 1983 bis 29. Oktober 1983 erhielt der Kläger von der Tiroler Gebietskrankenkasse Krankengeld von täglich S 171,--, zusammen sohin S 2.223,--. In der Zeit vom 30. Oktober 1983 bis 25. März 1984 bezog der Kläger ein tägliches Krankengeld von S 205,20, zusammen sohin S 30.369,60. Nachfolgend hat der Kläger vom Arbeitsamt ein tägliches Arbeitslosengeld von S 137,10 vom 26. März 1984 bis 3. Juni 1984, vom 5. Juni 1984 bis 11. Juni 1984, vom 13. Juni 1984 bis 14. Juni 1984 und vom 17. Juni 1984 bis 21. Juni 1984, sohin ein gesamtes Arbeitslosengeld von insgesamt S 11.379,30 erhalten.
In der Zeit vom 22. Juni 1984 bis 23. Juli 1984 war der Kläger als Jungkoch im Hotel "Zum Ritter" in Tannheim bei Ernst S*** beschäftigt. Auf Grund des zwischen dem Kläger und Ernst S*** geschlossenen Dienstvertrags stand dem Kläger ein Lohn von monatlich netto S 8.000,-- zuzüglich der gesetzlichen Sonderzahlungen sowie freie Station zu, und es konnte der Kläger auch geringes Trinkgeld erwarten. Bei Begründung dieses Dienstverhältnisses hat der Kläger aber seine unfallsbedingten Schäden verschwiegen. Diese Schäden und die dadurch bewirkte mangelnde Eignung des Klägers als Koch sind aber rasch hervorgekommen, sodaß das Dienstverhältnis am 23. Juli 1984 einvernehmlich gelöst wurde. Einschließlich der anteiligen Sonderzahlungen und des Vorteils aus der freien Station und unter Berücksichtigung geringer Trinkgelder hat der Kläger in der Zeit vom 22. Juni 1984 bis 23. Juli 1984 bei Ernst S*** netto S 11.500,-- verdient. Anschließend war der Kläger bis einschließlich 11. November 1984 arbeitslos. In dieser Zeit hat er vom 27. Juli 1984 bis 20. September 1984 vom Arbeitsamt ein tägliches Arbeitslosengeld von S 137,10, insgesamt sohin S 7.677,60, erhalten. Für die Zeit ab 21. September 1984 hat das Arbeitsamt dem Kläger die Gewährung der Notstandshilfe verweigert, weil der Vater des Klägers in dieser Zeit ein anrechenbares Einkommen von S 11.742,-- hatte.
Schon zur Zeit, als der Kläger noch bei Ernst S***
beschäftigt war, hat sich der Kläger um eine Arbeit im Metallwerk Plansee bemüht. Er hat dort am 22. Juli 1984 um eine Arbeit vorgesprochen. Aus gleichlaufenden Bemühungen der Eltern des Klägers waren dort die unfallsbedingten Behinderungen des Klägers bereits bekannt. Bei diesem Vorstellungsgespräch wurde der Kläger von Seite des Metallwerks Plansee darauf hingewiesen, daß dort eine dem erlernten Beruf des Klägers entsprechende Tätigkeit nicht in Frage komme. Ihm wurde auch erklärt, daß es schwierig sei, für ihn eine Arbeit im Rahmen dieses Unternehmens zu finden. Es wurde mit ihm eine Anstellung etwa als Postbote erörtert. Ein derartiger Arbeitsplatz war zu dieser Zeit in diesem Unternehmen aber nicht frei. Dem Kläger wurde erklärt, daß völlig unbestimmt sei, ob und wann ein derartiger Arbeitsplatz für ihn frei werde. Ihm wurde gesagt, dies könne Tage, Wochen oder auch mehrere Monate dauern. Der Kläger hat sich dort am 25. Juli 1984 einer betriebsärztlichen Untersuchung unterzogen. Dies ergab eine bedingte Eignung des Klägers für Tätigkeiten, die an die Konzentration und an die Augen keinen besonderen Anspruch stellen. Überdies wurde festgestellt, daß der Kläger zur Schichtarbeit nicht geeignet sei. Nach dem Ergebnis dieser Untersuchung wäre für den Kläger im Metallwerk Plansee nur die Tätigkeit eines Boten oder eine ähnliche Verwendung in Frage gekommen. Zwischen dem Kläger und dem Metallwerk Plansee war klar, daß der Kläger als Invalider eingestellt würde. Für den Kläger wurde im Metallwerk Plansee aber bis 11. November 1984 kein entsprechender Arbeitsplatz frei. In dieser Zeit haben der Kläger und seine Eltern wiederholt im Metallwerk Plansee um eine Arbeit nachgefragt, doch wurde ihnen stets erklärt, es sei ungewiß, ob und wann für den Kläger ein Arbeitsplatz bereitgestellt werden könne. Als Bote oder in ähnlicher Verwendung hätte der Kläger im Metallwerk Plansee monatlich brutto ca S 10.000,-- zuzüglich der gesetzlichen Sonderzahlungen, aber ohne weitere Zulagen, verdient. Eine Lohnsteigerung in der Zukunft wäre ihm nur im Rahmen der tariflichen Lohnerhöhungen zugekommen. Im Rahmen einer solchen Beschäftigung hätte der Kläger keinerlei innerbetriebliche Aufstiegschancen gehabt. Wohl wären dem Kläger als Dienstnehmer des Metallwerks Plansee verschiedene Sozialleistungen dieses Unternehmens zugekommen (unentgeltlicher Zubringerdienst, Kantinenessen zu günstigen Preisen, unentgeltliche Benützung verschiedener Freizeiteinrichtungen etc).
Da die Aussichten des Klägers auf einen Arbeitsplatz im Metallwerk Plansee im Sommer 1984 ungewiß waren, hat sich der Kläger zu dieser Zeit auch bei der Post- und Telegraphendirektion für Tirol und Vorarlberg in Innsbruck um eine Beschäftigung bemüht. Dort konnte er Arbeit als Briefträger finden. Der Kläger ist nunmehr seit 12. November 1984 als Briefträger bei der Post beschäftigt und wird als Vertragsbediensteter nach I/d entlohnt. Etwa eine Woche nach dieser Arbeitsaufnahme des Klägers wurde auch im Metallwerk Plansee zufällig der Arbeitsplatz eines Postboten frei. Hievon wurde der Kläger vom Metallwerk unverzüglich verständigt und wurde dem Kläger nunmehr diese Arbeit vom Metallwerk Plansee angeboten. Der Kläger wollte aber seine bereits angetretene Stelle als Briefträger bei der Post im Hinblick auf die nunmehr erlangte Sicherheit dieses Arbeitsplatzes nicht aufgeben.
Als Briefträger hat der Kläger in der Zeit vom 12. November 1984 bis 30. September 1985 insgesamt netto S 73.569,30 verdient. Seit 1. Oktober 1985 verdient der Kläger unter Berücksichtigung der anteiligen Sonderzahlungen und unter Berücksichtigung allgemeiner, allerdings geringer Bezugserhöhungen im öffentlichen Dienst monatlich netto S 7.500,--. Demnach hat der Kläger in der Zeit vom 1. Oktober 1985 bis 30. September 1987 netto S 180.000,-- und im Oktober 1987 bis zum Schluß der Verhandlung in erster Instanz anteilig S 2.250,-- netto verdient. Demnach hat der Kläger in der Zeit vom 12. November 1984 bis zum Schluß der Verhandlung (9. Oktober 1987) als Briefträger netto insgesamt S 255.819,30 verdient.
Der vom Kläger nunmehr ausgeübte Beruf eines Briefträgers ist eine volle Beschäftigung, welche es dem Kläger nicht erlaubt, ohne Beeinträchtigung seiner Freizeit und/oder seiner Gesundheit einer Nebenbeschäftigung nachzugehen. Beim Beruf eines Briefträgers handelt es sich nicht um eine Teilzeitbeschäftigung. Der Kläger ist, seit er als Briefträger beschäftigt ist, keinerlei Nebenbeschäftigung nachgegangen.
Der Kläger war zur Unfallszeit als Jungkoch mit monatlich netto S 7.000,-- zuzüglich der gesetzlichen Sonderzahlungen beschäftigt und es stand ihm auch freie Station, sohin Verpflegung und Unterkunft samt Beheizung und Beleuchtung, unentgeltlich zur Verfügung. Darüber hinaus hat er geringes Trinkgeld erlangt. Zur Unfallszeit war der Kläger in einem größeren Hotelbetrieb, einem Saisonbetrieb, beschäftigt. Im Raum Tirol und der näheren Umgebung dauert die Saison in derartigen Betrieben durchschnittlich etwa 9,5 Monate pro Jahr, nämlich jeweils etwa von Anfang Mai bis Mitte Oktober und sodann von etwa Mitte Dezember des einen Jahres bis etwa Ende März, längstens etwa Mitte April des folgenden Jahres. In derartigen Saisonbetrieben konsumieren die Arbeitnehmer im Gastgewerbe überlicherweise während der Saison keinen Urlaub, sodaß sie eine Urlaubsabfindung in anteiliger Höhe erhalten. Eine Urlaubsentschädigung in voller Höhe wird in solchen Saisonbetrieben üblicherweise nicht fällig, da solche Arbeitnehmer kaum mehr als 6 Monate während der Saison durchgehend arbeiten. Derartige Dienstnehmer beziehen in den Zeiten der Zwischensaison üblicherweise Arbeitslosenunterstützung vom Arbeitsamt, welche Unterstützung durchschnittlich etwa 40 % des letzten Monatsbruttobezuges einschließlich anteiliger Sonderzahlungen beträgt.
Ohne Dazwischenkunft dieses Verkehrsunfalls hätte der Kläger mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch seit dem Unfall weiterhin als Koch in solchen Gastgewerbesaisonbetrieben weitergearbeitet. Während der vorerwähnten üblichen Saisonzeiten hätte der Kläger nach dem Unfall 1983 monatlich S 7.000,--, 1984 S 8.000,--, 1985 S 9.000,-- und seit 1986 S 10.000,--, jeweils netto, zuzüglich der üblichen Sonderzahlungen und jeweils zuzüglich freier Station und zuzüglich geringen Trinkgelds, verdient. Der Kläger ist ledig. Sein Nettolohn von S 8.000,-- hätte einem Betrag von monatlich brutto S 11.213,06, sein Nettolohn von S 9.000,-- einem Bruttobetrag von S 13.002,23 und der Nettobetrag von S 10.000,-- einem Bruttobetrag von S 14.794,87 entsprochen. In den Zeiten der Zwischensaisonen hätte der Kläger Arbeitslosengeld etwa in Höhe von 40 % des letzten Bruttobezugs erhalten. Die dem Kläger zukommende freie Station bedeutet einen Sachbezug, welcher 1983 und 1984 pro Monat einen Wert von S 1.740,-- und seit 1985 einen Wert von monatlich S 2.040,-- hatte. Auf Grund der vorerwähnten Umstände erlitt der Kläger in der Zeit vom 18. September 1983 bis Mitte Dezember 1983 keinen Verdienstentgang. In der zweiten Hälfte des Dezember 1983 hätte der Kläger netto S 4.953,33 als Jungkoch verdient.
Im Jahr 1984 hätte der Kläger während der Saisonmonate netto S 105.196,66 verdient und in den Zwischensaisonzeiten netto S 11.213,06 an Arbeitslosengeld bezogen, insgesamt sohin 1984 aus seiner Tätigkeit als Koch netto S 116.409,72 erhalten. Während der üblichen 9,5 Monate dauernden Saisonzeiten hätte der Kläger 1985 netto S 119.130,-- erhalten und während der 2, 5 Monate dauernden Zwischensaison ein Arbeitslosengeld von S 13.002,23; insgesamt hätte er sohin 1985 S 132.132,23 netto bekommen. 1986 hätte der Kläger während der Saisonzeiten netto S 130.213,32 und während der Zeiten der Arbeitslosigkeit S 14.794,84, zusammen sohin S 145.008,19, erlangt.
Demnach hätte der Kläger ohne diesen Unfall 1984 monatlich durchschnittlich netto S 9.700,81, 1985 monatlich durchschnittlich netto S 11.011,01 und 1986 monatlich durchschnittlich netto S 12.084,01 verdient, wobei er 1987 bis zum Schluß der Verhandlung (9. Oktober 1987) mit hoher Wahrscheinlichkeit ein gleiches monatliches Durchschnittseinkommen wie 1986 erhalten hätte. Demnach hätte der Kläger 1987 bis zum Schluß der Verhandlung für 9 Monate und 9 Tage netto S 112.381,33 verdient.
Im Falle einer Weiterbeschäftigung des Klägers im erlernten Beruf als Koch hätte er auch seit Mitte Dezember 1983 bis zum Schluß der Verhandlung, im Jahresdurchschnitt gerechnet, ein anteiliges monatliches Trinkgeld von zumindest S 300,-- erhalten. Ab dem Schluß der mündlichen Verhandlung in erster Instanz hätte der Kläger im Falle seiner Weiterbeschäftigung als Koch monatlich durchschnittlich netto S 12.384,01 erhalten.
Seit Mitte Dezember 1983 bis zum Schluß der Verhandlung hätte der Kläger als Koch insgesamt netto S 524.984,80 verdient. In diesem Zeitraum erzielte der Kläger tatsächlich ein gesamtes Einkommen von zusammen S 304.844,20.
Der Kläger erlitt demnach durch den Unfall in der Zeit von Mitte Dezember 1983 bis zum Schluß der Verhandlung einen Verdienstentgang von netto S 220.140,60.
Auf Grund der unfallsbedingten Verletzungen und ihrer Folgen kann der Kläger seit dem Unfall den erlernten Beruf als Koch nicht weiter ausüben. Seit Beendigung der unfallsbedingten Arbeitsunfähigkeit hätte der Kläger trotz der Verletzungsfolgen in den erwähnten Saisonbetrieben als Küchenhilfskraft arbeiten können, welche Tätigkeit dem Kläger in Hinblick auf seinen erlernten Beruf aber nicht zumutbar ist. Gegenüber einem Koch verdienen Küchenhilfskräfte wesentlich weniger. Der Kläger wäre auch als Küchenhilfskraft in den Zeiten der Zwischensaison arbeitslos gewesen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hätte der Kläger seinen Verdienstentgang bei unverzüglicher Annahme einer Arbeit als Küchenhilfskraft nach Beendigung der unfallsbedingten Arbeitsunfähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vermindern können. Mit hoher Wahrscheinlichkeit liegt auch sein derzeitiges durchschnittliches Nettoeinkommen zumindest in der Höhe des durchschnittlichen Nettoeinkommens einer Küchenhilfskraft. Der Kläger hätte bei normalem Lauf der Dinge ohne diesen Verkehrsunfall die Ausübung seines erlernten Kochberufs mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Vollendung seines 65. Lebensjahres beendet. Der Kläger hat keine besonderen Umstände behauptet oder bewiesen, er seinen erlernten Beruf auch nach Erreichen des Pensionsalters weiter ausgeübt hätte.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, ein Mitverschulden des Klägers liege nicht vor. Der Kläger habe bei Antritt der Fahrt keine Kenntnis von einer beachtenswerten Alkoholisierung des Erstbeklagten und auch keine Kenntnis von der mangelhaften Bereifung des Fahrzeugs gehabt und habe nach den festgestellten Umständen auch keine solche Kenntnis haben müssen. Aus der unterlassenen Verwendung des Sicherheitsgurts müsse sich aber der Kläger hinsichtlich des Schmerzengelds ein Mitverschulden von 25 % anrechnen lassen. Damit sei dem Umstand ausreichend Rechnung getragen, daß bei der Verwendung des Sicherheitsgurts Art und Folgen der Verletzungen des Klägers, insbesondere im Gesicht und am Schädel, wahrscheinlich geringer gewesen wären. Es bestehe hier kein Anlaß, von dem in solchen Fällen üblichen Mitverschuldensanteil von 25 % abzugehen. Nach der Art und nach den Folgen der Verletzungen des Klägers sei ein Schmerzengeld von S 300.000,-- angemessen. Die restliche Schmerzengeldforderung errechne sich daher wie folgt:
gesamtes Schmerzengeld S 300.000,--
abzüglich 25 % Mitverschuldensanteil - S 75.000,--
S 225.000,--
abzüglich erlangter Teilzahlung - S 80.000,--
S 145.000,--.
Auf Grund der unfallsbedingten Folgen bestehe für den noch jungen und ledigen Kläger die Gefahr einer Behinderung seines besseren Fortkommens. Ein Betrag von S 50.000,-- erscheine als Verunstaltungsentschädigung angemessen.
Einen Verdienstentgang habe der Kläger in der Zeit zwischen dem Unfall und Mitte Dezember 1983 nicht erlitten, weil er zunächst bis 16. Oktober 1983 eine Entgeltfortzahlung seines bisherigen Dienstgebers erhalten habe. Ab Mitte Oktober 1983 hätte aber eine Zwischensaison begonnen, sodaß er in dieser Zeit bis Mitte Dezember 1983 arbeitslos gewesen wäre. In dieser Zeit habe er aber von der Tiroler Gebietskrankenkasse Krankengeld zumindest in Höhe eines fiktiven Arbeitslosenentgelts erhalten, sodaß der Kläger in dieser Zäit keinen Verdienstentgang durch den Unfall erlitten habe. Für die Zeit seit Mitte Dezember 1983 bis zum Schlusse der Verhandlung erster Instanz sei zu unterstellen, daß der Kläger ohne Dazwischenkunft dieses Verkehrsunfalls seinen erlernten Beruf weiterhin ausgeübt hätte, sodaß der Kläger in dieser Zeit ein fiktives Einkommen in der festgestellten Höhe erzielt hätte. Nach den festgestellten Umständen hätte der Kläger von Mitte Dezember 1983 bis zum Schluß der Verhandlung einschließlich der anteiligen Sonderzahlungen und unter Berücksichtigung saisonaler Arbeitslosigkeit, allerdings auch unter Berücksichtigung eines Arbeitslosengeldbezugs in der Zwischensaison, netto insgesamt S 524.984,80 verdient. Hierauf müsse sich der Kläger anrechnen lassen, was er seit Mitte Dezember 1983 an Krankengeld, Arbeitslosengeld, Lohn bei der Firma S***ännd Bezug bei der Post erhalten habe. Der Kläger müsse sich sohin Gesamteinkünfte von S 304.844,20 anrechnen lassen, sodaß sich der gesamte Verdienstentgang bis zum Schluß der Verhandlung mit S 220.140,60 errechne. Als Koch würde der Kläger derzeit ein durchschnittliches Nettoeinkommen von monatlich S 12.384,01 erzielen, sodaß er den Differenzbetrag von netto S 4.884,01 zu seinem derzeitigen Einkommen von durchschnittlich monatlich S 7.500,-- von den Beklagten als Rente fordern könne. Die Rente sei allerdings mit der Vollendung des 65. Lebensjahrs des Klägers zu begrenzen. Der Kläger habe nämlich keine Umstände behauptet oder erwiesen, aus denen wahrscheinlich wäre, daß er seinen erlernten Beruf als Koch auch nach Vollendung des 65. Lebensjahrs weiter ausgeübt hätte. Da der Kläger in der Zukunft auf Grund der unfallsbedingten Folgen weitere Schäden erleiden werde, erscheine auch das Feststellungsbegehren gerechtfertigt. Mit Ausnahme des Mitverschuldeis hinsichtlich des Schmerzengelds müsse sich der Kläger ein Mitverschulden nicht anrechnen lassen, sodaß die Solidarhaftung der beklagten Parteien auch hinsichtlich der über das Teilanerkenntnisurteil hinausgehenden Schadensquote von 40 % festzustellen sei. Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht falle dem Kläger nicht zur Last. Auf Grund der unfallsbedingten Verletzungsfolgen könne er den erlernten Beruf als Koch nicht weiter ausüben. Es könne daher dem Kläger nicht zum Vorwurf gereichen, das Dienstverhältnis zu Ernst S*** gelöst zu haben, nachdem seine Behinderungen hervorgekommen seien. Der Kläger habe sich schon während dieses Dienstverhältnisses und unverzüglich nach seiner Lösung intensiv um eine Beschäftigung im Metallwerk Plansee bemüht. Dort sei zu dieser Zeit für den Kläger aber kein Arbeitsplatz frei gewesen und der Kläger habe nur eine zeitlich völlig unbestimmte Zusage erhalten. Zweckmäßigerweise habe er daher die ihm gebotene Mögdichkeit einer Beschäftigung als Briefträger angenommen. Dem Kläger sei aber auch nicht anzulasten, daß er die ihm nachfolgend gebotene Möglichkeit einer Arbeit im Planseewerk nicht ergriffen habe. Dort hätte er nur als Bote Beschäftigung gefunden und hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit kein höheres Einkommen erzielt als bei der Post. Auf Grund seines erlernten Berufs sei dem Kläger die Tätigkeit einer Küchenhilfskraft oder eines Salaters nicht zumutbar. Dazu komme, daß der Kläger hiebei mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls kein höheres Einkommen erzielen würde.
Diese Entscheidung des Erstgerichts wurde von beiden Streitteilen mit Berufung bekämpft.
Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Urteil der Berufung des Klägers keine Folge. Hingegen gab es der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichts, die es im übrigen bestätigte, in ihren Punkten 1 und 2 dahin ab, daß es dem Kläger nur einen Betrag von S 385.140,60 s A zusprach und sein auf Zahlung eines weiteren Betrags von S 171.147,83 s A gerichtetes Mehrbegehren abwies.
Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen behaupteter Verfahrensmängel und übernahm die Feststellungen des Erstgerichts als unbedenklich.
Rechtlich führte es im wesentlichen aus, daß hinsichtlich der infolge der Nichtanlegung des Sicherheitsgurts beim Schmerzengeldanspruch des Klägers zu berücksichtigenden Mitverschuldensquote kein Anlaß bestehe, von der mit der herrschenden Judikatur im Einklang stehenden Quote von 25 % abzurücken. Zu berücksichtigen sei, daß der Gesetzgeber die Verletzung der Gurtenanlegungspflicht im Regelfall als leichten Verstoß mit geringem Schuldgehalt angesehen habe. Die Frage nach der Kausalität der Nichtanlegung des Sicherheitsgurts für die eingetretenen Verletzungen spiele keine Rolle für die Ausmessung der Mitverschuldensquote und dürfe damit nicht verquickt werden. Ein derartiges Mitverschulden sei zwar so weit nicht gegeben, als der Geschädigte beweise, daß die Folgen in dieser Schwere auch bei Gebrauch des Sicherheitsgurts eingetreten wären, und es müsse sich der Kläger nur jene Schmerzengeldansprüche kürzen lassen, die bei Verwendung des Sicherheitsgurts vermieden worden wären. Da aber das Erstgericht ohnehin die gesamte als berechtigt angesehene Schmerzengeldforderung des Klägers um die Mitverschuldensquote gekürzt habe, sei auf diese Frage nicht mehr näher einzugehen. Auch im Zusammenhang mit der Alkoholisierung des Erstbeklagten sei dem Kläger kein Mitverschulden anzulasten.
Die Alkoholisierung des Klägers selbst sei, wenngleich erkennbar, so doch jedenfalls nur leicht gewesen, sodaß nicht gesagt werden könne, daß ein Mitverschulden des Klägers in der Herbeiführung einer Sinnesverwirrung bzw einer Aufhebung der Urteilsfähigkeit gelegen sei, die ihn außerstandegesetzt hätte, die Fahrtüchtigkeit des Erstbeklagten zu überprüfen. Im übrigen habe sich die Alkoholisierung des Erstbeklagten noch in einem Rahmen gehalten, in dem sie auch einer nicht selbst alkoholisierten Person normalerweise keineswegs auffällig geworden wäre.
Empirische Untersuchungen hätten ergeben, daß sogar in klinischen Untersuchungen bei einem Blutalkoholgehalt bis etwa 2 %o sehr häufig keine oder nur leichte Trunkenheitszeichen wahrgenommen und selbst bei Blutalkoholwerten von über 2 %o noch ein Viertel bis ein Drittel der Betroffenen als nicht oder nur leicht unter Alkoholeinfluß stehend bezeichnet würden. Auffällige Trunkenheitszeichen in Form von gröberen Ataxien und Gleichgewichtsstörungen, Veränderungen der Sprache, Schwerbesinnlichkeit und Orientierungsstörungen träten normalerweise erst ab etwa 1,7 %o in Erscheinung. Demgegenüber habe der Erstbeklagte zur Zeit des Fahrtantritts nur einen Blutalkoholspiegel von ca 1,2 %o aufgewiesen.
Den Fahrgast, der sich einem infolge Alkoholgenusses fahruntüchtigen Lenker anvertraute und bei einem von diesem verschuldeten oder mitverschuldeten Unfall Schaden erleide, treffe nur dann ein Mitverschulden, wenn er von der die Fahruntüchtigkeit beeinträchtigenden Alkoholisierung Kenntnis gehabt habe oder aus den Umständen Kenntnis hätte haben müssen. Die Erkennbarkeit einer derartigen Alkoholisierung könne sich für den Fahrgast entweder aus dem wahrnehmbaren Verhalten des Lenkers oder daraus ergeben, daß ihm die vom Lenker genossene Alkoholmenge bekannt gewesen sei. Nach den getroffenen Feststellungen habe der Kläger zwar die Anwesenheit des Erstbeklagten im Gastlokal des Hotels Berwanger Hof bemerkt, jedoch seinen Alkoholkonsum nicht beachtet. Er sei vom Erstbeklagten erst kurz vor der Unglücksfahrt zur Mitnahme aufgefordert worden. Dem Kläger sei keine beachtenswerte Alkoholisierung des Erstbeklagten aufgefallen und er habe mit ihm vor Fahrtantritt nur kurz gesprochen. Es seien daher keine Umstände vorgelegen, die nach den dargelegten Kriterien ein Mitverschulden des Klägers begründen könnten. Insbesondere habe die bloße Tatsache des Gasthausaufenthalts des Erstbeklagten für den Kläger noch kein hinreichendes Indiz für die Annahme einer alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit geboten. Auch eine wohl zu unterstellende Kenntnis des Klägers, daß der Erstbeklagte überhaupt Alkohol zu sich genommen hatte, reiche zur Annahme eines Mitverschuldens nicht aus. Es sei aber auch im Hinblick auf die Mängel an der Bereifung des vom Erstbeklagten gelenkten PKW dem Kläger kein Mitverschulden anzulasten. Eine Untersuchung der Bereifung dieses Fahrzeugs auf doch recht unauffällige und nur bei einer Rundumbesichtigung der Reifen in verschiedenen Radstellungen bei guter Beleuchtung entdeckbare abgefahrene Stellen sei vom Kläger als Beifahrer nicht zu verlangen gewesen. Derartige Anforderungen würden den Rahmen des Zumutbaren bei weitem sprengen und zu einer lebensfremden Beurteilung führen.
Auch eine Verletzung der Schadensminderungspflicht des Klägers liege nicht vor.
Was zunächst eine Tätigkeit als Küchenhilfskraft betreffe, habe das Erstgericht - den Aussagen des berufskundlichen Sachverständigen folgend - die Zumutbarkeit verneint. Ein Verletzter, der seinem bisherigen Erwerb nicht mehr nachgehen könne, sei im Rahmen der Schadensminderungspflicht nicht gehalten, jeden beliebigen Erwerb zu ergreifen. Eine nennenswerte Verschlechterung der sozialen Lebensstellung und der Art seines Berufs müsse der Geschädigte nicht hinnehmen. Nach diesen Kriterien könne vom Kläger nicht verlangt werden, als Küchenhilfskraft völlig untergeordnete Küchenarbeiten zu verrichten. Dazu komme, daß ein Arbeitsplatz als Küchenhilfskraft jedenfalls nicht in jenem Maße krisensicher sei wie jener eines Postbediensteten. Im Hinblick auf die beim Kläger bestehenden gesundheitlichen Dauerschäden sei für ihn die Sicherheit der Arbeitsstelle von ganz besonderer Bedeutung. Deshalb sei es unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht auch nicht zu beanstanden, daß der Kläger den Posten bei der Post trotz der damals bloß unbestimmten Aussicht auf eine Arbeitsstelle beim Metallwerk Plansee angetreten und in der Folge nicht aufgegeben habe, als in diesem Industriebetrieb dann eine geeignete Arbeitsstelle für ihn frei geworden sei. Überdies wäre ohnedies mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Kläger als Küchengehilfe und im Metallwerk Plansee kein höheres Einkommen zu erzielen gewesen als in seiner Tätigkeit als Postbediensteter.
Es habe daher - über die Kürzung des Schmerzengelds wegen Verletzung der Gurtenanlegepflicht hinaus - zu keiner Anspruchskürzung wegen eines Mitverschuldens des Klägers zu kommen. Es bleibe daher auch beim Rentenzuspruch.
Angesichts der sehr schwerwiegenden Verletzungen des Klägers und der empfindlichen Verletzungsfolgen sei die Schmerzengeldbemessung des Erstgerichts mit S 300.000,-- zu billigen.
Hingegen sei die dem Kläger zustehende Verunstaltungsentschädigung nur mit S 20.000,-- zu bemessen. Damit kam das Berufungsgericht zu seiner oben wiedergegebenen Entscheidung.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpfen sie in ihrem klagsstattgebenden Teil aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.
Der Kläger hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision der Beklagten keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).
Aber auch der Rechtsrüge kommt keine Berechtigung zu. Die Beklagten führen hier zunächst aus, daß dem Kläger deswegen ein Mitverschulden anzulasten sei, weil er mit dem alkoholisierten Erstbeklagten mitgefahren sei, ohne den PKW vor Fahrtantritt auf seine Fahrtauglichkeit zu untersuchen.
Abgesehen davon, daß die Beklagten hier keine bestimmten Mitverschuldensquoten geltend machen, entspricht es ständiger Rechtsprechung, daß den Fahrgast, der sich einem infolge Alkoholgenusses fahruntüchtigen Lenker anvertraut und bei einem von diesem verschuldeten Unfall Schaden erleidet, nur dann ein Mitverschulden trifft, wenn er von der die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Alkoholisierung Kenntnis hatte oder aus den Umständen haben mußte. Die Erkennbarkeit einer derartigen Alkoholisierung kann sich für den Fahrgast entweder aus dem wahrnehmbaren Verhalten des Lenkers oder daraus ergeben, daß ihm die vom Lenker genossene Alkoholmenge bekannt war. Es ist nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen, ob der Fahrgast bei Berücksichtigung der Erfahrungen des täglichen Lebens damit rechnen mußte, daß sich der Lenker durch den Alkoholgenuß in einem seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Zustand befinde. Zweifel darüber, ob diese Annahme gerechtfertigt gewesen wäre, gehen zu Lasten desjenigen, den die Beweispflicht für das Mitverschulden des Fahrgasts trifft (ZVR 1985/8; ZVR 1988/118 mwN uva).
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war dem Kläger die
alkoholbedingte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit des
Erstbeklagten nicht bekannt. Besondere Umstände, nach denen sie dem
Kläger auffallen hätte müssen (lallende Sprache, schwankender Gang
des Erstbeklagten oder dergleichen), wurden von den Vorinstanzen
nicht festgestellt. Die bloße Kenntnis des Fahrgasts, daß der Lenker
des ihn befördernden Kraftfahrzeugs überhaupt Alkohol zu sich
genommen hat, reicht zur Annahme eines Mitverschuldens nicht aus
(ZVR 1985/8 uva). Da sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen
nicht ergibt, daß der Erstbeklagte überhaupt ein Verhalten gesetzt
hätte, aus dem seine alkoholbedingte Beeinträchtigung der
Fahrtüchtigkeit zu erschließen gewesen wäre, kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger dazu auf Grund seiner eigenen Alkoholisierung in der Lage war (siehe dazu ZVR 1985/30 mwN ua). Im übrigen hat das Berufungsgericht durchaus zutreffend ausgeführt, daß von einem Fahrgast auch bei von ihm zu fordernder Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten nicht verlangt werden kann, den ihn befördernden PKW darauf zu untersuchen, ob nicht an einem der vier Räder zwei ca 5 cm lange Stellen mit geringerer Profiltiefe vorhanden sind, wie dies hier der Fall war. Ein derartiger Mangel wäre auch zur Nachtzeit kaum feststellbar gewesen. Mit Recht haben daher die Vorinstanzen eine Kürzung der Schadenersatzansprüche des Klägers wegen eines durch diese Umstände begründeten Mitverschuldens abgelehnt. Ferner versuchen die Beklagten in ihrer Rechtsrüge darzutun, daß bei der Ausmessung des dem Kläger zustehenden Schmerzengelds das ihn wegen Nichtanlegung des Sicherheitsgurts treffende Mitverschulden mit 25 % zu gering bewertet worden sei; es betrage hier zumindest 40 %.
Auch dem ist nicht zu folgen.
Nach ständiger Rechtsprechung begründet die Verletzung der im Art III der 3. KFG-Novelle normierten Gurtenanlegepflicht, soweit es sich um einen allfälligen Schmerzengeldanspruch handelt, ein Mitverschulden im Sinne des § 1304 ABGB. Ein derartiges Mitverschulden ist soweit nicht gegeben, als der Geschädigte beweist, daß die Folgen in dieser Schwere auch beim Gebrauch des Sicherheitsgurts eingetreten wäre. Die Höhe der Mitverschuldensquote hängt von den Umständen des Einzelfalls sowie von der Schwere der Zurechnungsmomente beim Schädiger und beim Geschädigten ab. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber die Verletzung der Gurtenanlegungspflicht als leichten Verstoß mit geringem Schuldgehalt angesehen hat (ZVR 1988/103 mwN uva). Zieht man im vorliegenden Fall in Betracht, daß dem Kläger nur die Nichtverwendung des Sicherheitsgurts anzulasten ist, dem Erstbeklagten aber die schuldhafte Herbeiführung eines Verkehrsunfalls in durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand durch Einhaltung überhöhter Fahrgeschwindigkeit, dann ist unter diesen Gesichtspunkten darin, daß die Vorinstanzen bei der Bemessung des Schmerzengelds des Klägers diesem wegen Nichtanlegung des Sicherheitsgurts ein Mitverschulden von 25 % angelastet haben, ein Rechtsirrtum zu Lasten der Beklagten nicht zu erkennen. Wenn die Beklagten in ihrer Rechtsrüge neuerlich darauf verweisen, daß der Kläger bei Verwendung des Sicherheitsgurts überhaupt nicht verletzt worden wäre, entfernen sie sich von den Feststellungen der Vorinstanzen. Im übrigen hätte dies, wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte, nur zur Folge, daß der gesamte Schmerzengeldanspruch des Klägers entsprechend zu kürzen wäre, wie dies die Vorinstanzen ohnehin getan haben; für die Höhe der dem Kläger bei der Bemessung seines Schmerzengelds anzulastenden Mitverschuldensquote ist dies ohne Bedeutung.
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, daß in den Entscheidungen der Vorinstanzen das durch die Verletzung der Gurtenanlegungspflicht begründete Mitverschulden des Klägers im Abspruch über das Feststellungsbegehren insoweit nicht berücksichtigt wurde, als dort nicht zum Ausdruck gebracht wurde, daß die Haftung der Beklagten für allfällige künftige Schmerzengeldansprüche des Klägers entsprechend beschränkt ist. Diesbezüglich liegt aber eine ordnungsgemäß ausgeführte Rechtsrüge nicht vor, sodaß darauf nicht eingegangen werden kann. Soweit die Beklagten in ihrer Rechtsrüge versuchen, dem Kläger einen Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht deswegen anzulasten, weil er es unterlassen habe, durch Aufnahme einer ihm zumutbaren beruflichen Tätigkeit bei den Planseewerken ein höheres Einkommen zu erzielen, als er es als Postbediensteter erhält, kann ihnen schon deswegen nicht gefolgt werden, weil die Annahme, daß der Kläger bei den Planseewerken ein höheres als das von ihm tatsächlich als Postbediensteter erzielte Einkommen erlangt hätte, in den Feststellungen der Vorinstanzen keine Deckung findet. Insoweit ist daher die Rechtsrüge der Beklagten nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Letztlich wenden sich die Beklagten in ihrer Rechtsrüge insoweit gegen die Schmerzengeldbemessung der Vorinstanzen, als sie darzutun versuchen, daß dem Kläger nur ein Schmerzengeld von (ungekürzt) S 120.000,-- gebühre.
Auch hier ist ihnen nicht zu folgen.
Nach ständiger Rechtsprechung ist das im Sinne des § 1325 ABGB gebührende Schmerzengeld unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der körperlichen und seelischen Schmerzen des Verletzten sowie der Art und der Schwere seiner Verletzungsfolgen nach freier Überzeugung des Gerichts global festzusetzen. Die im Vordergrund stehende Beurteilung der Umstände des Einzelfalls läßt Vergleiche mit anderen Fällen fast immer problematisch erscheinen; dies gilt auch für den von den Beklagten in ihrer Revision (ohne Angabe einer Fundstelle oder einer Aktenzahl) zitierten Fall. Im vorliegenden Fall erscheint entscheidend, daß der Kläger bei dem Unfall vom 18. September 1983 nicht nur schwere Schädelverletzungen erlitten hat, sondern daß auch höchst gravierende Dauerfolgen zurückgeblieben sind, wie schwerwiegende Sehstörungen, Verlust des Geruchssinns und Beeinträchtigung des Geschmacksinns. Insgesamt handelt es sich bei den Verletzungen des Klägers und deren derzeit überschaubaren Folgen, die mit dem ihm gebührenden Schmerzengeld global abzugelten sind, um schwerwiegende körperliche und seelische Beeinträchtigungen, die, in ihrer Gesamtheit betrachtet, nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls die Bemessung des Schmerzengelds mit (ungekürzt) S 300.000,-- durch die Vorinstanzen durchaus rechtfertigen.
Der Revision der Beklagten muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E18658European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00010.89.0705.000Dokumentnummer
JJT_19890705_OGH0002_0020OB00010_8900000_000