Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta, Dr.Egermann und Dr.Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*** E*** Ö*** S***-C*** B***, Wien 1., Graben 21, vertreten durch Dr.Ernst Pammer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Ferdinand E***, Rechtsanwalt, Salzburg, Hellbrunner Straße 7 a, vertreten durch Dr.Fritz Müller, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 1,246.770,-- sA infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 21.November 1988, GZ 1 R 141/88-53, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 10.März 1988, GZ 10 Cg 363/86-47, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Mit Schreiben vom 21.Oktober 1980 räumte die S***
L***-H*** (im folgenden nur H***) der K***- U***
S*** A*** GesmbH (im folgenden nur GesmbH) zur weiteren Finanzierung des Bauvorhabens K*** UND S*** A*** einen Kredit von S 25. Mill. ein. Der Kredit wurde durch eine Hypothek auf der Liegenschaft der Kreditnehmerin EZ 702 der KG St.Johann im Pongau sichergestellt. Die K*** UND S*** A*** GesmbH &Co KG und die K*** UND S*** A*** GesmbH & Co Hotelerweiterungs-KG II traten vereinbarungsgemäß der Schuld bei. Der Beklagte übernahm neben anderen Bürgen für einen Teilbetrag von S 1 Mill. sA eine mit 30.Oktober 1982 befristete Ausfallsbürgschaft. Die klagende Partei beteiligte sich an dem obgenannten Kreditverhältnis mit 100 % und übernahm das volle Kreditrisiko. Die Verwaltung des Kredites und der Sicherheiten oblagen treuhändig der H***. Über die GesmbH und die beiden Kommanditgesellschaften wurde am 16.Juni 1981 der Konkurs eröffnet.
Die klagende Partei nimmt den Beklagten aufgrund der Ausfallsbürgschaft in Anspruch. Sie behauptet, daß der Kredit zu einem Teil uneinbringlich sei, der die Höhe der Ausfallsbürgschaft des Beklagten bei weitem übersteige.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren auch im zweiten Rechtsgang ab. Nach seinen Feststellungen beantragte die GesmbH ursprünglich bei der H*** einen Kredit in Höhe von 25 Mill. S. In der Kuratoriumssitzung der H*** vom 18.September 1980 wurde beschlossen, den Antrag abzulehnen, den Kredit jedoch treuhändig für ein anderes Bankinstitut ohne eigenes Risiko abzuwickeln. Im Anschluß daran setzte die H*** die klagende Partei davon in Kenntnis, daß sie bereit sei, den Kredit treuhändig im eigenen Namen auf Rechnung der klagenden Partei zu übernehmen. Das Kreditanbot der H*** vom 21.Oktober 1980 an die GesmbH wurde von Dr.Kurt S*** und Erich M*** unterfertigt. Dr.Kurt S*** war zum damaligen Zeitpunkt zweiter Direktorstellvertreter, Erich M*** Leiter der Kreditabteilung der H***. Vom Kurator der H*** wurde das Schreiben vom 21.Oktober 1980 nicht unterfertigt. Nach der Ansicht des Erstgerichtes werde die H*** nach § 49 Abs. 1 ihrer Satzungen Salzburger LGBl. 1925/79 dritter Person gegenüber durch den Kurator bzw. dessen Stellvertreter zugleich mit dem Anstaltsdirektor bzw. dessen Stellvertreter vertreten. Die Unterfertigung des Kreditanbotes vom 21.Oktober 1980 habe nicht den Satzungen entsprochen, sodaß ein Kreditvertrag nicht rechtswirksam zustande gekommen sei.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es teilte die Ansicht des Erstgerichtes, daß das Kreditanbot nicht von den nach der Satzung zur Vertretung der H*** berufenen Organen unterfertigt worden sei. Aber auch für juristische Personen des öffentlichen Rechtes gelte, daß rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht auch schlüssig eingeräumt werden könne, insbesondere dadurch, daß gegenüber dem gutgläubigen Dritten der Anschein der Einräumung rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht geschaffen werde. Das Verhalten, aufgrund dessen ein bestimmter Erklärungswert erschlossen werde, müsse von den zur Vertretung der öffentlich-rechtlichen juristischen Person berufenen Organen gesetzt worden sein. Um von einem Vertrauen auf den äußeren Tatbestand sprechen zu können, müßten Umstände vorhanden sein, die geeignet seien, beim Dritten den begründeten Glauben zu erwecken, daß der Vertreter zum Abschluß des Geschäftes befugt sei. Dieses Vertrauen müsse seine Grundlage in einem Verhalten des Vollmachtgebers haben, das diesen äußeren Tatbestand schaffe und die Überzeugung des Dritten vom Vorhandensein der Vertretungsmacht begründe. Zur abschließenden Beurteilung, ob ausreichende Umstände im Sinne dieser Grundsätze vorgelegen hätten, reichten die Feststellungen des Erstgerichtes nicht aus.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Rekurs des Beklagten ist nicht berechtigt.
Beizupflichten ist dem Beklagten lediglich darin, daß infolge Abhängigkeit der Bürgschaft von der Hauptschuld dem Bürgen grundsätzlich alle rechtshindernden Einreden zustehen und ihm somit auch die Einrede zukommt, daß die Hauptschuld nicht gültig zustandegekommen ist (Gamerith in Rummel ABGB Rz 6 zu § 1351; Ehrenzweig-Mayrhofer, Schuldrecht, Allgemeiner Teil 121 je mwN). Im Falle eines unwirksamen Darlehens steht dem Darlehensgeber aber jedenfalls ein gesetzlicher Rückforderungsanpruch auf Rückzahlung des Geldbetrages zu. Die Frage, ob sich eine Bürgschaftserklärung auch auf diesen gesetzlichen Rückforderungsanspruch bezieht (vgl. hiezu Peter Bydlinski, Einreden des Bürgen in BankArch 1987, 690), braucht hier nicht erörtert zu werden. Einerseits sind nach dem Wortlaut der vorliegenden Bürgschaftserklärung Beilage 3 Rückforderungsansprüche infolge Ungültigkeit von der Bürgschaft nicht erfaßt (vgl. hiezu Bydlinski aaO 693), andererseits könnten im Rückabwicklungsweg nur die niedrigeren gesetzlichen Zinsen begehrt werden (Bydlinski aaO 695). Die klagende Partei begehrt aber die vertraglich vereinbarten Zinsen, sodaß jedenfalls die Frage der Wirksamkeit des Kreditvertrages mit der H*** zu prüfen ist. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes bedarf es diesbezüglich aber keiner Sachverhaltsergänzung. Fest steht, daß Dr.Kurt S*** im Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages stellvertretender Anstaltsdirektor war und daß in der Kuratoriumssitzung vom 18. September 1980 zwar eine weitere Kreditgewährung an die GesmbH durch die H*** selbst abgelehnt, die treuhändige Abwicklung eines solchen Kredites durch die H*** jedoch genehmigt wurde. Insoweit der Beklagte davon ausgeht, daß Dr.Kurz S*** erst Ende 1980 Vorstandsmitglied der H*** geworden ist, legt er die neuen Satzungen der H*** vom 3.November 1980 LGBl. Nr.85 zugrunde, durch die erst das Organ eines Vorstandes geschaffen wurde. Nach § 49 der hier maßgeblichen Satzungen LBGl. 1925/79 wird die Anstalt durch den Kurator bzw. im Falle seiner Verhinderung durch dessen Stellvertreter zugleich mit dem Anstaltsdirektor bzw. dessen Stellvertreter vertreten. Die gewöhnlichen laufenden Geschäfte werden vom Direktor bzw. im Falle seiner Verhinderung von einem seiner Stellvertreter besorgt (§ 49 Abs. 1 letzter Satz der Satzungen in Verbindung mit § 52 Abs. 1 der Satzungen idF der Kundmachung LGBl. 1946/30). Was unter gewöhnlichen laufenden Geschäften zu verstehen ist, wird in den Satzungen nicht näher erläutert. Nach dem Zweck der Regelung kann es aber nicht zweifelhaft sein, daß darunter jene Geschäfte zu verstehen sind, die kein besonderes Risiko beinhalten und die auch sonst nicht von einem Organ einer Bank, sondern von Bevollmächtigten abgeschlossen werden. Nach diesen Grundsätzen ist aber eine vom Kuratorium bereits genehmigte treuhändige Kreditgewährung als gewöhnliches laufendes Geschäft anzusehen. Der § 49 der Satzungen regelt die Vertretung der H*** nach außen und betrifft daher, entgegen der Meinung des Erstgerichtes, nicht bloß die interne Geschäftsführung. Aus ihm ergibt sich, daß im Rahmen der gewöhnlichen laufenden Geschäfte dem Direktor bzw. seinen Stellvertretern Vertretungsbefugnis zukommt. Die Frage, in welcher Reihung die Stellvertreter des Direktors die Vertretung auszuüben haben, betrifft nur die interne Organisation und hat auf die Wirksamkeit der Vertretungshandlung keinen Einfluß. Da Dr.Kurt S*** im Zeitpunkt der Abgabe des Kreditanbotes stellvertretender Direktor und somit vertretungsbefugt war, erweist sich die Einrede des Beklagten, daß mangels Vertretungsmacht der für die H*** handelnden Personen ein wirksamer Kreditvertrag nicht zustande gekommen sei, als unberechtigt.
Auch die Frage der Aktivlegitimation der klagenden Partei läßt sich nunmehr bereits abschließend beurteilen. Nach den nunmehr geltenden Satzungen der H*** LGBl. 1980/85 sind zur Abgabe von Willenserklärungen für die Bank unter anderem zwei Mitglieder des Vorstandes befugt (§ 20 Abs. 2 der Satzungen). Sowohl Dr.Kurt S***; als auch Mag.Michael W*** gehören dem Vorstand an. Wie sich aus ihren Aussagen ON 32 ergibt, sind beide mit der prozessualen Geltendmachung der Forderung gegen den Beklagten durch die klagende Partei, die sich auf eine Forderungsabtretung beruft, einverstanden. Dieses Einverständnis ist nicht als bloße Übertragung des Prozeßführungsrechtes anzusehen, weil zwischen der klagenden Partei und der H*** materiellrechtliche Beziehungen bestehen und die klagende Partei die Rechtsstellung einer Zessionarin in Anspruch nimmt. Das Einverständnis der H*** kann daher nur als Einwilligung in die Forderungsabtretung angesehen werden. Der Umstand, daß die H*** die Kreditsaldoforderung im Konkurs über das Vermögen der Kreditnehmerin anmeldete, steht einer wirksamen Abtretung der Forderung gegen einen Bürgen nicht entgegen. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 19.Juni 1986, ON 28, ausgesprochen hat, ist eine Verselbständigung der Bürgschaftsforderung in Ausnahmsfällen anzuerkennen. Dies ist dann gerechtfertigt, wenn, wie im vorliegenden Fall, nach Auflösung der Treuhand der Treuhänder noch berechtigt bzw. verpflichtet bleiben soll, die Kreditsaldoforderung im eigenen Namen geltend zu machen und die vom Schuldner allenfalls erhaltenen Leistungen dem Treugeber abzuliefern (abgeschwächte Abtretung; 5 Ob 516/86 = RdW 1986, 336). Zur Frage der Wirksamkeit des Kreditvertrages und der Aktivlegitimation der klagenden Partei bedarf es daher keiner Verfahrensergänzung. Da ein wirksamer Kreditvertrag vorliegt und die Aktivlegitimation der klagenden Partei gegeben ist, wird das Erstgericht die weiteren Einwendungen des Beklagten zu prüfen haben. Insoweit wird dem Aufhebungsauftrag des Berufungsgerichtes auch durch den Rechtsmittelwerber nicht entgegengetreten. Demgemäß ist dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs. 1 ZPO.
Anmerkung
E18118European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0070OB00539.89.0706.000Dokumentnummer
JJT_19890706_OGH0002_0070OB00539_8900000_000